32002D0639

2002/639/EG: Beschluss des Rates vom 12. Juli 2002 über eine weitere Makro-Finanzhilfe für die Ukraine

Amtsblatt Nr. L 209 vom 06/08/2002 S. 0022 - 0023


Beschluss des Rates

vom 12. Juli 2002

über eine weitere Makro-Finanzhilfe für die Ukraine

(2002/639/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 308,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Kommission hat den Wirtschafts- und Finanzausschuss angehört, bevor sie ihren Vorschlag vorgelegt hat.

(2) Die Ukraine führt tief greifende politische und wirtschaftliche Reformen durch und unternimmt substanzielle Anstrengungen zur Umsetzung einer Marktwirtschaft.

(3) Die Ukraine einerseits und die Europäischen Gemeinschaften und ihre Mitgliedstaaten andererseits haben ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen geschlossen, das zur Entwicklung einer uneingeschränkten Zusammenarbeit beitragen wird.

(4) Das Kernkraftwerk Tschernobyl wurde entsprechend einer am 21. Dezember 1995 unterzeichneten Gemeinsamen Absichtserklärung zwischen den ukrainischen Behörden, der Gruppe der Sieben und der Europäischen Union im Dezember 2000 geschlossen.

(5) Zur Unterstützung eines Wirtschaftsreformprogramms für den Zeitraum Juli 1998 bis Juni 2001 genehmigte der Internationale Währungsfonds (IWF) im September 1998 eine "Erweiterte Fondsfazilität" (EFF) von rund 2,3 Mrd. USD für die Ukraine, die später auf rund 2,6 Mrd. USD aufgestockt wurde. Im Dezember 2000 verlängerte der IWF diese Finanzierungsregelung bis August 2002. Die Weltbank hat die Reformanstrengungen der Ukraine seit 1998 in erheblichem Maße unterstützt und dafür unter anderem im September 1998 ein Strukturanpassungsdarlehen für den Finanzsektor (FSAL) im Umfang von 300 Mio. USD bewilligt. Es wird erwartet, dass die Weltbank die Ukraine auch in den kommenden Jahren substanziell unterstützen wird, unter anderem mit einer Reihe von Strukturanpassungsdarlehen.

(6) Die Mitglieder des Pariser Clubs haben sich im Juli 2001 auf eine Umschuldung der ukrainischen Schulden geeinigt.

(7) Mit den Beschlüssen 94/940/EG(3), 95/442/EG(4) und 98/592/EG(5) hat der Rat Makro-Finanzhilfen für die Ukraine von insgesamt 435 Mio. EUR zur Unterstützung der bisherigen makroökonomischen Programme bewilligt.

(8) Die Umstände, die die Bereitstellung einer Makro-Finanzhilfe für die Ukraine gemäß Beschluss 98/592/EG gerechtfertigt haben, haben sich verändert, und der Beschluss sollte einschließlich aller nicht ausgezahlten Finanzhilfemittel nunmehr ersetzt werden.

(9) Allerdings sind weitere offizielle Hilfen der Gemeinschaft im Kontext des derzeitigen Programms erforderlich, um die Zahlungsbilanz zu stützen, die Reserveposition zu konsolidieren und die nötige Strukturanpassung des Landes zu erleichtern.

(10) Die Finanzhilfe der Gemeinschaft sollte von der Kommission verwaltet werden.

(11) Der Vertrag sieht nur in Artikel 308 Befugnisse für den Erlass dieses Beschlusses vor -

BESCHLIESST:

Artikel 1

(1) Die Gemeinschaft stellt der Ukraine ein langfristiges Darlehen mit einem Hoechstbetrag von 110 Mio. EUR in der Hauptforderung und einer Laufzeit von bis zu 15 Jahren zur Verfügung, um eine tragbare Zahlungsbilanzsituation des Landes sicherzustellen, seine Reserveposition zu stärken und die Umsetzung der nötigen Strukturreformen zu erleichtern.

(2) Zu diesem Zweck wird die Kommission ermächtigt, im Namen der Europäischen Gemeinschaft die erforderlichen Mittel aufzunehmen, die der Ukraine als Darlehen zur Verfügung gestellt werden.

(3) Die Kommission verwaltet das Darlehen in enger Absprache mit dem Wirtschafts- und Finanzausschuss und im Einklang mit etwaigen Vereinbarungen zwischen dem IWF und der Ukraine.

Artikel 2

(1) Die Kommission wird ermächtigt, mit den ukrainischen Behörden nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses die wirtschaftspolitischen Auflagen zu vereinbaren, an die das Darlehen geknüpft wird. Diese Auflagen müssen mit den in Artikel 1 Absatz 3 genannten Vereinbarungen im Einklang stehen.

(2) Die Kommission überprüft in regelmäßigen Abständen in Zusammenarbeit mit dem Wirtschafts- und Finanzausschuss und in enger Abstimmung mit dem IWF, ob die Wirtschaftspolitik der Ukraine mit den Zielen des Darlehens übereinstimmt und ob die damit verbundenen Auflagen erfuellt werden.

Artikel 3

(1) Das Darlehen wird der Ukraine in mindestens zwei Teilbeträgen zur Verfügung gestellt. Vorbehaltlich des Artikels 2 wird der erste Teilbetrag nach Feststellung der zufrieden stellenden Umsetzung des mit dem IWF im Rahmen der laufenden EFF oder einer Nachfolgeregelung über eine höhere Kredittranche vereinbarten makroökonomischen Reformprogramms der Ukraine freigegeben.

(2) Vorbehaltlich des Artikels 2 wird jeder weitere Teilbetrag bei zufrieden stellender Fortsetzung der in Absatz 1 genannten Vereinbarungen frühestens drei Monate nach Freigabe des vorangehenden Teilbetrags freigegeben.

(3) Die Mittel werden an die Nationalbank der Ukraine ausgezahlt.

Artikel 4

(1) Die in Artikel 1 genannten Anleihe- und Darlehenstransaktionen werden mit gleicher Wertstellung abgewickelt und dürfen für die Gemeinschaft weder eine Änderung der Fristen noch ein Wechselkurs- oder Zinsrisiko noch sonstige wirtschaftliche Risiken mit sich bringen.

(2) Auf Ersuchen der Ukraine trägt die Kommission dafür Sorge, dass eine Klausel über vorzeitige Rückzahlung in die Darlehensbedingungen aufgenommen und gegebenenfalls ausgeführt wird.

(3) Auf Ersuchen der Ukraine kann die Kommission, wenn die Umstände eine Verbesserung des Darlehenszinssatzes gestatten, ihre ursprünglichen Anleihen ganz oder teilweise refinanzieren oder die entsprechenden finanziellen Bedingungen neu festsetzen. Refinanzierungen oder Neufestsetzungen erfolgen nach Maßgabe von Absatz 1 und dürfen weder zur Verlängerung der durchschnittlichen Laufzeit der betreffenden Anleihen noch zur Erhöhung des zum jeweiligen Wechselkurs ausgedrückten, zum Zeitpunkt dieser Transaktion noch geschuldeten Kapitalbetrags führen.

(4) Sämtliche Kosten der Gemeinschaft für Abschluss und Durchführung der Transaktion im Rahmen dieses Beschlusses gehen zulasten der Ukraine.

(5) Der Wirtschafts- und Finanzausschuss wird mindestens einmal jährlich über die Abwicklung der in den Absätzen 2 und 3 genannten Transaktionen unterrichtet.

Artikel 5

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens einmal jährlich Bericht über die Durchführung dieses Beschlusses und gibt eine Bewertung ab.

Artikel 6

Der Beschluss 98/592/EG wird aufgehoben.

Artikel 7

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 12. Juli 2002.

Im Namen des Rates

Der Präsident

T. Pedersen

(1) ABl. C 103 E vom 30.4.2002, S. 366.

(2) Stellungnahme vom 15. Mai 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3) ABl. L 366 vom 31.12.1994, S. 32.

(4) ABl. L 258 vom 28.10.1995, S. 63.

(5) ABl. L 284 vom 22.10.1998, S. 45.