Eingebracht am 21.05.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
VERLANGEN
auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
gemäß § 33 Abs 1 2. Satz GOG-NR
der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA und Kollegen
„Ich kann es nicht. Ich mach es nicht. Ich will es nicht.“[1] – Mit diesen Worten soll der verstorbene Sektionschef Mag. Christian Pilnacek auf die Aufforderung des damaligen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) reagiert haben, wegen der geplanten Hausdurchsuchung in der ÖVP-Bundesgeschäftsstelle zu intervenieren. Wenige Monate nach seiner Weigerung verstarb Mag. Christian Pilnacek. Die Umstände seines Ablebens werfen Fragen auf und auch die Ermittlungen gerieten bald selbst in den Verdacht, politisch beeinflusst worden zu sein.
Auch die überschießenden und unsachlichen Maßnahmen des Innenministeriums während der Pandemie gegen Kritiker der Regierung und der von ihr verhängten bzw. propagierten COVID-19-Maßnahmen, die in vielen Fällen unverhältnismäßig in Grundrechte eingriffen und oftmals ohne klare gesetzliche Grundlage erfolgten, legen politische Einflussnahme nahe.
Kritik am Handeln der Regierung wurde somit – intern wie extern – systematisch und aus parteipolitischen Motiven unterdrückt. Zu diesem Zweck erfolgte eine massive Einflussnahme auf die mediale Berichterstattung durch finanzielle Gängelung und systematische Desinformation bis hin zur Einschüchterung einzelner Journalisten. Die Auswirkungen dieser schädlichen „Medienpolitik“ lassen sich im Absturz Österreichs im globalen Pressefreiheitsindex ablesen, wo unser Land im Zeitraum zwischen 2019 und 2024 ganze 16 Plätze verlor und auf Platz 32 – zwischen der Republik Moldau und Mauretanien – abstürzte.[2] Diese Einflussnahme diente ausschließlich den partei-politischen Interessen der ÖVP.
Der inhaltliche Zusammenhang zwischen all diesen Vorgängen und Entwicklungen ergibt sich aus dem Verdacht einer abgestimmten, politisch motivierten Einflussnahme durch Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros sowie (leitender) Bediensteter verschiedener Regierungsressorts – insbesondere des Bundeskanzler-amts, des Bundesministerium für Inneres und des Bundesministeriums für Justiz –, durch oberste Verwaltungsorgane sowie durch mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen auf die Aufgabenerfüllung durch Strafjustiz, Polizei und andere Behörden sowie auf unabhängige Medien als vierte Gewalt während des Untersuchungszeitraums. Die gemeinsame Klammer liegt in der – mutmaßlich korruptiv motivierten – systematischen Unterdrückung von (interner oder externer) Kritik an Regierungshandeln.
Dieser Untersuchungsausschuss soll allen diesbezüglichen Verdachtsmomenten nachgehen und die politischen wie administrativen Mechanismen offenlegen, durch die mutmaßlicher Machtmissbrauch, Korruption und Repression über Jahre hinweg ermöglicht und weiter angefacht wurden. Dies ist ein notwendiger Schritt zur demokratischen Kontrolle und zur Wiederherstellung rechtsstaatlicher Integrität.
Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen daher gem. Art 53 Abs 1 2. Satz B‑VG sowie § 33 Abs 1 2. Satz GOG‑NR die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit folgendem
Untersuchungsgegenstand
Untersuchungsgegenstand ist der Verdacht der unsachlichen oder rein parteipolitisch motivierten Einflussnahme durch Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros und (leitende) Bedienstete des Bundeskanzleramts (BKA), des Bundesministeriums für Inneres (BMI) und des Bundesministeriums für Justiz (BMJ), durch oberste Verwaltungsorgane sowie durch mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen im Zeitraum vom 7. Jänner 2020 bis 20. Mai 2025 auf die Aufgabenerfüllung der den genannten Ressorts unterstehenden Behörden, insbesondere auf Organe der Strafjustiz und der Sicherheitsbehörden, sowie auf die unabhängigen Medien.
Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands
I. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Krems und des Landeskriminalamts (LKA) Niederösterreich zur Todesursache von Mag. Christian Pilnacek sowie damit zusammenhängende Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gemäß § 302 StGB (Amtsmiss-brauch)
Gegenstand sind mögliche strafbare Handlungen von Ermittlern des Landes-kriminalamts (LKA) Niederösterreich sowie unbekannten Tatbeteiligten in der Landespolizeidirektion (LPD) Niederösterreich und im Bundesministerium für Inneres, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Einflussnahme durch Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros und (leitende) Bedienstete des Bundeskanzleramts, des Bundesministerium für Inneres und des Bundesministeriums für Justiz, durch oberste Verwaltungsorgane sowie durch mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen auf das behördliche Vorgehen.
Dabei sind insbesondere folgende Aspekte hinsichtlich politischer Einflussnahme zu untersuchen:
1. Anordnung der gebotenen Ermittlungsmaßnahmen durch die Staats-anwaltschaft Krems zu sämtlichen Verfahren in Zusammenhang mit dem Ableben von Mag. Christian Pilnacek, beispielsweise das Verfahren 5 UT 138/23y wegen des Verdachts nach §§ 80, 81 StGB. Erhellt werden soll dadurch insbesondere die allfällige politische Einflussnahme auf Anordnungen in Zusammenhang mit der Sicherung von Tatort und Spuren und deren Auswertung, der Feststellung des Todeszeitpunkts, der Obduktion, der Rufdatenrückerfassung sowie der Sicherstellung und Auswertung von Datenträgern.
2. Unbefugtes Entfernen von Beweismitteln aus dem Ermittlungsverfahren durch Beamte des LKA Niederösterreich.
3. Verfälschung von Ermittlungsergebnissen und Beweismitteln durch Beamte des LKA Niederösterreich.
4. Ermittlungsverfahren wegen eines Tötungsdelikts aufgrund neuer Beweise und Gutachten.
5. Gezielte strafrechtliche Verfolgung von Personen, die als Journalisten an der Aufarbeitung dieser Vorgänge beteiligt waren.
6. (Versuchte) Einflussnahme auf die mediale Berichterstattung.
7. Behinderung der Ermittlungen der WKStA gegen Amtsträger, etwa im Zusammenhang mit 17 St 6/24h.
8. Vernachlässigung möglicher Zusammenhänge von Mag. Christian Pilnaceks Ableben mit dessen unzulässigen Beratungstätigkeiten zugunsten von aktiven oder ehemaligen ÖVP-Amtsträgern sowie mit dessen allfälliger Einflussnahme auf Verfahren gegen Personen aus dem ÖVP-Umfeld.
II. Einsatz unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zur Einflussnahme auf die Vollziehung des Versammlungswesens in Zusammenhang mit Versammlungen, die sich gegen die Restriktionen durch COVID-19-Maßnahmen richteten
Gegenstand ist die Prüfung, inwieweit Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros sowie (leitende) Bedienstete verschiedener Regierungs-ressorts – insbesondere des Bundeskanzleramts, des Bundesministerium für Inneres und des Bundesministeriums für Justiz –, oberste Verwaltungsorgane sowie mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen im Untersuchungszeitraum unsachlichen oder parteipolitisch motivierten Einfluss auf den Vollzug des Versammlungsgesetzes genommen und dadurch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit beschnitten haben.
Dabei sind insbesondere folgende Aspekte hinsichtlich politischer Einflussnahme zu untersuchen:
1. Maßnahmen der Exekutive, durch die das Grundrecht auf Versamm-lungsfreiheit eingeschränkt wurde.
2. Verhängung von Versammlungsverboten gegen regierungskritische Personen, Organisationen und Kritiker der COVID-19-Maßnahmen.
3. (Versuchte) Einflussnahme auf die unabhängige mediale Bericht-erstattung über derartige Versammlungen und angebliche Vorfälle im Zusammenhang mit diesen.
4. Verdeckte Einflussnahme auf Versammlungen und mögliche strategische Delegitimierung von Kritik im öffentlichen Raum.
5. Einsatz nachrichtendienstlicher Methoden, etwa durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bzw. die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), ohne klar erkennbare sicherheitspolizeiliche Notwendigkeit im Zusammenhang mit regierungs- oder maßnahmenkritischen Versammlungen.
III. Einflussnahme auf die Vollziehung der Sicherheitspolizei im Zusammen-hang mit regierungs- und maßnahmenkritischen Bürgern
Gegenstand ist die Prüfung, inwieweit Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros sowie (leitende) Bedienstete verschiedener Regierungs-ressorts – insbesondere des Bundeskanzleramts, des Bundesministerium für Inneres und des Bundesministeriums für Justiz –, oberste Verwaltungsorgane sowie mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen im Untersuchungszeitraum unsachlichen oder parteipolitisch motivierten Einfluss auf Überwachungs-, Beobachtungs- und Kontrollmaßnahmen gegenüber Personen oder Gruppen genommen haben, die sich kritisch gegenüber der Bundesregierung oder den COVID-19-Maßnahmen geäußert bzw. engagiert haben.
Dabei sind insbesondere folgende Aspekte hinsichtlich politischer Einflussnahme zu untersuchen:
1. Politische Beeinflussung von polizeilichen Ermittlungen im Zusammen-hang mit Verstößen gegen COVID-19-Maßnahmen.
2. Unverhältnismäßige oder unsachliche Polizeikontrollen im öffentlichen Raum.
3. Beobachtungs- und Überwachungsmaßnahmen durch Behörden des BMI gegen regierungskritische Personen, Organisationen und Kritiker der COVID-19-Maßnahmen.
4. Maßnahmen gemäß § 1 Abs 2 SNG (Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie von Vertretern ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderer Völkerrechtssubjekte nach Maßgabe völkerrechtlicher Verpflichtungen, kritischer Infrastruktur und der Bevölkerung vor terroristisch, ideologisch oder religiös motivierter Kriminalität, vor Gefährdungen durch Spionage, durch nachrichtendienstliche Tätigkeit und durch Proliferation sowie der Wahrnehmung zentraler Funktionen der internationalen Zusammen-arbeit in diesen Bereichen) sowie deren Umsetzung mittels der in § 10 SNG festgeschriebenen Ermittlungsdienste (erweiterte Gefahren-erforschung, vorbeugender Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen, Vorbeugung verfassungsgefährdender Angriffe, verfassungs-schutzrelevante Beratung, Gewinnung und Analyse von Informationen).
5. Einflussnahme auf Mitwirkende in diversen Corona-Krisenstäben und Expertenplattformen sowie in diesbezüglichen Koordinations- und Stabseinrichtungen der Bundesregierung.
6. Tätigkeit des „Digitalen Krisenstabs“ im Bundeskanzleramt, der sich vorgeblich der Bekämpfung sogenannter „Fake News“ im Zusammen-hang mit COVID-19 widmete und sich dazu auch der Mitarbeit von Angehörigen des BMI bediente.
7. (Versuchte) Einflussnahme auf die unabhängige mediale Bericht-erstattung über den unter dieses Beweisthema fallenden Themen-komplex.
Unter einem wird gemäß § 33 Abs. 4 GOG-NR die Durchführung einer Debatte verlangt.
Begründung
Nach Art 53 Abs 1 2. Satz B-VG ist auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates ein Untersuchungsausschuss einzusetzen. Nach § 1 Abs 5 VO-UA ist ein Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses dem Präsidenten des Nationalrats „unter Abgabe des Gegenstands der Untersuchung“ gem. Art 53 Abs 2 B-VG zu überreichen. Tauglicher Gegenstand der Untersuchung ist nach Art 53 Abs 2 B-VG ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Diese Voraussetzungen sind gegeben:
1. Vollziehung des Bundes
Der Untersuchungsgegenstand umfasst Vorgänge in der Vollziehung der Sicherheitsverwaltung. Die Sicherheitsverwaltung obliegt den Sicherheitsbehörden und zerfällt in die Bereiche der Sicherheitspolizei und der Verwaltungspolizei (vgl. § 2 SPG). Die Sicherheitspolizei besorgt die Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit, die Verwaltungspolizei besorgt unter anderem Angelegenheiten des Versammlungs- und Pressewesens. Darüber hinaus wirken Sicherheitsbehörden an der Erfüllung von Aufgaben im Dienste der Strafjustiz (= Kriminalpolizei) mit. Allesamt sind dies Vollziehungsangelegenheiten des Bundes. In der jeweiligen Kompetenz-grundlage muss differenziert werden:
Beweisthema I ist die parteipolitische Einflussnahme auf strafrechtliche Ermittlungen zu den Todesumständen von Mag. Christian Pilnacek. Strafrechtliche Ermittlungen durch Organe der Polizei erfolgen im Dienste der Strafjustiz, diese zählt zum Kompetenztatbestand des Strafrechtswesens gem. Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG und ist damit eine Angelegenheit der Bundesvollziehung (näher Kutsche, Art 10 Abs 1 6 Tb 2–4 B-VG, in Kahl/Khakzadeh/Schmid [Hrsg], Bundesverfassungsrecht [2021] Rz 10). Im Dienste der Strafjustiz werden Sicherheitsbehörden und ihre Exekutivorgane funktionell für die Gerichtsbarkeit tätig, auch in diesem Sinne handelt es sich um Organe der Vollziehung (AB 439 BlgNR XXV. GP, 4). Dasselbe gilt gem. Art 90a B-VG sinngemäß für strafrechtliche Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft (zur Zulässigkeit staatsanwaltschaftlichen Handelns als Untersuchungsgegenstand Parlamentsdirektion, Untersuchungsausschüsse, Rz 28 mwN; Konrath/Posnik, Art 53 B-VG, in Kahl/Khakzadeh/Schmid [Hrsg], Bundesverfassungsrecht [2021] Rz 10).
Beweisthema II ist die Einflussnahme auf die Vollziehung des Versammlungswesens im Zusammenhang mit Versammlungen, die sich gegen die Restriktionen durch COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung richteten. Bei Versammlungen im Sinne des § 1 VersammlungsG werden Sicherheitsbehörden und ihre Exekutivorgane funktionell als Versammlungspolizei tätig. Die Kompetenz zur Vollziehung liegt gem. Art 10 Abs 1 Z 7 B‑VG beim Bund („Versammlungswesen“).
Beweisthema III betrifft die Einflussnahme auf die Vollziehung der Sicherheitspolizei im Zusammenhang mit regierungs- und maßnahmenkritischen Bürgern. Die Sicherheitspolizei ist gem. Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“) eine Vollziehungsangelegenheit des Bundes und umfasst auch die Vollziehung des Staatsschutzes und Nachrichten-dienstes (vgl. für die Kompetenzgrundlage auch ErlRV 2 BlgNR XXV. GP, 2).
Sämtliche Beweisthemen umfassen auch die parteipolitisch motivierte Einfluss-nahme auf unabhängige Medien in Vollziehung des Pressewesens. Dieses ist gem. Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG („Pressewesen“) eine Vollziehungsangelegenheit des Bundes.
2. Bestimmtheit des Vorganges
Tauglicher Gegenstand eines Untersuchungsausschusses ist gem. Art 53 Abs 2 B-VG ein „bestimmter“ Vorgang. Laut Materialien ist ein „bestimmter“ Vorgang „ein bestimmbarer und abgrenzbarer Vorgang in der Vollziehung des Bundes“ (AB 439 BlgNR XXV. GP, 4). Kriterium des Art 53 Abs 2 B-VG ist demnach die hinreichende Bestimmtheit eines Untersuchungsgegenstandes. Die Anforderungen sind aber nicht zu überspannen, weil sich eine Untersuchung naturgemäß auf unbekannte, zumindest aber nicht gewisse Sachverhalte richtet (so auch Konrath/Posnik, aaO, Rz 11 mwN). Dass der Vorgang eben nur hinreichend, aber nicht exakt bestimmt sein muss, hat der Verfassungsgerichtshof mit VfSlg 20.370/2020 bestätigt (in diesem Sinne schon zuvor zu Prüfbefugnissen des Rechnungshofes VfGH 11.12.2018, KR1/2018 ua).
Die interessierenden Vorgänge sind damit hinreichend bestimmt:
Zu untersuchender Vorgang des Beweisthemas I ist die unsachliche oder rein parteipolitisch motivierte Einflussnahme auf Strafjustiz, Polizei und andere Behörden sowie auf unabhängige Medien zum Zwecke der Unterdrückung bzw. Beeinflussung von Ermittlungen zu den Todesumständen von Mag. Christian Pilnacek.
Zu untersuchender Vorgang des Beweisthemas II ist die unsachliche oder rein parteipolitisch motivierte Einflussnahme auf die Polizei und andere mit dem Vollzug des Versammlungswesens befasste Behörden sowie auf unabhängige Medien zum Zwecke der Einschränkung und (versuchten) Unterdrückung von Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Bundesregierung.
Zu untersuchender Vorgang des Beweisthemas III ist die unsachliche oder rein parteipolitisch motivierte Einflussnahme auf die Vollziehung der Sicherheitspolizei gegenüber Bürgern, die sich kritisch gegenüber der Bundesregierung oder den COVID-19-Maßnahmen geäußert bzw. engagiert haben und/oder gegen diese verstoßen haben.
Die interessierenden Vorgänge sind thematisch und in Bezug auf den Vollzugsbereich abschließend formuliert.
3. Abgeschlossenheit des Vorganges
Tauglicher Gegenstand eines Untersuchungsausschusses ist gem. Art 53 Abs 2 B-VG ein „abgeschlossener“ Vorgang. Nach den Materialien kann ein Vorgang „jedenfalls“ dann als abgeschlossen angesehen werden, wenn sich die Untersuchung auf einen zeitlich klar abgegrenzten Bereich in der Vergangenheit bezieht, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass „damit in Verbindung stehende Handlungen noch offen sind“ (AB 439 BlgNR XXV. GP, 4; vgl. auch VfGH 14.9.2018, UA 1/2018). Eine absolute Grenze ist dort zu sehen, wo durch die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses auf einen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozess im Bereich der Bundesvollziehung Einfluss genommen wird (VfSlg 1454/1929). Darunter sind Entscheidungs- und Willensbildungen nur im Rechtssinn, also auf die Erzeugung von Normen gerichtet, zu verstehen.
Zur Abgeschlossenheit des Untersuchungsgegenstands in concreto: Die Unter-suchung geht dem Verdacht der abgestimmten, politisch motivierten Einflussnahme auf die Aufgabenerfüllung von Organen der Strafjustiz, Polizei und anderer Behörden sowie unabhängiger Medien als vierte Gewalt von der Einsetzung der aus ÖVP und Grünen gebildeten Bundesregierung vom 7. Jänner 2020 bis zum 20. Mai 2025 nach. Mit diesem zeitlich klar abgegrenzten Bereich ist der Untersuchungsgegenstand jedenfalls als abgeschlossen anzusehen. Keines der drei Beweisthemen ist Gegen-stand eines offenen Entscheidungs- oder Willensbildungsprozesses.
4. Direkter Zusammenhang
Nach den Materialien ist der Wortlaut des Art 53 Abs 2 B-VG („ein bestimmter, abgeschlossener Vorgang“) nicht als zahlenmäßige Einschränkung auf einen Vorgang, sondern als bloß unbestimmter Artikel zu verstehen (AB 439 BlgNR XXV. GP, 4). Es können damit mehrere Vorgänge Gegenstand eines Untersuchungs-ausschusses sein. Voraussetzung ist, dass die zu untersuchenden Sachverhalte in einem Zusammenhang stehen (ausdrücklich AB 439 BlgNR XXV. GP, 4). Der geforderte Zusammenhang kann inhaltlicher, personeller oder zeitlicher Art sein (ausdrücklich AB 439 BlgNR XXV. GP, 4). Eine Untergliederung des Untersuchungs-gegenstandes in einzelne Abschnitte bzw. Beweisthemen ist gem. § 1 Abs 5 UA-VO ausdrücklich zulässig, eine Sammlung nicht direkt zusammenhängender Themenbereiche hingegen unzulässig. Am Beispiel des Untersuchungsausschusses „hinsichtlich der Vertuschung von Polizeiaffären und des Missbrauchs der politischen Macht insbesondere im Bundesministerium für Inneres, aber auch in den Bundesministerien für Justiz, für Finanzen und für europäische Angelegenheiten“ (129/GO, XXIII. GP) führen die Materialien aus, dass ein direkter Zusammenhang fehlte, weil sich die untersuchten Vorgänge „über einen größeren und jeweils unterschiedlichen Zeitraum erstreckten, und die [Vorgänge] im Verantwortungsbereich mehrerer Bundesministerien verortet wurden“ [Hervorhebung nicht im Original]. Auch hier sind die Anforderungen an das Erfordernis eines direkten Zusammenhangs aber nicht zu überdehnen. Das ergibt sich bereits aus der Bedeutung des Art 53 B-VG als Minderheitenrecht. Im Übrigen ist das Vorliegen eines ausreichenden Zusammen-hangs eine Wertungsfrage (Konrath/Posnik, aaO, 11), die Art des Zusammenhangs eine Frage des Gesichtspunkts. Nach den Materialien kommt es nicht auf einen bestimmten Gesichtspunkt an (AB 439 BlgNR XXV. GP, 4: „Die Forderung eines inhaltlichen, personellen oder zeitlichen Zusammenhangs […]“ [Hervorhebung nicht im Original]). Ein bloß organisatorischer Zusammenhang genügt hingegen nicht. So ist es nach den Materialien denkbar, dass Vorgängen innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Ministeriums der erforderliche Zusammenhang fehlt, umgekehrt aber auch, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Vorgängen besteht, die in unterschiedlichen Ministerien zu verorten sind (AB 439 BlgNR XXV. GP, 4). Ein ausreichender Zusammenhang ist im vorliegenden Verlangen als gegeben zu werten:
Es liegt ein ausreichender inhaltlicher Zusammenhang vor, und zwar der Verdacht der abgestimmten, politisch motivierten Einflussnahme durch Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros sowie (leitende) Bedienstete verschiedener Regierungsressorts – insbesondere des Bundeskanzleramts, des Bundesministeriums für Inneres und des Bundesministeriums für Justiz –, durch oberste Verwaltungs-organe sowie durch mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen auf die Aufgabenerfüllung durch Strafjustiz, Polizei und andere Behörden sowie auf unabhängige Medien als vierte Gewalt während des Untersuchungszeitraums. Die Untersuchung richtet sich damit auf ein und denselben mutmaßlichen Missstand, nämlich die systematische Unterdrückung von (interner oder externer) Kritik an Regierungshandeln. Mit diesem inhaltlichen Zusammenhang ist das Kriterium des direkten Zusammenhangs erfüllt. Ferner liegt auch ein zeitlicher Zusammenhang vor, weil sich der Untersuchungsgegenstand auf eine allfällige (organisatorisch auf BKA, BMI und BMJ eingegrenzte) abgestimmte, politisch motivierte Einflussnahme auf die Aufgabenerfüllung durch die oben genannten Organe der Bundesvollziehung sowie auf Medien seit Bildung der schwarz-grünen Regierung richtet, womit auch dem Verdacht nachgegangen werden soll, wonach zwischen Beweisthema I, II und III zudem ein personeller Zusammenhang existiert.
Aus all diesen Gründen handelt es sich beim verlangten Untersuchungs-gegenstand um einen bestimmten, abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes im Sinne des Art 53 Abs 2 B-VG.
Beilage 1 zum Verlangen gemäß § 33 Abs. 1 2. Satz GOG-NR
|
1. Ricarda Berger |
2. Tina Berger |
3. Dr. Dagmar Belakowitsch |
4. Hermann Brückl, MA |
|
5. Mag. Gernot Darmann |
6. DI Gerhard Deimek |
7. Rosa Ecker, MBA |
8. Irene Eisenhut |
|
9. MMag. DDr. Hubert Fuchs |
10. Dr. Susanne Fürst |
11. Michael Fürtbauer |
12. Mag. Marie-Christine Giuliani-Sterrer, BA pth. |
|
13. Michael Gmeindl |
14. Mag. Dr. Martin Graf |
15. Christian Hafenecker, MA |
16. Mag. Paul Hammerl, MA |
|
17. Elisabeth Heiß |
18. Werner Herbert |
19. Alois Kainz |
20. Mag. Gerhard Kaniak |
|
21. MMMag. Dr. Axel Kassegger |
22. Herbert Kickl |
23. Dr. Barbara Kolm |
24. Christian Lausch |
|
25. Markus Leinfellner |
26. Maximilian Linder |
27. Manuel Litzke |
28. Reinhold Maier |
|
29. Wendelin Mölzer |
30. Mag. Norbert Nemeth |
31. Michael Oberlechner, MA |
32. MMag. Alexander Petschnig |
|
33. Manuel Pfeifer |
34. Mag. Katayun Pracher-Hilander |
35. Mag. Christian Ragger |
36. Christofer Ranzmaier |
|
37. Ing. Mag. Volker Reifenberger |
38. Dr. Walter Rosenkranz |
39. Royer Albert |
40. DI Christian Schandor |
|
41. Andrea-Michaela Schartel |
42. Mag. Arnold Schiefer |
43. MMag. Dr. Michael Schilchegger |
44. Peter Schmiedlechner |
|
45. Michael Schnedlitz |
46. Lisa Schuch-Gubik |
|
|