13.11.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 297/9


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 10. November 2009

zur Ermächtigung Portugals, in der autonomen Region Madeira auf die dort hergestellten und verbrauchten Rum- und Likörerzeugnisse sowie in der autonomen Region Azoren in Bezug auf die dort hergestellten und verbrauchten Likör- und Branntweinerzeugnisse einen ermäßigten Verbrauchsteuersatz anzuwenden

(2009/831/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 299 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Entscheidung 2002/167/EG des Rates (2) wurde Portugal ermächtigt, in der autonomen Region Madeira auf die dort hergestellten und verbrauchten Rum- und Likörerzeugnisse sowie in der autonomen Region Azoren auf die dort hergestellten und verbrauchten Likör- und Branntweinerzeugnisse einen ermäßigten Verbrauchsteuersatz anzuwenden. Die Senkung des Verbrauchsteuersatzes für diese Erzeugnisse wurde als unerlässlich für das Überleben der einheimischen Industrie zur Herstellung und zum Vertrieb dieser Erzeugnisse betrachtet. Angesichts der hohen Herstellungskosten, die vorrangig auf die mit der äußersten Randlage der Gebiete Madeiras und der Azoren verbundenen Faktoren (Abgelegenheit, Insellage, begrenzte Anbaugebiete, Topographie und Klimabedingungen) zurückzuführen sind, wurde davon ausgegangen, dass sich die lokal hergestellten und verbrauchten Erzeugnisse nur durch eine Senkung des Verbrauchsteuersatzes im Wettbewerb mit vergleichbaren ausländischen Erzeugnissen, die aus der restlichen Gemeinschaft eingeführt oder geliefert werden, behaupten könnten, um so den Bestand der lokalen Wirtschaftszweige zu sichern. Mit der gleichen Entscheidung wurde Portugal ermächtigt, auf diese Erzeugnisse einen ermäßigten Verbrauchsteuersatz anzuwenden, der unter dem in Artikel 3 der Richtlinie 92/84/EWG des Rates (3) festgelegten vollen Verbrauchsteuersatz für Alkohol und unter dem in der genannten Richtlinie festgelegten Mindestsatz lag, jedoch den vollen nationalen Verbrauchsteuersatz auf Alkohol nicht um mehr als 75 % unterschritt. Diese Maßnahme galt vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2008.

(2)

Am 16. Juni 2008 und am 20. Juni 2008 hat Portugal um Verlängerung dieser Ermächtigung zu den gleichen Bedingungen mit Wirkung vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2013 ersucht.

(3)

Es erscheint gerechtfertigt, die beantragte Ermächtigung zu gewähren, um zu vermeiden, dass die Entwicklung dieser Regionen in äußerster Randlage gefährdet wird. In der einheimischen Industrie sind etwa 130 Arbeiter auf Madeira und etwa 90 auf den Azoren beschäftigt. Auf Madeira bieten der Anbau und die Verarbeitung von Zuckerrohr und Früchten etwa 1 000 landwirtschaftlichen Familienbetrieben Arbeit. Aufgrund der schwierigen Ausfuhren in Gebiete außerhalb dieser Regionen bieten die regionalen Märkte die einzige Absatzmöglichkeit für diese Produkte.

(4)

Eine Senkung des Verbrauchsteuersatzes sollte weiterhin in der beantragten Höhe gewährt werden, um die Wettbewerbsnachteile für die auf Madeira und den Azoren hergestellten destillierten alkoholischen Getränke aufgrund der höheren Produktions- und Vermarktungskosten auszugleichen.

(5)

Die Preise für Ausgangsstoffe landwirtschaftlichen Ursprungs sind aufgrund der geringen Größe, der Zersplitterung und des geringeren Mechanisierungsgrades der landwirtschaftlichen Betriebe höher als unter normalen Produktionsbedingungen. Im Fall von Madeira ist darüber hinaus der Ertrag aus der Verarbeitung von Zuckerrohr niedriger als in anderen Gebieten äußerster Randlage, was auf die Relief- und Klimabedingungen, den Boden und die handwerkliche Erzeugung zurückzuführen ist. Der Transport von bestimmten, nicht lokal hergestellten Rohstoffen und Verpackungsmaterialien auf die Inseln verursacht verglichen mit dem Transport der Endprodukte zusätzliche Kosten. Im Fall der Azoren hat die Insellage noch zusätzliche Auswirkungen, weil die Inseln weit auseinander liegen. Transport und Aufbau von Anlagen in diesen abgelegenen Inselgebieten treiben die Kosten zusätzlich in die Höhe. Das gilt auch für notwendige Reisen und Fahrten auf das Festland. Weitere Kosten entstehen bei der Lagerung der Fertigprodukte, weil diese vom lokalen Markt nicht unmittelbar, sondern im Verlauf des ganzen Jahres absorbiert werden. Die geringe Größe des regionalen Markts trägt vielfach zur Erhöhung der Stückkosten bei, insbesondere aufgrund der im Vergleich zum Ertrag hohen Festkosten, sowohl im Hinblick auf die Anlagen als auch auf die zur Einhaltung von Umweltvorschriften erforderlichen Kosten. Zudem müssen die Rumerzeuger auf Madeira für die Beseitigung des Abfalls aus der Zuckerrohrverarbeitung aufkommen, während die Erzeuger in anderen Regionen diese Nebenprodukte wiederverwerten können. Schließlich entfallen auf die Erzeuger zusätzliche Kosten, die sonst von der lokalen Wirtschaft getragen werden, wie höhere Lohn- und Energiekosten.

(6)

Die Senkung bis 75 % geht nicht weiter, als erforderlich ist, um die Zusatzkosten auszugleichen, die den Wirtschaftsbeteiligten aufgrund der beschriebenen besonderen Merkmale Madeiras und der Azoren als Gebiete in äußerster Randlage entstehen.

(7)

Bei einer sorgfältigen Prüfung der Lage wird deutlich, dass es erforderlich ist, dem portugiesischen Ersuchen stattzugeben, um sicher zu stellen, dass die Alkoholerzeugung in den betroffenen Regionen in äußerster Randlage weiter besteht.

(8)

Da mit dem Steuervorteil nur die Zusatzkosten ausgeglichen werden sollen, die anfallenden Beträge geringfügig sind und der Steuervorteil sich auf den Verbrauch in den betreffenden Regionen beschränkt, werden durch diese Maßnahme die Integrität und Kohärenz der gemeinschaftlichen Rechtsordnung nicht beeinträchtigt.

(9)

Unter Abwägung der Notwendigkeit, Steuerermäßigungen zeitlich zu begrenzen, und der Erfordernisse der lokalen Wirtschaftsbeteiligten, die für die Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeiten auf Rechtssicherheit angewiesen sind, ist es zweckmäßig, die Ermächtigung für einen Zeitraum von fünf Jahren zu gewähren.

(10)

Es sollte sichergestellt werden, dass Portugal die fraglichen Steuersenkungen ab dem Zeitpunkt des Auslaufens der entsprechenden Ermächtigung gemäß der Entscheidung 2002/167/EG für den vorangehenden Zeitraum anwenden kann. Daher sollte die neue Ermächtigung mit Wirkung vom 1. Januar 2009 gewährt werden.

(11)

Des Weiteren sollte die Vorlage eines Zwischenberichts verlangt werden, damit die Kommission beurteilen kann, ob die Bedingungen für die Gewährung einer solchen Sonderregelung weiterhin erfüllt sind.

(12)

Diese Entscheidung berührt nicht die etwaige Anwendung der Artikel 87 und 88 des Vertrags —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSSEN:

Artikel 1

Abweichend von Artikel 90 EG-Vertrag wird Portugal hiermit ermächtigt, in der autonomen Region Madeira in Bezug auf die dort hergestellten und verbrauchten Rum- und Likörerzeugnisse sowie in der autonomen Region Azoren in Bezug auf die dort hergestellten und verbrauchten Likör- und Branntweinerzeugnisse einen Verbrauchsteuersatz anzuwenden, der unter dem in Artikel 3 der Richtlinie 92/84/EWG festgelegten vollen Verbrauchsteuersatz für Alkohol liegt.

Artikel 2

Die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 1 gilt nur

1.

auf Madeira:

a)

für Rum im Sinne der Kategorie 1 des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen (4) mit der in Kategorie 1 des Anhangs III der genannten Verordnung aufgeführten geografischen Angabe „Rum da Madeira“,

b)

für Liköre und „-creme“ im Sinne der Kategorien 32 bzw. 33 des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 110/2008, die auf der Basis von regionalen Früchten oder Pflanzen hergestellt werden;

2.

auf den Azoren:

a)

für Liköre und „-creme“ im Sinne der Kategorien 32 bzw. 33 des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 110/2008, die auf der Basis von regionalen Früchten oder Ausgangsstoffen hergestellt werden;

b)

für Branntweine und Tresterbrand, der die in den Kategorien 4 und 6 des Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 110/2008 genannten Merkmale und Eigenschaften hat.

Artikel 3

Der ermäßigte Steuersatz für die in Artikel 1 genannten Erzeugnisse kann niedriger sein als der Mindestverbrauchsteuersatz für Alkohol gemäß der Richtlinie 92/84/EWG, darf jedoch den normalen nationalen Verbrauchsteuersatz für Alkohol um nicht mehr als 75 % unterschreiten.

Artikel 4

Spätestens bis zum 31. Dezember 2011 übermittelt Portugal der Kommission einen Bericht, damit diese beurteilen kann, ob die Gründe für die Sonderregelung nach Artikel 1 weiterhin gegeben sind.

Artikel 5

Diese Entscheidung gilt vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2013.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Portugiesische Republik gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 10. November 2009.

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. BORG


(1)  Stellungnahme vom 20. Oktober 2009 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Entscheidung 2002/167/EG des Rates vom 18. Februar 2002 zur Ermächtigung Portugals zu einer Senkung der Verbrauchsteuer in der autonomen Region Madeira in Bezug auf die dort hergestellten und verbrauchten Rum- und Likörerzeugnisse sowie in der autonomen Region Azoren in Bezug auf die dort hergestellten und verbrauchten Likör- und Branntweinerzeugnisse (ABl. L 55 vom 26.2.2002, S. 36).

(3)  Richtlinie 92/84/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 29).

(4)  ABl. L 39 vom 13.2.2008, S. 16.