Der EGMR kam zu dem Ergebnis, dass die nationalen Gerichte die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers verletzt haben, da die Einschränkung der Meinungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig war. Er verpflichtete Portugal zur Rückzahlung der Strafe und des bisher geleisteten Schadenersatzes sowie zum Ersatz der Prozesskosten in der Höhe von beinahe €20.000,– an die Erbinnen des Beschwerdeführers.
Der EGMR anerkannte die legitimen Interessen der Erbinnen, die Beschwerde weiterzuverfolgen.
Seine Entscheidung in der Sache begründete er wie folgt: Anders als die nationalen Gerichte, die in den Äußerungen nur falsche und verleumderische Tatsachenbehauptungen erblickten, wertete der EGMR die Äußerungen des Beschwerdeführers vor allem als persönliche Meinungen, deren Wahrheitsgehalt nicht beweisbar sei. Die einzige Tatsachenbehauptung, nämlich, dass beide Berufsvereinigungen vertrauliche Informationen an Journalist:innen weitergegeben hätten, könnten in diesem spezifischen Kontext umfassender betrachtet werden. Auch wenn diese Äußerung unglücklich und übertrieben gewesen sei, könnte sie durchaus als Veranschaulichung einer umfassenderen gesellschaftlichen Kritik an der unangemessenen Einmischung der Justiz als Ganzes in Politik und Medien verstanden werden, die von öffentlichem Interesse war und die der Journalist für wahr hielt.
Hinzu käme, dass der Schutz des Ansehens juristischer Personen nicht so hoch sei wie der natürlicher Personen. Der Journalist hätte die Äußerungen zudem vor einem parlamentarischen Ausschuss geäußert, der genau das Thema Meinungsfreiheit behandelte und wissen wollte, wie von Politik und Wirtschaft auf die Medien und die Meinungsfreiheit in Portugal Einfluss genommen würde. Der EGMR hob hervor, dass gemäß seiner Judikatur die politische Rede besonderen Schutz genieße. Auch wenn der Beschwerdeführer kein gewählter Abgeordneter gewesen sei, käme ihm als Experte, der von einem parlamentarischen Ausschuss eingeladen wurde, seine Sicht der Dinge darzulegen, ein höherer Schutz zu, wie es auch für parlamentarische und politische Meinungsäußerungen der Fall sei.
Die nationalen Gerichte hätten ihre Entscheidungen nur auf das Recht auf Persönlichkeitsschutz (Recht auf den guten Ruf) der beiden Berufungsvereinigungen gestützt und eine Abwägung mit dem Recht auf Meinungsfreiheit vermissen lassen.
Vgl. zu diesem Verfahren die Pressemitteilung und den Volltext der Entscheidung (beide in englischer Sprache).