Transkript

Erklär- und Diskussionsveranstaltung: Q&A 30 Jahre EU-Beitritt

Veranstaltung

15. September 2025

Nationalratssaal

Abteilung 1.4/2.4
Stenographische Protokolle
 

Erklär- und Diskussionsveranstaltung: Q&A 30 Jahre EU-Beitritt

Programm

Eröffnungsworte

Harald Dossi – Parlamentsdirektor 

Einführung ins Thema 

Sandra Kusmierczyk – Abteilung 6.2 – EU-Angelegenheiten 

Expert:innengespräch und Q&A

Wolfgang Schüssel – Bundeskanzler a. D. 

Dietmar Schweisgut – Botschafter a. D. 

Quiz zur EU und zum EU-Beitritt

Moderation 

Karl-Heinz Grundböck – Parlamentssprecher 

 

Die Veranstaltung beginnt mit der Einspielung des Videos „30 Jahre EU-Beitritt“.

Zeitzeugin trifft Jungwählerinnen und Jungwähler

Elfriede, 94 (Zeitzeugin): Natürlich haben sich alle gefreut, obwohl man keine genaue Vorstellung hatte, dass man jetzt dazugehört und dass Österreich ein gleichberechtigtes Mitglied ist. 

Hanna, 17 (EU-Bürgerin): Die Zusammenarbeit von den ganzen Ländern Europas sorgt erstens für Frieden, das ist, glaube ich, der wichtigste Grund, dass es die EU überhaupt gibt, dass sie für Frieden sorgen sollte in ganz Europa. 

Laurens, 17 (Erstwähler): Die EU macht ganz Europa wieder relevant und gibt ihm einen Status der Menschenrechte, auch den von Fortschritt, der Gleichberechtigung. 

1993 – Start der Beitrittsverhandlungen 

12. April 1994 – Verhandlungen abgeschlossen

Elfriede: Also das war eine große Hoffnung.

12. Juni 1994 – Volksabstimmung: EU – Ja oder nein? 

Elfriede: Natürlich waren alle dafür, also in unserem Umkreis, ich könnte mir nicht vorstellen, dass irgendjemand dagegen gewesen ist. 

66,6 Prozent stimmen für den Beitritt 

1. Jänner 1995 – Österreich ist EU-Mitglied

Elfriede: Man hat es ja kaum fassen können, dass jetzt auf einmal alle zusammengehören. Es waren alle überzeugt, dass es positiv sein wird. 

Laurens: Genau jetzt sollte man in der EU Stärke zeigen, dass man eben zusammenhält und gemeinsam für die Ziele kämpft, die man sich damals gesetzt hat, wie man sie gegründet hat. 

Hanna: Ich fühle mich hundertprozentig als Europäerin. Das war eigentlich schon immer der wichtigste Bestandteil meiner Identität. 


Karl-Heinz Grundböck (Parlamentssprecher): Einen schönen guten Vormittag! Vielen Dank für das Interesse, vielen Dank fürs Dabeisein heute! 

80/70/30 ist hier an mehreren Stellen zu lesen. Was verbirgt sich hinter diesem 80/70/30? – Das Jahr 2025 hat zumindest - - (Ruf: Österreich!) – Österreich, richtig! Das Jahr 2025 bringt für uns drei markante Jubiläen: 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges, 70 Jahre Staatsvertrag und 30 Jahre EU-Beitritt Österreichs. Zum letzten Jubiläum – 30 Jahre EU-Beitritt – haben wir heute hier diese Veranstaltung, und ich freue mich sehr, so viele hier begrüßen zu dürfen. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrlinge, wir sind heute hier im Sitzungssaal des Nationalrates bei dieser Erklär- und Diskussionsveranstaltung zu den 30 Jahren EU-Beitritt. Zunächst möchte ich mich beim Gastgeber der heutigen Veranstaltung, beim obersten Beamten in diesem Haus, bei Parlamentsdirektor Dr. Harald Dossi sehr herzlich bedanken: auf seine Initiative und seine Einladung hin findet diese Veranstaltung heute hier statt. – Herr Parlamentsdirektor, herzlich willkommen! (Beifall.)

Sehr herzlich willkommen heißen darf ich aber auch besonders die mitwirkenden Expert:innen und Ehrengäste der heutigen Veranstaltung. Zunächst zwei Persönlichkeiten, die damals auch maßgeblich mitgewirkt haben – in politischer Verantwortung, in Verantwortung in der Verwaltung: An der Spitze Herr Dr. Wolfgang Schüssel, Bundeskanzler außer Dienst – herzlich willkommen (Beifall), und Dr. Dietmar Schweisgut, damals Sektionschef im Finanzministerium, Botschafter außer Dienst. (Beifall.) 

Sie beide werden heute im Rahmen unseres Expertengesprächs die mitgebrachten Fragen, die vorbereiteten Fragen, aber auch die spontanen Fragen, die noch eingebracht werden können, rund um den EU-Beitritt beantworten. 

Dann darf ich besonders Sandra Kusmierczyk aus der Abteilung für EU-Angelegenheiten in der Parlamentsdirektion begrüßen, die uns zu Beginn dann einige Einblicke in das Arbeiten der Europäischen Union geben wird. – Herzlich willkommen! (Beifall.)

Vor allem aber ist es eine besondere Freude, euch hier im Saal begrüßen zu dürfen. Ich darf die Klassen aufzählen: Ein herzliches Willkommen geht an die Klassen 5B und 6C aus dem BG Tulln, die Klassen 3C, 3F, 3K, 3O und 3P der Berufsschule für Verwaltungsberufe, die 5A des Bernoulligymnasiums Wien, die 6. Klasse des Stiftsgymnasiums Seitenstetten, die 7B des Don-Bosco-Gymnasiums Unterwaltersdorf, die 7A und 7C des Piaristengymnasiums in Wien, die 4PK der Vienna Business School Schönborngasse und die 6BM des Evangelischen Realgymnasiums Donaustadt. 

Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen, und ich teile die Freude übers Dasein. Schön, dass ihr alle hier seid! (Beifall.)

Ich darf auch noch alle begrüßen, die via Livestream zugeschalten sind, entweder über die Mediathek auf der Parlaments-Website, über unseren Tiktok-Kanal – Oeparl – oder über Instagram; auch an die, die nicht im Saal sind oder zumindest nicht sichtbar im Saal sind, ein herzliches Willkommen an dieser Stelle. 

Was erwartet uns heute in diesen knapp 2 Stunden, die wir veranschlagt haben? Wobei: Keine Sorge, wir haben auch eine Pause dazwischen eingeplant. – Ihr alle habt dieses Programmheft auf den Plätzen liegen. Das Programm ist hier sehr allgemein enthalten: Wir werden Eröffnungsworte von Parlamentsdirektor Harald Dossi hören, wir werden eine Einführung ins Thema EU mit Sandra Kusmierczyk hören, wir haben unser Expertengespräch mit Wolfgang Schüssel und Dietmar Schweisgut, und wir werden am Ende auch ein Quiz zur EU und zum EU-Beitritt haben. Alle Fragen oder zumindest alle Antworten auf die Fragen, die wir am Ende beim Quiz stellen werden, kommen zuvor irgendwo vor. Das heißt: Bitte aufmerksam sein, die Antworten auf die Fragen, die wir euch am Ende stellen werden, findet ihr zuvor. Es kann niemand durchfallen, aber es wird jedenfalls einen Sieger, eine Siegerin oder auch mehrere geben. Wir hoffen, dass es dann auch in der Form für euch unterhaltsam sein wird. 

Eines vorweg: Bitte behaltet auch dieses Programmheft, ihr findet dann für die Phasen, in denen ihr euch beteiligen könnt, QR-Codes. Ich werde im Detail dann noch darauf hinweisen. 

Soweit zum Programm, und damit komme ich zum ersten Programmpunkt und darf Parlamentsdirektor Dr. Harald Dossi für die Eröffnung hier ans Rednerpult bitten. (Beifall.)

Eröffnungsworte 

Harald Dossi (Parlamentsdirektor): Einen schönen guten Morgen, liebe Schülerinnen, liebe Schüler, Herr Bundeskanzler, Herr Botschafter! Sehr schön, dass das geklappt hat, dass Sie alle heute hier sind. 

Wir verstehen uns als modernes Parlament. Was meine ich damit? – Wir glauben, dass es für ein Parlament heutzutage nicht genug ist, gewissermaßen die Maschine der Gesetzgebung zu sein, Gesetze vorzubereiten, zu debattieren und zu beschließen, sondern dass wir auch eine Verantwortung gegenüber allen in Österreich haben, ein bisschen zu erklären, was in einem Parlament passiert, warum es gut ist, in einem Staat zu leben, in dem die allgemeinen Gesetze von einem Parlament erlassen werden; einfach mit anderen Worten: warum es für uns alle gut ist, in einer parlamentarischen Demokratie zu leben. 

Wir haben da mehrere Instrumente. 

Wenn Sie heute hereingekommen sind und durch das Besucher:innenzentrum das Haus betreten haben, so hoffe ich, haben Sie dabei den Eindruck gewonnen, dass das ein sehr helles, ein sehr freundliches Ambiente ist, ein Raum, in dem man sich willkommen geheißen fühlt, denn so soll es auch sein. In diesem Besucher:innenzentrum haben wir sehr, sehr viele Informationen aufbereitet zum Parlamentarismus, zur Geschichte der Republik Österreich, zu aktuellen politischen Fragen. Da kann ich nur sagen: Bitte kommen Sie alle wieder, immer wieder, man kann einfach ohne Anmeldung in das Besucher:innenzentrum kommen, auch in die Parlamentsbibliothek weitergehen, und wenn man all die Dinge, die wir dort aufbereitet haben, lesen will, anschauen will, anhören will, dann braucht man im Moment rund 100 Stunden. Mit anderen Worten: Sie müssen wirklich öfter kommen. Es würde mich freuen, wenn Sie dieses Angebot wahrnehmen, das ist wirklich eine interessante Ergänzung zu all dem, was Sie in Ihren Schulklassen zum Thema Demokratie und Geschichte der Demokratie erfahren und lernen. 

Wir haben auch die Demokratiewerkstatt hier im Haus. Ich weiß nicht: Wer von Ihnen war schon in der Demokratiewerkstatt? Darf ich einmal fragen? Wer kennt sie? – Doch, doch, ja, wunderbar, ein paar von Ihnen, das freut mich sehr. Auch da bemühen wir uns, in halbtägigen Workshops zu diesen Themen etwas zu vermitteln. 

Unter anderem nutzen wir auch markante Zeitpunkte, markante Ereignisse, um in einem Format wie dem heutigen, ganz bewusst im Nationalratssaal, in dem Saal, in dem der Nationalrat seine Sitzungen abhält, mit Ihnen gemeinsam Themen aufzubereiten, zu diskutieren und Ihnen Gelegenheit zu geben, den Expertinnen und Experten, die wir dazu eingeladen haben, auch Fragen zu stellen. Ich würde Sie sehr ermuntern, heute nicht nur zuzuhören, sondern wirklich auch die Gelegenheit zu nutzen, den Herrn Bundeskanzler außer Dienst, den Herrn Botschafter außer Dienst und Frau Kollegin Kusmierczyk aus der Parlamentsdirektion wirklich mit Ihren Fragen zu löchern – weil das einfach, glaube ich, auch für Sie spannende Fragestellungen sind, warum ursprünglich, vor über 30 Jahren überhaupt der Plan bestanden hat, der Europäischen Union beizutreten, was damals die Schwierigkeiten waren, was die Stolpersteine waren, welche Hoffnungen wir von Beginn an gehabt haben, welche Bedeutung die EU-Mitgliedschaft damals hatte, aber auch heute noch hat; und auch da natürlich ganz toll, dass wir heute Zeitzeugen dieser Entwicklung hier zu Gast haben –, diese einfach auch zu fragen, welche persönlichen Erinnerungen die beiden an diese Zeit haben, die beide in unterschiedlichen Funktionen, aber doch ganz, ganz maßgeblich an den Vorbereitungen zu den Beitrittsverhandlungen, an den Beitrittsverhandlungen selbst und später dann auch in der ersten Phase der Mitgliedschaft teilgenommen haben. 

Dass das heute zu diesem Thema stattfindet, freut mich persönlich umso mehr, weil auch ich damals im Bundeskanzleramt einen kleinen Beitrag zu diesen Vorbereitungen und Bemühungen leisten konnte. Ich habe mich mit Dietmar Schweisgut eingangs noch kurz unterhalten und er hat mir gesagt – und es geht auch mir so –, dass man vieles natürlich im Lauf der Jahre – es sind doch wie gesagt schon 30 Jahre – vergisst, dass man sich wirklich zurücklehnen muss, die Augen schließen muss, das alles wieder hervorrufen muss. Es sind aber sehr gute, sehr spannende Erinnerungen, und ich glaube, wir können uns alle auf einen interessanten und spannenden Vormittag freuen. 

Noch einmal: Herzlich willkommen und danke für die Teilnahme! Wir können beginnen. Danke schön. (Beifall.) 

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank, Herr Parlamentsdirektor. 

Ich habe sie schon kurz in der Begrüßung erwähnt und darf sie jetzt zu mir nach vorne bitten: Sandra Kusmierczyk – und weil wir beim täglichen Arbeiten in der Parlamentsdirektion per Du sind, dürfen wir auch hier dabei bleiben. 

Sandra ist eine unserer Expert:innen für EU-Angelegenheiten und täglich mit dieser Materie befasst. Was heißt das in der Parlamentsdirektion? – Die Parlamentsdirektion ist eine Verwaltungsorganisation, die einerseits den Parteien hier im Parlament auch im Alltagsbetrieb hilft, und zwar nicht einer Partei, sondern die Parlamentsdirektion ist eine Serviceorganisation für alle Parlamentsparteien. Daneben bemüht sich die Parlamentsdirektion eben auch noch, Demokratie verständlich zu machen für die Öffentlichkeit, das, was wir heute hier machen. Sandra ist also genau die Richtige, um uns auf einen Streifzug durch die Funktionsweisen der Europäischen Union mitzunehmen. 

Bevor wir aber zu den Fragen an Sandra Kusmierczyk kommen, habe ich zuerst ein paar Fragen, die ich gerne euch stellen würde. Bitte beantwortet ihr diese Fragen genau so, wie sonst Abgeordnete hier über Gesetze abstimmen, nämlich durch Aufstehen oder Sitzenbleiben: Aufstehen heißt Ja, Sitzenbleiben ist ein Nein. Da habe ich ein paar kurze Fragen – übrigens nur an die unter 30-Jährigen im Raum, also nur an diejenigen, die zum Zeitpunkt des EU-Beitritts noch nicht geboren waren. 

Zum Ersten: Wem sagt dieses Bild hier noch etwas (auf zwei großen Bildschirmen wird eine Abbildung eines Tauschendschillingscheins eingeblendet): 1 000 Schilling? Wer kennt das? – Aufstehen bitte! – Also kennen das doch so gut wie alle. Als Bargeld hat der Euro am 1. Jänner 2002 den damaligen Schilling abgelöst. – Vielen Dank, dann wieder Platz nehmen! 

Zweite Frage: Wer von euch hat im Vorjahr, 2024, die Wahlen zum Europäischen Parlament mitverfolgt? – Die, die da aktiv beobachtet haben, bitte aufstehen; die, die sagen: Ich weiß gar nicht, dass diese Wahlen stattgefunden haben, bitte sitzen bleiben. – Danke schön. Das Bild ist schon ein bisschen anders als beim Schilling. 

Dritte Frage: Wer hat schon einmal an einem Erasmus-Programm teilgenommen? (Ruf: Was ist ein Erasmus-Programm?) – Das kann man dann als Frage einbringen, vielen Dank. 

Die letzte Frage, ich glaube, es ist ein bisschen eine Boomerfrage: Wer von euch hat im Sommerurlaub beim Tiktok-Schauen gecheckt, wie viel Datenvolumen er oder sie verbraucht hat? – Doch einige wenige. 

Was all diese Fragen mit der EU zu tun haben, lösen wir dann im Weiteren auf, das erzählt uns jetzt Sandra. 

Einführung ins Thema

Karl-Heinz Grundböck: Sandra, ganz zu Beginn: Warum gibt es die EU eigentlich und wie ist sie entstanden? 

Sandra Kusmierczyk (Abteilung 6.2 – EU-Angelegenheiten): Das ist die Startfrage, danke. Der Beginn war im Prinzip tatsächlich der Zweite Weltkrieg, der einfach mit dem noch nie dagewesenen Grauen und Zerstörungen ein besonderes politisches Klima geschaffen hat, wo man sich wirklich einig war, dass das nie wieder passieren darf. Da waren viele Ideen im Umlauf, aber was sich wirklich durchsetzen konnte, war die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl – Kohle und Stahl waren damals die kriegswichtigen Güter –, und da war die Idee, dass man sie unter eine gemeinsame Behörde, eine gemeinsame Aufsicht stellt, auch ein bisschen daraus wirtschaftliche Vorteile generiert. 

Das war der erste Schritt, auf den sich die Mitgliedstaaten 1952 einigen konnten. Man muss sich denken: Sieben Jahre zuvor war noch der Zweite Weltkrieg aktiv und die Staaten haben sich zutiefst bekriegt, und das war ein Riesenschritt, den man machen konnte. Es war von Anfang an die Idee da, dass, wenn es klappt, wenn Vertrauen gewonnen werden kann, weitere Schritte erfolgen können. (Die Rednerin unterstützt in der Folge ihre Ausführungen mittels einer Powerpoint-Präsentation.) Das erfolgte auch schon 1958 mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft, die als Nächste gegründet wurden. Diese blieben dann lange rechtlich unabhängige Gemeinschaften, die aber gemeinsame Organe hatten. 

Weil wir wenig Zeit haben, überspringen wir jetzt heute einige Schritte und konzentrieren uns auf die ganz großen Entwicklungsschritte der Europäischen Union: Das war nämlich 1993 mit dem Vertrag von Maastricht. Da wurde eigentlich erst die Europäische Union gegründet und die Gemeinschaften in einer Säule zusammengefasst. Und in zwei weiteren Säulen hat man sich gedacht, wir können noch mehr zusammenarbeiten, und da ist unter anderem die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik erstmals verankert worden. 2009, mit dem Vertrag von Lissabon, der noch immer die Grundlage ist für das Handeln der Europäischen Union bis heute, wurde dann wirklich die Säulenstruktur aufgelöst. Aber es wirkt nach: Zum Beispiel in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hat man bis heute noch sehr viel mehr Einstimmigkeitsprinzip und weniger – das nennt man so – ein intergouvernementales Prinzip, wo sich die Mitgliedstaaten wirklich sehr viele Rechte vorbehalten haben und nicht überstimmt werden können. 

Daneben ist die Europäische Union natürlich auch geografisch gewachsen. Alles hat begonnen – was ihr hier in dunkelblau seht – mit den Gründungsstaaten Deutschland, Frankreich natürlich, Italien und den Beneluxländern; in weiteren Erweiterungsschritten 15 Jahre später dann Großbritannien zum Beispiel, das wieder ausgetreten ist; aber danach – nicht zu vergessen, ganz wichtig, deswegen sind wir ja heute alle hier – 1995 Österreich gemeinsam mit Schweden und Finnland; das letzte Land, das beigetreten ist, war Kroatien. Und das ist in etwa – wir haben noch immer viele Beitrittskandidaten, wie man sieht – die geografische Entwicklung gewesen. 

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. – Das heißt – du hast es ganz zu Beginn erwähnt –, die EU ist dem Gründungsgedanken nach also ein Friedensprojekt. Heißt das auch, dass die Mitglieder gemeinsame Werte und gemeinsame Visionen teilen? 

Sandra Kusmierczyk: Definitiv; das Motto der EU – ich weiß nicht, wer es kennt – ist: „In Vielfalt geeint“. Es sind hier wirklich viele unterschiedliche Staaten zusammengekommen, aber sie teilen sich alle unter anderem auch die Grundwerte, und diese sind sogar in Artikel 2 EUV ausdrücklich verankert, und da sehen wir sie: die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, insbesondere jene der Minderheiten. Und wenn wir schon bei Menschenrechten sind, möchte ich noch darauf hinweisen, dass alle Mitgliedstaaten der EU auch Mitglied der Europäischen Menschenrechtskonvention sind, die allerdings etwas anderes ist als die EU. Die EU hat zusätzlich noch ihre eigene Grundrechtecharta, die teilweise über die EMRK hinausgeht, zum Beispiel im Bereich von Datenschutzrechten. 

Was passiert aber, wenn das nicht eingehalten wird, was wir in den letzten Jahren durchaus beobachten konnten? – Da hat die EU zuletzt einige Verfahren, die es schon lange gab - -, und einige neue entwickelt.

Das erste ist das Vertragsverletzungsverfahren: Hier kann man wirklich Mitgliedstaaten, die sich an konkrete Rechtsnormen der Europäischen Union nicht halten, vor dem EuGH anklagen, und das kann zu tatsächlich schmerzhaften finanziellen Sanktionen führen. Daneben gibt es aber auch noch – weil die in Artikel 2 verankerten Rechte natürlich sehr breit sind – ein spezielles Verfahren, nämlich das sogenannte Artikel-7-Verfahren. Da geht es darum, dass, wenn es wirklich zu einem nachhaltigen und dauerhaften Verstoß gegen diese Grundwerte in einem Mitgliedstaat kommt, es da ein Sanktionsverfahren gibt, und das kann tatsächlich sogar in der Aussetzung der Stimmrechte im Rat enden. Das ist natürlich ein massiver Eingriff in einen Mitgliedstaat und seine Mitbestimmungsrechte in der Europäischen Union, deswegen hat man hier auch ein Präventivverfahren eingeführt – das läuft tatsächlich zurzeit noch gegen Ungarn; gegen Polen wurde es jetzt wieder eingestellt.

Seit 2020 gibt es zusätzlich auch noch das Verfahren zum Schutz des EU-Haushalts. Da geht es darum: Wenn ein Staat die Rechtsstaatlichkeit so sehr verletzt, dass man davon ausgehen kann, dass die Verwendung von EU-Geldern dadurch beeinträchtigt werden kann, kann die EU tatsächlich die Mittel zurückhalten. Da hat man also jetzt sozusagen politisch dort angesetzt, wo es vielleicht am meisten wehtut, beim Geld – und auch dieses Instrument wird durchaus eingesetzt. 

Karl-Heinz Grundböck: Die dritte Frage, wenn wir jetzt über die EU sprechen: Vielleicht kannst du noch ein bisschen im Detail ausführen, was jetzt die EU genau ist, wer dazugehört, und, da wir hier im österreichischen Parlament sind, wie das Zusammenspiel der nationalen Parlamente im Rahmen der EU funktioniert.

Sandra Kusmierczyk: Ja, jetzt wird es spannend – das ist ja oft ein Codewort für: ein bisschen kompliziert –: Die EU braucht genauso wie zum Beispiel die Republik Österreich Organe, um überhaupt tätig zu werden – das sehen wir hier –, das sind quasi Institutionen, von denen jede eigene Aufgaben hat, und durch sie zusammen kann die Europäische Union tätig werden. 

Als Erstes sehen wir den Europäischen Rat. Dort treffen sich die Staats- und Regierungschefs, die geben im Prinzip die großen Leitlinien vor. 

Dann haben wir das Europäische Parlament, den Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission – das schauen wir uns dann noch ganz kurz an –, die vor allem auch das institutionelle Dreieck und gemeinsam unter anderem sozusagen den Gesetzgebungsmotor bilden. – Ich muss mich kurz fassen, deswegen geben wir euch wirklich nur einen groben Überblick, aber man kann noch so viel mehr nachlesen und recherchieren, es ist wirklich sehr spannend. 

Dann gibt es flankierend eben auch noch den Rechnungshof, den Gerichtshof der Europäischen Union und die Zentralbank, die, glaube ich, alle selbsterklärend ihre Aufgaben wahrnehmen – der Rechnungshof prüft zum Beispiel die Verwendung von EU-Mitteln, die Europäische Zentralbank wahrt die fiskalische Stabilität in der EU –, und daneben gibt es Einrichtungen und Agenturen. 

Wir können uns aber nicht nur die Frage stellen, wie die EU tätig wird, sondern auch, was die EU überhaupt regeln darf. Das ist jetzt etwas ganz Wichtiges, weil das sehr anders ist als in einem Bundesstaat: Die EU darf wirklich nur dann gesetzgeberisch tätig werden, wenn die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen diese Kompetenz übertragen haben. Das heißt, sie kann nicht alles regeln, was sie möchte oder was wir manchmal möchten, sondern man muss immer, zurzeit im Vertrag von Lissabon, nachschauen, ob ihr diese Kompetenz auch übertragen wurde – und die wurde ihr teilweise in unterschiedlichem Ausmaß übertragen, wie ihr hier seht: Es gibt in der Mitte die ausschließliche Kompetenz, da darf wirklich nur noch die Europäische Union tätig werden und wir Mitgliedstaaten alleine gar nicht mehr. Da merkt man, das sind wirklich so die essenziellen Punkte für die Union, das ist Zollpolitik, es ist Außenhandelspolitik, aber auch die Währungspolitik im Euro zum Beispiel. 

Daneben gibt es den in der Praxis eigentlich größten Teil der Gesetzgebungsvorschläge, nämlich jenen im Rahmen der geteilten Kompetenz. Hier können grundsätzlich die Mitgliedstaaten tätig werden, sofern und soweit die Union noch nicht einen Rechtsakt erlassen hat, und die soll das in diesem Bereich aber auch nur dann tun, wenn es wirklich einen Mehrwert aus der einheitlichen Regelung auf europäischer Ebene gibt. 

Und was ihr in Dunkelblau seht – das ist vielleicht für euch besonders interessant: Bildung und Jugend –, das sind nur ergänzende Kompetenzen. Die Union kann zum Beispiel nicht Lehrpläne für euch alle vorgeben, aber sie kann unterstützend tätig werden und ein Zusatzangebot zum Beispiel im Rahmen von Erasmus plus schaffen. 

Und wie entstehen diese Gesetze? Wir schauen uns jetzt den Großteil der Gesetzesentstehung an, nämlich jene im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren. Da sind im Wesentlichen drei Organe beteiligt: Das erste ist die Europäische Kommission, die hat das sogenannte Initiativmonopol; sie entscheidet, ob es einen Gesetzgebungsvorschlag gibt und wie dieser auszuschauen hat. Den übermittelt sie dann an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union. Das Europäische Parlament – wir haben es schon gehört – wird von uns allen direkt gewählt. Der Rat der Europäischen Union ist sozusagen ein bisschen komplizierter, der tagt nämlich in verschiedenen Formationen. Da treffen sich dann jeweils die zuständigen Fachminister – zum Beispiel gibt es Justiz und Inneres oder Umwelt – und beschließen dort in diesem Rahmen für ihre Regierungen als Co-Gesetzgeber gemeinsam mit dem Europäischen Parlament die Gesetze. 

Jetzt haben wir gehört, die Kommission macht den Vorschlag. Die Co-Gesetzgeber können beide noch einmal unabhängig Änderungsvorschläge einbringen. Was aber ganz wichtig ist: Es müssen beide zustimmen. Das heißt, es gibt keine europäischen Gesetze – salopp gesagt –, die in Kraft treten, ohne dass eine Mehrheit der Mitgliedstaaten dafür gestimmt hat. Die Mitgliedstaaten sind immer an der Gesetzgebung der Europäischen Union mitbeteiligt. Sie können aber tatsächlich überstimmt werden, das gehört dazu. 

Da wir schon hier im österreichischen Parlament sind: Ihr habt gesehen, bisher ist das österreichische Parlament nicht vorgekommen, nur das Europäische Parlament. Das sehen die Gründungsverträge im Großen und Ganzen auch so vor, aber wir haben da ein paar besondere Mitwirkungsrechte. Wir haben nämlich im Rahmen des EU-Beitritts unsere Bundesverfassung angepasst und haben zum Beispiel dem österreichischen Parlament die Möglichkeit gegeben, dem österreichischen Mitglied im Rat – ihr denkt daran zurück: Fachministerrat, Co-Gesetzgeber, eigentlich sehr stark an der Gesetzgebung beteiligt – eine Abstimmungs- oder Verhandlungsposition vorzugeben. Es gibt auch die Möglichkeit, in einen politischen Dialog mit den EU-Organen zu treten, und schließlich auch noch die Möglichkeit des sogenannten Frühwarnmechanismus zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips. Das klingt kompliziert, aber da geht es im Wesentlichen darum, dass dieser Mehrwert bei der geteilten Kompetenz überprüft wird, ob es wirklich einen Mehrwert hat, wenn die EU tätig wird – kurz gesagt; man kann alles ausführlicher nachlesen. 

Karl-Heinz Grundböck: Die Frage ist schon zu lesen – vielleicht kannst du uns noch ein paar Beispiele dafür geben –: Was bringt uns jetzt die EU? 

Sandra Kusmierczyk: Ja, die EU bringt uns allen sehr viel. Ich befürchte leider - - Sehr aktuell möchte ich doch noch einmal mit dem beginnen, mit dem wir auch den Vortrag begonnen haben: mit dem Friedensprojekt. Die EU wurde als Friedensprojekt gegründet, und zwar hat sie ihr Versprechen bis heute gehalten: Innerhalb der EU gibt es keine kriegerischen Auseinandersetzungen. Das ist keine geschichtliche Selbstverständlichkeit, wie wir hier anhand dieser Grafik sehen, und sie konnte das wirklich halten. Von diesem Frieden profitieren wir bis heute, und ich glaube fast, es ist die Basis von allem, wie die letzten Jahre leider zeigen. 

Daneben haben wir auch ein paar greifbarere Rechte, hat jeder von euch diese Rechte im Rahmen der Unionsbürgerschaft. Dazu gehören auch politische Rechte wie zum Beispiel das Wahlrecht – das aktive und das passive –, ihr könnt euch mit Petitions- und Beschwerderecht an die europäischen Institutionen wenden, aber ihr habt auch eure Grundfreiheiten und Grundrechte, aus der EU-Charta unter anderem – davon haben wir schon gehört. Die Grundfreiheiten – ich weiß nicht, ob das jemandem ein Begriff ist – sind tatsächlich relevant für uns alle, sie sind nämlich die Säulen des Binnenmarktes. Mit dem Binnenmarkt wollte man wirklich in der Europäischen Union ein Projekt schaffen, bei dem man sagt: In diesem Gebiet soll zwischen all diesen Mitgliedstaaten eine Art Markt entstehen, als ob das nur in einem einzigen Staat wäre. Das heißt, man braucht die Personenverkehrsfreiheit – dass man sich als Arbeitnehmer in jedes andere Land bewegen kann –, Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsverkehrsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit. Das bringt enorme wirtschaftliche Vorteile, aber vielleicht auch sehr persönliche Vorteile, wenn man einmal im Ausland tätig sein möchte. 

Daneben gibt es auch noch den Euroraum, das sind die Euro-20 – noch, denn mit 1. Jänner 2026 wird Bulgarien auch den Euro einführen, dann können wir von 21 reden. In diesem Raum können wir alle mit dem Euro zahlen. 

Schließlich anhand eines konkreten Beispiels, bei dem ich finde, dass alles ganz gut zusammenkommt: Onlineshopping. Ich glaube, jeder, der einmal etwas online bestellt hat und das nicht in der EU bestellt hat, ist draufgekommen, dass das sehr viel teurer wird, denn man muss Zoll zahlen. Das ist einmal der erste Vorteil, den man hat. Daneben hat man in der Union auch, wenn man online bestellt, sehr viele Verbraucherschutzrechte, Rücktrittsrechte et cetera, aber auch Produkt- und Lebensmittelstandards, die sicherstellen, dass wir gute und sichere Produkte angeboten bekommen, und last, but not least kommt auch die Datenschutz-Grundverordnung rein. 

Es gibt im Leben aber noch viel wichtigere Rechte als Shoppen, und die möchte ich euch jetzt abschließend hier noch darstellen. Gerade für junge Menschen, glaube ich – für euch bald, in ein paar Jahren oder jetzt schon –, besonders relevant ist natürlich Bildung, aber auch Studieren im Ausland – das ist Erasmus plus, mit dem man wirklich als Studenten, Schüler, Lehrlinge die Möglichkeit hat, in einem anderen Mitgliedstaat zu studieren, zu lernen, sich auszubilden. Es gibt aber auch – etwas weniger bekannt, aber das möchte ich allen noch sehr ans Herz legen – das Europäische Solidaritätskorps: Da geht es darum, dass man bis zu einem Jahr in einer gemeinnützigen Organisation in der EU tätig sein, sozusagen ein Freiwilligenjahr leisten kann und das teilweise sogar auch bezahlt bekommt. Daneben gibt es die EU-Jugendgarantie, es gibt die europäische Job-Börse Eures oder das Europäische Jugendportal, wo, falls ihr einmal im EU-Ausland einen Job finden wollt, auch wirklich sehr praktische Tipps dabei sind. 

Es gibt aber auch für diejenigen, die sich politisch beteiligen wollen, viele Angebote, einmal in die EU reinzuschnuppern: Es gibt zum Beispiel den EU-Jugenddialog oder das Europäische Jugendevent, die abwechselnd stattfinden. Da kann man sich wirklich aktiv beteiligen und sich in den politischen Prozess schon als Jugendlicher einbinden und mitmachen und reinschnuppern. 

Last, but not least vielleicht – für viele spätestens dann bei der Maturareise oder bei der Abschlussreise wichtig –: die Reiserechte. Da gibt es – auch sehr interessant für junge Leute – Discover EU, wo man wirklich auch gewinnen kann und sich die EU anschauen kann. Und dann profitieren wir alle von Schengen, von den Rechten im Zusammenhang mit Bahnreisen und – auch bei unserer Anfangsfrage – von der Abschaffung der Roaminggebühren in der EU, durch die man dann unter Umständen viel Geld spart. 

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank, Sandra. – Das ist viel Information, und gleichzeitig gibt es wahrscheinlich immer noch einiges an Fragen, die hier jetzt offen bleiben müssen, die wir aber dann im Weiteren noch mit unseren Experten erörtern werden. 

Ihr habt uns schon im Vorfeld einige Fragen zugesandt, die wir dann eben im nächsten Programmpunkt zu beantworten versuchen. – Ich muss aber gleich in einem Punkt um Verständnis bitten, nämlich: Nicht alle Fragen, die wir bekommen haben, können wir hier auch live gemeinsam diskutieren; wir haben aber dafür gesorgt, dass jede Schule mindestens einmal mit Fragen vertreten sein wird. – Es geht hier aber nicht nur um die Fragen, die ihr schon vorab eingereicht habt, denn gerade nach diesen ersten Informationen gibt es vielleicht noch das eine oder andere an Nachfrage von euch. Von daher würde ich euch bitten, wenn ihr noch Fragen habt – ich habe schon darauf hingewiesen, wir haben hier im Programmheft einen QR-Code, und zwar der allererste QR-Code; oder die, die das nicht im Programmheft haben, können das auch hier von den Screens scannen –: Wir gehen jetzt in eine 20-minütige Pause, das heißt bis 11.05 Uhr; in den ersten 10 Minuten – das ist bis 10.55 Uhr – könnt ihr bitte über ein Scannen dieses QR-Codes noch Fragen einreichen, die wir dann hier weiter erörtern werden. 

Damit kommen wir zur Pause. – Um 11.05 Uhr bitte wieder hier im Saal zu sein. 

Wir haben hinter dem Saal – das heißt, wenn ihr gerade nach hinten geht – Getränke für euch vorbereitet. Eine Bitte nur: Die Getränke könnt ihr dort konsumieren, hinter dem Saal. Bitte nach der Pause keine Getränke in den Saal mitbringen; unser Reinigungsdienst wäre dafür dankbar. 

Dann treffen wir uns bitte um 11.05 Uhr wieder hier herinnen und setzen dann mit Dr. Schüssel und Dr. Schweisgut im Gespräch fort. – Vielen Dank. 

Expertengespräch und Q&A

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank – alle sind wieder zurück im Saal, sogar 1 Minute vor der vereinbarten Zeit. Vielen Dank, dass ihr wieder hier seid! Willkommen zurück! Danke auch für die Fragen, die ihr uns in der Pause noch geschickt habt. Wir werden das dann alles in unser Gespräch mit einbinden.

Nun, wir haben also zuvor schon gehört: 1989 hat die damalige österreichische Bundesregierung den Brief nach Brüssel formuliert und damit um den Beitritt Österreichs zur EU angesucht. Sechs Jahre später waren die Verhandlungen abgeschlossen, und eine Volksabstimmung ging mit über 60 Prozent für den Beitritt aus. Es freut mich wirklich sehr, dass wir heute zwei ausgewiesene Experten und Zeitzeugen des EU-Beitritts hier im Saal bei uns begrüßen dürfen:

Dr. Wolfgang Schüssel, von 2000 bis 2007 österreichischer Bundeskanzler. Herr Dr. Schüssel war 1989 als damaliger Wirtschaftsminister Mitglied der Bundesregierung und so von Beginn an direkt in die Verhandlungen rund um den EU-Beitritt eingebunden. 

Dr. Dietmar Schweisgut war als Sektionschef im Finanzministerium – für EU- und internationale Angelegenheiten – auf Verwaltungsseite in diesen Beitritt eingebunden. Später, als Botschafter, war er dann, nach Stationen in Japan und China, von 2007 bis 2010 auch österreichischer EU-Botschafter in Brüssel.

Ich würde ganz gerne mit Ihnen beginnen, Herr Dr. Schüssel. Bevor wir in medias res gehen: Sie haben diesen Beitrittsprozess als Wirtschaftsminister begleitet. Das war bestimmt eine turbulente und auch eine spannende Zeit. Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie an diese Jahre zurückdenken?

Wolfgang Schüssel (Bundeskanzler a. D.): Also zuerst haben wir ja eigentlich schon den Europäischen Wirtschaftsraum geschaffen – 1992 ist dieser in Kraft getreten –, das war quasi die Vorstufe. Da hat es damals eine interne Diskussion gegeben: Alois Mock war Außenminister, ich war Wirtschaftsminister. Mock war eher skeptisch, was den EWR betrifft, weil er gesagt hat, das ist sozusagen eine Knackwurst, die uns vor die Nase gehalten wird, damit wir nicht Mitglied werden. Und ich habe gesagt: Nein, ich glaube, das ist ein ganz gutes Trainingscamp für uns. Wenn wir den EWR zuerst verhandeln, dann haben wir 70, 80 Prozent schon erledigt und können umso schneller in den Beitritt hinein. – Und so war es letztlich auch. Der EWR ist ja heute noch immer in Geltung. Die Norweger, die Isländer und die Liechtensteiner sind dort Mitglied. Die Schweizer haben das in einer Volksabstimmung abgelehnt.

Was mir heute einfällt, ist eigentlich zweierlei: Erstens, wirtschaftlich war natürlich der EU-Beitritt ein Riesenerfolg. Ich bin ein alter Dinosaurier, der sich immer gerne die Zahlen und Fakten anschaut und wie es halt wirklich geworden ist. Seit dem EU-Beitritt – also wenn man die Zahlen von 1994, die letzten Zahlen vor dem Beitritt, mit jenen von 2025 vergleicht – haben wir unsere Wirtschaftskraft, das Volkseinkommen verdreifacht, die Exporte verfünffacht, die Auslandsinvestitionen nach Österreich verzehnfacht, unsere eigenen Auslandsinvestitionen – vor allem in die Nachbarstaaten – verzwanzigfacht, und wir haben weit mehr als eine Million zusätzliche Arbeitsplätze – also ein Riesenerfolg. Das fällt mir natürlich als Erstes auf. 

Das Zweite ist natürlich – und das ist ein ganz wichtiger Punkt –: Die EU, die es heute gibt, ist eigentlich nicht mehr vergleichbar mit der Europäischen Gemeinschaft, der wir beigetreten sind, weil natürlich die Integration heute viel weiter fortgeschritten ist als damals. Vieles konnten wir uns damals gar nicht vorstellen, was heute selbstverständlich ist: also die gemeinsame europäische Währung, dass wir jetzt massiv in Richtung einer europäischen Verteidigung investieren. Wir haben ja 30 Jahre lang – das vergisst man ja – in ganz Europa eine Friedensdividende in einem Ausmaß von etwa 2 000 Milliarden Euro genossen. Die Armeen sind überall, in ganz Europa, halbiert, bis um zwei Drittel reduziert worden – Luftwaffe, Navy, Infanterie, Panzer und, und, und. Das ist natürlich mit dem Überfall der Russen vorbei. Wir müssen jetzt wiederum massiv in unsere eigene Sicherheit und Verteidigung nachrüsten. Also das ist heute eine wirklich weit vorangeschrittene Europäische Union, die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht so ganz absehbar gewesen ist. Insgesamt aber glaube ich: Gäbe es die Union noch nicht, müssten wir sie heute und jetzt sofort neu gründen.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Wenn ich die Frage an Sie richte, Herr Dr. Schweisgut – Sie waren als Sektionschef im Finanzministerium mitten im Geschehen –: Was ist Ihnen aus der damaligen Zeit am meisten in Erinnerung geblieben?

Dietmar Schweisgut (Österreichisch-Französisches Zentrum für Annäherung in Europa): Ja, das war schon eine interessante Zeit. Ich bin dort hingekommen und die Funktion wurde ja nicht neu geschaffen, aber neu definiert im Hinblick auf einen künftigen Beitritt zur Europäischen Union. Es war ja nicht so, dass die Beamtenschaft oder die Verwaltung dem jetzt einheitlich mit großem Enthusiasmus entgegengesehen hat, sondern es waren natürlich auch viele Kollegen dabei, die gesagt haben: Da wird sich aber sehr viel ändern – unsere Finanzhoheit, der ganze Zollbereich! – Es hat damals 6 500 Zollbeamte gegeben, die natürlich gewusst haben, mit dem Beitritt zur Europäischen Union wird das nicht mehr notwendig sein. Da war also schon Unsicherheit auch dabei.

Auf der anderen Seite glaube ich, das, was doch alle schon motiviert hat, war diese Aufbruchsstimmung insgesamt in Europa. Man darf ja nicht vergessen, das Beitrittsansuchen wurde zu einem Zeitpunkt gestellt – Juli 1989 –, als der damalige Ostblock begonnen hat, sich aufzulösen. Gleichzeitig haben in Ungarn damals diese berühmten Picknicke von DDR-Bürgern stattgefunden, die dann über die offene Grenze über Österreich nach Deutschland gekommen sind. 1991 der Zusammenbruch der Sowjetunion, die ganze Dynamik mit der deutschen Wiedervereinigung – das war alles parallel zu unserem Beitrittsprozess und den Verhandlungen.

Und dann war natürlich auch – und das ist einer der Gründe, warum der Beitrittsprozess länger gedauert hat; Dr. Schüssel hat schon auf den EWR hingewiesen – die Europäische Union in einem Transformationsprozess. Das war die Vorbereitung des Maastrichtvertrags, mit dem die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Währungsunion mit dem Euro definiert wurde. Und da war natürlich die Überlegung: Dieses Europa hat eine neue Qualität, und wir wollen dabei sein! Also dieses Sentiment war schon sehr stark und hat eigentlich, wenn man so will, die eher zögerlichen Überlegungen und in einigen Bereichen auch die Aufgabe von Selbstbestimmung und Selbstständigkeit überwogen.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Dann kommen wir auch schon zu den ersten Fragen, die ihr eingereicht habt. Das lese nicht ich vor, sondern die Fragen könnt ihr selber stellen. 

Die Erste ist Sara Dedic vom Bernoulligymnasium. Wo ist Sara? – Bitte. Es kommt dann eine Kollegin mit dem Mikrofon. 

Sara Dedic (Bernoulligymnasium): Was passierte zwischen dem Beschluss zum Beitritt und dem tatsächlichen Beitritt?

Karl-Heinz Grundböck: Herr Dr. Schüssel.

Wolfgang Schüssel: Na ja, der Beschluss zum Beitritt – wie gesagt, mit dem Ende der Verhandlungen am 1. März 1994 war es fix. Und wir haben vorher eben schon sehr viel angepasst durch den EWR – da haben wir drei Jahre Zeit gehabt und haben praktisch den ganzen Binnenmarkt, also die ganzen Spielregeln für den Binnenmarkt schon beschlossen gehabt. Offen sind ja dann nur noch einige wenige Dinge geblieben: Etwa die Frage Grundstücksverkehr war ein Riesenthema, die Frage Transitvertrag war ein Riesenthema, das musste angepasst werden. Die Landwirtschaft war natürlich ein heikles Thema, denn da hat es große Bedenken gegeben. Die Bauern waren eigentlich mehrheitlich am Anfang skeptisch. Ich erinnere mich noch: Wir haben ja zwei Bauernvertreter im Verhandlungsteam mit dabei gehabt, Rudi Schwarzböck und Georg Schwarzenberger, die beide erklärt haben, im Interesse des Landes stimmen sie zu, aber sie wissen, zu Hause werden sie deswegen abgewählt werden.

Wir haben dann noch in Brüssel zum Beispiel einen Pakt ausverhandelt. Mit dem Finanzminister Ferdinand Lacina und mit allen Sozialpartnern haben wir dort in der Nacht – ich glaube, bis um 4 Uhr in der Früh – verhandelt. Die Verhandlungen waren ja so, dass wir drei Tage und zwei Nächte praktisch ununterbrochen durchverhandelt haben – wir haben keine Minute Schlaf gehabt, das haben wir nur mit viel Kaffee und mit Aufputschpulverln zusammengebracht –, und in dieser Nacht haben wir zum Beispiel für die Landwirtschaft einen eigenen Österreichvertrag gemacht, der dann auch wirklich zur Folge gehabt hat, dass wirksame Hilfe für alle möglichen Bereiche geleistet wurde: für die Zuckerindustrie, für die Rübenbauern und, und, und, für den ländlichen Raum, für die Bergbauern et cetera. Und das hat gewirkt und dazu beigetragen, dass wir am Ende am 12. Juni eine Zweidrittelmehrheit für diesen Beitritt zustande gebracht haben.

Wie gesagt, das war dann im Parlament relativ schnell über die Bühne gebracht. Die wirkliche Arbeit für die Weiterentwicklung der Union ist nachher gekommen. Weil Dietmar Schweisgut die Beamtenschaft erwähnt hat: Was zum Beispiel wenige Leute wissen, ist: Es hat ja praktisch 250 Jahre lang, seit Maria Theresia – interessant einmal auch für den Geschichtsunterricht –, eine Kanzleiordnung gegeben, und die hat gegolten, bitte, bis 2003. Die ist dann in meiner Zeit als Bundeskanzler erstmals wieder geändert worden, weil es eben die Digitalisierung und alle diese modernen Dinge selbstverständlich notwendig gemacht haben. Und da sind natürlich durch die EU eine Unzahl von Veränderungen im Behördenablauf gekommen: der Elektronische Akt, die elektronische Information zwischen den Ministerien, einheitliche IT-Systeme. Das hat es alles früher nicht gegeben. Als ich als junger Wirtschaftsminister angefangen habe, war ich der Erste, der ein Faxgerät im Auto gehabt hat. Da habe ich mit einem Gummiband ein Telefon – so ein Knochenapparat war das – festbinden müssen, habe eine Nummer gewählt, und wenn ich Glück gehabt habe, ist wirklich ein Fax herausgekommen, das lesbar gewesen ist, womit halt dann die nächste Ortschaft wusste, wie die Ortsumfahrung ungefähr aussehen könnte. Heute ist das natürlich lächerlich, aber vor 35 Jahren war das so.

Das heißt, da ist eine unglaubliche Weiterentwicklung gewesen, die natürlich die Beamtenschaft oder die moderneren Beamten, wie Dietmar Schweisgut oder Harald Dossi, gerne mitgemacht haben, aber viele ältere Herrschaften haben gesagt: Um Gottes willen, möge doch alles so bleiben, wie es ist! – Wir Österreicher lieben ja den Status quo, das ist ja für uns geradezu das Nonplusultra: Möge es so bleiben, wie es ist; nur ja keine Änderung!, und die EU hat uns natürlich einen wirklich strammen Wind der Veränderung gebracht, der uns insgesamt sehr gutgetan hat.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Dann kommt jetzt Kamilla Pixner vom BG Tulln zu Wort. Hier ist sie.

Kamilla Pixner (BG Tulln): Können Sie näher darauf eingehen, warum die Neutralität Österreichs ein zentrales Diskussionsthema bei den EU-Beitrittsverhandlungen war?

Dietmar Schweisgut: Ja, das war tatsächlich ein zentrales Thema, und zwar deswegen, weil – ich habe es schon erwähnt – die Europäische Gemeinschaft damals auf dem Weg zur Europäischen Union im Maastrichtvertrag auch eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verankert hat oder verankern wollte und die EU auch damals schon sehr massiv überall in friedenssichernden Operationen unterwegs war und da eine sehr aktive Rolle gespielt hat. Und da war natürlich die Überlegung: Wenn da ein Land wie Österreich, ein neutrales Land, beitritt, stellt sich die Frage: Könnte dieses neue Land dann diese Aktivitäten behindern, oder hat es Probleme?

Und es war ja tatsächlich so, dass dieser berühmte Brief an Brüssel – der ja eigentlich kein Brief an Brüssel war, sondern der damalige Außenminister hat ihn dem damaligen französischen Ratspräsidenten übergeben – ganz explizit einen Neutralitätsvorbehalt beinhaltet hat. Das heißt, in dem Brief stand ganz konkret drinnen, dass Österreich davon ausgeht, zwar voll an der Integration teilzunehmen, aber als neutraler Staat mit den Pflichten, die damit verbunden sind. Das haben die Schweden, die erst nachher den Beitrittsantrag gestellt haben, und die Finnen, die das noch viel später gemacht haben – erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion –, die ja auch neutrale Staaten waren, nicht gemacht. 

Und in den Verhandlungen war natürlich immer die Frage: Wie ist das mit der österreichischen Neutralität? Könnt ihr die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wirklich mittragen, unterstützen, oder ist das unter Umständen ein Problem für die gesamte Union? Und wir haben das letztlich dadurch gelöst, dass Österreich zwar seine Neutralität bekräftigt hat und daran festhält, aber sie angepasst hat und neu definiert hat und auch durch eine Änderung der Verfassung abgesichert hat, die sichergestellt hat, dass Österreich vollinhaltlich an diesen Aktivitäten mitwirken kann, auch an Auslandseinsätzen, einschließlich mit bewaffneten Mitteln. Es steht heute noch so im Artikel 23f, glaube ich, der österreichischen Bundesverfassung.

Also was passiert ist: Das war ein Prozess auf beiden Seiten. Für Österreich war es schwierig, gewissermaßen, diesen Schritt zu vollziehen, zu sagen: Mit dem Beitritt zur Europäischen Union ist Österreich zwar weiterhin neutral, aber die Neutralität muss an diese geänderten Bedingungen angepasst und rechtlich abgesichert werden. Das hat letztlich dann auch auf der europäischen Seite die Voraussetzung dafür geschaffen, dem österreichischen Beitritt keine Hindernisse mehr entgegenzustellen, und hat ihn für uns dadurch erleichtert, dass in den Beistandsverpflichtungsklauseln und in der Europäischen Union auch explizit darauf hingewiesen wird, dass hier ein Sonderstatus der neutralen Staaten besteht, wie es schon bei Irland der Fall war.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. Ich glaube, das war eine Frage und Antwort von großer Aktualität.

Die nächste Frage kommt von Simon Hausmann vom Don Bosco-Gymnasium Unterwaltersdorf. Das Mikrofon ist unterwegs.

Simon Hausmann (Don Bosco-Gymnasium Unterwaltersdorf): Hätte Österreich nicht einfach bei der Efta bleiben können und mithilfe des EWR mit der EU in Kontakt bleiben können?

Wolfgang Schüssel: Natürlich hätten wir das machen können. Die Norweger haben das gemacht, die haben ja auch den Beitrittsantrag gestellt, genauso wie die Schweden, die Finnen und wir. Bei den Schweizern hat interessanterweise vor der Abstimmung zum EWR der Schweizer Bundesrat gesagt, das ist die erste Stufe und dass sie sich vorbehalten, später einmal Mitglied der Union zu werden. Das hat natürlich eine furchtbare Auswirkung gehabt: Den einen war damit der EWR schon zu viel, weil sie gesagt haben: Aha, das ist nur die Vorstufe zum EU-Beitritt!, und die anderen haben gesagt: Nein, der EWR ist zu wenig, wir wollen natürlich gleich den EU-Beitritt! – Und damit ist das, glaube ich, mit 50 Komma irgendwas Prozent in der Schweiz abgelehnt worden. 

Also wir hätten das ohne Weiteres auch machen können, nur: Dann wären wir halt Teil des EWR, so wie die Norweger. Die müssen aber letztlich alle Beschlüsse mittragen, sie können nur nicht mitbestimmen. Und ich glaube schon, dieser Unterschied, dass du sozusagen außerhalb der Europäischen Union bist und trotzdem alle wichtigen Beschlüsse, die wirtschaftlich relevant sind, mittragen musst, ist natürlich nicht unbedingt etwas, was unser Interesse gewesen ist. Es gibt ja den alten Satz: Entweder du sitzt am Tisch und beschließt mit, oder du bist auf der Menükarte und wirst verspeist. Und das ist, glaube ich, nicht unbedingt unser Interesse gewesen. 

Der EWR war ein guter Zwischenschritt zum Beitritt, weil er vieles schon abgehakt hat, aber allein wäre er mir als Ziel zu wenig.

Karl-Heinz Grundböck: Dann hätte ich eine Nachfrage - -

Wolfgang Schüssel: Ein Satz vielleicht auch noch: Ich glaube trotzdem, dass der EWR nicht uninteressant wäre, gerade für Beitrittskandidaten – also zum Beispiel Ukraine oder Moldawien oder Georgien oder wer auch immer, Serbien. Ich hielte das gar nicht für uninteressant, dass man das stärker propagiert. Erstens einmal würden damit Blockademöglichkeiten innerhalb der EU nicht so leicht möglich sein wie heute, wenn beispielsweise Orbán oder Fico oder vielleicht irgendjemand anderer auf die Idee kommt, eine einstimmige Beschlussfassung zu blockieren. Das ist in der Außenpolitik relativ leicht möglich, beim EWR nicht – denn die Außenpolitik ist dort außen vor. 

Und das Zweite ist: Die Landwirtschaft ist beim EWR nicht dabei, und die Finanzgeschichten sind individuell zu gestalten. Gerade bei der Ukraine sind ja das Thema Landwirtschaft und auch die Kosten für einen künftigen Beitritt eigentlich genau die zwei heiklen Punkte. Ich glaube daher, dass der EWR ein ganz interessanter Zwischenschritt sein könnte. Das ist aber meine private Meinung. Ich weiß, dass weder die Kommission noch die Beitrittskandidaten eine Riesenfreude damit haben, aber ich glaube, irgendwann sollte man zu diesem Thema zurückkehren.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Dann hätte ich noch eine Nachfrage: Wenn wir in diese entscheidende Zeit zurückgehen, so ist es letztlich ja darum gegangen, eine Volksabstimmung darüber entscheiden zu lassen, ob jetzt Österreich der EU beitritt oder nicht. Was waren damals die Positionen der politischen Mitbewerber, und was haben Sie dann auch in der Regierung unternommen, um die Bevölkerung mitzunehmen auf diesem Weg, wo es letztlich dann zu diesem doch sehr überzeugenden Votum gekommen ist?

Wolfgang Schüssel: Also Volksabstimmungen sind immer heikel, das muss man ganz offen sagen, weil meistens nicht über das abgestimmt wird, was am Stimmzettel draufsteht, sondern über etwas ganz anderes. Das haben wir auch innerhalb der EU erlebt. Die Franzosen haben zum Beispiel den Vertrag von Rom abgelehnt, und die Holländer genauso, und zwar nicht, weil sie gegen den Vertrag waren, sondern weil sie Chirac eins auswischen wollten. Der polnische Installateur war ein riesiges Thema im Zusammenhang mit der Freizügigkeit. Da wird also meistens dann etwas ganz anderes mit hereingenommen. 

Volksabstimmungen sind also heikel, man hat es bei der Schweiz gesehen. Ich war ja wie gesagt sogar Efta-Vorsitzender, als wir den EWR mit der EU, mit der damaligen EG, abgeschlossen haben. Das war ganz schwierig, denn ich habe den norwegischen Fisch genauso wie den Transitvertrag oder die Schweizer Sonderwünsche verhandeln müssen. Das Problem war, dass zum Beispiel der Schweizer Bundesrat nicht wirklich gekämpft hat. Du musst bei einer Volksabstimmung kämpfen, mit vollem Einsatz, sonst geht das daneben. Und der Schweizer Bundesrat hat sich mehr oder weniger vornehm zurückgehalten. Der Einzige war der Wirtschaftsminister, Wirtschaftsbundesrat Jean-Pascal Delamuraz: Er ist wirklich rund um die Uhr unterwegs gewesen – war aber ein Französisch sprechender Schweizer, der in den deutschsprachigen Kantonen durch sein eher schwaches Deutsch nicht unbedingt ein wirklicher Votegetter gewesen ist.

Ich habe mir also vorgenommen – ich und die ganze Regierung –, wir müssen das anders machen. Alois Mock war damals schon ein bisschen krankheitsmäßig angeschlagen, daher haben sich alle anderen doppelt angestrengt. Ich habe in meinem ganzen Leben nie so viele Veranstaltungen gemacht wie vor dieser Volksabstimmung am 12. Juni. Und es ist, glaube ich, gut gegangen, weil wir auch wirklich gute Argumente gehabt haben. 

Die interessanten Positionen waren: Die FPÖ war damals dagegen, Jörg Haider hat unglaubliche Schauergeschichten von der Blutschokolade und von Schildläusen im Joghurt erfunden, hat also düsterste Szenarien an die Wand gemalt. Die Grünen waren damals dagegen – massiv –, Voggenhuber zum Beispiel. Prof. Van der Bellen hat sich, glaube ich, relativ zurückgehalten. Da sind mir jedenfalls keine negativen Erklärungen bekannt, aber die Grünen waren deutlich dagegen. Das hat sich interessanterweise auch geändert. Nach der Wahl, also nach 2000, als ich die Regierung mit der FPÖ gebildet habe, war es klar, dass jedenfalls die Mitgliedschaft zur Europäischen Union ein zentrales Thema ist. Und die sind auch komplett gekippt, sie haben sofort gesagt: Jawohl, das akzeptieren wir mit! Die Grünen detto. Heute ist das wieder komplett anders – bei den Grünen nicht, aber die Freiheitlichen sind wieder massiv in die andere Richtung gekippt.

Also ich bin schon eher der Meinung, in der Politik sollte man zumindest eine gewisse Linie durchhalten. Man kann sich ohne Weiteres einmal irren oder eine Position ändern, aber man kann nicht ununterbrochen wie ein Wetterhahn seine Positionen ständig infrage stellen.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Das eine ist natürlich jetzt diese politische Ebene, auf der anderen Seite: die Frage der Verwaltung. Dr. Schüssel hat ja zuvor auch schon die Beharrungskräfte innerhalb der Verwaltung angesprochen. – Herr Dr. Schweisgut, was hat damals dieses Vorhaben für Sie bedeutet? Und sind Sie auch in der Verwaltung auf Skeptiker gestoßen? Wie geht man damit um?

Dietmar Schweisgut: Ja, das war natürlich für uns alle ein Lernprozess – Mitglied der Europäischen Union zu sein, in den Gremien mitzuwirken, Beschlüsse vorzubereiten, gleichberechtigt gewissermaßen mitzugestalten –, aber in dem Moment, in dem die Verhandlungen abgeschlossen waren, der Beschluss, auch dann die Volksabstimmung, da war schon, glaube ich, insgesamt in der Verwaltung eine große Aufbruchsstimmung da. Wir haben ja dann auch Leute aus der österreichischen Beamtenschaft in die Europäische Kommission geschickt, die dort auch sehr interessante Positionen bewirkt haben, eine Generaldirektorin für das EU-Budget und andere Dinge. Also da war schon das Gefühl, wir beginnen eine neue Dimension, wir spielen jetzt nicht mehr in der Lokalliga. Da war natürlich auch ein gewisser Stolz dabei, mitgestalten zu können.

Das, glaube ich, hat der überwiegende Teil doch sehr positiv gesehen – und auch als eine Herausforderung, denn natürlich ist man dann Kollegen aus den anderen Mitgliedstaaten gegenüber gesessen, die das Geschäft gewissermaßen schon seit Jahrzehnten gekannt haben. Ich würde aber sagen, die österreichische Verwaltung hat insgesamt diese Herausforderung sehr gut gemeistert.

Karl-Heinz Grundböck: Und greift man da als Sektionschef auch einmal zum Telefon, ruft man die Kollegen in Schweden oder Finnland an und fragt, wie die sich gerade auch auf die gleiche Entscheidung vorbereiten?

Dietmar Schweisgut: Ja, natürlich. Also im Beitrittsvorbereitungsprozess, auch während der Verhandlungen, gab es natürlich Abstimmungen, Erfahrungsaustausch, aber in Wirklichkeit gab es natürlich auch in jedem Land viele Sonderprobleme; Bundeskanzler Schüssel hat es schon erwähnt. Ich komme zum Beispiel aus Tirol, wo die Stimmung ursprünglich nicht so gut war. Warum? – Es war nicht nur die Landwirtschaft, sondern es war vor allem wegen des Transitverkehrs und wegen der Problematik der Zweitwohnsitze. Dafür hat man Lösungen gefunden, aber natürlich waren das Herausforderungen, die zu bestehen waren.

Das Finanzministerium war in vielerlei Hinsicht gefordert, weil natürlich im Finanzministerium sehr vieles zusammenläuft, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern alle Querschnittsmaterien spielen halt dort gewissermaßen eine Rolle. Deswegen war das Finanzministerium natürlich auch von einer ursprünglich vielleicht eher etwas zurückhaltenden Rolle jetzt plötzlich in einer Situation, in der man gefühlt hat, man spielt eine zentrale Rolle, nicht zuletzt im Hinblick auf den Beitritt zum Euro, der ja mit dem Beitritt zur Europäischen Union gewissermaßen als Programm, als die nächste Stufe schon vorgezeichnet war.

Karl-Heinz Grundböck: Waren Sie überzeugt, dass sich das am Ende ausgehen wird, oder hat es da zwischendurch auch Phasen gegeben, in denen man glaubte, das wird dann doch nichts?

Wolfgang Schüssel: Na ja, bei den Verhandlungen Ende Februar, Anfang März war es wirklich zeitweise so, dass Alois Mock als Verhandlungsführer – ich war sein Stellvertreter – mit dem Heimflug gedroht hat. Wir sind vom griechischen Vorsitz auch sehr schlecht behandelt worden. Der hat sich dort wirklich aufgeführt wie der Zampano, der uns zu belehren hat, was zu machen ist. Wer uns sehr geholfen hat, waren Jacques Delors – der hat da wirklich mitgekämpft – und, ich muss auch sagen, einige Mitgliedstaaten, etwa die Deutschen: Ich erinnere mich noch, Kanzler Kohl hat zum Beispiel seinen Außenminister von einer Afrikareise zurückbeordert, damit Klaus Kinkel da dem griechischen Vorsitz Pangalos quasi als Widerpart zur Seite steht.

Die Franzosen waren ja immer skeptisch. Die Franzosen waren immer eigentlich sehr skeptisch gegenüber dem österreichischen Beitritt. Mir hat einmal der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky, der ja dreimal nach Paris geflogen ist, um mit dem damaligen Präsidenten Mitterrand zu reden und seine Bedenken gegenüber dem österreichischen Beitritt aufzulockern, erzählt: Am Schluss, beim dritten Gespräch, hat ihm dann Mitterrand gesagt – es wurde natürlich vom Dolmetscher übersetzt –: Also gut, da auch der deutsche Bundeskanzler und andere immer wieder auf mir knien und sich für Österreich einsetzen, wird Frankreich jetzt kein Veto mehr gegen den Beitritt des dritten deutschen Staates einlegen. – Also ehrlich gesagt, stärker beleidigen kannst du uns gar nicht, als zu sagen, wir sind der dritte deutsche Staat – nach Bundesrepublik und DDR dann quasi Österreich –, aber das war die Mentalität. 

Und ich weiß nicht, ob du da mit dabei warst am Schluss, bei der Schlussrunde am 1. März – ich werde das nie vergessen –: In einem Rondeau sind quasi die zwölf damaligen EU-Mitgliedstaaten gesessen – immer zwei Plätze, der Minister und der Hohe Vertreter, der Beamte –, und da waren die Österreicher, das jeweilige neue Mitglied. Da ist also die ganze Delegation, und ein paar andere sind dazugekommen, und ich schaue und sehe: Zwei Sitze sind leer. Frankreich hat nicht teilgenommen an der Schlusszeremonie! – Ich werde das nie vergessen. Das ist eigentlich wirklich unglaublich, wie tief solche Ressentiments sind. Das ist anti-Habsburg oder ich weiß nicht, wovor sich die dort gefürchtet haben oder was die beabsichtigt haben, aber eigentlich unglaublich. – Gut, vorbei, Geschichte, voriges Jahrhundert. Heute ist eine andere Situation, Gott sei Dank. Heute sind wir im 21. Jahrhundert angekommen, und das ist gut so!

Dietmar Schweisgut: Darf ich zu dieser Dynamik der Beitrittsverhandlungen vielleicht nur zwei Anekdoten kurz anbringen:

Dr. Schüssel hat schon diese berühmten drei Tage und zwei Nächte, in denen durchverhandelt wurde, erwähnt, aber die österreichische Delegation, die ja riesig war, kam natürlich teilweise auch mit Vorstellungen, die sich bald als illusorisch erwiesen haben. Die österreichische Landwirtschaft zum Beispiel kam mit der Position: Wir wollen eine siebenjährige Übergangsfrist. Diese Position war in Wien festgelegt, und wenn wir das nicht durchsetzen, dann fahren wir alle wieder nach Hause. – Also diese österreichische Position hat, glaube ich, 4 Stunden gehalten, bis klar war, das ist ein komplettes No-Go für die Europäische Union. Das war eben auch Teil dieser Dynamik, dass sich dann die Entscheidungsträger in der Nacht zusammengesetzt haben und gewissermaßen eine Alternative zusammengezimmert haben, die letztlich dann für die österreichische Landwirtschaft auch eine sehr erfolgreiche Strategie beim Beitritt war.

Das Zweite, weil Dr. Schüssel diese letzte Schlussrunde angesprochen hat: Die Verhandlungen zwischen der EU und Schweden, Norwegen – damals noch als Verhandlungspartner –, Finnland und Österreich sind ja parallel gelaufen. Dann kam aber der Punkt, an dem es sich bei uns wirklich am Transitvertrag, also an der Transitproblematik gespießt hat. Der damalige Verkehrsminister und spätere Bundeskanzler Klima hat gesagt: Wenn es keine wirkliche Lösung gibt, kann ich das nicht mittragen, ich kann das gewissermaßen in Österreich nicht verkaufen. – Dann war wirklich eine echte Krise, und ich erinnere mich noch gut, unser damaliger Botschafter, der inzwischen verstorbene Botschafter Wolte, kam dann zu uns in den Delegationsraum, fast mit Tränen in den Augen, und hat gesagt: Also die Schweden sind fertig, die Finnen sind fertig, die Norweger sind fertig. Und bei uns? Wird es etwas? Ich weiß es nicht. – Wir haben dann eine Lösung gefunden, aber es war eine unglaublich dramatische Atmosphäre.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Dann kommen wir wieder zu euren Fragen: Maximilian Riedl aus Seitenstetten.

Maximilian Riedl (Stiftsgymnasium Seitenstetten): Welche Wirtschaftsbereiche und Personengruppen haben Ihrer Meinung nach besonders vom EU-Beitritt profitiert?

Wolfgang Schüssel: Also wie schon erwähnt, die Exportwirtschaft hat massiv profitiert.

Es hat Nachteile gegeben, zum Beispiel für die Lebensmittelindustrie. Die hat riesige Probleme gehabt, denn die haben einen relativ geschützten Markt mit gesicherten Abnahmequoten gehabt – das war weg. Die haben auch zum Teil riesige Probleme bekommen. Dazu hat es zwar auch Hilfsprogramme gegeben, aber die waren schwierig.

Die Arbeitnehmer insgesamt haben natürlich profitiert, denn durch die Freizügigkeit ist plötzlich ganz Europa offen gestanden. 

Ich glaube, letztlich haben auch die Bauern sehr profitiert. Also wenn man sich die Exportquoten von österreichischen Agrarprodukten vor dem EU-Beitritt anschaut, waren die ja minimal, und heute ist das eigentlich ein super Geschäft geworden. Da muss man auch sagen: Wer damals mit dabei war, war Franz Fischler als Landwirtschaftsminister, und er hat damals die Idee gehabt, und das hat er auch wirklich mit seinen Bauernvertretern dann massiv durchgekämpft, Österreich wird sozusagen der Feinkostladen für Europa – also wir konzentrieren uns eben nicht auf die Billigprodukte, sondern auf die bestmögliche Qualität –, und das hat sich wirklich ausgezahlt. Also diese Dinge haben gut gewirkt, und ich glaube daher, insgesamt kann man sehr zufrieden sein. 

Es hat natürlich auch Probleme gegeben. Wie gesagt, Tausende Zollbeamte gibt es nicht mehr. Wir haben natürlich auch Druck bekommen, was die Budgets betrifft. In meiner Zeit, als wir die Verhandlungen geführt haben, 1999, 2000, war es so, dass wir ein drohendes Budgetdefizit von über 5 Prozent gehabt haben, und das hätte unsere Eurozonenteilnahme gefährdet. Deswegen haben wir natürlich in den ersten zwei Jahren unglaubliche Sparmaßnahmen und auch einnahmenseitige Maßnahmen, Einmaleffekte kombinieren müssen, um uns wirklich massiv gut aufzustellen. In Summe war das natürlich für uns auch ein wirkliches Trainingscamp in dem Sinn, dass es uns fitter gemacht hat. Ehrlich gesagt wäre das heute auch durchaus notwendig, dass wir wieder ein bisschen stärker eine Slim-Kur für die staatliche Verwaltung machen, zumal wir ja mit Digitalisierung und künstlicher Intelligenz heute Instrumente zur Verfügung haben, die es damals noch nicht einmal in Ansätzen gegeben hat.

In Summe aber glaube ich, dass es einige Bereiche gegeben hat, in denen es wirklich Probleme gegeben hat, aber die meisten Bereiche haben von diesem Beitritt wirklich profitiert.

Karl-Heinz Grundböck: Simon Frey von der Berufsschule für Verwaltungsberufe hat eine Frage an Dr. Schweisgut.

Simon Frey (Berufsschule für Verwaltungsberufe): In den letzten Jahren kam immer wieder, vor allem durch das rechte politische Lager, zur Sprache, aus der EU auszusteigen. Was würde ein zukünftiger Ausstieg aus der EU für Österreich und für uns als österreichische Staatsbürger bedeuten? 

Dietmar Schweisgut: Wir sehen das ja gewissermaßen an einem ganz konkreten Beispiel, welche Auswirkungen das hat. Großbritannien ist ja aus der EU ausgetreten, und ich glaube, was seither passiert ist – also die Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf die Exportindustrie, auf den Lebensstandard, die ganzen Probleme, die es gibt, auch mit dem Lebensmittelhandel –, hat man ja sehr breit gesehen. Nur darf man nicht vergessen, Großbritannien ist im Vergleich zu Österreich ein großes Land und vor allem auch ein Land mit einer Tradition des Weltreichs, das international tätig war, verflochten ist und wo es immer schon die Überlegung gegeben hat: Wir hätten ja eigentlich Alternativen am Weltmarkt.

Dass das nicht so ist, selbst bei einem Land wie Großbritannien, hat man in den letzten Jahren deutlich gesehen. Für ein Binnenland wie Österreich, ein relativ kleines Land, das so vielfältig mit der Europäischen Union verflochten ist, hätte das massive Auswirkungen in wirtschaftlicher Hinsicht auf unseren Lebensstandard – was, glaube ich, offensichtlich ist, weshalb es ja in Österreich auch keine Partei gibt, die jetzt für den Austritt eintreten würde.

Auch in den Ländern, wo es Probleme gibt, wie zum Beispiel in Ungarn, plädiert ja die Regierung nicht für den Austritt, und auch die Zustimmung der Bevölkerung in Ungarn zur EU ist relativ groß. Ich glaube, viele Leute haben natürlich für möglich gehalten, dass der Brexit gewissermaßen Beispielsfolgen für andere haben könnte. Als aber dann die Auswirkungen in Großbritannien relativ rasch klargeworden sind und als auch klargeworden ist, dass es da keine Bereitschaft von Mitgliedstaaten gibt, mit Großbritannien Sondervereinbarungen abzuschließen, sondern dass die Europäische Union da sehr geschlossen war, hat das, glaube ich, ganz im Gegenteil dazu geführt, dass eigentlich die Frage eines Austritts nicht ernsthaft thematisiert wird, einfach aufgrund der Folgen für unsere Wirtschaft, den Lebensstandard und auch die Einbindung in ein gesamteuropäisches Lebensmodell.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Dr. Schüssel hat ja die Frage der Neutralität zuvor schon angesprochen, und da gibt es noch eine Nachfrage von Lara Shehu vom Evangelischen Gymnasium Donaustadt.

Lara Shehu (Evangelisches Realgymnasium Donaustadt): Inwiefern ist Österreich als EU-Mitglied dazu verpflichtet, bei einer Auseinandersetzung von einem anderen Mitgliedstaat Hilfe oder Beitrag zu leisten, und widerspricht das nicht dem Neutralitätsvertrag von Österreich?

Wolfgang Schüssel: Na ja – ich glaube, Dietmar Schweisgut hat ja schon zu Recht darauf hingewiesen –, wir haben ja mit dem EU-Beitritt, unmittelbar danach, die Verfassung geändert. Ich bin ja sogar so weit gegangen – ich war damals Außenminister, 1995 bin ich ja dann Außenminister geworden –, dass ich gewagt habe, darüber zu diskutieren, dass Österreich irgendwann einmal vielleicht auch Nato-Mitglied werden könnte. In einer Zeit, in der halt alle unsere Nachbarstaaten auch der Nato beigetreten sind, habe ich gefunden, wir sollten zumindest einmal über diese Frage diskutieren. Das ist damals ein No-Go gewesen, ich war, glaube ich, der Einzige, der das ernstlich vertreten hat. Wir haben aber die Verfassung in dem Sinn geändert, wie es Botschafter Schweisgut schon gesagt hat: Mit einem UNO-Mandat oder mit einem EU-Mandat gibt es keine Neutralität. Das ist ein wichtiger Punkt. Wir können alle Themen, die gemeinsam von der EU beschlossen werden, für die es ein EU-Mandat gibt, machen: ob das Wirtschaftssanktionen sind, ob das zum Beispiel Trainings für Soldaten sind, gemeinsame Übungen; wir können jederzeit Waffenlieferungen machen, wir können an friedenssichernden Maßnahmen teilnehmen, wir können sogar an friedenschaffenden Maßnahmen teilnehmen. Im Ausschussbericht steht sogar drinnen, an Kampfhandlungen können wir uns beteiligen – wenn wir dies beschließen. Da gibt es also keine verfassungsrechtliche Norm, die so etwas verhindert.

Wir sind natürlich durch den EU-Vertrag auch verpflichtet: Im EU-Vertrag steht drinnen, jedes Mitglied ist verpflichtet, einem angegriffenen anderen Mitglied mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Seite zu stehen – das ist so wie der Artikel 5 der Nato, auch dort ist es letztlich dann jedem Mitglied überlassen, zu definieren, was es konkret macht, nach seinen Möglichkeiten und Mitteln –, aber es gibt keine Verhinderung, dass man das aus neutralitätsrechtlichen Gründen nicht kann, sondern es ist unsere Entscheidung, inwieweit wir das tun. Und da wird es natürlich auch einen Gruppendruck geben. Also wenn wirklich jemand angegriffen wird, wie das beispielsweise jetzt in Polen der Fall ist – mit russischen Drohnen –, dann ist es klar, dass wir verpflichtet sind, den Polen mit unseren Möglichkeiten zur Seite zu stehen. In diesem Fall sind es jetzt einmal gemeinsame Beschlüsse, die das verurteilen. Da muss man nicht mehr machen. 

Aber nehmen wir zum Beispiel an, der Krieg in der Ukraine kommt zu einem Ende und die EU beschließt beispielsweise, für eine Sicherung der dann Konfliktzone – wie das ja früher auch bei der OSZE der Fall gewesen ist – eben Truppen einzusetzen, um diese Konfliktlinie zu bewachen und zu garantieren. Dann könnte Österreich jederzeit an einer solchen Beschlussfassung mitwirken und auch teilnehmen. Es ist dann aber wie gesagt Sache der jeweiligen Bundesregierung und des Parlaments – da wird ja das Parlament auch ein wichtiges Wort mitzureden haben –, zu definieren, was man konkret tut. Rechtlich aber sind heute im Rahmen der EU alle Möglichkeiten offen.

Dietmar Schweisgut: Vielleicht nur eine kleine Anmerkung zur Ukraine: Wir hatten ja den Fall, dass es den Beschluss der Europäischen Union auch für Militärhilfe an die Ukraine gab. Da hat sich Österreich enthalten. Diese Möglichkeit bietet der EU-Vertrag, das ist die sogenannte konstruktive Enthaltung: dass das Mitgliedsland, das den Beschluss nicht mitträgt, ihn nicht blockiert und auch keine Maßnahmen setzen darf, um die Umsetzung zu behindern. Österreich hat sich damals aus neutralitätspolitischen und rechtlichen Gründen enthalten, um nicht an der Militärhilfe teilnehmen zu müssen, sondern nur an allen anderen Unterstützungsmaßnahmen.

Karl-Heinz Grundböck: Ich hätte noch eine Nachfrage an Sie, Herr Dr. Schweisgut: Sie waren ja zum Zeitpunkt des Beitritts Sektionschef im Finanzministerium, später sind Sie dann österreichischer Botschafter mit mehreren Stationen geworden. Wie hat sich jetzt in der internationalen Wahrnehmung das Bild Österreichs gerade durch den EU-Beitritt verändert?

Dietmar Schweisgut: Also ich glaube, man muss eines sehen: Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union war jetzt nicht ein Bruch mit der Tradition, sondern das war eigentlich der letzte Schritt einer Integrationsbemühung, die eine lange Geschichte hat. Ich glaube, der Grundstein wurde darin gesehen, dass man gesagt hat: Österreich ist 1938 von der Landkarte verschwunden, und es hat nur ein einziges Land auf der ganzen Welt dagegen protestiert, das war Mexiko. Man hat sich natürlich dann nach dem Krieg die Frage gestellt: Warum hat niemand die Existenz Österreichs damals für wichtig genug gehalten, um Österreich beizustehen oder zumindest dagegen zu protestieren?

Man hat gesagt, das darf eigentlich nie wieder passieren, und eine Konsequenz war gewissermaßen die innere Kohäsion. Die Politik ist geschlossener geworden, man hat gesagt: Diese inneren Auseinandersetzungen bis hin zum Bürgerkrieg können wir uns nicht mehr leisten, aber auf der anderen Seite muss Österreich auch einen Beitrag zur internationalen Gemeinschaft leisten, der einfach den Wert Österreichs stärker in den Vordergrund rückt.

Das war auch der Grund, warum Österreich anders als die Schweiz 1955 der UNO beigetreten ist, warum Österreich sich bemüht hat, UNO-Organisationen, internationale Organisationen nach Wien zu bekommen, warum Österreich im Gegensatz zur Schweiz sehr früh an friedenserhaltenden Operationen der UNO teilgenommen hat und sich auch sehr früh bemüht hat, an diesem neuen Prozess der Integration eines friedlichen Europas mitzuwirken. Das war auch der Grund, warum die ersten Beitrittsbemühungen schon in den 1960er-Jahren stattgefunden haben. Das war damals nicht möglich – aufgrund des Widerstands der Sowjetunion, aber auch Italiens und Frankreichs damals –, aber letztlich war der Beitritt in dieser längeren Perspektive eigentlich schon die logische Konsequenz dessen, dass Österreich sich selbst als ein Land gesehen hat, das eine aktive, der internationalen Gemeinschaft verpflichtete Rolle spielen will und auch einen aktiven, konstruktiven Beitrag zu diesem europäischen Integrations- und Friedensprojekt leisten will.

Ich habe vorhin gesagt, wir spielen seither in einer neuen Liga. Das tun wir auch, und ich glaube, das wird auch international wahrgenommen. Ich war ja auch Botschafter der Europäischen Union in Japan und in China für Österreich, und man merkt das schon, dass auf der einen Seite die Chinesen und die Japaner auch sagen: Also wir sprechen mit euch nicht nur als Österreich, sondern ihr seid ein Mitglied der Europäischen Union!, und die Chinesen haben auch wahrgenommen: Ja, ein Österreicher wird Botschafter der Europäischen Union in China; also das ist schon auch ein Ausdruck dessen, dass ihr gewissermaßen international eine gewisse Rolle spielt!

Wolfgang Schüssel: Nur ein Satz noch: Interessant ist, dass, als Österreich der UNO beigetreten ist und als Österreich den Beitrittsantrag für die Mitgliedschaft bei der EG abgegeben hat, beide Male der sowjetische Botschafter protestiert hat. Beide Male! Also es ist schon interessant: Die Russen haben da immer das Gefühl gehabt, so quasi, sie können uns bevormunden. Ich habe auch das unglaublich gefunden, was jetzt der ehemalige Präsident Medwedew aufgeführt hat, indem er da wüste Drohungen gegenüber Österreich ausgestoßen hat. Ich habe es toll gefunden, dass die heutige Außenministerin Meinl-Reisinger da so klar und eindeutig protestiert hat.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. 

Jetzt hat Dr. Schweisgut erwähnt: Österreich in einer neuen Liga. Herr Dr. Schüssel, Sie haben auch sehr überzeugend die Erfolgsgeschichte Österreichs in der Europäischen Union gezeichnet. Gleichzeitig ist 30 Jahre nach dem Beitritt immer wieder, auch in der Öffentlichkeit, doch auch noch Skepsis festzustellen. Worauf führen Sie das zurück?

Wolfgang Schüssel: Na ja, die Europäische Union, da darf man jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken, ist bei Weitem nicht perfekt. Es gibt genug Dinge, die man kritisieren kann, etwa dass wir zu lange eigentlich die Friedensdividende kassiert haben, in den Sozialstaat investiert haben und eigentlich die eigenen Sicherheitsbedürfnisse vernachlässigt haben. Wir haben noch immer nicht kapiert, dass wir gemeinsam eigentlich auch in der Außenpolitik Entscheidungen treffen müssen – das geht halt nur mit qualifizierter Mehrheit, da kannst du nicht auf den Letzten Rücksicht nehmen, der halt möglicherweise aus ganz anderen Gründen irgendetwas blockieren will. 

Es gibt auch manche Demokratiedefizite innerhalb der Europäischen Union. Bei dem wunderbaren Vortrag, den Sie gehalten haben, muss man halt auch dazusagen: 90 Prozent aller Gesetzesbeschlüsse oder halt aller rechtlichen Beschlüsse fallen ja jetzt nicht in voller Transparenz, sondern im sogenannten Trilogverfahren. Da sitzen halt dann 15, 20 Experten, Beamte vom Rat, von der Kommission, vom Parlament zusammen und packeln halt irgendetwas aus, wobei die Öffentlichkeit dann nachher draufkommt, was da jetzt eigentlich genau verhandelt wurde. Dann gibt es halt oft Aufregungen, weil das nicht genügend praxisnah ist, weil es überbürokratisierend wirkt und, und, und. Natürlich ist auch die Kritik, dass manches zu detailliert geregelt wird und andere große Fragen zu wenig zum Ausdruck gebracht werden. 

Das ist völlig legitim, nur: Perfekt ist in der heutigen Welt nichts. Unsere Demokratie ist nicht perfekt, die Europäische Union ist nicht perfekt, aber es gibt halt nichts Besseres. Daher muss man konsequent an der Verbesserung dieser europäischen Strukturen arbeiten, und man muss schon auch immer erklären, worum es insgesamt geht: Was ist das große Ganze, nicht nur das kleine Detail, das auch interessant ist – die Roaminggebühren oder dass es endlich gemeinsame Stecker für die Handygeräte und Ähnliches gibt oder dass es gemeinsame Regelungen bei Reisen und Haftungsansprüche gibt –? Das ist alles super, aber das ist das kleine, wichtige Detail. Das große Ganze aber geht oft verloren, und das ist, glaube ich, ganz wichtig.

Überlegt nur einmal zu Ihrer Frage, was es im Zollstreit mit Trump bedeutet hätte, würde Österreich nicht Teil der Europäischen Union sein! Die Schweiz – ein wichtiges Land für die Amerikaner, viel wichtiger übrigens als Österreich – hat einen Zollsatz von 39 Prozent, und die Präsidentin ist im Weißen Haus nicht einmal vorgelassen worden. Also da sind wir viel besser aufgestellt.

Also das große Ganze sehen und trotzdem auch vor den aktuellen Problemen oder vor den Verbesserungsnotwendigkeiten nicht den Blick verschließen – das ist, glaube ich, die einzige Antwort, die es gibt.

Karl-Heinz Grundböck: In eine ähnliche Richtung geht dann die Frage von Sena Luinovic von der 4PK der Vienna Business School.

Sena Luinovic (Vienna Business School): Welche Maßnahmen werden seitens der EU getroffen, damit Österreich und die EU weiterhin in dem internationalen Wettbewerb mithalten können?

Dietmar Schweisgut: Ich glaube, das ist eine ganz zentrale Frage, das war auch im Zentrum der Rede, die Kommissionspräsidentin von der Leyen letzte Woche gehalten hat – die jährliche Rede zum Zustand der Europäischen Union. Ich glaube, das zeigt natürlich auch ein bisschen, warum die Europäische Union teilweise auch auf der österreichischen Ebene etwas anders wahrgenommen wird oder warum es Vorbehalte gibt. Ich glaube, ein Problem, das wir oft haben, ist: Es werden oft Ansprüche gestellt oder Vorstellungen geäußert, die nicht realistisch sind. Auf der anderen Seite leben wir in einer Zeit des ungeheuren Umbruchs, und da besteht natürlich oft ein bisschen das Gefühl: Können wir uns nicht aus all dem raushalten? – Das geht aber nicht. Wir sind in einer Situation, in der die Europäische Union Gefahr läuft, nicht nur an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, sondern auch ihre eigene Sicherheit nicht mehr autonom und selbstbestimmt garantieren zu können.

Wir waren lange Zeit in einer Situation, in der die Allianz mit den Vereinigten Staaten als etwas in Stein Gegossenes angesehen wurde. Niemand hat sich vorstellen können, ehrlich gesagt – auch als man schon möglicherweise mit einer zweiten Amtszeit von Trump gerechnet hat –, dass sich die Vereinigten Staaten eigentlich im Wirtschaftsbereich und auch sonst nicht mehr nur von Europa abwenden, sondern in Wirklichkeit in Gegnerschaft zur Europäischen Union agieren. Gleichzeitig sind wir in der Situation, dass wir natürlich mit China nicht nur im wirtschaftlichen Wettbewerb stehen, sondern dass durch die Unterstützung Russlands eine neue Konstellation entsteht, die Auswirkungen auf die militärische Sicherheit hat – das hat sich in Europa vor wenigen Jahren noch nie jemand vorstellen können – und auf der anderen Seite auch auf die wirtschaftliche Sicherheit, die Abhängigkeit zum Beispiel in Lieferketten für seltene Erden, für bestimmte Bausteine, für die gesamte digitale Infrastruktur.

Hier haben wir also eine Herausforderung, einen Aufholbedarf, der natürlich dann auch mit der Wettbewerbsfähigkeit in diesem Bereich zusammenwirkt. Wir haben im digitalen Bereich einen riesigen Nachholbedarf: Sie alle haben auf Ihren Handys die Situation, dass nicht nur die Hardware nicht aus Europa ist, sondern es auch kein Betriebssystem gibt, das nicht entweder aus Amerika kommt oder, wenn man wollte, aus China – das werden wir eher nicht herunterladen. Die gesamten Apps von Tiktok bis Whatsapp – wir leben ja in einem digitalen Ökosystem, das fremdgeliefert und -bestimmt ist, auch mit den Auswirkungen auf Datensicherheit, dann letztlich auch die Abhängigkeit im Chipbereich und so weiter.

Das sind Herausforderungen, glaube ich, die sich in dieser Form so noch nie gestellt haben. Die Kommission hat Vorschläge gemacht, die sie natürlich nicht alleine umsetzen kann. Hier geht es nur mit einer gemeinsamen europäischen Anstrengung. Es gibt den sogenannten Wettbewerbskompass, der im Jänner des Jahres vorgestellt wurde. Es gab im vergangenen Jahr den berühmten Draghi-Bericht, der auch ganz konkrete Vorstellungen entwickelt hat, was Europa tun muss, um seine Wettbewerbsfähigkeit und damit auch seine Widerstandsfähigkeit und seine Autonomie garantieren zu können. Vieles davon geht im eigenen Bereich.

Also wir haben nach wie vor die Situation, dass der Binnenmarkt nicht vollständig umgesetzt wurde, zum Beispiel im Bereich Finanzen, Energie, Infrastruktur, Verkehr. Das sind alles Bereiche, wo durch den Ausbau einer gesamteuropäischen Infrastruktur eines Binnenmarktes die Wettbewerbsfähigkeit massiv gestärkt werden kann – durch Investitionen in den digitalen Bereich, durch Investitionen in Innovation und Ausbildung, durch eine Kapitalmarktunion, die die Finanzierung ermöglichen würde –, und letztlich auch – und das sollte man eigentlich gar nicht an letzter Stelle nennen – die sogenannte grüne Transformation, in der Europa Gott sei Dank nach wie vor eine Rolle spielt, die nicht nur einen Nachzügler ausweist, sondern wo wir bei den Patenten im Hochtechnologiebereich – zumindest noch – auf Augenhöhe sind mit den rasanten Entwicklungen in China. Und im digitalen Bereich wie gesagt geht es darum, sehr stark zu investieren, um hier die europäische Position abzusichern.

Karl-Heinz Grundböck: Wir haben da eine Frage in der politischen Beobachtung von Nilou Al-Maliky aus der Piaristengymnasium. 

Nilou Al-Maliky (Piaristengymnasium): Wie plant man mit dem extremen Rechtsruck innerhalb der EU umzugehen?

Wolfgang Schüssel: Indem die anderen Parteien halt Mehrheiten bilden können. Das ist, glaube ich, das Entscheidende. Ich meine, Demokratie lebt natürlich von der Auseinandersetzung, das ist auch gar nicht schlecht. Schlimmer ist es ja, wenn sozusagen eigentlich nur mehr eine Meinung da wäre und das müssen alle anderen übernehmen. Das kennen wir jetzt von China oder das kennen wir von Russland im Moment, und auch in der Türkei ist es relativ schwierig geworden, wie man sieht; die CHP wird also massiv unter Druck gesetzt von der Justiz und von den Polizeikräften. Also da ist es mir lieber, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Man muss sich halt damit auseinandersetzen. 

Ich glaube, Demokratie braucht auch ein bisschen das Drama. Also wenn das Gefühl da ist, wurscht, was man wählt, man kriegt eh immer das Gleiche geliefert, dann ist dieses Drama nicht da. Und ich finde, zur Demokratie gehört schon auch Kampfkraft. Im Deutschen heißt es ja auch Wahlkampf – im Englischen ist es harmlos: election campaign –, das ist keine Kampagne, das ist schon ein Kampf, ausgetragen mit Argumenten und nicht auf der Straße. Aber ich finde halt, die Parteien der Mitte – zu denen ich mich natürlich klarerweise, ich bin da nicht objektiv, bekenne – müssen halt wieder viel eher lernen, für ihre Überzeugungen zu kämpfen – nicht fragen: Wie liege ich?, sondern: Wofür stehe ich? Und der Unterschied zwischen Liegen und Stehen ist ja signifikant. Ich glaube, da führt kein Weg daran vorbei. Und ich denke mir, ach Gott, wenn man jüngste Beispiele sieht, es gibt ja auch Beispiele, wo interessanterweise eben Mitteparteien – mittelinks, mitterechts – durchaus gewonnen haben. Da zeigt sich aber auch immer: Da steckt erstens einmal eine starke Persönlichkeit dahinter und zugleich auch eine geschlossene Kampfkraft einer Bewegung. Das ist wichtig. 

Ich glaube überhaupt, dass wir auch lernen müssen, innerhalb der Europäischen Union die Auseinandersetzungen ernster zu nehmen, also das man nicht alles zukleistert, sondern auch über die Unterschiede viel härter diskutiert. Das habe ich selber auch einmal erlebt. Ich war ja selber auch einer, der heftig kritisiert wurde. Wie ich im Jahr 2000 eine Regierung gebildet habe, das war nicht lustig, da habe ich jeden Tag draußen Zehntausende Demonstranten gehabt, und wir haben trotzdem ein mutiges Reformprogramm durchgezogen. International hat es Sanktionen gegeben. Und weil wir eigentlich eine vernünftige Politik gemacht haben und dafür eingestanden sind, haben dann viele eingesehen – da schau her, das ist durchaus akzeptabel. 

Du musst kämpfen für deine Ideen, für deine Positionen, und das würde ich auch den Jungen und euch sagen. In Wirklichkeit ist das ja auch der Vorteil von Demokratien. Wenn ihr rundherum schaut: Chamenei im Iran ist, glaube ich, 87 Jahre alt und ist 30 Jahre an der Macht; Putin ist 25 Jahre an der Macht und über 70; Xi Jinping ist jetzt, glaube ich, auch schon fast 15 Jahre in Topposition und ist auch schon weit über 70; Erdoğan: weit über 70, 25 Jahre an der Macht; auch Orbán ist bitte in Wirklichkeit – mit einer Unterbrechung – 25 Jahre an der Macht. Der Vorteil ist erstens einmal, dass unsere Form der Demokratie in Europa die Möglichkeit eines Wechsels bietet, eines friedlichen Wechsels – das ist unheimlich wichtig –, und vor allem auch die Chance, dass die Jungen in Positionen kommen. 

Was Dietmar Schweisgut zu Recht gesagt hat: Wir haben so viele tolle junge Leute, die uns helfen beispielsweise, diese Defizite zu überwinden. Es gibt einen jungen Vorarlberger, Daniel Metzler – er hat an der TU in Wien studiert, jetzt ist er in München –, der hat sein eigenes Unternehmen gegründet, Isar Aerospace, und schießt jetzt Raketen in die Luft, damit wir eben nicht mehr für unsere Satelliten abhängig von Elon Musk oder von den Chinesen sind; oder eine europäische Cloud, da gibt es jetzt bereits Start-ups in Deutschland, die uns unabhängiger machen können von den Amerikanern; oder Finanzsysteme – mit Swift bist du in Wahrheit voll abhängig von den Amerikanern, die alles mitlesen können und überall, wo Dollar verwendet werden, setzen sie auch ihre sozusagen Rechtsmacht durch. 

Das heißt, wir müssen unabhängiger werden. Es gibt Gott sei Dank in der Rüstungsindustrie mittlerweile tolle Unternehmungen, auch in Österreich übrigens – Schiebel Drohnen zum Beispiel –, die genauso gut sein können wie die internationale Konkurrenz. Meine Hoffnung sind wirklich die Jungen, das seid ihr. Und ihr müsst euch sowohl wirtschaftlich und wissenschaftlich als auch politisch engagieren, dann wird mir nicht bang sein um die Zukunft, weder vor Links- noch vor Rechtsextremismus. 

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank für diese Ermutigung. Berk Dilek von der Berufsschule für Verwaltungsberufe hat noch eine Frage an Dr. Schweisgut.

Bert Dilek (Berufsschule für Verwaltungsberufe): Wie entscheidet die EU im Falle eines Konflikts, jetzt zum Beispiel Russland/Ukraine oder Israel/Hamas, auf welcher Seite sie steht und warum?

Dietmar Schweisgut: Ich glaube, die Antwort ist ziemlich einfach: Was für alle Staaten der Welt bindend ist, aber für demokratische Rechtsstaaten in erster Linie, ist natürlich, dass wir eine UN-Charta haben, die ganz klar festlegt, es gibt ein Gewaltverbot und jeder Angriff auf ein anderes Land, der die territoriale Integrität und die Souveränität infrage stellt, ist nicht zulässig. Das heißt, der Angriff Russlands auf die Ukraine ist etwas, was niemand in Wirklichkeit rechtfertigen konnte, und wenn Sie schauen, was unmittelbar danach passiert ist – es hat eine Abstimmung gegeben in der Generalversammlung der Vereinten Nationen –, ich glaube, es haben zwei oder drei Staaten Russland unterstützt, aber das war vollkommen klar. 

Die andere Frage, die sich daran anschließt, ist die der Reaktion darauf: Wie reagiert man? Und im Fall von Gaza, glaube ich, war es auch vollkommen klar. Also der Angriff und das Massaker vom 7. Oktober 2023 war etwas, das natürlich sofort eine Reaktion herbeiführen musste, zu sagen, das ist etwas, das nicht akzeptiert werden kann und wo natürlich der angegriffene Staat Israel das Recht hat, sich dagegen zu verteidigen. Und im Übrigen hat das ja eine Vorgeschichte, die auch dazu geführt hat, dass die Europäische Union die Hamas schon ziemlich lange als eine terroristische Organisation qualifiziert. 

Nur, was dann die nächste Frage ist – und hier kommt dann der große Unterschied gewissermaßen zur Ukraine, wo es wirklich nur um die Verteidigung und um die Unterstützung dieser Verteidigung gegen Russland geht –: Im Fall von Gaza sind viele natürlich der Meinung, dass dieses Selbstverteidigungsrecht Israels, das vollkommen unbestritten ist, irgendwann einmal die Grenze der Verhältnismäßigkeit überschritten hat, denn das ist auch ein Grundsatz, der im Völkerrecht verankert ist, und dass das, was jetzt und schon seit einiger Zeit passiert, nämlich der von vielen kritisierte Einsatz von Lebensmitteln als Waffe, die Flächenbombardements, die stattfinden, dass das den Zustand der Verhältnismäßigkeit schon seit Langem überschritten hat, und deswegen auch eine Gegenreaktion - -, die unter anderem die Kommissionspräsidentin auch in ihrer Rede letzte Woche dargestellt hat, dass sie gesagt hat, auch hier kann die Europäische Union nicht schweigen und kann nicht mit zweierlei Maß messen und das Leiden der Zivilbevölkerung akzeptieren. Es stellt sich daher die Frage, ob die Europäische Union nicht das macht, was sie in ähnlichen Fällen in Konflikten gegenüber anderen Parteien gemacht hat: dass sie Sanktionen ergreift, zum Beispiel auch im Handelsbereich. Dafür bedarf es natürlich einer Mehrheit im Rat, wobei offen ist, wenn es zu einer Abstimmung käme – das weiß ich nicht –, ob es diese Mehrheit gäbe. 

Aber wie gesagt, das ist ein viel schwierigerer Fall, weil der Ursprung völlig klar war, aber inzwischen die Eskalation dieses Konflikts in eine Richtung ging, wo natürlich die Europäische Union das Vorgehen Israels kritisieren muss, was Österreich auch getan hat. Und die Frage, die sich stellt, ist, ob es sinnvoll ist, Maßnahmen zu ergreifen. 

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank. Dann sind hier eben auch einige Herausforderungen schon angesprochen worden. 

Eine für jetzt abschließende Frage an Sie, Herr Dr. Schüssel, gerade auch anschließend an die Ermutigung, die ich von Ihnen auch vernommen habe: Lässt sich eine Prognose wagen – wir feiern heute 30 Jahre Österreich in der EU –, wo sehen Sie Österreich und die EU in fünf Jahren?

Wolfgang Schüssel: Na ja, da wird sich nicht sehr viel ändern. Österreich wird es geben, die EU wird es geben, und ich glaube halt nur, dass sich das verändern wird. Also ich glaube schon, dass die°-°-, ob das jetzt in fünf Jahren - -, möglicherweise kommen schon die ersten Neubeitritte dazu – Montenegro, Albanien wäre eine Möglichkeit, Nordmazedonien. Aber das Jahresdatum ist jetzt nicht so entscheidend. Richtig ist, die Europäische Union wird und soll sich erweitern. Ich weiß schon, dass da und dort große Skepsis vorherrscht, aber das hat es übrigens bei früheren Erweiterungen auch gegeben – unsere mit eingenommen, mit herangezogen. Das hat sich eigentlich alles immer ganz gut eingeordnet oder es hat ganz gut funktioniert. Es wird sich die EU erweitern, sie wird sich weiter vertiefen. 

Ein Punkt, der sehr wichtig ist: Wir müssen den Binnenmarkt verdichten, weil das sozusagen der Motor ist, das ist der Wirtschaftsmotor, der Wohlstandsmotor der Europäischen Union, und ich glaube auch, dass wir eine vernünftige Balance finden müssen. Wir hatten in der Pause ein ganz interessantes Gespräch mit ein, zwei jungen Leuten, die ja vor allem auch das Thema Klima angesprochen haben. Die Europäische Union ist der einzige Kontinent, der seine CO2-Emissionen immerhin um 25 Prozent reduziert hat. Alle anderen haben das nicht gemacht! Wir sind noch nicht perfekt, das weiß ich schon, aber auf diesem Weg vernünftig weiterzugehen und das in Einklang auch mit der Wettbewerbsfähigkeit und mit den anderen Dingen zu machen und international darauf zu drängen, dass da etwas weitergeht – ich glaube, das sind die Herausforderungen. 

Ich glaube auch, in fünf, sechs Jahren werden wir auch, was die Sicherheit und die Verteidigungsfähigkeit betrifft, deutlich besser dastehen als heute oder vor einigen Jahren, und das ist auch wichtig. Wir müssen auch bereit sein – und das ist ein Punkt, der, glaube ich, noch nicht diskutiert wurde –, wir müssen unsere Einstellungen ein bisschen ändern. Ein Mindset ist eine unglaublich wichtige Waffe. Wenn wir nicht bereit sind, uns selber zu verteidigen – ein anderer wird es nicht machen! Wir müssen lernen, auch selber Leistung zu propagieren, sonst werden wir nicht wettbewerbsfähig sein können. Wir müssen lernen, uns auch für die eigene Demografie zu interessieren. Wir haben derzeit in Österreich de facto eine frei gewählte Ein-Kind-Politik. Also die Aborigines-Österreicher vermehren sich im Moment unter eins bei der Geburtenrate. Das wird ein Riesenthema werden. Das heißt, die Demografie, die Sicherheit, die Verteidigungsfähigkeit, die Wettbewerbs-, die Leistungsfähigkeit hängt unheimlich stark mit unserer Einstellung zusammen. Daher: proeuropäisch, pro Leistung, pro Familie, letztlich auch pro internationale Verpflichtungen in Richtung Klimawandel. Das, glaube ich, sind die Themen, die vor uns liegen – und da seid ihr gefordert.

Karl-Heinz Grundböck: Vielen Dank für die spannenden Beiträge! Vielen Dank für die Fragen, die von euch gekommen sind! Vielen Dank für Ihre Antworten! Dann dürfen wir Sie mit einem Applaus°-°- (Beifall.) 

Ich darf dann im Weiteren bitten, dass Sie wieder Platz nehmen.

Quiz zur EU und zum EU-Beitritt

Karl-Heinz Grundböck: Wir kommen zum angekündigten Quiz, denn ich glaube, eines ist in allen Veränderungen angeblich gleich geblieben: Wir lernen ja für das Leben und nicht für die Schule. Das stimmt auch meistens, denn wer jetzt in den letzten 2 Stunden gut aufgepasst hat, knackt unser Quiz ganz einfach und kann dann auch einen kleinen Preis mit nach Hause nehmen. Zusätzlich wird es dann auch noch ein Siegerinnen- oder Siegerfoto mit dem Parlamentsdirektor und unseren Expertinnen und Experten geben.

Alle, die jetzt mitmachen – das richtet sich jetzt wieder an alle unter 30-Jährigen im Raum –, alle, die mitmachen, scannen bitte jetzt den QR-Code; entweder hier von unseren Bildschirmen oder im Programmheft den QR-Code in der Mitte. Ihr bekommt dann fünf Multiple-Choice-Fragen, je Frage sind 20 Sekunden Zeit zu antworten. Es geht um Schnelligkeit, es geht aber nicht nur um Schnelligkeit, es geht auch darum, dass es die richtigen Antworten sind. Der Sieger oder die Siegerin wird dann direkt im Anschluss auf dem Screen zu sehen sein.

Sind alle so weit bereit? – Wir warten noch ein bisschen. Dann warte ich auf ein Zeichen. Ihr seht am Bildschirm, wer schon im System ist. Also entweder den QR-Code vom Bildschirm oder den mittleren QR-Code im Programmheft scannen. (Ruf: Wann kommen die Fragen?) – Die Fragen kommen jetzt dann gleich.

Ja, wir sind so weit. Dann starten wir bitte mit der Frage eins – die Frage sollte gleich auftauchen. (In der Folge werden die jeweiligen Fragen auf zwei großen Bildschirmen eingeblendet.)

Wie lange hat der Beitrittsprozess Österreichs vom Brief an Brüssel bis zum Beitritt zur EU gedauert? – Drei Jahre, sechs Jahre oder zwölf Jahre? – 20 Sekunden Zeit. 

(In der Folge werden auf den Bildschirmen Folien eingeblendet, die die jeweiligen Antworten in Form von Säulendiagrammen abbilden): 80 glauben drei Jahre, 121 glauben sechs Jahre, acht glauben zwölf Jahre. So wie es auch aus diesem Saal bekannt ist, ich glaube, man kann es auflösen: Die Mehrheit hat hier das richtige Ergebnis gezeigt, sechs Jahre hat es gedauert.

Weiter zur Frage zwei: Wie hoch war die Wahlbeteiligung bei der Volksabstimmung über den EU-Beitritt Österreichs im Jahr 1994? – Wie gesagt, die Wahlbeteiligung: Wie viele haben sich beteiligt – nicht, wie ist das Ergebnis gewesen, sondern wie viele haben sich beteiligt? Waren es über 50 Prozent, über 65 Prozent oder über 80 Prozent?

Alle haben gewählt. – Ja, nicht das Ergebnis, sondern die Wahlbeteiligung war die Frage. Die Wahlbeteiligung war bei über 80 Prozent. 48 haben die richtige Antwort darauf gefunden.

Wir kommen zur dritten Frage: Welche Länder sind gemeinsam mit Österreich der EU beigetreten? – Wir sehen hier schon die angebotenen Antworten: Italien, Schweden, Norwegen, Irland, Finnland, Polen – zwei Antworten davon sind richtig. 

Es waren Schweden und Finnland. Nicht von ungefähr: zweimal mit je 177 die korrekte Antwort.

Frage vier – sind wir so weit in der Technik? –: Wann wurde der Euro als Zahlungsmittel im Bargeld eingeführt? – Wir haben hier drei mögliche Antworten, nur eine dieser Antworten ist richtig. War es der 1. Jänner 2002, war es der 1. Jänner 1995 oder der 1. Jänner 2012? 

184 haben für den 1. Jänner 2002 gestimmt, und 184 haben damit die richtige Antwort gegeben.

Dann kommen wir zur fünften und letzten Frage: Wo finden die Plenarsitzungen und Ausschüsse des Europäischen Parlaments statt? – Es gibt zwei richtige Antworten unter den vier angebotenen Möglichkeiten: Frankfurt, Brüssel, Den Haag, Straßburg.

Brüssel und Straßburg sind favorisiert. – Ja, Brüssel und Straßburg sind richtig. 194 haben Brüssel und 150 Straßburg als richtig erkannt. 

Damit sind wir am Ende von unserem Multiple-Choice-Quiz, und in der automatisierten Auswertung haben wir einen Sieger oder eine Siegerin, und wer das ist, wird jetzt gleich eingeblendet. Wir sehen hier die Auswertung. – Ribbit: 2 888 Punkte. – Da ist Ribbit. Bitte komm nach vor! (Beifall.)

Ich sehe jetzt erst, dass wir natürlich erschwerte Bedingungen haben, wenn wir dich nach vorne bitten. Was ist dir passiert? (Ribbit: Ich habe mir den Fuß gebrochen!) Den Fuß gebrochen? – Oje. Ja dann gute Besserung! Du hast es gewonnen, du hast alle Antworten richtig. Von welcher Schule kommst du? (Ribbit: BG Tulln!) – BG Tulln. Herzliche Gratulation! (Beifall.)

Dann darf ich zur Preisverleihung vielleicht noch unsere Expertinnen und Experten nach vorne bitten, auch für das Siegerfoto. – Kannst du hier nach - - Warte, ich mache das vielleicht ein bisschen leichter. Geht das so? – Herr Dr. Schüssel, Dr. Schweisgut, Sandra – bitte nach vorne. 

Nicht, dass du als Sieger es brauchen würdest, aber es gibt hier noch ein Parlamentsquiz mit Fragen über den Parlamentarismus, das vielleicht das, was du schon an Kompetenz gezeigt hast, noch vertiefen kann.


Es wird ein Foto gemacht. 


Vielen Dank und noch einmal Gratulation! (Beifall.)

Dann möchte ich mich hier am Ende dieser Veranstaltung noch einmal ganz herzlich bei euch allen bedanken: für das Kommen, für das Interesse, für das Mitmachen. Ein ganz herzliches Danke – beginnend mit dem Programmpunkt – an Sandra Kusmierczyk für die Einblicke in die tägliche Arbeit in der Parlamentsdirektion in der EU-Abteilung. Vielen Dank an den Bundeskanzler außer Dienst und damaligen Wirtschaftsminister Dr. Wolfgang Schüssel, vielen Dank an den damaligen Sektionschef und späteren Botschafter Dr. Dietmar Schweisgut für Ihr Kommen und dass Sie uns an Ihren Erinnerungen an die Zeit des EU-Beitritts haben teilhaben lassen, aber auch mit uns gemeinsam in die Zukunft geschaut haben.

Danke schön an - - – Du suchst noch etwas? (Ein Schüler: Ja!) – Gleich! Lass mich noch kurz aussprechen, und dann! (Der Schüler: Ich darf sonst noch etwas sagen - -)– Ein Wort! Ein Danke?

Schüler: 30 Jahre! (Beifall.)

Karl-Heinz Grundböck: Parlamentsdirektor Dr. Dossi ist nicht mehr bei uns, er ist mittlerweile leider aus Termingründen abwesend, aber in Abwesenheit ein herzliches Danke dafür, dass er diese Veranstaltung ermöglicht hat. 

Wir alle hoffen, dass ihr viel mitnehmen könnt an Information, vielleicht auch vieles zum Nachdenken über die Zukunft und die Bedeutung der Europäischen Union. 

Ich darf noch darauf hinweisen: Diese Veranstaltung ist ja nicht nur livegestreamt worden, es gibt auch ein Video von dieser Veranstaltung in der Mediathek auf der Parlamentswebsite, und nicht nur dort, sondern es gibt auch eine Dokumentation in zwei Social-Media-Kanälen, nämlich Instagram und Tiktok. Ihr habt alle diese kleinen Ordnungsrufe bei euch gefunden, da hinten drauf ist ein QR-Code, mit diesem QR-Code – auch den könnt ihr noch scannen – kommt ihr auf unsere Kanäle. Die, die uns noch nicht auf oeparl folgen, würde ich herzlich einladen, dass ihr uns folgt. Es wird beim Rausgehen nicht kontrolliert, wir würden uns aber sehr darüber freuen.

Vielen Dank. Dann kommt gut nach Hause, und ich hoffe, dass wir uns im Rahmen dieser Veranstaltungen das eine oder andere Mal noch im Parlament sehen. Danke für euer Kommen. (Beifall.)