V-01 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Beratungen des Ständigen Unterausschusses des
Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
Freitag, 31. Jänner 2025
Beratungen des Ständigen Unterausschusses des
Hauptausschusses in Angelegenheiten der
Europäischen Union
(Auszugsweise Darstellung)
XXVIII. Gesetzgebungsperiode Freitag, 31. Jänner 2025
36/25
Austria's submission of corrective measures for 2025 to the European Commission to avoid opening an excessive deficit procedure against Austria
(8787/EU
XXVIII.GP)
EU-Unterausschuss: Kritik an den von FPÖ und ÖVP vorgeschlagenen Sparmaßnahmen
Um ein EU-Defizitverfahren gegen Österreich abzuwenden, hat Finanzminister Gunter Mayr am 13. Jänner geplante Sparmaßnahmen an die Europäische Kommission übermittelt. Die Maßnahmen waren von FPÖ und ÖVP, die derzeit in Regierungsverhandlungen stehen, vorgeschlagen worden. Ein Defizitverfahren gegen Österreich wegen Überschreitung der 3-%-Defizitschwelle sei damit vorerst abgewendet. Die nächste Überprüfung der Kommission soll für Mai bzw. Juni 2025 zu erwarten sein.
Im EU-Unterausschuss des Nationalrats standen auf Verlangen der SPÖ diese an die EU übermittelten Sparmaßnahmen zur Debatte. Sie umfassen ein Maßnahmenpaket im Ausmaß von 6,39 Mrd. € für das Jahr 2025. So sollen beispielsweise als "Stabilitätsbeitrag der Bundesministerien" etwa beim Sachaufwand der Ressorts 1,1 Mrd. € eingespart werden. Bei den Förderungen sollen – unter anderem durch Streichung des "Klimabonus" – insgesamt 3,18 Mrd. € weniger ausgegeben werden. Eingespart werden soll dabei beispielsweise auch das kostenlose Klimaticket für 18-Jährige oder die Bildungskarenz.
SPÖ, NEOS und Grüne brachten im Ausschuss insgesamt vier Anträge ein. Die Sozialdemokrat:innen forderten mit einem Entschließungsantrag eine Bankenabgabe als einnahmenseitige Maßnahme zur Budgetsanierung anstelle von Budgetkürzungen, die alle Österreicher:innen treffen würden. Der EU-Unterausschuss lehnte es allerdings mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP ab, den Antrag ins Plenum zu schicken, was im EU-Unterausschuss gesondert bestimmt werden muss. Daher kam der SPÖ-Entschließungsantrag im Ausschuss nicht zur Abstimmung.
Die NEOS setzten sich neuerlich für Strukturreformen ein. Der Finanzminister möge bei den nächsten Gesprächen mit der Europäischen Kommission und im Hinblick auf die Einhaltung der EU-Fiskalregeln einen umfassenden und langfristig ausgerichteten Reformplan vorlegen, so die NEOS. Nur mit einem solchen Plan könne die finanzielle Stabilität Österreichs gesichert werden.
Die Grünen kritisierten die "radikalen" Einsparungspläne und weisen in ihrem Antrag auf den Kompetenz- und Verantwortungsbereich des Parlaments hin, zumal die Verhandlungen im Nationalrat über die Budgetkonsolidierung erst folgen würden. Es brauche zudem eine Information des Ministers an die EU, dass dabei etwa die ökologische und digitale Transformation oberste Priorität haben sollte. Den Grünen zufolge könne bei einer "konjunkturschonenden Konsolidierung" mit geringeren Einsparungen als 6,3 Mrd. € die Einleitung eines EU-Defizitverfahrens - mit geringeren Einsparungsanforderungen - nicht ausgeschlossen werden.
In einem vierten, gemeinsamen Antrag von SPÖ, NEOS und Grünen heißt es, dass dem österreichischen Parlament die betreffenden Dokumente zu den Sparplänen erst nach Übermittlung und Diskussion auf europäischer Ebene, und zwar am 17. Jänner, bzw. die Antwort der Kommission nicht übermittelt worden sei. Dass es anderweitig öffentlich zugänglich sei, entbinde den Finanzminister nicht von seiner Übermittlungspflicht an das Parlament im Kontext von EU-Vorhaben, kritisierten die drei Fraktionen. Sie pochen daher in ihrem Antrag darauf, dass vom Finanzminister umfassend und unverzüglich, jedenfalls vor der Verhandlung und Abstimmung von EU-Vorhaben in den europäischen Gremien, das Parlament zu informieren sei. Die parlamentarischen Mitwirkungsrechte seien auch zur Frage der Einleitung von Defizitverfahren zu wahren.
Diese letzteren drei Anträge auf Stellungnahme, die formal in EU-Ausschüssen gestellt werden können, blieben gegen die Stimmen von FPÖ und ÖVP durchwegs in der Minderheit. Für den NEOS-Antrag sprachen sich neben den NEOS selbst auch die Grünen aus. Für den Antrag der Grünen stimmte auch die SPÖ.
Auch SPÖ und NEOS würden viele der vorgeschlagenen Maßnahmen aus den vorherigen Regierungsverhandlungen zumindest kennen, meinte Finanzminister Mayr. Aus seiner Sicht handle es sich um ein konjunkturschonendes Paket mit Fokus auf die Ausgabenseite. Den Steuerbereich würden nur 14 % der Maßnahmen betreffen, zumal Österreich bereits eine sehr hohe Abgabenquote habe. Die Hälfte des Pakets entfalle auf Einsparungen bei Förderungen, wodurch man erst auf den EU-Schnitt bei Förderungen sinken würde. Der gesamte Prozess mit der Europäischen Kommission sei auf der Website des Finanzministeriums dargelegt, hielt Mayr der Kritik an mangelnder Information entgegen. Die Vorgehensweise, um Schaden von der Republik abzuwenden, sei verfassungsmäßig jedenfalls gedeckt. Außerdem zeigte sich der Finanzminister überzeugt, dass sich kein EU-Mitgliedstaat freiwillig in ein Defizitverfahren begeben würde, und wies auf Bewertungen von Ratingagenturen und die Autonomie des Mitgliedstaates hin. In der aktuellen Abwendung des Defizitverfahrens sieht er einen Erfolg, womit auch Unsicherheit vom Markt genommen werde.
In der Debatte erklärte Mayr ähnlich wie Abgeordnete von FPÖ und ÖVP, dass es sich bei dem übermittelten Sparpaket um eine Absichtserklärung handle. Wenn einzelne der Maßnahmen so nicht umgesetzt würden, sollen diese durch gleichwertige Maßnahmen ersetzt werden, so der Minister.
Eine grundsätzliche Diskussion gab es im Ausschuss außerdem darüber, ob es sich bei dem der Tagesordnung zugrunde gelegten Dokument um ein EU-Vorhaben handelte.
Aus Sicht von Axel Kassegger (FPÖ) würde ein EU-Defizitverfahren der Republik massiv schaden. Mit dem Maßnahmenpaket sei es nun zustande gebracht worden, diesen Schaden abzuwenden. Außerdem sei nicht die FPÖ verantwortlich für den "riesigen Schuldenberg", sondern die vorangegangene Bundesregierung, betonte er. Österreich müsse die volle Handlungsfähigkeit behalten, meinte dazu Barbara Kolm (FPÖ). Es sei dringend notwendig gewesen, Schaden von den Bürger:innen abzuwenden. Zudem hätte ein Defizitverfahren ihr zufolge massive Nachteile für den Standort. Arnold Schiefer (FPÖ) erachtet es als ersten wichtigen Schritt, dass das Defizitverfahren jetzt gestoppt werden konnte. Es gelte, die Maßnahmen im Parlament breit zu diskutieren und im zweiten Schritt durch eine neue Bundesregierung ein neues Budget zu erstellen. Derzeit würden jedenfalls alle Förderprogramme noch laufen, so Schiefer. Er danke dem Minister, dass es jetzt einmal eine "Atempause" bis zur Budgeterstellung gebe.
Andreas Hanger (ÖVP) sprach seine volle Unterstützung dafür aus, das Defizitverfahren abzuwenden. Aus seiner Sicht hätte ein solches für den Kapitalmarkt weitreichende Konsequenzen. Was bisher vorliege, sei eine Absichtserklärung und noch weit weg von der Legistik – alle im Parlament seien eingeladen, ihre Vorschläge einzubringen. Georg Strasser (ÖVP) erachtet im Vorschlag zu Kürzungen der Förderungen etwa bei Biomasse oder "Raus-aus-Öl" eine "vernünftige Redimensionierung". Die europäischen Klimaziele würden mit dem Fokus auf Ausgewogenheit weiterhin wichtig bleiben.
Aus Sicht von Kai Jan Krainer (SPÖ) sei die Frage eines künftigen Defizitverfahrens immer noch offen, zumal die Basis dafür der Budgetvollzug des Jahres 2024 darstellen werde. Er erkundigte sich daher nachdrücklich bei Finanzminister Mayr unter anderem nach dem gesamtstaatlichen Defizit für 2024 samt den Zahlen der Sozialversicherungen, Länder und Gemeinden und zeigte sich "enttäuscht" von den aus seiner Sicht fehlenden Antworten. Für Krainer wäre außerdem eine Bankenabgabe die konjunkturschonendste Maßnahme. Pia Maria Wieninger (SPÖ) kritisierte, dass das Parlament erst im Nachhinein über den Vorgang zur Abwendung des Defizitverfahrens informiert worden sei. Außerdem sei aus der Liste der Sparmaßnahmen in der kurzen Zeit bereits einiges revidiert worden, etwa zum Projekt mit administrativem Schulpersonal oder zu den Einsparungen von 270 Mio. € bei den Krankenversicherungsbeiträgen.
Karin Doppelbauer (NEOS) sieht derzeit eine Phase der Weichenstellungen für die Republik, daher sei es wichtig, das Parlament vollinhaltlich einzubinden. Ein Defizitverfahren müsse nicht nur jetzt, sondern auch künftig verhindert werden. Es gelte, endlich die strukturellen Defizite anzugehen, die es schon länger als fünf Jahre gebe. Aus ihrer Sicht brauche es etwa eine Pensionsreform, um das effektive Pensionsantrittsalter nach oben zu bringen, aber auch eine Gesundheits- und Pflegereform sowie eine Föderalismusreform.
Aus Sicht von Jakob Schwarz (Grüne) dürfe bei einer Konsolidierung die Konjunktur keinesfalls abgewürgt werden. In der derzeitigen Phase so massiv einzugreifen, stelle ein hohes Risiko dar. Die Kürzungen der Klimaförderungen halte er für schlecht für das Klima, aber auch für künftige Generationen und für die Wirtschaft. Er gab zu bedenken, dass auch außerhalb des Defizitverfahrens an die EU zu berichten sei. Es sei "nicht unwahrscheinlich", dass man später noch in das Defizitverfahren hineinfalle, so Schwarz.
Was die Budgetsituation insgesamt betrifft, geht der Finanzminister
für 2024 derzeit von einem Defizit von 19,1 Mrd. € aus. Das sei um
1,7 Mrd. € besser als veranschlagt, so Mayr. Beim
Maastricht-Defizit bewege sich die Einschätzung bei 3,5 % des
Bruttoinlandsprodukts (BIP). Betreffend die geplanten 6,39 Mrd. € an
Einsparungen für 2025 sei das ein "Riesenpaket". Kleinere
geplante Einsparungen daraus wie etwa 270 Mio. € bei Krankenversicherungsbeiträgen
bezeichnete der Minister als "Platzhalter", die auch durch
andere Maßnahmen ersetzt werden könnten. Insgesamt sei seitens der
EU sehr wohl gesehen worden, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch
möglichst konjunkturschonend seien.
Nicht abgestimmt wurde folgender Antrag (Ablehnung der Behandlung im Plenum: FPÖ, ÖVP):
ANTRAG gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR
der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Eva-Maria Holzleitner, BSc Kolleginnen und Kollegen
betreffend Bankenabgabe als einnahmenseitige Maßnahme zur Budgetsanierung
eingebracht im Zusammenhang mit der Verhandlung über das EU-Vorhaben 36/25 Austria's submission of corrective measures for 2025 to the European Commission to avoid opening an excessive deficit procedure against Austria (8787/EU XXVIII.GP)
Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert im Zuge der Vorlage des Bundesfinanzgesetzes für 2025 statt Budgetkürzungen, die alle Österreicherinnen und Österreicher treffen, eine signifikante Erhöhung der Bankenabgabe (Stabilitätsabgabe) vorzusehen, damit die Bankenbranche dauerhaft aus ihren Rekordgewinnen einen wesentlichen, fairen und gerechten Beitrag zur Sanierung des Budgets in Entsprechung der Vorgaben der Maastricht-Kriterien sowie der Finanzierung von Zukunftsprojekten leistet.“
Begründung
Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP wurde ein Maßnahmenpaket für das Jahr 2025 zur Vermeidung eines EU-Verfahrens wegen übermäßigem Defizit im Umfang von 6,39 Mrd. € vereinbart, um das heurige Budgetdefizit unter dem Wert von 3% des BIP zu halten. Die Höhe ergibt sich aus einem 7-Jahrespfad zur Konsolidierung des Budgets und umfasst 5,04 Mrd. € an ausgabenseitigen Einsparungen sowie 1,35 Mrd. € an einnahmenseitigen Erhöhungen. Die angekündigten Budgetkürzungen und Steuererhöhungen betreffen breite Bevölkerungsschichten, während hingegen eine Branche keinen Beitrag zur Budgetsanierung leisten soll:
Der österreichische Bankensektor verzeichnete in den vergangen Jahren sehr hohe Gewinne: Laut OeNB lag der Gesamtjahresgewinn 2022 bei einem Rekordhoch von über 10 Mrd. €[1], im Jahr 2023 betrug der Rekordgewinn bei 14 Mrd. €[2] und im ersten Halbjahr 2024 fiel ein neuerlicher Gewinn von 7 Mrd. € an.[3] Es ist weder gerecht noch fair, wenn einerseits die Österreicherinnen und Österreicher die Budgetsanierung bezahlen, andererseits aber eine besonders rentable Wirtschaftsbranche überhaupt keinen Beitrag leisten soll.
Abgelehnt wurde folgender Antrag (Zustimmung: NEOS, Grüne):
Antrag auf Stellungnahme
gem. Art. 23e Abs.1 B-VG
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer
betreffend TOP 1 Austria’s submission of corrective measures for 2025 to the European Commission to avoid opening an excessive deficit procedure against Austria (08787/EU XXVIII.GP)
eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 31.01.2025
Bereits im November 2024 prognostizierte die Europäische Kommission für Österreichs Haushalt ein gesamtstaatliches Defizit von 3,6 % für 2024, bzw. 3,7 % für 2025. (1) Um das drohende Verfahren bei einem übermäßigen Defizit gem. 126 AEUV der EU für Österreich abzuwenden, übermittelten die beiden Koalitionsverhandler FPÖ und ÖVP Mitte Jänner ein Konsolidierungspaket für 2025 an die Europäische Kommission. Von den knapp 6,4 Mrd. EUR an Sparmaßnahmen für das Jahr 2025 sollen dabei lediglich 240 Mio. EUR über Reformen erzielt werden. (2) Dies hat Österreich zwar eine Atempause verschafft, dennoch bleibt sie wohl nur von kurzer Dauer, zumal die Kommission die budgetäre Situation nach der Vorlage des Budgets für 2025 und der Einreichung des österreichischen Fiskalstrukturplans Ende April neu bewerten wird. (3)
Die vorübergehende Abwendung eines übermäßiges Defizitverfahren, darf nun nicht darüber hinwegtäuschen, dass die strukturellen Ursachen des Defizits weiterhin bestehen. Denn: Die bisherigen Maßnahmen erscheinen nicht ausreichend, um dauerhaft ein Defizitverfahren abzuwenden bzw. die aktuell geltenden EU-Fiskalregeln einzuhalten. Ohne strukturelle Reformen wird es insbesondere mittelfristig kaum möglich sein, die notwendigen Konsolidierungserfordernisse zu erzielen.
Die dynamisch ansteigende Schuldenquote und das fortwährend hohe strukturelle Defizit stellen weiterhin eine Gefahr für die budgetäre Entwicklung und die Schuldentragfähigkeit des Landes dar. Im Rahmen der neuen EU-Fiskalregeln erstellt die Europäische Kommission basierend auf einer Schuldentragfähigkeitsanalyse länderspezifische Vorgaben zur Entwicklung der öffentlichen Ausgaben, die die Mitgliedstaaten in mittelfristigen Fiskalstrukturplänen umsetzen müssen. Die bestehenden Schwellenwerte eines Maastricht-Defizits von maximal 3 % des Bruttoinlandsprodukts und einer Schuldenquote von maximal 60 % des BIP bzw. das Erfordernis einer hinreichenden Reduktion der Schuldenquote in Richtung dieses Schwellenwerts müssen weiterhin eingehalten werden. (4) Für Österreich bedeuten die neuen Regeln in Kombination mit der schlechten budgetären Ausgangslage, dass substanzielle Änderungen bei den großen Ausgabenbereichen unumgänglich sind, wie etwa bei Pensionssystem oder Föderalismus. Notwendig sind aber auch Reformen, die auf die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und einen längeren Verbleib im Erwerbsleben abzielen. Auch die Europäische Kommission macht in den länderspezifischen Empfehlungen - zuletzt 2024 - entsprechende Reformvorschläge. (5)
Österreich weist im internationalen Vergleich eine der höchsten Pensionsquoten (öffentliche Pensionsausgaben zu BIP) auf, während das effektive Pensionsantrittsalter weiterhin unter dem EU-Durchschnitt liegt. Ohne eine Reform, die Anreize für längeres Arbeiten schafft und die steigende Lebenserwartung stärker berücksichtigt, wird sich die finanzielle Belastung der öffentlichen Haushalte durch die demografiebedingten Kostensteigerungen weiter verschärfen. Die im Konsolidierungspaket vorgelegte Kombination verschiedener Maßnahmen, um das effektive Pensionsantrittsalter anzuheben, wurde von den Verhandlern mit 150 Mio. EUR veranschlagt. Konkrete Maßnahmen dazu sind noch ausständig, denn eine Einigung darüber, wie man dieses Ziel tatsächlich erreichen möchte, gibt es bisher nicht. Berechnungen des NEOS Lab zeigen, dass Maßnahmen, die allein auf die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters abzielen, vor allem kurzfristig Einsparungen erzielen. Langfristig deutlich kostendämpfend wirkt vor allem die Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. (6) Ebenso ist eine Reform des Föderalismus notwendig, um ineffiziente Finanzierungsströme und Doppelgleisigkeiten zu beseitigen. Eine klare Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung sowie die Entflechtung von Transferleistungen bieten nicht nur Einsparungspotenziale, sondern auch die Möglichkeit, die Effizienz staatlicher Leistungen zu erhöhen.
Die weiterhin drohende Nichteinhaltung der Maastricht-Kriterien sowie die aufgrund der strukturellen Budget-Schieflage fehlenden budgetären Spielräume für Zukunftsinvestitionen und zukünftige Krisenbewältigung, machen eine Politik ohne strukturelle Reformen in Zukunft untragbar. Der Finanzminister hat die Verantwortung, bei den nächsten Gesprächen mit der Europäischen Kommission und im Hinblick auf die Einhaltung der EU-Fiskalregeln einen umfassenden und langfristig ausgerichteten Reformplan vorzulegen. Nur ein solcher Plan, der die strukturellen Defizite adressiert und tiefgreifende Reformen in den zentralen Ausgabenbereichen vorsieht, kann die finanzielle Stabilität Österreichs sichern.
Quellen:
(2) https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/EU/8787
(3) https://www.bmf.gv.at/services/startseite-budget.html
(5) [1] https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11712-2024-INIT/en/pdf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Antrag auf Stellungnahme gem. Art. 23e Abs. 1 B-VG
Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, zur Verhinderung der Eröffnung eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit im Zuge der nächsten Überprüfung auf europäischer Ebene durch die Kommission und zur Einhaltung der EU-Fiskalregeln nachhaltige Strukturmaßnahmen zu setzen.“
Das gegenständliche Vorhaben ist nicht auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.
Abgelehnt wurde folgender Antrag (Zustimmung: SPÖ, Grüne):
ANTRAG AUF STELLUNGNAHME
gemäß Art. 23e Abs. 1 B-VG
des Abgeordneten Jakob Schwarz,
eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 31.1.2025
betreffend TOP 1 Austria's submission of corrective measures for 2025 to the European Commission to avoid opening an excessive deficit procedure against Austria (08787/EU XXVIII. GP)
Begründung
Am 13. Jänner 2025 verfasste Finanzminister Mayr einen Brief an Kommissar Dombrovskis in dem er radikale Einsparungspläne aus den aktuellen Regierungsverhandlungen zwischen den Parteien FPÖ und ÖVP übermittelte. Das Parlament war nicht nur nicht in die Erstellung der Sparmaßnahmen eingebunden, sondern bekam das Dokument erst vier Tage später, am 17. Jänner 2025 übermittelt.
Im Gegensatz zu der vom Finanzministerium eingenommenen Position, wie sie in der schriftlichen Information für diesen Ausschuss ausgeführt ist, handelt es sich bei der Prüfung der Einleitung eines Defizitsverfahrens selbstverständlich um ein Europäisches Vorhaben, zu dem der Finanzminister im Rahmen eines durch Rechtsakte festgelegten Verfahrens mit den Institutionen der Union im Namen Österreichs kommuniziert.
Die übermittelte Liste mit Einsparungsmaßnahmen ist daher höchstens als vorläufiger Zwischenstand diskutierter Maßnahmen zu betrachten, der erst durch parlamentarische Verfahren und Beschlüsse bindungswirksam würde. So haben selbst die verhandelnden Parteien bereits Änderungen angekündigt[4] oder manche Punkte nicht bestätigt. Der Finanzminister selbst sprach von „Platzhaltern“[5]. Weitere Adaptierungen müssen folgen, denn die Maßnahmen gefährden das österreichische Wirtschaftswachstum, verteilen die Lasten der Einsparungen gesellschaftlich ungerecht und schaden der für die Zukunft unserer Umwelt, aber auch unserem Wirtschaftsstandort geforderten Klimapolitik. So erklärte etwa das Wirtschaftsforschungs-institut WIFO, dass "[e]ine sprunghafte Reduktion des Defizits auf die in den EU-Verträgen festgelegte Höchstgrenze von 3% der Wirtschaftsleistung das BIP-Wachstum – je nach Art und Zeitpunkt der Maßnahmen – um ½ bis 1 Prozentpunkt dämpfen [würde]“.[6] Dies zu verhindern muss nun im Mittelpunkt der Bemühungen stehen, weshalb sich sowohl Wifo-Chef Gabriel Felbermayr wie auch IHS-Direktor Holger Bonin für konjunkturschonende und sozial ausgewogene Einsparungen im Rahmen eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich anstatt eines radikalen Sparkurses ausgesprochen haben.[7]
Zwar hat die EU Kommission zugesagt, vorläufig kein Defizitverfahren zu starten, doch vor dem Hintergrund von bereits zurückgenommenen oder unsicheren Sparvorhaben und der Gefahr des Dämpfens der sich gerade erholenden Konjunktur, ist dies keine Erfolgsmeldung. Dennoch ist es möglich die mittelfristigen Vorgaben der EU, ob in oder außerhalb des dafür vorgesehenen Defizitverfahrens, einzuhalten, trotzdem die Konjunktur zu stärken und eine zukunftsfähige Politik zu gestalten. Die Kommission liefert in den länderspezifischen Empfehlungen 2024 bereits Vorschläge, die berücksichtigt werden sollten.[8]
Dies zu gewährleisten liegt im Kompetenz- und Verantwortungsbereich des Parlaments.
Der unterzeichnende Abgeordnete stellt daher folgenden
Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 1 B-VG
Die Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, auf europäischer Ebene gegenüber der Europäischen Kommission und im Rat festzuhalten, dass der österreichische Nationalrat in seinen erst folgenden Verhandlungen über die Budgetkonsolidierung, insbesondere die Stärkung der Konjunktur und die Übereinstimmung mit den übergeordneten Zielen der EU, wie der ökologischen und digitalen Transformation, als Maßgaben mit oberster Priorität zugrunde legen wird. Bereits übermittelte Maßnahmen, die dem nicht entsprechen, werden adaptiert bzw. gestrichen und neue hinzugefügt. Es kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass im Hinblick auf die von Wirtschaftsforschern angeratene konjunkturschonende Konsolidierung das Konsolidierungsvolumen von 6.3 Mrd. EUR im Jahr 2025 nicht erreicht wird, mit der möglichen Folge der Einleitung eines EU-Defizitverfahrens mit geringeren Einsparungsanforderungen.
Das gegenständliche Vorhaben ist nicht auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.
Abgelehnt wurde folgender Antrag (Zustimmung: SPÖ, Grüne, NEOS):
ANTRAG AUF STELLUNGNAHME
gem. Art. 23e Abs.1 B-VG
der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA
Kolleginnen und Kollegen
betreffend TOP 1 36/25 Austria’s submission of corrective measures for 2025 to the European Commission to avoid opening an excessive deficit procedure against Austria (08787/EU XXVIII.GP)
Aus Artikel 23e Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz sowie auf Grundlage der Bestimmungen des EU-Informationsgesetzes ergibt sich für die österreichische Bundesregierung eine umfassende Informationspflicht gegenüber dem Parlament. Im Wesentlichen sind sämtliche der Bundesregierung vorliegende EU-Dokumente auch dem Parlament vorzulegen. Dazu zählen auch solche Dokumente, die von der österreichischen Bundesregierung im Zusammenhang mit EU-Vorhaben und dem Handeln in den europäischen Gremien erstellt werden.
Finanzminister Univ.-Prof. DDr. Gunter Mayr hat am 13.1.2025 dem EU-Kommissar für Wirtschaft und Produktivität Valdis Dombrovskis eine von FPÖ und ÖVP beschlossene „politische Absichtserklärung“ samt weiterer Dokumente für einen gemeinsamen Budgetpfad übermittelt. Am nachfolgenden Tag hat der Finanzminister die Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung in Brüssel präsentiert. Ziel war es, ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden. Dem Parlament wurden diese ein EU-Vorhaben betreffenden Dokumente erst am 17.1.2025 übermittelt – und damit nach Übermittlung und Diskussion auf europäischer Ebene. Der zuständige Kommissar antwortete bereits am 16.1.2025 mit einem Brief an den Finanzminister, dass die vorgelegten Maßnahmen das Defizit im Jahr 2025 unter die Grenze von 3% bringen würden, weswegen vorerst kein EU-Verfahren wegen übermäßigem Defizit eröffnet wird, wobei die genaue Prüfung der Maßnahmen im April erfolgt. Dieses Schreiben wurde dem Parlament nicht übermittelt. Dass es anderweitig öffentlich zugänglich ist, entbindet den Bundesminister für Finanzen nicht von seiner Übermittlungspflicht im Kontext von EU-Vorhaben.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Antrag auf Stellungnahme gem. Art. 23e Abs. 1 B-VG
Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, umfassend und unverzüglich, jedenfalls vor der Verhandlung und Abstimmung von EU-Vorhaben in den europäischen Gremien, das Parlament zu informieren und die parlamentarischen Mitwirkungsrechte dementsprechend auch im Kontext des Verfahrens des Stabilitäts- und Wachstumspaktes über die Frage der Einleitung von Defizitverfahren zu wahren. Dies umfasst sowohl Dokumente, die von der Bundesregierung als auch von EU-Institutionen im Rahmen eines EU-Vorhaben erstellt werden.“
Das gegenständliche Vorhaben ist nicht auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.
[1] s. OeNB, 7.6.2023, https://www.oenb.at/Presse/Pressearchiv/2023/20230607.html.
[2] s. OeNB, 24.06.2024, https://www.oenb.at/Presse/Pressearchiv/2024/20240624.html.
[3] s. OeNB, 12.11.2024, https://www.oenb.at/Presse/Pressearchiv/2024/20241112.html.
[4] https://www.derstandard.at/story/3000000253641/bildungsministerium-doch-keine-streichung-von-administrativen-stunden-in-pflichtschulen
[5] https://www.derstandard.at/story/3000000253357/jetzt-bestaetigt-fpoe-und-oevp-planen-versicherungsbeitraege-fuer-pensionisten-zu-erhoehen
[6] https://www.wifo.ac.at/wp-content/uploads/upload-2441/kp_2024_04.pdf; Abgerufen am 31.1.2025
[7] https://www.sn.at/politik/innenpolitik/wifo-budgetdefizit-prozent-170439988 ; Abgerufen am 31.1.2025
[8] https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11712-2024-INIT/en/pdf; Abgerufen am 31.1.2025