17.6.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 159/88


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

vom 30. Mai 2011

über einen finanziellen Beistand der Union für Portugal

(2011/344/EU)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (1), insbesondere auf Artikel 3 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Portugal ist an den Finanzmärkten in jüngster Zeit zunehmend unter Druck geraten, was zu wachsenden Zweifeln an der langfristigen Tragfähigkeit seiner öffentlichen Finanzen geführt hat. Tatsächlich hat sich die aktuelle Krise auch auf die öffentlichen Finanzen dramatisch ausgewirkt und letztendlich einen drastischen Anstieg der Aufschläge auf portugiesische Staatsanleihen herbeigeführt. Da portugiesische Staatsanleihen mehrfach in Folge von den Ratingagenturen herabgestuft wurden, konnte das Land sich nicht mehr zu Sätzen refinanzieren, die mit langfristig tragfähigen Finanzen zu vereinbaren wären. Gleichzeitig sah sich der Bankensektor, der, insbesondere im Euro-Währungsgebiet, in hohem Maße von Außenfinanzierung abhängt, zunehmend von den Finanzierungsmöglichkeiten der Märkte abgeschnitten.

(2)

Angesichts dieser gravierenden wirtschaftlichen und finanziellen Störung, die durch außergewöhnliche Umstände, die sich der Kontrolle der Regierung entziehen, bedingt sind, hat Portugal am 7. April 2011 offiziell um finanziellen Beistand durch die Europäische Union, die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und den Internationalen Währungsfonds („IWF“) ersucht, um damit ein politisches Programm zu stützen, das das Vertrauen wiederherstellen, die Rückkehr der Wirtschaft zu einem nachhaltigen Wachstum ermöglichen und die Finanzstabilität in Portugal, dem Euro-Währungsgebiet und der Union erhalten soll. Am 3. Mai 2011 wurde zwischen der Regierung und der gemeinsamen Abordnung von Kommission, IWF und EZB eine Einigung über ein umfassendes bis Mitte 2014 reichendes Dreijahresprogramm erzielt, das in einem Memorandum zur Wirtschafts- und Finanzpolitik (Memorandum of Economic and Financial Policies — „MEFP“) und einer Vereinbarung über spezifische wirtschaftspolitische Auflagen (Memorandum of Understanding on Specific Economic Policy Conditionality — „MoU“) niedergelegt werden soll. Das Programm wird von den beiden größten Oppositionsparteien unterstützt.

(3)

Dieses wirtschaftliche und finanzielle Sanierungsprogramm („das Programm“), das Portugal der Kommission und dem Rat im Entwurf vorgelegt hat, soll das Vertrauen in den Staatsanleihe- und den Bankensektor wiederherstellen sowie Wachstum und Beschäftigung fördern. Es sieht umfassende Maßnahmen an drei Fronten vor: Erstens tiefgreifende vorgelagerte Strukturreformen, die (u. a. durch eine Abwertung über die Finanzpolitik) das Potenzialwachstum erhöhen, Arbeitsplätze schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern sollen. Das Programm sieht insbesondere Reformen am Arbeitsmarkt, beim Gerichtswesen, bei den Netzindustrien sowie im Wohnungs- und Dienstleistungssektor vor, die das Wachstumspotenzial der Wirtschaft stärken, die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und die wirtschaftliche Anpassung erleichtern sollen. Zweitens eine glaubwürdige und ausgewogene Haushaltskonsolidierungsstrategie, die durch finanzpolitische Strukturmaßnahmen und eine bessere Finanzkontrolle öffentlich-privater Partnerschaften („ÖPPs“) und staatseigener Unternehmen unterstützt wird und darauf abzielt, die Bruttoschuldenquote mittelfristig auf einen deutlichen Abwärtspfad zu führen. Die Behörden haben sich dazu verpflichtet, das Defizit bis 2013 auf 3 % des BIP abzusenken. Drittens, eine finanzpolitische Strategie, die auf Rekapitalisierung und Abbau des Fremdkapitalanteils basiert, gemeinsam mit Bemühungen, den Finanzsektor durch marktgestützte Mechanismen, die von Reserven gestützt werden, vor einem ungeordneten Abbau des Fremdkapitalanteils zu schützen.

(4)

Den aktuellen Kommissionsprojektionen für das nominale BIP-Wachstum zufolge (-1,2 % im Jahr 2011, -0,5 % im Jahr 2012, 2,5 % im Jahr 2013 und 3,9 % im Jahr 2014) stehen die haushaltspolitischen Ziele mit dem Pfad für die Entwicklung der Schuldenquote in Einklang (nämlich 101,7 % des BIP im Jahr 2011, 107,4 % des BIP im Jahr 2012, 108,6 % des BIP im Jahr 2013 und 107,6 % des BIP im Jahr 2014). Demnach würde der Anstieg der Schuldenquote 2013 gestoppt und unter der Annahme weiterer Fortschritte beim Defizitabbau im Anschluss daran auf einen rückläufigen Pfad geführt. Die Entwicklung der Schuldenquote wird durch mehrere unter dem Strich erfasste Transaktionen beeinflusst, die die Schuldenquote den Projektionen zufolge 2011 um 1¾ BIP-Prozentpunkte und im Zeitraum 2012 bis 2014 um ¾ Prozentpunkte jährlich erhöhen werden. Dazu zählen die Übernahme von Finanzaktiva in erheblichem Umfang, insbesondere für die mögliche Rekapitalisierung von Banken und Finanzierung staatseigener Unternehmen von ½ % des BIP jährlich im Zeitraum 2011 bis 2014. Auf der anderen Seite werden Privatisierungserlöse von insgesamt etwa 3 % des BIP bis zum Jahr 2013 die Bemühungen um Schuldenabbau unterstützen.

(5)

Die Kommission ist im Benehmen mit der Europäischen Zentralbank („EZB“) und dem IWF zu der Einschätzung gelangt, dass Portugal von Juni 2011 bis Mitte 2014 Finanzmittel in Höhe von insgesamt 78 Mrd. (78 000 Mio.) EUR benötigt. Trotz der erheblichen Haushaltsanpassung könnte die Finanzierungslücke bei den öffentlichen Finanzen im Programmzeitraum 63 Mrd. EUR betragen. Dabei wird angenommen, dass bis zur ersten Jahreshälfte 2013 kein Zugang zum Kapitalmarket für mittel- und langfristige Verbindlichkeiten besteht. Es wird angenommen, dass Portugal einen Teil seines aktuellen Bestands an kurzfristigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit verlängern kann; gleichzeitig sieht das Programm für den Fall einer unerwarteten Abweichung vom Basisfinanzierungsszenario der Kommission eine Finanzierungsreserve vor. Portugal wird ermutigt, seine Geschäfte am Finanzmarkt weiterzuführen und anzupassen, um dadurch seinen Zugang zum Markt sowie Vertrauen zu fördern. Um das Vertrauen in das portugiesische Bankensystem auf Dauer wiederherzustellen, sollen Bankengruppen der im Programm enthaltenen Strategie für den Finanzsektor zufolge dazu verpflichtet werden, ihre Kernkapitalquote (Eigenkapital der Klasse 1) bis Ende 2011 auf 9 % und bis Ende 2012 auf 10 % anzuheben und es danach auf diesem Niveau zu halten. Für den Fall, dass keine marktgestützte Lösung gefunden wird, sieht das Programm eine Regelung zur Bankenstützung vor, in deren Rahmen Kapital im Umfang von maximal 12 Mrd. EUR bereitgestellt werden kann. Der tatsächliche Kapitalbedarf könnte jedoch wesentlich niedriger ausfallen, vor allem für den Fall, dass sich die Marktkonditionen erheblich verbessern und im Programmzeitraum keine gravierenden unerwarteten Bankenverluste eintreten.

(6)

Das Programm würde aus Beiträgen von externen Quellen finanziert. Der Beistand der Union für Portugal würde bis zu 52 Mrd. EUR erreichen und sich aus Mitteln des durch die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 geschaffenen Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus („EFSM“) und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zusammensetzen. Zusätzlich hat Portugal im Rahmen einer erweiterten Fondsfazilität beim IWF ein Darlehen über 23,742 Mrd. SZR (dies entspricht 26 Mrd. EUR zum Wechselkurs vom 5. Mai 2011) beantragt. Die Konditionen des Beistands aus dem EFSM müssen die gleichen sein wie beim IWF. Der finanzielle Beistand der Union sollte von der Kommission verwaltet werden.

(7)

Der Rat sollte die Wirtschaftspolitik Portugals in regelmäßigen Abständen überprüfen.

(8)

Die mit Portugal vereinbarten spezifischen wirtschaftspolitischen Auflagen sollten in einem Memorandum of Understanding (Memorandum of Understanding on Specific Economic Policy Conditionality — „Memorandum of Understanding“) niedergelegt werden. Die genauen finanziellen Konditionen sollten in einer Darlehensrahmenvereinbarung niedergelegt werden.

(9)

Die Kommission sollte sich gemeinsam mit der EZB vor Ort und durch regelmäßige Berichterstattung der portugiesischen Behörden regelmäßig vergewissern, dass die an den Beistand geknüpften wirtschaftspolitischen Auflagen erfüllt werden.

(10)

Die Kommission sollte Portugal im gesamten Verlauf der Programmumsetzung mit weiteren Politikempfehlungen und technischer Hilfe in bestimmten Bereichen zur Seite stehen.

(11)

Die Transaktionen, zu deren Finanzierung die Union mit ihrem Beistand beiträgt, müssen mit den Politiken der Union vereinbar sein und mit ihren Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Interventionen zur Stützung von Finanzinstituten müssen den Wettbewerbsvorschriften der Union entsprechen.

(12)

Der Beistand sollte darauf abzielen, die erfolgreiche Umsetzung des Programms zu unterstützen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Union gewährt Portugal ein Darlehen über maximal 26 Mrd. EUR mit einer durchschnittlichen Laufzeit von höchstens 7,5 Jahren.

(2)   Der finanzielle Beistand steht ab dem ersten Tag nach Inkrafttreten dieses Beschlusses drei Jahre lang zur Verfügung.

(3)   Der finanzielle Beistand der Europäischen Union wird Portugal von der Kommission in maximal vierzehn Tranchen zur Verfügung gestellt. Eine Tranche kann auf einmal oder in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt werden. Die Teilbeträge der ersten Tranche können längere Laufzeiten haben als die in Absatz 1 genannte durchschnittliche Höchstlaufzeit. In solchen Fällen werden die Laufzeiten der weiteren Teilbeträge so festgelegt, dass nach Auszahlung sämtlicher Tranchen die in Absatz 1 genannte durchschnittliche Höchstlaufzeit erreicht ist.

(4)   Die erste Tranche wird vorbehaltlich des Inkrafttretens der Darlehensvereinbarung und des Memorandum of Understanding freigegeben. Alle weiteren Auszahlungen hängen davon ab, ob die Kommission in Konsultation mit der EZB bei ihrer Überprüfung zu der Einschätzung gelangt, dass Portugal die in diesem Beschluss und im Memorandum of Understanding festgelegten allgemeinen wirtschaftspolitischen Auflagen erfüllt.

(5)   Portugal kommt für die Kosten auf, die der Union durch die Finanzierung jeder einzelnen Tranche entstehen, zuzüglich eines Aufschlags von 215 Basispunkten, wodurch die gleichen Konditionen wie bei der IWF-Hilfe gegeben sind.

(6)   Auch die in Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 genannten Kosten werden von Portugal getragen.

(7)   Ein vorsichtiger Rückgriff auf Zinsswaps mit Gegenparteien höchster Bonität und auf fortgeschrittene Anleihetechniken ist zulässig, wenn dies zur Finanzierung des Darlehens erforderlich ist.

(8)   Die Kommission entscheidet über die Freigabe weiterer Tranchen und deren Höhe. Die Kommission entscheidet über die Höhe der einzelnen Teilbeträge.

Artikel 2

(1)   Der Beistand wird von der Kommission in einer Weise verwaltet, die mit den Verpflichtungen Portugals in Einklang steht.

(2)   In Konsultation mit der EZB vereinbart die Kommission mit den portugiesischen Behörden die an den finanziellen Beistand geknüpften, in Artikel 3 genannten spezifischen wirtschaftspolitischen Auflagen. Diese Auflagen werden im Einklang mit den in Absatz 1 genannten Verpflichtungen in einem Memorandum of Understanding niedergelegt, das von der Kommission und den portugiesischen Behörden zu unterzeichnen ist. Die genauen finanziellen Konditionen werden in einer mit der Kommission zu schließenden Darlehensrahmenvereinbarung niedergelegt.

(3)   Die Kommission vergewissert sich gemeinsam mit der EZB in regelmäßigen Abständen (wenigstens vierteljährlich), dass die an den Beistand geknüpften wirtschaftspolitischen Auflagen erfüllt werden und erstattet dem Wirtschafts- und Finanzausschuss vor Auszahlung jeder Tranche Bericht. Zu diesem Zweck arbeiten die portugiesischen Behörden uneingeschränkt mit der Kommission und der EZB zusammen und stellen diesen alle notwendigen Informationen zur Verfügung. Die Kommission hält den Wirtschafts- und Finanzausschuss über etwaige Refinanzierungen der Anleihen oder Neustrukturierungen der finanziellen Konditionen auf dem Laufenden.

(4)   Portugal beschließt zusätzliche Konsolidierungsmaßnahmen zur Sicherung der Makrofinanzstabilität und setzt diese um, sollte sich dies während der Laufzeit des Programms des finanziellen Beistands als notwendig erweisen. Die portugiesischen Behörden konsultieren die Kommission und die EZB, bevor sie solche zusätzlichen Maßnahmen beschließen.

Artikel 3

(1)   Der Entwurf des von den portugiesischen Behörden erstellten wirtschaftlichen und finanziellen Sanierungsprogramms („das Programm“) wird hiermit genehmigt.

(2)   Nach Auszahlung der ersten Tranche werden alle weiteren Tranchen nur bei zufrieden stellender Umsetzung des Programms und insbesondere bei Einhaltung der im Memorandum of Understanding niedergelegten spezifischen wirtschaftspolitischen Auflagen ausgezahlt. Dazu zählen u. a. die in den Absätzen 4 bis 8 vorgesehenen Maßnahmen.

(3)   Das gesamtstaatliche Defizit darf den Vorgaben des übermäßigen Defizitverfahrens entsprechend 2011 nicht über 10 068 Mio. EUR (d. h. 5,9 % des BIP nach aktuellen Projektionen), 2012 nicht über 7 645 Mio. EUR (4,5 % des BIP) und 2013 nicht über 5 224 Mio. EUR (3,0 % des BIP) hinausgehen. Die Kosten, die die Stützung von Banken im Rahmen der Strategie der Regierung für den Finanzsektor möglicherweise für den Haushalt verursacht, werden nicht in die Berechnung dieses Defizits einbezogen. Die Konsolidierung soll durch dauerhafte Maßnahmen hoher Qualität unter Minimierung der Auswirkungen auf schutzbedürftige Gruppen erreicht werden.

(4)   Portugal erlässt die in den Absätzen 5 bis 8 genannten Maßnahmen vor Ablauf des jeweils angegebenen Jahres, wobei die genauen Fristen für die Jahre 2011-2014 im Memorandum of Understanding niedergelegt sind. Bei einer Abweichung von den Zielvorgaben ist Portugal zur Einleitung zusätzlicher Konsolidierungsmaßnahmen bereit, um das Defizit bis 2013 auf unter 3 % des BIP abzusenken.

(5)   Portugal trifft in Übereinstimmung mit den Spezifikationen des Memorandum of Understanding bis Ende 2011 folgende Maßnahmen:

a)

Portugal setzt die im Haushaltsplan 2011 vorgesehenen Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen im Umfang von rund 9 Mrd. EUR sowie die vor Mai 2011 eingeführten zusätzlichen Maßnahmen im Umfang von über 400 Mio. EUR vollständig um. Zweck dieser Maßnahmen ist der Abbau des gesamtstaatlichen Defizits innerhalb des in Absatz 3 genannten Zeitrahmens. Die im Haushaltsplan 2011 vorgesehenen einnahmenseitigen Maßnahmen im Umfang von 3,4 Mrd. EUR werden durch eine Erhöhung des Sozialbeitragsaufkommens im Wege strengerer Kontrollen und der Einführung einer Abgabenpflicht für Auszubildende vervollständigt. Zusätzlich zu den im Haushaltsplan 2011 vorgesehenen ausgabenseitigen Maßnahmen werden weitere Maßnahmen getroffen, die unter anderem Einsparungen im Gesundheitswesen, einen Abbau der Subventionen für staatseigene Unternehmen und eine Senkung der Sozialtransfers umfassen.

b)

Portugal erlässt Maßnahmen zur Stärkung einer glaubwürdigen Haushaltsstrategie und zur Verbesserung des Haushaltsrahmens. Portugal setzt die im neuen Haushaltsrahmengesetz vorgesehenen Maßnahmen, einschließlich Ausarbeitung eines mittelfristigen Haushaltsrahmens, vollständig um, unterzieht die Haushaltsstrategie einer gründlichen Analyse und richtet einen unabhängigen Finanzrat ein. Die Finanzierungsrahmen auf kommunaler und regionaler Ebene werden an das neue Haushaltsrahmengesetz angepasst. Portugal verbessert die Finanzberichterstattung und verstärkt die Überwachung der öffentlichen Finanzen, insbesondere auch in Bezug auf Zahlungsrückstände. Als Teil des Haushaltsprozesses beginnt Portugal, eine systematische und regelmäßige Analyse der Haushaltsrisiken vorzunehmen, einschließlich der Risiken im Zusammenhang mit öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) und staatseigenen Unternehmen.

c)

Portugal verabschiedet ein erstes Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Funktionsweise des Arbeitsmarktes durch die Begrenzung von Abfindungen und durch Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen.

d)

Im Energiesektor trifft Portugal Maßnahmen zur Erleichterung des Markteintritts, zur Förderung des Aufbaus des iberischen Gasmarktes und zur Überprüfung der Förder- und Vergütungsregelungen im Bereich der Stromerzeugung. Was die anderen Netzindustrien, insbesondere Verkehr, Telekommunikation und Postdienste, anbelangt, erlässt Portugal zusätzliche Maßnahmen zur Förderung von Wettbewerb und Flexibilität.

e)

Portugal bringt unverzüglich Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs und der Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft auf den Weg. Dies beinhaltet die Abschaffung staatlicher Sonderrechte in Unternehmen, eine Überprüfung der Effektivität des Wettbewerbsrechts, eine Lockerung der Anforderungen an Niederlassung und Ausübung grenzüberschreitender Tätigkeiten im Dienstleistungssektor.

f)

Portugal sorgt für eine Verbesserung der Praktiken und Vorschriften im öffentlichen Auftragswesen im Sinne der Schaffung eines stärker wettbewerbsorientierten Unternehmensumfelds und einer Erhöhung der Effizienz der öffentlichen Ausgaben.

(6)   Portugal trifft in Übereinstimmung mit den Spezifikationen des Memorandum of Understanding im Laufe des Jahres 2012 folgende Maßnahmen:

a)

Im Rahmen des Haushaltsplans 2012 wird eine haushaltsneutrale Neuausrichtung des Steuersystems zur Senkung der Arbeitskosten und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit vorgenommen.

b)

Im Haushaltsplan 2012 werden Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen im Umfang von mindestens 5,1 Mrd. EUR vorgesehen, die auf einen Abbau des gesamtstaatlichen Defizits innerhalb des in Artikel 3 Absatz 3 genannten Zeitrahmens abzielen.

c)

Im Haushaltsplan 2012 werden Ausgabenkürzungen in Höhe von mindestens 3,5 Mrd. EUR vorgesehen, unter anderem: eine umfassende Reorganisation der Zentralverwaltung mit dem Ziel der Vermeidung von Doppelarbeit und anderen Ineffizienzen, Kürzungen im Bildungs- und im Gesundheitsweisen, Kürzungen bei den Transferzahlungen an Regional- und Kommunalverwaltungen, ein Abbau der Beschäftigung im öffentlichen Sektor, Rentenanpassungen, Kürzungen bei den Investitionsausgaben sowie bei anderen im Programm genannten Ausgaben.

d)

Auf der Einnahmenseite wird der Haushaltsplan einnahmensteigernde Maßnahmen im Umfang von insgesamt etwa 1,5 Mrd. EUR während eines vollen Jahres vorsehen, unter anderem: eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für Körperschafts- und Einkommensteuer durch den Abbau steuerlicher Abzugsmöglichkeiten und Sonderregelungen, die Gewährleistung der Konvergenz der für Renten und Arbeitseinkommen geltenden steuerlichen Abzugsmöglichkeiten, Änderungen bei der Vermögensbesteuerung durch Abschaffung eines Großteils der Ausnahmeregelungen, Verbreiterung der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage durch Abschaffung von Ausnahmeregelungen und Überarbeitung der Listen der Waren und Dienstleistungen, für die ermäßigte, mittlere und höhere MwSt.-Sätze gelten sowie eine Erhöhung der Verbrauchsteuern. Diese Maßnahmen werden ergänzt durch Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und Schattenwirtschaft.

e)

Portugal stärkt den rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Bewertung von Haushaltsrisiken im Vorfeld des Abschlusses von Vereinbarungen über ÖPPs. Des Weiteren erlässt Portugal ein Gesetz zur Regelung der Gründung und der Tätigkeit staatseigener Unternehmen auf zentraler, regionaler und kommunaler Ebene. Portugal schließt keine neuen Vereinbarungen über ÖPPs und gründet keine staatseigenen Unternehmen, solange die notwendigen Überprüfungen nicht abgeschlossen sind und die neue rechtliche Struktur nicht geschaffen wurde.

f)

Die Lokalverwaltung in Portugal umfasst derzeit 308 Kommunen und 4 259 Gemeinden. Portugal entwickelt einen Konsolidierungsplan, um diese Einheiten zu reorganisieren und und ihre Anzahl erheblich zu reduzieren. Diese Änderungen werden spätestens zum Beginn der nächsten Runde der Lokalwahlen wirksam werden.

g)

Portugal modernisiert die Steuerverwaltung durch Schaffung einer zentralen Stelle, Verringerung der Zahl der kommunalen Behörden und Behebung der nach wie vor bestehenden Engpässe innerhalb des Rechtsbehelfssystems im Steuerbereich.

h)

Portugal erlässt Rechtsvorschriften zur Reformierung der Arbeitslosenversicherung, unter anderem zur Verkürzung der maximalen Leistungsbezugsdauer auf 18 Monate, zur Festsetzung einer Leistungsobergrenze in Höhe des 2,5-fachen des Sozialhilfeindexes, zur Senkung der Arbeitslosenunterstützung während der Dauer der Arbeitslosigkeit, zur Verkürzung der Mindestbeitragszeiten und zur Ausweitung der Arbeitslosenversicherung auf bestimmte Kategorien von Selbständigen. Nach Überprüfung der derzeitigen Praxis und Festlegung eines Aktionsplans werden die Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik ausgebaut.

i)

Die Abfindungsregelungen werden anhand der Spezifikationen des Memorandum of Understanding mit der in anderen Mitgliedstaaten der Union üblichen Praxis in Einklang gebracht.

j)

In Übereinstimmung mit dem Memorandum of Understanding werden die Regelungen zur Überstundenvergütung gelockert und die Arbeitszeitregelungen flexibler gestaltet.

k)

Portugal fördert eine Lohnentwicklung, die — mit Blick auf die Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte — den Zielen der Beschäftigungsförderung und der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen entspricht. Eine Anhebung der Mindestlöhne findet nur statt, wenn dies durch wirtschaftliche Entwicklungen und Arbeitsmarktentwicklungen gerechtfertigt ist. Es werden Maßnahmen getroffen, um Unzulänglichkeiten bei den derzeitigen Lohnverhandlungsmechanismen zu beheben, einschließlich Rechtsetzungsmaßnahmen zur Neufestlegung der Kriterien und Modalitäten für die Ausweitung von Tarifverträgen und zur Erleichterung von Betriebsvereinbarungen.

l)

Es wird ein Aktionsplan zur Verbesserung der Qualität von Sekundarschulausbildung und beruflicher Bildung ausgearbeitet.

m)

Die Funktionsweise des Gerichtswesens wird verbessert, indem die im Fahrplan für die Justizreform vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt, Bearbeitungsrückstände überprüft und abgearbeitet sowie gezielte Maßnahmen zum Abbau des Verfahrensrückstaus und zur Förderung alternativer Streitbeilegungsmechanismen getroffen werden.

n)

Der wettbewerbsrechtliche Rahmen wird verbessert, indem die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden gestärkt und deren Ressourcen aufgestockt werden. Die Erbringung fachlicher Dienstleistungen wird durch Verbesserung des Rahmens für die berufliche Qualifizierung und durch Aufhebung von Beschränkungen im Bereich der reglementierten Berufe liberalisiert.

o)

Regulierte Tarife auf den Endkundenstrom- und Gasmärkten werden abgeschafft.

(7)   Portugal trifft in Übereinstimmung mit den Spezifikationen des Memorandum of Understanding im Laufe des Jahres 2013 folgende Maßnahmen:

a)

Im Haushaltsplan 2013 werden Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen im Umfang von mindestens 3,2 Mrd. EUR vorgesehen, die auf einen Abbau des gesamtstaatlichen Defizits innerhalb des in Artikel 3 Absatz 3 genannten Zeitrahmens abzielen. Insbesondere wird der Haushaltsplan im Jahr 2013 auf der Ausgabenseite Kürzungen im Umfang von mindestens 2,5 Mrd. EUR enthalten, darunter: Ausgabenkürzungen in Zentralverwaltung, Bildungswesen und Gesundheitswesen, sowie bei den Transferzahlungen an Kommunal- und Regionalverwaltungen, der Abbau der Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Sektor und eine Kostensenkung in staatseigenen Unternehmen.

b)

Der Haushaltsplan wird einnahmenseitige Maßnahmen vorsehen, darunter insbesondere eine weitere Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für Körperschafts- und Einkommensteuer, eine Erhöhung der Verbrauchsteuern und Änderungen bei der Vermögensbesteuerung, wodurch zusätzliche Einnahmen in Höhe von etwa 0,8 Mrd. EUR erzielt werden dürften. Portugal sorgt für eine Verbesserung des Unternehmensumfelds durch Bürokratieabbau und Ausweitung der Reformen zur Verwaltungsvereinfachung auf alle Sektoren (einheitliche Ansprechpartner und genehmigungsfreie Projekte), Lockerung der für KMU geltenden Kreditbeschränkungen, unter anderem durch Umsetzung der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (2).

c)

Portugal arbeitet den Verfahrensrückstau der Gerichte vollständig auf.

(8)   Um das Vertrauen in den Finanzsektor wiederherzustellen, wird Portugal das Bankensystem angemessen rekapitalisieren, dessen Fremdkapitalanteil in geordneter Weise abbauen und den Fall der Banco Português de Negócios zum Abschluss bringen. Zur Wahrung der Finanzstabilität entwickelt Portugal eine mit der Kommission, der EZB und dem IWF abzustimmende Strategie für die zukünftige Struktur und die Arbeitsweise der portugiesischen Bankengruppen. Insbesondere wird Portugal in Übereinstimmung mit im Memorandum of Understanding für die Jahren 2011 bis 2014 genau festgelegten Fristen:

a)

Gesetzesänderungen vornehmen, um die Ausgabe staatlich garantierter Bankanleihen in angemessener Höhe im Einklang mit dem Memorandum of Understanding zu erleichtern;

b)

bis Ende Mai 2011 die erforderlichen regulatorischen Anforderungen zur Erhöhung der Mindestkernkapitalquote (Eigenkapital der Klasse 1) auf 9 % bis Ende 2011 und auf 10 % bis Ende 2012 (dieses Niveau ist nachfolgend aufrechtzuerhalten) erlassen;

c)

gewährleisten, dass die Banken bis Ende Juni 2011 institutspezifische mittelfristige Finanzierungspläne ausarbeiten, um eine stabile, marktbasierte Finanzierunglage in Übereinstimmung mit den von der Bank of Portugal und der EZB errichteten, periodischen Zielvorgaben für die Fremdkapitalquote zu erreichen. Die Bank of Portugal und die EZB werden die Machbarkeit dieser Finanzierungspläne und deren Auswirkungen auf die Fremdkapitalquote in Konsultation mit der Kommission und Mitarbeitern des IWF vierteljährlich überprüfen;

d)

klare periodische Zielvorgaben für die Fremdkapitalquote für Banken festlegen und im Jahr 2011 den Rahmen für die Bewertung von Solvenz und Fremdkapitalabbau weiterentwickeln;

e)

die staatseigene Caixa Geral de Depósitos rationalisieren, um die Eigenkapitaldecke für deren Bankkerngeschäft dem Bedarf entsprechend zu erhöhen, sowie das Verfahren zur Veräußerung der Banco Português de Negócios beschleunigen; zu diesem Zweck wird Portugal der Kommission einen neuen Plan zur beihilferechtlichen Genehmigung vorlegen;

f)

bis Ende 2011 die Rechtsvorschriften für ein frühes Eingreifen und die geordnete Abwicklung von Banken sowie für den Einlagensicherungsfonds und den Garantiefonds für landwirtschaftliche Kreditgenossenschaften mit dem Ziel ändern, Anleger zu schützen und Umstrukturierungen zu erleichtern. Diese Fonds sollten insbesondere weiterhin in der Lage sein, die Abwicklung eines in Schwierigkeiten befindlichen Kreditinstituts zu finanzieren, ohne diese jedoch zu rekapitalisieren. Eine solche Finanzierung ist auf die Höhe der garantierten Einlagen, die im Falle einer Insolvenz ausgezahlt werden müssten, begrenzt und ist nur dann erlaubt, wenn sie die Fähigkeit dieser Fonds, ihre Hauptaufgabe zu erfüllen, nicht beeinträchtigt;

g)

bis Ende November 2011 das Involvenzgesetz ändern, um vorzusehen, dass Einlegern, die Garantien hinterlegt haben und/oder den Fonds (entweder unmittelbar oder nach Forderungsübergang) eine bevorzugte Rangstellung hinsichtlich des insolventen Grundbesitzes des Kreditinstituts gegenüber Gläubigern, die keine Garantien hinterlegt haben, gewährt wird, und um die wirksame Rettung überlebensfähiger Unternehmen besser zu unterstützen;

h)

sich verpflichten, Privatinvestoren dazu zu ermutigen, ihr Gesamtengagement auf freiwilliger Basis aufrechtzuerhalten.

(9)   Um eine reibungslose Umsetzung der Programmauflagen sicherzustellen und die Ungleichgewichte nachhaltig zu korrigieren, steht die Kommission dem Land bei der Haushalts-, Finanzmarkt- und Strukturreform weiterhin beratend und anleitend zur Seite. Während der Laufzeit des finanziellen Beistands für Portugal überprüft die Kommission regelmäßig in Zusammenarbeit mit dem IWF und der EZB die Wirksamkeit und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der vereinbarten Maßnahmen und spricht Empfehlungen für erforderliche Korrekturen aus mit Blick auf die Förderung von Wachstum und Arbeitsplatzschaffung, die Gewährleistung der notwendigen Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und die Minimierung negativer sozialer Auswirkungen, insbesondere für die am ehesten schutzbedürftigen Mitglieder der portugiesischen Gesellschaft.

Artikel 4

Für die Verwaltung des finanziellen Beistands der Union eröffnet Portugal ein Sonderkonto bei der Banco de Portugal.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an die Portugiesische Republik gerichtet.

Artikel 6

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 30. Mai 2011.

Im Namen des Rates

Der Präsident

CSÉFALVAY Z.


(1)  ABl. L 118 vom 12.5.2010, S. 1.

(2)  ABl. L 48 vom 23.2.2011, S. 1.