RN/31
11.40
Mitglied des Europäischen Parlaments Lena Schilling (Grüne): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Schülerinnen und Schüler! Liebe ÖVP! Es ist wirklich bemerkenswert, dass gerade ihr heute über das Thema Wohlstand und EU reden wollt. Noch vor ein paar Wochen, in den Verhandlungen mit der FPÖ, hat euer Wirtschaftsflügel eine gemeinsame europäische Industriepolitik auf einmal gar nicht mehr so wichtig gefunden. Leider: Das ist das Wort, das Kollege Hattmannsdorfer gefunden hat, um das Scheitern der Koalition mit dieser Antieuropapartei zu bewerten. Darüber sollten wir heute reden. (Beifall bei den Grünen.)
Heute ist ein ganz, ganz wichtiger Tag. Auf europäischer Ebene wird der Clean Industrial Deal vorgestellt, in dessen Rahmen wir in Europa über die Vision einer sicheren, klimaneutralen Energiewende reden. Ganz Europa redet darüber. Und worüber reden wir heute? – Wir reden über Schlagworte ohne Inhalt. Vielleicht wird auch noch der Hausverstand zitiert werden, darauf warte ich schon. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schmuckenschlager [ÖVP] und Sieber [ÖVP].)
Ich habe Ihnen ein Zitat mitgebracht, liebe ÖVP – wissen Sie vielleicht noch, von wem es ist? –: „Der Klimawandel kann ausschließlich global bekämpft werden, denn auch die Auswirkungen machen nicht an Ländergrenzen halt“, und es braucht eine weltweite Energiewende. – Wer war das? – Elli Köstinger 2015. Und ich frage Sie: Was ist davon geblieben?
Im Leak zum gemeinsamen Arbeitsprogramm mit der FPÖ standen so einige Dinge, die ziemlich unheimlich waren. Eines davon war, dass die Förderung des Ausbaus von Fotovoltaik gestrichen werden soll. Der Großteil Ihrer Fraktion (Abg. Schmuckenschlager [ÖVP]: Wir haben wenigstens eine Fraktion!) hat im letzten Monat im Europäischen Parlament gegen energieeffiziente Gebäude ab 2050 gestimmt. Das wäre gut für die Geldbörse gewesen und hätte uns unabhängiger von russischem Gas gemacht. Fast zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen stellt die Kommission jetzt endlich einen Plan vor, wie wir energieeffizienter werden und vor allem auch auf Erneuerbare umsteigen könnten. Das wäre schon vor vielen Jahren gut gewesen, das wäre damals auch in ihrer Verantwortung gelegen. Viel ist dazu nicht passiert. Heute wäre ein guter Tag, um darüber zu reden, denn: Ja, wir wollen ein unabhängiges und freies Europa. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Sieber [ÖVP].)
Liebe ÖVP, eure Positionen sind manchmal so sprunghaft wie die Kugel in einem Flipperautomaten. (Abg. Schmuckenschlager [ÖVP]: Wer?) Das ist gerade jetzt, in Zeiten internationaler geopolitischer Herausforderungen, das Letzte, was wir uns leisten sollten. Die Volkspartei setzt sich gemeinsam mit Lobbyisten in Europa gerade dafür ein, Omnibusse durchzusetzen – Omnibusse, von denen wir schon von verschiedenen Seiten gehört haben. Es geht dabei um das Lieferkettengesetz, es geht darum, dass Konzerne endlich entlang ihrer Lieferketten darauf schauen, dass keine Umweltverbrechen mehr begangen werden, dass es keine Kinderarbeit mehr gibt. Na ja, weichen wir das wieder auf und verschieben wir das wieder.
Dasselbe mit CBAM. Wir hier in Europa wollen klimaschädliches Verhalten besteuern. Es war klar: Okay, wir machen das auch im Ausland!, aber nein, auch dagegen haben Sie sich als Volkspartei ausgesprochen.
Ich möchte da eigentlich ganz anders enden. Ich habe heute einen Gegenentwurf mitgebracht, einen Vorschlag, wie wir es machen könnten. Wir brauchen eine stabile Politik in Europa, wir brauchen ein gemeinsames Europa und eine Vision. Bauen wir ein Europa, in dem Menschen in einem warmen Zuhause aufwachen können, das nicht mit teuren fossilen Brennstoffen beheizt wird, sondern mit sauberer und bezahlbarer Energie; ein Europa, in dem niemand Angst haben muss, ob er sich die nächste Heizungsrechnung leisten kann oder nicht, weil erneuerbare Energien langfristig billiger sein werden; ein Europa, in dem Menschen in der Früh ohne Angst um ihren Job in die Arbeit gehen, weil wir die Transformation geschafft haben, weil wir klimafreundliche Jobs geschaffen haben; ein Europa, in dem wir alle spüren, dass dieser Wandel unweigerlich kommt, dass wir ihn schaffen werden, dass wir gemeinsam anpacken und dabei niemanden zurücklassen werden!
Das ist aber eine Aufgabe, Kolleginnen und Kollegen, der wir uns alle gemeinsam stellen müssen. Wir können uns dabei keinen Zickzackkurs leisten, kein Hin und Her, keine Position, in der wir es nur halb ernst meinen. Wir müssen in aller Ernsthaftigkeit endlich für die nächsten Generationen und für die Menschen in Europa eine Politik machen, auf die man sich verlassen kann, und dann erst, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir von Wohlstand sprechen. (Beifall bei den Grünen.)
11.44
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Michael Fürtbauer.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.