Budgetdienst - Europäisches Semester 03.06.2022

Nationales Reformprogramm 2022 und österr. Aufbau- und Resilienzplan

Analyse des Budgetdienstes

Überblick

Das Europäische Semester 2022 wurde gegenüber den bisherigen Abläufen stark adaptiert, um es mit der Ab­wicklung der neu geschaffenen Aufbau- und Resilienz­fazilität abzustimmen. Die im Nationalen Reform­programm 2022 dargestellten Maß­nahmen und Projekte wurden den vier Handlungs­strängen ökologische Nach­haltigkeit, Produktivität, Fairness und makro­ökono­mische Stabilität zugeordnet. Die vorliegende Analyse gibt einen Gesamt­überblick über das Nationale Reform­programm 2022 und den Umsetzungs­stand der länder­spezifischen Empfehlungen der EU sowie des österreichischen Aufbau- und Resilienz­plans (ARP). Mitumfasst sind der Länder­bericht der Europäischen Kommission für Österreich sowie der Monitoring­bericht zur Erreichung der SDGs.

Die vollständige Analyse zum Download:

BD - Nationales Reformprogramm 2022 und Österreichischer Aufbau- und Resilienzplan 2020-2026 / PDF, 1 MB

BD - Nationales Reformprogramm 2022 und Österreichischer Aufbau- und Resilienzplan 2020-2026 (barrierefreie Version) / PDF, 1 MB

Kurzfassung

Das Europäische Semester 2022 wurde gegenüber den bisherigen Abläufen stark adaptiert, um es mit der Abwicklung der neu geschaffenen Aufbau- und Resilienz­fazilität (RRF) abzu­stimmen. Die Abwicklung der RRF soll auch in den Folgejahren in das Europäische Semester integriert werden. Die Vorlage der während der COVID‑19-Pandemie kurzfristig ausgesetz­ten Länder­berichte der Europäischen Kommission (EK) wurde 2022 wieder aufgenommen. Diese wurden allerdings nicht im Februar, sondern erst Ende Mai 2022 (gemeinsam mit dem Vor­schlag für länder­spezifische Empfehlungen) von der EK veröffentlicht. Die Berichts­pflichten der Mitglied­staaten wurden gestrafft, deshalb ist auch die halb­jährliche verpflicht­ende Bericht­­erstattung der Mitglied­staaten im Rahmen der RRF im Nationalen Reform­programm 2022 ent­halten.

Der österreichische Aufbau- und Resilienzplan (ARP) enthält Maßnahmen mit einem geplanten Gesamt­auszahlungs­volumen iHv 4,5 Mrd. EUR für die Jahre 2020 bis 2026, die die mögliche Band­breite des letztlich verfügbaren Zuschuss­volumens berücksichtigen. Die end­gültige Höhe der Zuschüsse wird im Juni 2022 festgelegt. Die Bundes­regierung reichte Maß­­nahmen für die vier Komponenten (Schwerpunkte) nachhaltiger Aufbau, digitaler Aufbau, wissens­basierter Aufbau und gerechter Aufbau ein. Es handelt sich teils um neue Investitions­­projekte und teils um die Auf­stockung bereits besteh­ender Programme.

Die Mitgliedstaaten können die Zahlungsanträge an die EK erst nach Erreichen der entspre­chenden Etappen­ziele und Ziel­werte stellen, wobei maximal zwei Zahlungs­anträge pro Jahr möglich sind. Bevor die EK über die Mittel­freigabe entschei­det, bezieht sie den Wirtschafts- und Finanz­ausschuss des Rates der EU ein. Im Jahr 2020 wurden 85,5 Mio. EUR aus­ge­zahlt und es gab keine Ab­weichungen zur Planung. Beim Budget­vollzug 2021 zeigte sich insgesamt eine Minder­auszahlung von 196,9 Mio. EUR gegenüber dem ursprünglich vorgesehenen Aus­zahlungsplan.

Die im Nationalen Reformprogramm 2022 dargestellten Maßnahmen und Projekte, die auch dazu beitragen die länder­spezifischen Empfehlungen umzusetzen, wurden den vier Hand­lungs­strängen ökologische Nach­haltigkeit, Produk­tivität, Fairness und makro­ökonomische Stabilität zugeordnet. Der Großteil der Maß­nahmen im ARP befindet sich bereits in der Umsetzung (Stand April 2022). In den meisten Fällen wurden bereits die gesetz­lichen Rahmen­bedingungen geschaffen (z. B. Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), Novelle Investitions­prämiengesetz, Novelle Abfall­wirtschaftsgesetz, u. a.), zum konkreten Umset­zungs­stand der beschlossenen Maß­nahmen liegen vielfach aber noch keine Meldungen vor.

Die Europäische Kommission hat im Rahmen des am 23. Mai 2022 vorgelegten Frühjahrs­pakets im Länder­bericht 2020 für Österreich die Fort­schritte der Umsetzung der länder­spezi­fischen Empfehlungen eingeschätzt. Für den Großteil der (Teil‑) Empfehlungen wurden Öster­reich "einige Fortschritte" attestiert. Nur der Aspekt "wirksame Umsetzung von Liquiditäts- und Unterstützungs­maßnahmen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen" wird mit "substantielle Fort­schritte" beurteilt, was vor allem auf die umfang­reichen COVID‑19-Unterstützungs­maßnahmen zurückzuführen ist. Die länder­spezifischen Empfehlungen 2022 wurden nach einem neuen einheitlichen Schema dargestellt, wobei zahlreiche Aspekte der Empfehlungen für 2020 und 2021 integriert und die Themen­bereiche "Förderung der Erwerbs­­beteiligung von Frauen" und "Ausbau erneuer­barer Energien" besonders hervor­gehoben wurden.

Der mit dem Frühjahrspaket veröffentlichte Monitoringbericht zur Erreichung der SDGs in der EU zeigt, dass Österreich bei den SDGs Frieden, Gerechtig­keit und starke Institutionen (SDG 16), Industrie, Innovation und Infra­struktur (SDG 9), keine Armut (SDG 1) sowie nach­haltige Städte und Gemeinden (SDG 11) die größten Fort­schritte erzielt hat. Die gering­sten Fort­­schritte zeigen sich bei dem SDG 10‑Weniger Ungleich­heiten, SDG 15‑Leben an Land und SDG 4‑Hoch­wertige Bildung. Im Nationalen Reform­programm 2022 wird dargelegt, welche Maß­nahmen aus dem ARP einen Beitrag zur Erreichung der jeweiligen SDGs leisten. Das SDG zur hoch­wertigen Bildung soll etwa durch das Förder­stunden­paket, den Ausbau der Elementar­pädagogik, die Bereit­stellung von digitalen End­geräten für Schüler:innen, den Zugang zu digitalen Grund­kompetenzen und den Bildungs­bonus unterstützt werden.

Die vorliegende Analyse gibt einen Gesamt­überblick über das Nationale Reform­programm 2022 und den Umsetzungs­stand des ARP. Aufgrund des umfassenden Daten­materials erfolgt jedoch keine detaillierte budgetäre und wirkungs­orientierte Ein­schätzung der einzelnen Maß­­nahmen der Bundes­regierung. Das Nationale Reform­programm orientiert sich stark an den Vor­gaben der EK und fokussiert die länder­spezifischen Empfehlungen der EK. Insgesamt könnte die Aussage­kraft des Nationalen Reform­programms insbesondere durch eine verbes­serte Ver­knüpfung mit anderen Berichten sowie durch konsistentere und system­atischere Dar­stellungen gestärkt werden.