RN/32
11.44
Abgeordneter Michael Fürtbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Zuseher vor den Fernsehschirmen und hier im Haus! Werte Leistungsträger und Zwangsmitglieder diverser Kammern in Österreich! Auf die Träumereien meiner Vorrednerin will ich gar nicht eingehen, denn das ist etwas schwierig als Wirtschaftler, wenn jemand solche Visionen hat. Wissen Sie, ich habe nichts gegen Visionen, aber die sind halt ziemlich unrealistisch.
So gut wie jeder Leistungsträger oder jede Leistungsträgerin in diesem Land ist Zwangsmitglied einer Kammer, wobei die größte Kammer 2,8 Millionen Mitglieder hat, die kleinste sage und schreibe 80. In Summe gibt es in Österreich rund 50 Kammern inklusive Selbstverwaltungskörperschaften, und das ist nur eine der Strukturen, die wir in Österreich haben, die aufgebrochen gehören, damit wir wieder konkurrenzfähig und zukunftsfit werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Werte Kollegen von der ÖVP, Ihr Titel der Aktuellen Europastunde: „Wohlstandssicherung durch den EU-Binnenmarkt und durch Exporte für Österreich“ – ja, eh, ich meine, wer sollte dagegen etwas haben. Wir haben hierbei leider nicht nur ein Problem, sondern viele Probleme, die zusammengefasst die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft zerstört oder zumindest schwer geschädigt haben. Die hausgemachten Fehler, die mit starker Unterstützung der grünen Seite gemacht wurden: die Inflation laufen zu lassen, jetzt wieder selbst Inflationstreiber zu sein durch die Erhöhung der CO2-Abgabe und die Erhöhung der Netzgebühren, um nur zwei Punkte dazu zu nennen. Dadurch sind wieder hohe Lohnabschlüsse notwendig gemacht worden und werden dies auch wieder werden, was die Lohnstückkosten immens in die Höhe treibt. Wirtschaftlich gesehen ist das einfach nur ein Super-GAU.
Schauen wir uns einmal nur einen kleinen Teilbereich an, den wir alle in den Händen haben und den wir jederzeit ändern können, wenn wir wollen. Wir sprechen immer alle von Bürokratieabbau und auch die ÖVP hat – wahrscheinlich immer dem jeweiligen Wahltermin geschuldet – erkannt, dass es da Probleme gibt. Wenn die Wirtschaftskammerpräsidentin von Oberösterreich fordert, dass für jedes neue Gesetz zwei abgeschafft werden sollen, dann ist das für mich eine Selbstanklage der ÖVP, denn Sie waren zumindest in den letzten 40 Jahren stark in die Gesetzgebung eingebunden. (Beifall bei der FPÖ.)
Und der Schluss aus dieser Forderung kann ja nur sein, dass sinnlose Gesetze beschlossen worden sind, sonst könnte man sie ja nicht abschaffen. Nur, diese Erkenntnis hat auch noch einen kleinen Schönheitsfehler: Die ÖVP ist ja nicht die Lösung des Problems, sondern ein großer Teil des Problems. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)
Auf EU-Ebene tragen Sie alle wirtschaftsfeindlichen Maßnahmen mit, die unter dem Titel Fit for 55, Lieferkettengesetz, Green Deal und so weiter laufen, und in der Heimat, wie ich in den Verhandlungen erfahren durfte oder musste, wollen Sie in Ihren Bereichen keine Änderung. Kollege Hattmannsdorfer ist gerade nicht da, aber von Entbürokratisierung zu sprechen und im Bürokratiemonster Wirtschaftskammer zu arbeiten, bedarf zumindest eines gewissen Humors. (Beifall bei der FPÖ.)
Im Bereich der Kammern läge es ja ausschließlich an Ihnen, zu deregulieren und somit Bürokratie einzudämmen. Bei den Verhandlungen haben Sie da nicht gerade vor Reformfreudigkeit gesprüht. Ein paar Beispiele, wo es nur in Ihrer Hand liegt: Abschaffung der Mehrfachmitgliedschaften, ein Gewerbeschein für alle freien Gewerbe und die Durchforstung der reglementierten Gewerbe nur mehr auf Gewerbe, bei denen es darum geht, dass tatsächlich Leib und Leben in Gefahr sind – und das gilt wahrscheinlich nicht für Friseure, Kosmetiker, Bodenleger und deren viele mehr.
Die Wirtschaftskammer selbst könnte ihrerseits durch die Senkung der CO2-Abgabe – budgetiert für 2024 mit der Summe von immerhin rund 430 Millionen Euro – direkt zur Senkung der Lohnnebenkosten beitragen. Das Gesamtbudget der Wirtschaftskammer Österreich macht sage und schreibe 1,3 Milliarden Euro aus, dasselbe gilt natürlich seitenverkehrt für die Arbeiterkammer. Wenn man in diesen zwei Kammern nur rund 10 Prozent einsparen würde, wären das rund 200 Millionen Euro, die man den Leistungsträgern und Leistungsträgerinnen in der Geldbörse lassen könnte. (Beifall bei der FPÖ.)
Das einzige Problem hierbei ist die Reformunwilligkeit unserer beiden Wahlverlierer: Sie wollen auf ihre Funktionärsparadiese nicht verzichten. Dass sich ÖVP und SPÖ da einig sind unter dem Motto: Lass du meine Arbeiterkammer in Ruhe, dann lasse ich deine Wirtschaftskammer in Ruhe!, das verstehe ich noch. Wie aber rechtfertigen unsere Kollegen von den NEOS – Herr Schellhorn, insbesondere Sie – das gegenüber ihren Mitgliedern? Angeblich einmal gegründet und angetreten, den Kammerstaat zu beenden, zu deregulieren und zu entbürokratisieren, und jetzt sind Sie Steigbügelhalter einer Besitzwahrungskoalition, wie es sie vorher noch nicht gegeben hat. Es wird in Zukunft nicht mehr heißen: Sepp, was denkst du?, sondern: Sepp, wo hast du dein Rückgrat abgegeben? (Beifall bei der FPÖ. – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.)
Sehr geehrte Kollegen – ich bin schon beim Schlusssatz –, für die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit brauchen wir niemanden; nur den guten Willen, Österreich zukunftsfit zu machen. Und an alle Zwangsmitglieder: Zeigen wir der ÖVP und dem Wirtschaftsbund bei den Wirtschaftskammerwahlen die Rote Karte und leiten Sie mit uns eine wirkliche Reform ein mit dem Ziel, die Zwangsmitgliedschaften abzuschaffen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Seemayer [SPÖ]. – Abg. Strasser [ÖVP]: Das sagt der Wirtschaftskammerfunktionär! Raus aus dem System! Rausgehen! Austreten!)
11.50
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist das Mitglied des Europäischen Parlaments Alexander Bernhuber.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.