Der EGMR hielt fest, dass die angefochtenen Äußerungen im Rahmen eines Verfahrens im Parlament abgegeben wurden, in dem entschieden werden sollte, ob die von der Staatsanwaltschaft gesammelten Beweise für die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Filat ausreichen würden.
Was die mündlichen Äußerungen des Generalanwalts betrifft, so kam der EGMR zum Ergebnis, dass diese in Bezug auf ihren Kontext und in Anbetracht der Gesamtheit der Äußerungen des Generalanwalts während der Plenarsitzung nicht darauf abzielten, die Unschuldsvermutung zu verletzen.
Was die Verlesung des schriftlichen Auslieferungsersuchens durch den Parlamentspräsidenten betrifft, so war der EGMR der Auffassung, dass es sich dabei nicht um eigene Worte des Parlamentspräsidenten gehandelt habe, sondern vielmehr um wörtliche Zitate aus dem schriftlichen Auslieferungsersuchen des Generalanwalts. Zu berücksichtigen sei, dass der Generalanwalt und auch der Parlamentspräsident später in der Sitzung darauf hingewiesen hätten, dass das Thema der parlamentarischen Beratungen lediglich die Aufhebung der Immunität gewesen sei und nicht die Frage der Schuld. Diese Hinweise seien geeignet gewesen, jeden Zweifel an der tatsächlichen Bedeutung der angefochtenen Äußerungen zu zerstreuen.
Die Äußerungen seien folglich nicht dazu bestimmt gewesen, die Schuld von Filat zu bestätigen, sondern das Argument des Generalanwalts vor den Abgeordneten zu stützen, dass die während der Ermittlungen gesammelten Beweise die Aufhebung der Immunität rechtfertigen würden. Demnach hätten weder die Äußerungen des Generalanwalts noch die Ausführungen des Parlamentspräsidenten in der Plenarsitzung zu einer Verletzung der Unschuldsvermutung geführt.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung (in englischer Sprache) und den Volltext der Entscheidung (in französischer Sprache).