RN/26
11.12
Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal oder auch zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, es ist ein bemerkenswert aktuelles und wichtiges Thema – auch der Herr Bundesminister hat es angesprochen –, das wir heute hier diskutieren. Unser Europa, unsere Union steht unter Druck, sie steht unter Druck von außen, wir haben es in der Aktuellen Stunde vorhin diskutiert. Der Wettkampf und der Wettlauf der Demagogen und Populisten, von Trump bis Putin, stellen unseren Kontinent vor große Herausforderungen, ebenso der brutale Krieg mit viel zu vielen Toten, es gibt schwierige wirtschaftliche Herausforderungen – und über all dem steht eine verbindende Klammer: Als Antwort darauf gibt es nur eine gemeinsame, eine europäische, eine entschlossene, eine mutige, eine starke Antwort, die wir als Europa geben, nur dann können wir diese Herausforderungen bewältigen! (Beifall bei den Grünen.)
Dazu gehört aber auch folgende, vielleicht ein bisschen schmerzlichere Einsicht: Der Angriff auf unsere Union, auf unsere Freiheit, auf unsere Werte kommt nicht nur von außen, der kommt auch von innen. Der kommt zum Beispiel auch von rechten und rechtsextremen Fake-News-Schleudern, der kommt von Parteien, die nichts anderes wollen, als die Abrissbirne für unser gemeinsames, für unser starkes Europa in Stellung zu bringen. Und ganz ehrlich gesagt: Wenn sich Kollege Hattmannsdorfer jetzt hier herausstellt und auf offener Bühne bedauert, dass man Herbert Kickl nicht den Schlüssel zum Kanzleramt gegeben hat, dann muss ich fragen – bei aller Liebe –: Nehmt ihr euer Thema für diese Europastunde eigentlich ernst? (Beifall bei den Grünen.)
Man muss es schon in aller Deutlichkeit sagen: Auch das konservative Zögern und Zaudern der letzten Jahre war ein Problem. Die Volkspartei fordert hier heute eine mutige, eine entschlossene Wirtschaftspolitik. – Es waren Politikerinnen und Politiker der Volkspartei, die Freunde in Brüssel, die diese mutige und entschlossene Politik in den letzten Jahren immer wieder verzögert und verwaschen haben. Also mit einer mutigeren Volkspartei, die nicht bei jedem populistischen Wind den Versuchungen des Populismus erliegt, wären wir auch schon weiter. (Beifall bei den Grünen.)
Wir wären weiter hinsichtlich einer grünen Stahlproduktion, die Arbeitsplätze in Europa sichert, wir wären weiter hinsichtlich einer Autoindustrie, die nicht den chinesischen Konkurrenten hinterherhechelt, sondern ein Vorbild auf der ganzen Welt ist. Wir wären weiter, um den heimischen Technologieführern einen Dienst zu erweisen. Die bauen nämlich – auch wenn Sie es nicht glauben wollen – Batterien, die bauen moderne E-Motoren, die bauen moderne Heizungen, die bauen Wechselrichter und nicht Dampfmaschinen und Kohlekraftwerke. (Beifall bei den Grünen.)
Europa – und das muss doch unser Anspruch sein! – darf nicht der Kontinent für veraltete Billigprodukte werden, Europa muss den Anspruch haben, das Herz des Fortschritts zu bleiben. Und dafür muss man den Mut haben, sich am Kommenden zu orientieren (Abg. Mölzer [FPÖ]: Das haben Sie zerstört!), sich am kommenden und nicht am vergangenen Jahrtausend zu orientieren. (Beifall bei den Grünen.)
Glauben Sie mir: Das geht, und vielleicht kann diese gemeinsame Einsicht ja auch aus dieser Debatte heute entstehen. Das heißt, Schluss mit dem ständigen Blockieren, mit dem Zögern, mit dem Hinterher-wieder-Aufschnüren von wichtigen Entscheidungen. Das heißt, Klarheit darüber, wohin die Reise geht, kein ständiges Hin und Her für die Betriebe. Sie brauchen Klarheit und entschlossene Investitionen in Zukunftsbranchen statt ideologische Entscheidungen für die, die besonders zahlungskräftige Lobbys hinter sich haben.
Eines sollten wir lernen, und eines wissen auch alle Unternehmerinnen und Unternehmer ganz sicher: Durch Stehenbleiben kommt man sicher nicht ans Ziel. Am Ende setzen sich die durch, die mutig nach vorne gehen, die die Herausforderungen annehmen, und nicht die, die vor lauter Zögern gar nicht erst einmal losgehen. (Beifall bei den Grünen.)
Klar ist, es wurde angesprochen: Dafür braucht es einen starken Binnenmarkt, weil der Binnenmarkt und unsere Wettbewerbsfähigkeit eben untrennbar miteinander verbunden sind. Damit alleine ist es aber nicht getan, denken wir an den Energiemarkt. Der Binnenmarkt ist ein Werkzeug, kein Ziel an sich. Im Energiebereich heißt ein funktionierender Binnenmarkt: grünen Strom austauschen, günstiger Strom am ganzen Kontinent. Wer seine Stromnetze an den nationalen Grenzen kappt, der nutzt dieses System nicht sehr sinnvoll. Daher, und das wird eine essenzielle Frage: Genügend grünen Strom für unsere Wirtschaft!
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zeit drängt. Das Thema ist wichtig, die Debatte darüber ist gut, wir müssen den Worten aber auch Taten folgen lassen. Hier große Reden zu schwingen, dann in Brüssel oder Straßburg wieder zu zögern oder zu zaudern oder zu blockieren, das ist zu einfach. Gerade jetzt geht es in Brüssel um große Richtungsentscheidungen. Es wurde angesprochen: mit dem Green Deal zu Zukunft und Wohlstand oder mit nationalstaatlicher Verzwergung zum Schlusslicht im Wettkampf um moderne Technologie.
Ich bin überzeugt, wir leben in einer Welt, in der es nur gemeinsam geht, stark und europäisch – dann können wir auch gemeinsam und geeint dagegenhalten. Dafür braucht man den notwendigen Mut, ich hoffe, den nehmen Sie aus dieser Debatte auch mit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
11.17
Präsident Peter Haubner: Danke vielmals.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist das Mitglied des Europäischen Parlaments Elisabeth Dieringer-Granza.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.