RN/21

10.41

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist jetzt eine gute Gelegenheit. Es ist 30 Jahre her, dass Österreich der Europäischen Union beigetreten ist, und darüber zu sprechen, wie damals die Entscheidung getroffen wurde, eine Jahrhundertentscheidung Österreichs, aber auch darüber, was jetzt zu tun ist, damit die Europäische Union an Wettbewerbsfähigkeit gewinnt, ist, glaube ich, wirklich wichtig zu diesem Zeitpunkt. 

Ich kann mich noch gut an das Jahr 1995 und davor erinnern. Ich bin alt genug und kann mich erinnern, dass es auch Zweifler gegeben hat, die moniert haben, ob wir das wirtschaftlich schaffen, ob die Unternehmen in Österreich überhaupt dazu in der Lage sein werden, wettbewerbsfähig in Europa zu sein, weil Österreich teilweise Industrien, teilweise Branchen vom Wettbewerb etwas abgeschottet hatte. Aber man kann jetzt, 30 Jahre später, sagen, dass es eine große Erfolgsgeschichte für Österreich war. Es gibt viele Beispiele dafür, das Motorenwerk in Steyr ist erwähnt worden, aber es gibt noch viele, viele andere Beispiele, bei denen Österreich enorm an Schlagkraft, Innovationskraft und an Wohlstand gewonnen hat. 

Da können wir die Zahlen heranziehen: Es gibt eine Untersuchung, die besagt, dass der Binnenmarkt, der 1993, also kurz vor dem EU-Beitritt Österreichs, verwirklicht wurde, jedem Europäer, jeder Europäerin inflationsbereinigt 840 Euro zusätzlich an Wohlstand gebracht hat. In Österreich, für alle Österreicherinnen und Österreicher ist dieser Wert fast doppelt so hoch: fast 1 600 Euro pro Person. Das ist sozusagen der gemessene Wohlstand anhand von mehr Arbeitsplätzen, anhand von hochwertigeren Arbeitsplätzen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Mehr Arbeitsplätze und mehr Arbeitslose, gell?)

Dazu kommt, dass Österreich als kleines Land besonders profitiert hat, so wie alle kleinen Länder in der Europäischen Union. Wir sind exportorientiert – Export ist kein Selbstzweck, Export ist für kleine Länder die Chance, auch Importe zu finanzieren, die wir als kleine Länder brauchen –, und wir sind besonders technologieorientiert. Oft stellen wir unser Licht zu sehr unter den Scheffel. Es gibt viele Beispiele von Unternehmen, die in Österreich auch in den letzten Jahren massiv investiert haben. Gerade gestern ist wieder eine Investition im Bereich der Halbleiterproduktion genehmigt worden, wo es um eine Investition von über 500 Millionen Euro geht, in Premstätten bei Graz. Es gibt fast jede Woche, jeden Monat solche Beispiele, und das ist nur deshalb der Fall, weil wir Teil des europäischen Binnenmarkts sind. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Götze [Grüne].)

Diese großen Projekte, der Binnenmarkt, die Währungsunion 1999, haben zu großen Anstrengungen innerhalb der Europäischen Union geführt. Auch heute gibt es solche großen Projekte, nur manchmal fehlen der Mut, die Zuversicht, dass diese großen Projekte in Europa auch wirklich realisiert werden können. Ich nenne nur einige Beispiele: neue Technologien so einzusetzen, dass sie den Menschen wirklich dienen – künstliche Intelligenz oder Quantentechnologie –; dort in Europa souveräner zu sein, wo wir zu starke Abhängigkeiten von außen haben; die Klimaziele zu erreichen; die Mobilitätsinfrastruktur, die Energieinfrastruktur zu verbessern und natürlich den Binnenmarkt weiter zu stärken. 

Es braucht aus meiner Sicht genau diese Zuversicht und diesen Mut, um die Anstrengung, die es dafür braucht, auch wirklich zu generieren. Und das ist kein Selbstzweck, es geht um Arbeitsplätze, es geht um unsere Wettbewerbsfähigkeit, und ich bin überzeugt davon, dass das nur gemeinsam auf europäischer Ebene gelingen kann. Als Staaten, 27 Mitgliedstaaten, sind wir alle zu klein, selbst die großen Mitgliedstaaten. Es gibt einen Satz, der sehr bekannt ist: Alle europäischen Mitgliedstaaten sind kleine Staaten, einige wissen das und einige wissen das noch nicht so genau. 

Die Europäische Kommission – damit komme ich auch zu einer gewissen Kritik – hat in den letzten Jahren zu sehr auf Regulierung und auf Bürokratie gesetzt, teilweise unnötige Bürokratie und unnötige Regulierung. (Abg. Kickl [FPÖ]: Warum haben Sie denn das vorher nicht kritisiert?) Es braucht mehr Innovation, es braucht mehr Wettbewerb und es braucht weniger Einschränkung für die 43 Millionen Unternehmen, die es in Europa gibt. 

Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das Jahr 2025, das auch schon erwähnt wurde, ist aber etwas, das mich hoffnungsfroh stimmt. Es gibt eine Reihe von Priorisierungen für die Wettbewerbsfähigkeit. Und weil die Frage gekommen ist, warum wir das vorher nicht gesagt haben: Erstens habe ich es auch hier im Parlament öfters gesagt, das Ministerium hat gemeinsam mit der Bundesregierung zehn Punkte für ein wettbewerbsfähigeres Europa eingebracht. (Abg. Kickl [FPÖ]: Sie haben doch den ganzen Wahnsinn mit vorangetrieben!) Wir haben uns bei einigen Abstimmungen gegen die bürokratischen Hürden ausgesprochen. (Abg. Stefan [FPÖ]: Wie wird denn so etwas beschlossen? Haben Sie wo dagegengestimmt?) Heute wird die Kommission einen neuen Plan für den Green Industrial Deal vorlegen. Man sieht, dass einige Dinge, die wir damals kritisiert haben, jetzt genau so umgesetzt werden, wenn es zum Beispiel um die Lieferkettenrichtlinie geht oder wenn es zum Beispiel um die Nachhaltigkeitsberichterstattung geht. Heute wird die Kommission da einige Vereinfachungen ankündigen und hoffentlich – und da werden wir sie auch beim Wort nehmen – auch umsetzen. 

Europa muss geschlossen auftreten und Europa muss die Vision haben, wirtschaftlich wieder wettbewerbsfähiger zu werden. Gleichzeitig sind die Voraussetzungen für Europa aber sehr gut, und deswegen bin ich optimistisch, dass das auch gelingen kann.

Lassen Sie mich – ich glaube, ich bin schon ziemlich am Ende meiner Redezeit – abschließend noch ein paar persönliche Worte sagen, weil es voraussichtlich auch meine letzte Rede als Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft hier im Hohen Haus sein wird. 

Der Bundeskanzler hat eigentlich schon gesagt, wie groß das Privileg ist, für die Menschen in Österreich arbeiten zu dürfen, wie groß das Privileg ist, dass man mit Menschen in den Ministerien, in der Verwaltung, die hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, zusammenarbeiten darf, wie groß die Ehre ist, Minister sein zu dürfen. Dem schließe ich mich hundertprozentig an. Es ist immer eine Ehre auf Zeit, das ist auch gut so, und deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen allen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zu bedanken. Als Wissenschafter habe ich die auch manchmal kontroversen Diskussionen hier im Plenum des Hohen Hauses, aber natürlich auch in den Ausschüssen sehr genossen, solange sie immer an den Fakten orientiert waren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von NEOS und Grünen.) 

Ich danke für das Vertrauen, die gute Zusammenarbeit und auch für das Engagement, das hier im Hohen Haus vorhanden ist, um Österreich tagtäglich einen Schritt besser zu machen, und freue mich, wenn ich das in der Zukunft von einer anderen Position aus beobachten kann. Alles Gute, vielen Dank und bis bald! (Teilweise stehend dargebrachter Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von NEOS und Grünen. – Abg. Kogler [Grüne] begibt sich zu Bundesminister Kocher und schüttelt ihm die Hand.) 

10.49

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister, auch von dieser Stelle aus den Dank der Republik für Ihre bisherige Tätigkeit. Ihre weitere Tätigkeit steht ja grundsätzlich schon fest. Auch hier werden wir in Zukunft natürlich immer gemeinsame Berührungspunkte zum Wohl der Republik Österreich haben. 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kassegger. Die Redezeit ist auf 5 Minuten fixiert. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.