RN/71
17.31
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben heute hier wieder erlebt, wie von der FPÖ ein wirklich tragischer Vorfall missbraucht wird, um Parolen abzuschießen (Abg. Wurm [FPÖ]: Ach, mein Gott! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: ... wir den Anschlag verübt auch noch!) und um irgendwelche vorgeblichen Maßnahmen zu fordern, die es alle längst gibt. Wir haben Methoden und wir haben Mittel (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie verwenden ...!); was wir brauchen, sind ausreichend Menschen, ist ausreichend Kapazität, um diese auch anzuwenden, und das wird auch gemacht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm [FPÖ]: Hilflosigkeit!)
Wir haben aber ein riesengroßes Problem mit der Radikalisierung. Da muss man hinschauen, da muss man ganz genau hinschauen, und dagegen muss man etwas unternehmen.
Es ist aber nicht so, dass dagegen nicht etwas unternommen würde, es wurden da tatsächlich auch schon Maßnahmen ergriffen. Jetzt hat sich dieses Phänomen von der echten Welt in die digitale Welt verwandelt (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das stimmt ja nicht!), verlegt (Ruf bei der FPÖ: Nein, das ist im echten Leben! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein, das ist in der echten Welt gewesen! Ganz in echt! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Alles real! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), und auch dort wird etwas dagegen unternommen. (Abg. Deimek [FPÖ]: Also die Überstundenkürzung hat in der digitalen ...!)
Wichtig ist aber schon – wichtig ist es schon! –, dass wir jene Maßnahmen ergreifen, die zu uns, zu unserem System und zu unserer Wertehaltung passen. Es ist uns nicht geholfen und es wird auch da nichts helfen, wenn man Alibimaßnahmen wie eine anlasslose Massenüberprüfung fordert.
Herr Innenminister, Sie haben selbst gesagt, es gibt bereits die Möglichkeit, in Grundversorgungsquartieren Nachschau zu halten. Wurde das gemacht? (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Nein!) Gibt es vielleicht so viele Grundversorgungsquartiere, in denen jetzt Nachschau gehalten wurde und wo man Hinweise auf Radikalisierung und auf Terrororganisationen gefunden hat? Gibt es die vielleicht? – Ich glaube, wir hätten davon gehört, wenn dem so wäre. Das wurde nicht einmal versucht, das wurde nicht gemacht, weil es sinnlos ist. Und dann auch noch zu fordern, unter Verletzung unserer Grundrechte in Privatquartiere eindringen zu können, um dort nicht zu machen, was da nicht gemacht wurde, wo es schon möglich ist – das sind reine Alibimaßnahmen. (Beifall bei den Grünen.)
Es gibt aber Maßnahmen, die helfen können, wir wissen das: Wir haben es beim letzten Mal, als wir hier gemeinsam ein Maßnahmenpaket beschlossen haben, gesehen, denn damals waren die Hauptschwerpunkte der Radikalisierung Moscheenvereine, Moscheen und Hassprediger, die dort Menschen radikalisiert haben, die dort gezielt Jugendliche angesprochen haben, gezielt mit diesen Inhalten auf die Jugendlichen eingewirkt haben. Dagegen wurde mit der Maßgabe und mit den Maßnahmen eines Rechtsstaates eingewirkt: Wir haben Gesetze beschlossen, die Handeln ermöglichen, und wir haben der Exekutive die Möglichkeit und die Ressourcen gegeben, um etwas dagegen zu tun. Wir konnten auch dagegen vorgehen, denn diese Vorfälle sind massiv zurückgedrängt worden. (Beifall bei den Grünen.)
Was wir aber auch gesehen haben, ist, dass sich in der letzten Zeit immer wieder Straftaten – schwere Straftaten – ereignet haben, bei denen Messer als Tatwaffen eingesetzt wurden, und wir könnten schon längst – wir könnten schon längst! – ein strenges Messertrageverbot haben: ein Verbot, das dem entgegenwirkt, dass immer wieder Täter mit Messern schwere Straftaten verüben. (Abg. Reifenberger [FPÖ]: Die werden sich daran halten, oder? – Ruf bei der FPÖ: Genau!) Wir hätten es schon, aber offensichtlich hat die ÖVP bewusst in Kauf genommen, dass weiterhin Menschen mit Messern verletzt und getötet werden, weil es Ihnen wichtiger ist, dass Betrunkene weiterhin mit Hirschfängern auf Volksfesten sein dürfen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Tanner [ÖVP]: ... ernsthaft! Geht’s noch? Geht’s noch?)
Hätten Sie unsere Vorschläge aufgenommen, ein Alkoholverbot im Zusammenhang mit dem Tragen von Messern umgesetzt, die Abgabe von Messern an Jugendliche verboten und die Ausnahmen wesentlich eingeschränkt, dann könnten wir schon längst dieses Messertrageverbot haben. (Beifall bei den Grünen.)
Aber wir haben als Gesellschaft auch noch andere Mittel, wir sind nämlich eine vielfältige Gesellschaft. Wir haben auch eine staatlich organisierte Islamische Glaubensgemeinschaft (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ]), und die erklärt nach solchen Vorfällen laut und deutlich, dass Islamismus und Islam eben genau nicht zusammengehören (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na von laut und deutlich habe ich noch nichts gehört! – Abg. Kickl [FPÖ]: Nein, gar nichts hat das miteinander zu tun! – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Laut und deutlich ...!) und extremistische Tendenzen dort nichts zu suchen haben. Was wir von denen aber auch verlangen müssen und verlangen dürfen, ist, dass sie das nicht uns hier herinnen erklären – ich nehme es ihnen ab –, sondern es gehört den Jugendlichen erklärt, die sich auf den Plattformen radikalisieren, die dort den Hasspredigern glauben. Denen gehört es von jenen, die dort die Glaubwürdigkeit haben, in deren Sprache auf deren Plattformen erklärt. (Abg. Kickl [FPÖ]: Am besten in deren Land! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Da hast du auch mehr, die die Sprache können!)
Wir haben immer wieder gehört, was diese Terroristen behaupten. Sie behaupten, wir seien schwach: Wir seien als Gesellschaft schwach, weil wir eine Gesetzeslage haben, die auf Grundrechten, die auf Menschenrechten und die auf Rechtsstaatlichkeit aufbaut. – Genau das Gegenteil ist der Fall: Mit genau dieser Gesellschaft, die wir uns sicher nicht von Terroristen und Extremisten – egal aus welcher Richtung – kaputt machen lassen wollen, genau mit dieser Gesellschaft werden wir uns dagegen wehren.
Da liegt ja auch der Zusammenhang: Warum sind sie sich denn so ähnlich? Warum sind sie sich denn so gleich? Warum reagieren sie denn so stark darauf? Das, was die islamistischen Extremisten fordern und was die Rechtsextremisten fordern, ist genau das Gleiche: Sie wollen unseren Rechtsstaat, sie wollen unsere freie Gesellschaft zerstören. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Glauben Sie eigentlich, was Sie da reden?)
Aber das lassen wir nicht zu, wir sind nicht schwach! Unser Staat ist nicht schwach, wir sind nicht schwach. Wir haben die Mittel, wir werden uns wehren (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Vor 40 Jahren … ihr alle die RAF ...!), und wir werden den Extremismus – egal aus welcher Richtung – besiegen. (Beifall bei den Grünen.)
17.37
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.