RN/61
16.38
Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte zuerst eine Gruppe aus Kärnten von Herrn Abgeordneten Obernosterer auf der Zuschauergalerie begrüßen – herzlich willkommen im Hohen Haus! (Allgemeiner Beifall.)
Die FPÖ hat heute eine Dringliche Anfrage mit dem Titel „IS-Terror in Villach durch eklatantes Behördenversagen?“ eingebracht. Ich würde einmal vorschlagen: Lassen wir uns durch grenzwertige Formulierungen oder persönliche Angriffe nicht den Blick vernebeln, sondern reden wir einmal wirklich über die Fakten, über die Situation, denn ich finde diesen Vorwurf eines Systemversagens ja doch relativ schwerwiegend. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ist er ja auch! Ist er auch! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, aber er ist auch schwerwiegend!)
Schritt eins: Wann ist der Täter, der das Attentat in Villach begangen hat, illegal nach Österreich eingereist? – Das war im Februar 2019. Der Innenminister damals, der dafür politisch verantwortlich war, war Herbert Kickl. (Rufe bei der ÖVP: Oh! Ah!) Auch über diesen Punkt können wir reden, wenn wir über die Behörden und über den Fall in Villach reden. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Eh!) Die Tatsache, dass er illegal eingereist ist (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wann hat er denn Asyl gekriegt?), von Deutschland zurück nach Österreich (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ]), ist aus meiner Sicht ein Systemversagen. Deswegen haben wir auch genau das bereinigt. Mit dem Asyl- und Migrationspakt, mit der jetzigen Gesetzeslage wäre dieser Fall nicht passiert (Ruf bei der FPÖ: Genau!), weil er unter den Bedingungen, wie er es damals gemacht hat, nicht mehr nach Österreich hätte einreisen dürfen. Auch Teil der Wahrheit ist: Illegal eingereist ist er im Februar 2019 unter Innenminister Kickl.
Reden wir auch über andere Dinge, die in den letzten Monaten passiert sind, wo die Behörden besser werden können, denn es ist eine legitime Frage, wie wir besser werden können. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, reden wir!) Zum Beispiel: Illegale Migration ist auch einfach ein Punkt, den man auf EU-Ebene regeln muss, wo es internationale Zusammenarbeit braucht. Den Asyl- und Migrationspakt habe ich schon erwähnt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... seinerzeit, als Mikl-Leitner Innenministerin war, 2015, vor zehn Jahren!) Wir haben aber auch zum Beispiel beim verhinderten Attentat beim Taylor-Swift-Konzert gesehen: Die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste ist essenziell. Deswegen haben wir in den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ auch gesagt: Es muss gesichert bleiben, dass die internationale Zusammenarbeit weiterhin funktioniert. Deswegen haben wir zum Beispiel auch vorgeschlagen, der FPÖ ein eigenes Asyl- und Migrationsministerium zu geben und die Geheimdienste eben bei uns zu lassen, damit das gewährleistet ist. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Was haben eure Geheimdienste ...?) Aus Machtkalkül war Ihnen die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste egal. Das hätte aber Österreich gefährdet, und das haben wir eben nicht zugelassen, weil es uns ernst ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Dann gibt es noch einen Punkt, an dem man das System verbessern kann: Es gibt viele Gefahren im digitalen Raum. Da sind wir noch nicht gut genug. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Genau!) Wenn Terroristen sich per SMS oder per Telefonanruf austauschen, können wir das mit richterlicher Genehmigung abfangen und überwachen – das ist nur eine technische Frage. Da geht es schon, und das hat niemanden gestört. Rufen die Attentäter sich über Signal oder auf Whatsapp zusammen, können wir nichts mehr tun. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Bei Signal hat mir der Herr Pröll immer geschrieben!) Natürlich machen sie es dann so und nicht mehr per SMS und Telefon, weil sie wissen, dass wir auf diesem Auge blind sind. Deswegen fordern wir als Volkspartei eine Messengerüberwachung, um genau diese Schwachstelle auszumerzen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wer ist dagegen? – Die FPÖ. Es wundert mich, dass man, wenn man das System verbessern will, bei diesem Punkt nicht mitgehen kann. (Abg. Kickl [FPÖ]: Aber Sie wollen ja erst überwachen, wenn Sie schon einen Verdachtsmoment haben! Woher haben Sie den Verdachtsmoment?) Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch: Wir wollen das mit richterlicher Genehmigung machen, analog zu SMS und Telefonen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Woher? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wo kommt der Verdachtsmoment her?) Das sind die Dinge, bei denen wir meinen, das System muss verbessert werden. Einerseits brauchen wir bessere Regeln bei Asyl und Migration auf EU-Ebene. Da sind wir einen großen Schritt weitergekommen, das war uns als Volkspartei wichtig.
Im digitalen Raum, bei der Radikalisierung von Jugendlichen, aber auch bei der Überwachung von Attentätern, zum Beispiel durch Messengerüberwachung, möchten wir, dass das System besser wird. Die internationale Zusammenarbeit mit Geheimdiensten ist essenziell. Da wollen wir, dass sie besser und nicht durch die Freiheitliche Partei gefährdet wird. Das ist wichtig, um das System besser zu machen, denn das ist tatsächlich unser Anspruch.
Zu einer Analyse gehört aber auch, dass man sich nicht nur anschaut, wo man besser werden kann und wo etwas nicht funktioniert hat, sondern auch, wo etwas funktioniert hat. Seit die DSN gegründet worden ist, wurden Anschläge verhindert – wie zum Beispiel kürzlich am Westbahnhof, wie beim Taylor-Swift-Konzert, die Messerattacke am Hauptbahnhof konnte verhindert werden, zu Neujahr konnte ein Anschlag beim Stephansdom verhindert werden, bei der Pride-Parade konnte ein Anschlag verhindert werden wie auch beim Volksstimmenfest. Da haben die Behörden funktioniert. Es ist wichtig, ein differenziertes Bild zu zeichnen. Ja, wenn es Probleme gibt, verbessern wir die Dinge. Ich habe gerade erklärt, wo es wichtig ist und wo leider die Unterstützung der Freiheitlichen fehlt. Aber da hat es zum Beispiel funktioniert, weil die DSN eine grundsätzlich gut aufgestellte Behörde ist.
Dann im Jänner: Es wurden 1 000 Abschiebungen durchgeführt, davon 259 von Straftätern, viel mehr als unter Innenminister Kickl. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ihr habt ja auch mehr reingelassen!) Ja, da können wir noch besser werden, aber wir sind seit Ihrer Zeit als Innenminister auch besser geworden mit unseren Innenministern der Volkspartei. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Entschuldige, zweimal 50 000 in den letzten paar Jahren!)
Ich glaube, es ist wirklich wichtig – auch aus Respekt vor den Opfern, die vielleicht auch heute zuschauen –, dass wir ein differenziertes Bild zeichnen, dass wir über echte Lösungen reden und nicht nur politisches Kleingeld wechseln. Und ja, wenn es um Verantwortung geht, muss man sie auch darstellen – vor allem auch, wenn man selbst einmal Verantwortung getragen – und auch da aufklären, wo vielleicht etwas besser gemacht werden kann, und nicht nur auf die anderen schauen.
Wir sagen, wo wir besser werden können. Sie meinen nur, alle anderen sind blöd und Sie allein wissen alles. Das ist halt kein Zugang, der wirklich zu Lösungen führt, und ist auch nicht unser Stil, das ist nicht, wie wir Demokratie verstehen, um zu Lösungen in diesem Hohen Haus kommen. (Beifall bei der ÖVP.)
16.44
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Shetty zu Wort gemeldet. – Sie kennen die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung, insbesondere die Redezeitbeschränkung von 2 Minuten.