URTEIL DES GERICHTS (Siebte Kammer)

25. Juni 2015 ( *1 )

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik — Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation — Einfrieren von Geldern — Beurteilungsfehler — Begründungspflicht — Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz — Ermessensmissbrauch — Eigentumsrecht — Gleichbehandlung“

In der Rechtssache T‑95/14

Iranian Offshore Engineering & Construction Co. mit Sitz in Teheran (Iran), vertreten durch die Rechtsanwälte J. Viñals Camallonga, L. Barriola Urruticoechea und J. Iriarte Ángel,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch Á. De Elera‑San Miguel Hurtado und V. Piessevaux als Bevollmächtigte,

Beklagter,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/661/GASP des Rates vom 15. November 2013 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 306, S. 18) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1154/2013 des Rates vom 15. November 2013 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 306, S. 3), soweit diese Rechtsakte die Klägerin betreffen,

erlässt

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. van der Woude (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Wiszniewska-Białecka und des Richters I. Ulloa Rubio,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2015

folgendes

Urteil ( 1 )

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Die Klägerin, die Iranian Offshore Engineering & Construction Company mit Sitz in Teheran (Iran), ist im Bereich der Planung, des Baus und der Ausführung von Infrastruktureinrichtungen, auf See und an Land, für Erdöl- und Gasversorgungsprojekte tätig.

2

Am 9. Juni 2010 nahm der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 1929 (2010) (im Folgenden: Resolution 1929) an, durch die der Geltungsbereich der mit den Resolutionen 1737 (2006), 1747 (2007) und 1803 (2008) verhängten restriktiven Maßnahmen des Sicherheitsrats ausgeweitet wird und weitere restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran eingeführt werden.

3

Am 17. Juni 2010 brachte der Europäische Rat seine wachsende Besorgnis über das Nuklearprogramm Irans zum Ausdruck und begrüßte die Annahme der Resolution 1929. Unter Hinweis auf seine Erklärung vom 11. Dezember 2009 ersuchte der Europäische Rat den Rat der Europäischen Union, Maßnahmen zur Umsetzung der in der Resolution 1929 vorgesehenen Maßnahmen sowie Begleitmaßnahmen zu erlassen, damit alle noch bestehenden Bedenken in Bezug auf die Entwicklung sensibler Technologien durch die Islamische Republik Iran zur Unterstützung seiner Nuklear- und Trägerraketenprogramme auf dem Verhandlungsweg ausgeräumt werden können. Diese Maßnahmen sollten sich auf folgende Bereiche konzentrieren: den Handel, den Finanzsektor, den iranischen Verkehrssektor, Schlüsselbranchen der Gas- und Ölindustrie und die zusätzlich benannten Personen und Einrichtungen, insbesondere das Korps der Islamischen Revolutionsgarden.

4

Am 26. Juli 2010 nahm der Rat den Beschluss 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) an, in dessen Anhang II die Personen und Einrichtungen – neben denen, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder von dem mit der Resolution 1737 (2006) eingesetzten Sanktionsausschuss benannt wurden und in Anhang I erfasst sind – aufgeführt sind, deren Gelder eingefroren werden. Sein 22. Erwägungsgrund bezieht sich auf die Resolution 1929 und erwähnt, dass in dieser Resolution vom potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die Iran aus seinem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung seiner proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Kenntnis genommen wird.

5

Im Rahmen der Sanktionen, die die Europäische Union seit mehreren Jahren gegen Iran erlassen hat, änderte der Beschluss 2011/783/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 (ABl. L 319, S. 71) den Beschluss 2010/413/GASP, indem mit ihm der Name neuer Personen und Einrichtungen in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413 enthaltene Liste der Personen, die restriktiven Maßnahmen unterliegen, aufgenommen wurde.

6

Dementsprechend wurde der Name der Klägerin mit dem Beschluss 2011/783 mit folgender Begründung erstmals in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413 enthaltene Liste aufgenommen:

„Im Energiesektor tätiges Unternehmen, das am Bau der Urananreicherungsanlage in Qom/Fordow beteiligt war. Vom Vereinigten Königreich, Italien und Spanien mit einem Ausfuhrverbot belegt.“

7

Desgleichen erließ der Rat am 1. Dezember 2011 die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 319, S. 11), mit der gemäß dem Beschluss 2011/783 Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1) geändert wurde, indem u. a. der Name der Klägerin aus denselben Gründen aufgenommen wurde, wie sie im Beschluss 2011/783 angeführt sind.

8

Die Klägerin wandte sich am 27. Februar 2012 gegen die Aufnahme ihres Namens in die in Rede stehenden Listen und erhob Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/783 und der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011, soweit diese Rechtsakte sie betreffen. Diese Klage wurde unter dem Aktenzeichen T‑110/12 in das Register eingetragen.

9

Am 23. Januar 2012 nahm der Rat den Beschluss 2012/35/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 19, S. 22) an. Der achte Erwägungsgrund dieses Beschlusses übernimmt im Wesentlichen den Inhalt des 22. Erwägungsgrundes des Beschlusses 2010/413 (vgl. oben, Rn. 4). Außerdem sollten nach dem 13. Erwägungsgrund des Beschlusses 2012/35 die Einreisebeschränkungen und das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen auf weitere Personen und Einrichtungen, die die iranische Regierung unterstützen, indem sie ihr proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten oder die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen ermöglichen, insbesondere auf Personen und Einrichtungen, die finanzielle, logistische oder materielle Unterstützung für die iranische Regierung bereitstellen, Anwendung finden.

10

Mit Art. 1 Nr. 7 Buchst. a Ziff. ii des Beschlusses 2012/35 wurde Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413 folgender Buchstabe angefügt, der vorsieht, dass die Gelder folgender Personen und Einrichtungen eingefroren werden:

„c)

weitere, nicht in Anhang I erfasste Personen und Einrichtungen, die die Regierung Irans unterstützen, und mit ihnen verbundene Personen und Einrichtungen gemäß der Auflistung in Anhang II“.

11

Infolgedessen erließ der Rat am 23. März 2012 die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. L 88, S. 1). Zur Durchführung von Art. 1 Nr. 7 Buchst. a Ziff. ii des Beschlusses 2012/35 sieht Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 das Einfrieren der Gelder der in ihrem Anhang IX aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen vor, in Bezug auf die festgestellt wurde, dass sie

„d)

sonstige Personen, Organisationen oder Einrichtungen sind, die die iranische Regierung beispielsweise finanziell, logistisch oder materiell unterstützen, oder Personen und Organisationen, die mit ihnen in Verbindung stehen“.

12

Am 15. Oktober 2012 nahm der Rat den Beschluss 2012/635/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 an (ABl. L 282, S. 58). Im 16. Erwägungsgrund dieses Beschlusses heißt es, dass weitere Personen und Einrichtungen in die Liste der Personen und Einrichtungen, die gemäß Anhang II des Beschlusses 2010/413 restriktiven Maßnahmen unterliegen, aufgenommen werden sollten, insbesondere Einrichtungen, deren Geschäftstätigkeit im Öl- und Gasbereich liege und die sich im Eigentum des iranischen Staates befänden, da diese Einrichtungen eine wesentliche Einnahmequelle des iranischen Staates seien.

13

Mit Art. 1 Nr. 8 Buchst. a des Beschlusses 2012/635 wurde Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 geändert. Diese Bestimmung sieht dementsprechend vor, dass restriktive Maßnahmen verhängt werden gegen

„c)

andere Personen und Einrichtungen, die nicht unter Anhang I fallen, die die Regierung des Iran unterstützen, und Einrichtungen, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen oder Personen und Einrichtungen, die mit ihnen in Verbindung stehen; diese sind in Anhang II aufgeführt“.

14

Am 21. Dezember 2012 erließ der Rat die Verordnung (EU) Nr. 1263/2012 zur Änderung der Verordnung Nr. 267/2012 (ABl. L 356, S. 34). Mit Art. 1 Nr. 11 der Verordnung Nr. 1263/2012 wurde Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 geändert, der folglich das Einfrieren von Geldern der in ihrem Anhang IX aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen vorsieht, in Bezug auf die festgestellt wurde, dass sie

„d)

sonstige Personen, Organisationen oder Einrichtungen sind, die die iranische Regierung beispielsweise materiell, logistisch oder finanziell unterstützen, oder Organisationen, die in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle stehen, oder Personen, die mit ihnen in Verbindung stehen“.

15

In seinem Urteil vom 6. September 2013, Iranian Offshore Engineering & Construction/Rat (T‑110/12, Slg, im Folgenden: Urteil vom 6. September 2013, EU:T:2013:411), erklärte das Gericht den Beschluss 2011/783 und die Verordnung Nr. 1245/11 für nichtig, soweit diese die Klägerin betreffen.

16

Am 10. Oktober 2013 richtete der Rat ein Schreiben an die Klägerin, mit dem er ihr mitteilte, dass er das Urteil vom 6. September 2013, oben in Rn. 15 angeführt (EU:T:2013:411), zur Kenntnis nehme, und dass sie seiner Ansicht nach die notwendigen Voraussetzungen erfülle, um mit den in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 und Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 belegt zu werden, die die Personen oder Einrichtungen beträfen, die die iranische Regierung aufgrund ihrer Tätigkeiten im Energiesektor und insbesondere aufgrund der wichtigen Rolle, die ihr bei der Erschließung des South Pars Erdgasfelds zukomme, insbesondere finanziell und logistisch unterstützten.

17

Am 14. Oktober 2013 forderte die Klägerin den Rat auf, ihr Einsicht in die Akte zu gewähren, die die Beweise enthalte, auf deren Grundlage er beschlossen habe, ihren Namen erneut in die Listen der mit Sanktionen belegten Personen und Einrichtungen aufzunehmen (im Folgenden: streitige Listen).

18

Am 31. Oktober 2013 legte die Klägerin schriftliche Erklärungen vor und bekräftigte darin, dass kein tatsächlicher oder rechtlicher Grund bestehe, der die Aufnahme ihres Namens in die streitigen Listen aus den vom Rat angeführten Gründen rechtfertigen könne.

19

Am 15. November 2013 nahm der Rat den Beschluss 2013/661/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 an (ABl. L 306, S. 18). Mit diesem Beschluss wurde der Name der Klägerin in die in Anhang II des Beschlusses 2010/413 enthaltene Liste aufgenommen.

20

Am selben Tag erließ der Rat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1154/2013 zur Durchführung der Verordnung Nr. 267/2012 (ABl. L 306, S. 3), mit der der Name der Klägerin in Anhang II der Verordnung Nr. 267/12 aufgenommen wurde.

21

Im Beschluss 2013/661 und in der Durchführungsverordnung Nr. 1154/2013 (im Folgenden: angefochtene Rechtsakte) wurde die Aufnahme des Namens der Klägerin in die streitigen Listen wie folgt begründet:

„Wichtige Einrichtung im Energiesektor, die erhebliche Einnahmen für die Regierung Irans erwirtschaftet. IOEC stellt der Regierung Irans dementsprechend finanzielle und logistische Unterstützung bereit.“

22

Am 18. November 2013 sandte der Rat ein Schreiben an die Klägerin, in dem er seine Ansicht bekräftigte, über Gründe für die erneute Aufnahme des Namens der Klägerin in die streitigen Listen zu verfügen.

Verfahren und Anträge der Parteien

23

Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 7. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

24

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Rechtsakte für nichtig zu erklären, soweit sie sie betreffen;

ihren Namen aus den jeweiligen Anhängen dieser Rechtsakte zu streichen;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

25

Der Rat beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

26

Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf die folgenden drei Klagegründe. Erstens enthielten die angefochtenen Rechtsakte keine Begründung und verstießen daher gegen Art. 296 AEUV und gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes. Zweitens habe der Rat einen Beurteilungsfehler und einen Ermessensmissbrauch begangen sowie gegen die anwendbaren Rechtsvorschriften und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, weil er ihren Namen ohne jede faktische Grundlage und ohne Angabe von Beweisen in die streitigen Listen aufgenommen habe. Drittens habe der Rat, als er sie zum zweiten Mal in diese Listen aufgenommen habe, gegen ihr Eigentumsrecht und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen.

27

Vor Erörterung der einzelnen Klagegründe sei darauf hingewiesen, dass die Klägerin mit ihrem zweiten Klageantrag beantragt, das Gericht möge ihren Namen aus den Anhängen der angefochtenen Rechtsakte streichen. Hierzu ist daran zu erinnern, dass nach Art. 263 AEUV die Befugnisse des Gerichts auf die Kontrolle der Handlungen der Organe beschränkt sind und dass es nach Art. 266 AEUV Aufgabe des den angefochtenen Rechtsakt erlassenden Organs ist, die sich aus dem Urteil des Gerichts ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen, nach denen dem Gericht eine Rücknahme eines Rechtsakts nicht erlaubt ist, ist der zweite Klageantrag dahin auszulegen, dass er den ersten Klageantrag schlicht konkretisiert.

Zum ersten Klagegrund: Begründung der angefochtenen Rechtsakte

[nicht wiedergegeben]

Zum zweiten Klagegrund: Stichhaltigkeit der Begründung der angefochtenen Rechtsakte

40

Die Klägerin stellt die Stichhaltigkeit der Begründung der angefochtenen Rechtsakte in Abrede und stützt sich hierzu auf drei Argumente. Erstens sei sie kein dem Energiesektor angehörendes, sondern ein in Planung und Ausführung tätiges Unternehmen, das auf den Bau und die Wartung fester und beweglicher Meeresanlagen spezialisiert sei. Zweitens sei sie ein Unternehmen, das seit 2010 vollständig privatisiert sei. Die finanzielle Unterstützung, die sie der iranischen Regierung bereitstelle, beschränke sich, wie die jedes anderen Unternehmens, auf die Zahlung ihrer Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Nach den EU-Rechtsvorschriften dürfe ein Unternehmen nicht bloß deswegen mit Sanktionen belegt werden, weil es seinen Rechtspflichten nachkomme. Drittens habe der Rat keinen Beweis erbracht, aus dem sich ergeben hätte, dass sie die iranische Regierung logistisch unterstütze.

41

Was das erste Argument betrifft, ist es richtig, dass die Klägerin Energieprodukte wie Öl oder Gas weder verkauft noch auf den Markt bringt. Allerdings sind ihre Tätigkeiten im Bereich der Planung, des Baus und der Wartung für die Gewinnung dieser Ressourcen unerlässlich. Es ergibt sich nämlich sowohl aus der Webseite, von der Auszüge im Anhang zur Klageschrift vorgelegt werden, als auch aus der Satzung der Klägerin und insbesondere deren Art. 2, dass ihr Spezialgebiet die Förderung und den Transport von Öl und Gas betrifft, u. a. durch den Bau von Meeresplattformen sowie von Gas- und Ölleitungen. In diesen Auszügen wird nicht nur erwähnt, dass die Klägerin die führende iranische Generalauftragnehmerin für die Herstellung und Verlegung von Meeresanlagen für die iranische Gas- und Ölindustrie ist und diese See- und Landdienste auch auf internationaler Ebene anbietet, sondern es werden darin auch zahlreiche Beispiele für Vorhaben, wie etwa die Erschließung des South Pars Erdgasfelds, angeführt.

42

Daher ist das erste Argument, dem zufolge die Klägerin keine „wichtige Einrichtung im Energiesektor“ sei, wie der Rat in der Begründung der angefochtenen Rechtsakte ausführt, zurückzuweisen.

43

Was das zweite Argument angeht, das sich auf die finanzielle Unterstützung der iranischen Regierung bezieht, ist zunächst daran zu erinnern, dass dieses Tatbestandsmerkmal nicht jede Form der Unterstützung der iranischen Regierung erfasst, sondern nur diejenigen Formen der Unterstützung, die aufgrund ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung zur Fortführung der iranischen Nukleartätigkeiten beitragen.

44

Eine solche Unterstützung kann u. a. aus Kapitalverflechtungen folgen, die ein Unternehmen mit dem iranischen Staat verbinden, so dass dieser letztlich in den Genuss von Dividenden und Kapitalerträgen kommt, die aus der von diesem Unternehmen ausgeübten Tätigkeit stammen.

45

Sodann ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass es im Streitfall Sache der zuständigen Unionsbehörde ist, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person vorliegenden Gründe nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den negativen Nachweis zu erbringen, dass diese Gründe nicht stichhaltig sind (Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, Slg, EU:C:2013:518, Rn. 121).

46

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte nur anhand der Sach- und Rechtslage beurteilt werden kann, auf deren Grundlage sie erlassen wurden, und nicht anhand von Umständen, die dem Rat nach Erlass dieser Rechtsakte zur Kenntnis gebracht worden sind, und zwar auch dann, wenn die genannten Umstände nach Auffassung des Rates den Erlass der betreffenden Rechtsakte wirksam begründen konnten. Das Gericht kann sich nämlich nicht der Anregung des Rates anschließen, letztlich die Gründe auszutauschen, auf die diese Rechtsakte gestützt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2012, Oil Turbo Compressor/Rat, T‑63/12, Slg, EU:T:2012:579, Rn. 29).

47

Im vorliegenden Fall räumt der Rat ein, dass der iranische Staat in dem Zeitpunkt, in dem er den Namen der Klägerin in die streitigen Listen aufgenommen habe, nicht mehr deren einziger Aktionär gewesen sei. Er macht jedoch geltend, dass die Klägerin die Beweise über die konkrete Zusammensetzung ihres Aktienbesitzes erst im Stadium der Erwiderung erbracht habe. Aus diesen verspätet eingegangenen Informationen ergebe sich, dass 51 % der Aktien der Klägerin im Besitz der Oil Pension Fund Investment Company stünden, die ebenfalls eine Einrichtung sei, deren Name in die streitigen Listen aufgenommen worden sei, weil sie die iranische Regierung finanziell unterstütze. Der Rat ist daher der Ansicht, dass die Klägerin von einer halbstaatlichen Einrichtung kontrolliert werde, die letztlich von der iranischen Regierung kontrolliert werde, was die Klägerin in Abrede stellt.

48

Vor dem Hintergrund der oben in Rn. 46 angeführten Rechtsprechung ist festzuhalten, dass der Argumentation des Rates nicht gefolgt werden kann.

49

Aus der schwankenden Begründung des Rates ergibt sich nämlich, dass er keine konkrete Vorstellung von der Zusammensetzung des Aktienbesitzes der Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte hatte und dass er im Wesentlichen das Gericht darum ersucht, die ursprüngliche Begründung der angefochtenen Rechtsakte durch die Begründung in seiner Gegenerwiderung zu ersetzen.

50

Der Rat hat also rechtlich nicht hinreichend begründet, dass die Klägerin erhebliche Einnahmen für die iranische Regierung erwirtschafte.

51

Da aber in der Begründung der angefochtenen Rechtsakte nicht nur die finanzielle Unterstützung der iranischen Regierung, sondern auch ihre logistische Unterstützung als Grund angeführt wird, ist noch dieser letztgenannte Grund zu prüfen. Zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen werden, hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass, wenn der Unionsrichter zu der Auffassung gelangt, dass zumindest einer der angeführten Gründe hinreichend präzise und konkret ist, dass er nachgewiesen ist und dass er für sich genommen eine hinreichende Grundlage für diese Entscheidung darstellt, in Anbetracht des präventiven Charakters der genannten Maßnahmen der Umstand, dass dies auf andere von ihnen nicht zutrifft, die Nichtigerklärung der Entscheidung nicht rechtfertigen kann (Urteil vom 28. November 2013, Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, Slg, EU:C:2013:776, Rn. 72).

52

Zum dritten Argument macht die Klägerin geltend, dass sie kein Unternehmen sei, das sich der Logistik widme, so dass ihr nicht vorgeworfen werden könne, die iranische Regierung logistisch zu unterstützen.

53

Hierzu ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin festzuhalten, dass sich die in Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 und in Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 enthaltene Definition des Begriffs „Logistik“ nicht auf Tätigkeiten der Beförderung von Waren oder Personen beschränkt. Dieser Begriff wird nämlich für gewöhnlich dahin verstanden, dass er jede Tätigkeit einschließt, die mit der Planung und der Ausführung eines Vorhabens oder eines komplexen Prozesses in Zusammenhang steht. „Logistik“ ist daher ein Querschnittsbegriff, der unterschiedliche Arten von Operationen wie die Bereitstellung von Rohstoffen, die Materialverwaltung, die Lieferung von Waren und deren Handhabung umfassen kann. Daher ist als logistische Unterstützung im Sinne der genannten Bestimmungen jede Tätigkeit zu verstehen, die, auch wenn sie keine unmittelbare oder mittelbare Verbindung zur nuklearen Proliferation aufweist, aufgrund ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung jedoch geeignet ist, diese zu begünstigen, indem sie der iranischen Regierung ermöglicht, ganz bestimmte logistische Bedürfnisse zu decken, wie im vorliegenden Fall im Öl- und Gassektor, der für diese Regierung erhebliche Einnahmen erwirtschaftet.

54

Die Tätigkeiten der Klägerin, die sich als führende iranische Auftragnehmerin im Bereich des Baus und der Einrichtung von Meeresanlagen darstellt, im Bereich der Planung, des Baus und der Wartung sind, wie bereits oben festgestellt wurde, für das ordnungsgemäße Funktionieren der iranischen Gas- und Ölindustrie unerlässlich. Ohne die Bohrplattformen sowie die Einrichtungen zur Förderung und Beförderung, insbesondere die Gas- und Ölleitungen, könnte diese Industrie nicht funktionieren. Die Anlagen und Werke der Klägerin sind daher infolge ihrer qualitativen und quantitativen Bedeutung notwendig, um den Bedürfnissen des Öl- und Gassektors in Iran, der von der iranischen Regierung im Wege verschiedener staatlicher Unternehmen kontrolliert wird, zu entsprechen. Eine solche logistische Unterstützung, wie sie die Klägerin für diese Regierung bereitstellt, erfüllt folglich den in Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 und in Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 enthaltenen Tatbestand, weil Iran gemäß dem 22. Erwägungsgrund des Beschlusses 2010/413 und dem achten Erwägungsgrund des Beschlusses 2012/35 erhebliche Einnahmen aus seinem Energiesektor bezieht, die ihm die Finanzierung seiner proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten ermöglichen.

55

Der Rat hat daher keinen Beurteilungsfehler begangen, als er den Namen der Klägerin mit der Begründung, dass sie für die iranische Regierung logistische Unterstützung bereitstelle, in die streitigen Listen aufgenommen hat.

56

Daher ist auch das Vorbringen der Klägerin, wonach der Rat sein Ermessen missbraucht und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen habe, zurückzuweisen. Dieses Vorbringen beruht nämlich im Wesentlichen darauf, dass kein Grund für das Einfrieren von Geldern der Klägerin bestanden habe. Wie oben in Rn. 55 ausgeführt wurde, hat der Rat, als er den Namen der Klägerin mit der Begründung, dass sie die die iranische Regierung logistisch unterstütze, in die streitigen Listen aufgenommen hat, das in Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2012/635 geänderten Fassung (vgl. oben, Rn. 13) und in Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 (vgl. oben, Rn. 14) enthaltene Aufnahmekriterium richtig angewandt.

57

Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Eigentumsrecht und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

[nicht wiedergegeben]

67

Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

Kosten

68

Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit allen ihren Klageanträgen unterlegen ist, ist sie entsprechend dem Antrag des Rates zur Tragung der Kosten des vorliegenden Rechtszugs zu verurteilen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Siebte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Iranian Offshore Engineering & Construction Co. trägt ihre eigenen Kosten sowie jene des Rates der Europäischen Union.

 

Van der Woude

Wiszniewska-Białecka

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Juni 2015.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.