31999R1074

Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF)

Amtsblatt Nr. L 136 vom 31/05/1999 S. 0008 - 0014


VERORDNUNG (EURATOM) Nr. 1074/1999 DES RATES

vom 25. Mai 1999

über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 203,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Rechnungshofes(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Organe und die Mitgliedstaaten messen dem Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften sowie der Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften große Bedeutung bei. Die diesbezügliche Zuständigkeit der Kommission hängt eng mit ihrer Aufgabe der Ausführung des Haushaltsplans gemäß Artikel 179 des EAG-Vertrags zusammen. Die Bedeutung dieser Maßnahmen wird durch Artikel 183a des EAG-Vertrags bestätigt.

(2) Der Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften betrifft nicht nur die Verwaltung der Haushaltsmittel, sondern erstreckt sich auch auf jede Maßnahme, die ihr Vermögen angeht oder angehen könnte.

(3) Die Verwirklichung dieser Ziele erfordert den Einsatz aller verfügbaren Instrumente, insbesondere im Hinblick auf die Untersuchungsaufgaben der Gemeinschaft, wobei das derzeitige Gleichgewicht und die derzeitige Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Ebene nicht angetastet werden sollte.

(4) Zur Verstärkung des für die Betrugsbekämpfung verfügbaren Instrumentariums hat die Kommission unter Wahrung des Grundsatzes der internen Organisationsautonomie jedes Organs mit dem Beschluß 1999/352/EG, EGKS, Euratom(4) innerhalb ihrer Verwaltungsstruktur das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (im folgenden "Amt" genannt) errichtet, das administrative Untersuchungen zur Bekämpfung von Betrug vornehmen soll. Es kann seine Untersuchungstätigkeit in völliger Unabhängigkeit ausüben.

(5) Die Zuständigkeit des Amtes, wie von der Kommission eingerichtet, erstreckt sich über den Schutz der finanziellen Interessen hinaus auf alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Wahrung der gemeinschaftlichen Interessen gegenüber rechtswidrigen Handlungen, die verwaltungs- oder strafrechtlich geahndet werden könnten.

(6) Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften ist vom Amt sicherzustellen.

(7) Angesichts der Notwendigkeit eines schärferen Vorgehens gegen Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften muß das Amt ermächtigt werden, interne Untersuchungen in allen durch den EG- und den Euratom-Vertrag oder auf deren Grundlage geschaffenen Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen (im folgenden "Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen genannt") durchzuführen.

(8) Nach dem Beschluß 1999/352/EG, EGKS, Euratom übt das Amt die vom Gemeinschaftsgesetzgeber übertragenen Untersuchungsbefugnisse nach Maßgabe der von diesem festgelegten Grenzen und Bedingungen aus.

(9) Das Amt muß mit der Ausübung der Befugnisse beauftragt werden, die der Kommission durch die Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten(5) übertragen worden sind. Des weiteren muß das Amt ermächtigt werden, auch die sonstigen Befugnisse auszuüben, die der Kommission im Hinblick auf die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort in den Mitgliedstaaten übertragen wurden, um insbesondere gemäß Artikel 9 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften(6) Unregelmäßigkeiten aufzudecken.

(10) Bei diesen Untersuchungen, die gemäß dem Vertrag und insbesondere dem Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften und unter Wahrung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden "Statut" genannt) durchzuführen sind, müssen die Menschenrechte und die Grundfreiheiten in vollem Umfang gewahrt bleiben; dies gilt insbesondere für den Billigkeitsgrundsatz, das Recht aller Beteiligten, zu den sie betreffenden Sachverhalten Stellung zu nehmen, und den Grundsatz, daß sich die Schlußfolgerungen aus einer Untersuchung nur auf beweiskräftige Tatsachen gründen dürfen. Zu diesem Zweck müssen die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen die Bedingungen und Modalitäten für die Durchführung der internen Untersuchungen festlegen. Die Rechte und Pflichten der Beamten und sonstigen Bediensteten im Zusammenhang mit internen Untersuchungen sind folglich im Statut festzuschreiben.

(11) Die internen Untersuchungen können nur durchgeführt werden, wenn dem Amt Zugang zu sämtlichen Räumlichkeiten, Informationen und Dokumenten der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen gewährt wird.

(12) Um die Unabhängigkeit des Amtes bei der Ausübung der ihm durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben zu gewährleisten, muß seinem Direktor die Befugnis übertragen werden, Untersuchungen aus eigener Initiative einzuleiten.

(13) Es obliegt den zuständigen einzelstaatlichen Behörden sowie gegebenenfalls den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen, auf der Grundlage des von dem Amt erstellten Berichts Folgemaßnahmen zu den abgeschlossenen Untersuchungen zu beschließen. Der Direktor des Amtes sollte verpflichtet werden, den Justizbehörden des betroffenen Mitgliedstaats unmittelbar alle Informationen zu übermitteln, die das Amt bei internen Untersuchungen über strafrechtlich relevante Sachverhalte zusammengetragen hat.

(14) Es sind die Bedingungen festzulegen, unter denen die Bediensteten des Amtes ihre Aufgaben wahrnehmen und der Direktor des Amtes die Verantwortung für die Durchführung der Untersuchungen durch diese Bediensteten übernimmt.

(15) Eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Amt, den Mitgliedstaaten und den betreffenden Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen setzt voraus, daß der Austausch von Informationen erleichtert wird; dabei ist die Vertraulichkeit der dem Berufsgeheimnis unterliegenden Informationen zu beachten und dafür zu sorgen, daß sie so geschützt werden, wie es bei Daten dieser Art auch sonst der Fall ist.

(16) Damit den Ergebnissen der von den Bediensteten des Amtes durchgeführten Untersuchungen Rechnung getragen wird und die erforderlichen Folgemaßnahmen ergriffen werden können, ist vorzusehen, daß die Untersuchungsberichte in den Verwaltungs- und Gerichtsverfahren der Mitgliedstaaten zulässige Beweismittel darstellen. Sie sind daher unter Berücksichtigung der für die Ausarbeitung der einzelstaatlichen Verwaltungsberichte geltenden Erfordernisse zu erstellen.

(17) Das Amt muß bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unabhängig sein. Zwecks Sicherstellung dieser Unabhängigkeit unterliegt das Amt der regelmäßigen Kontrolle der Untersuchungstätigkeit durch einen Überwachungsausschuß aus unabhängigen externen Persönlichkeiten, die in den Zuständigkeitsbereichen des Amtes über besondere Qualifikationen verfügen. Ferner unterstützt dieser Ausschuß den Direktor des Amtes bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben.

(18) Die administrativen Untersuchungen sind unter der Leitung des Direktors des Amtes in völliger Unabhängigkeit von den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen und vom Überwachungsausschuß durchzuführen.

(19) Es obliegt dem Direktor des Amtes, über den Schutz der personenbezogenen Daten und die Vertraulichkeit der im Laufe der Untersuchungen eingeholten Informationen zu wachen. Außerdem ist dafür Sorge zu tragen, daß die Beamten und die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften einen dem rechtlichen Schutz gemäß Artikel 90 und 91 des Statuts vergleichbaren Schutz genießen.

(20) Die Tätigkeiten des Amtes sollten nach drei Jahren einer Bewertung unterzogen werden.

(21) Diese Verordnung beschneidet in keiner Weise die Befugnisse und Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Bekämpfung von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften. Die Ermächtigung eines unabhängigen Amtes zur Durchführung externer administrativer Untersuchungen in diesem Bereich verstößt daher in keiner Weise gegen das Subsidiaritätsprinzip. Die Tätigkeit eines solchen Amtes wird zudem ein wirksameres Vorgehen gegen Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften ermöglichen und ist somit auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Ziele und Aufgaben

(1) Zur intensiveren Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Atomgemeinschaft nimmt das mit dem Beschluß 1999/352/EG, EGKS, Euratom der Kommission errichtete Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (im folgenden "Amt" genannt) die der Kommission durch die in diesen Bereichen geltenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und Übereinkommen übertragenen Untersuchungsbefugnisse wahr.

(2) Das Amt sichert seitens der Kommission die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Organisation einer engen, regelmäßigen Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen Behörden, um ihre Tätigkeit zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Atomgemeinschaft vor Betrügereien zu koordinieren. Das Amt trägt zur Planung und Entwicklung der Methoden zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Atomgemeinschaft bei.

(3) Das Amt führt in den durch die Verträge oder auf deren Grundlage geschaffenen Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen (im folgenden "Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen" genannt) administrative Untersuchungen durch, die dazu dienen,

- Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Atomgemeinschaft zu bekämpfen;

- zu diesem Zweck schwerwiegende Handlungen im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit aufzudecken, die eine Verletzung der Verpflichtungen der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften, die disziplinarisch und gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden kann, oder eine Verletzung der analogen Verpflichtungen der Mitglieder der Organe und Einrichtungen, der Leiter der Ämter und Agenturen und der Mitglieder des Personals der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen, die nicht dem Statut unterliegen, darstellen können.

Artikel 2

Administrative Untersuchungen

Im Sinne dieser Verordnung umfaßt der Begriff "administrative Untersuchungen" (im folgenden "Untersuchungen" genannt) sämtliche Kontrollen, Überprüfungen und sonstige Maßnahmen, die die Bediensteten des Amtes in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß den Artikeln 3 und 4 durchführen, um die in Artikel 1 festgelegten Ziele zu erreichen und gegebenenfalls den Beweis für Unregelmäßigkeiten der von ihnen kontrollierten Handlungen zu erbringen. Diese Untersuchungen berühren nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Strafverfolgung.

Artikel 3

Externe Untersuchungen

Das Amt übt die der Kommission durch die Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates übertragenen Befugnisse zur Durchführung von Kontrollen und Überprüfungen vor Ort in den Mitgliedstaaten und gemäß den geltenden Kooperationsabkommen in den Drittstaaten aus.

Im Rahmen seiner Untersuchungsbefugnisse führt das Amt Kontrollen und Überprüfungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 und gemäß den sektorbezogenen Regelungen nach Artikel 9 Absatz 2 der genannten Verordnung in den Mitgliedstaaten und gemäß den geltenden Kooperationsabkommen in den Drittstaaten durch.

Artikel 4

Interne Untersuchungen

(1) Das Amt führt in den in Artikel I genannten Bereichen administrative Untersuchungen innerhalb der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen durch (im folgenden "interne Untersuchungen" genannt).

Diese internen Untersuchungen erfolgen unter Einhaltung der Vorschriften der Verträge, insbesondere des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen, sowie des Statuts unter den Bedingungen und nach den Modalitäten, die in dieser Verordnung und in den von den einzelnen Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen zu erlassenden einschlägigen Beschlüssen vorgesehen sind. Die Organe stimmen die mit diesen Beschlüssen einzuführende Regelung untereinander ab.

(2) Sofern die Bedingungen nach Absatz 1 eingehalten werden, gilt folgendes:

- Das Amt erhält ohne Voranmeldung und unverzüglich Zugang zu sämtlichen Informationen und Räumlichkeiten der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen. Das Amt darf die Rechnungsführung der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen kontrollieren. Das Amt kann Kopien aller Dokumente und des Inhalts aller Datenträger, die im Besitz der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen sind, anfertigen oder Auszüge davon erhalten und diese Dokumente und Informationen erforderlichenfalls sicherstellen, um ein mögliches Verschwinden zu verhindern.

- Das Amt kann die Mitglieder der Organe und Einrichtungen, die Leiter der Ämter und Agenturen sowie die Mitglieder des Personals der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen um mündliche Informationen ersuchen.

(3) Nach den in der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates festgelegten Bedingungen und Modalitäten kann das Amt Kontrollen vor Ort bei betroffenen Wirtschaftsteilnehmern vornehmen, um Zugang zu Informationen zu erhalten, die etwaige Unregelmäßigkeiten betreffen und über die diese Wirtschaftsteilnehmer eventuell verfügen.

Ferner kann das Amt von jedem Betroffenen die Informationen anfordern, die es für seine Untersuchungen für sachdienlich hält.

(4) Die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen sind darüber in Kenntnis zu setzen, wenn die Bediensteten des Amtes eine Untersuchung in ihren Räumlichkeiten durchführen und wenn sie Dokumente einsehen oder Informationen anfordern, die sich im Besitz dieser Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen befinden.

(5) Offenbaren die Untersuchungen die Möglichkeit einer persönlichen Verwicklung eines Mitglieds, Leiters, Beamten oder Bediensteten, so ist das Organ, die Einrichtung oder das Amt oder die Agentur, dem bzw. der er angehört, davon in Kenntnis zu setzen.

In Fällen, in denen aus untersuchungstechnischen Gründen absolute Geheimhaltung gewahrt werden muß oder in denen der Rückgriff auf Untersuchungsmittel erforderlich ist, die in die Zuständigkeit einer innerstaatlichen Justizbehörde fallen, kann diese Information zu einem späteren Zeitpunkt erteilt werden.

(6) Unbeschadet der Bestimmungen der Verträge, insbesondere des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen sowie der Bestimmungen des Statuts umfaßt der in Absatz 1 vorgesehene, von den einzelnen Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen zu fassende Beschluß insbesondere Vorschriften über folgendes:

a) die Pflicht für die Mitglieder, Beamten und Bediensteten der Organe und Einrichtungen sowie für die Leiter, Beamten und Bediensteten der Ämter und Agenturen, mit den Bediensteten des Amtes zu kooperieren und ihnen Auskunft zu erteilen;

b) die Verfahren, an die sich die Bediensteten des Amtes bei der Durchführung der internen Untersuchungen zu halten haben, sowie die Wahrung der Rechte der von einer internen Untersuchung betroffenen Personen.

Artikel 5

Einleitung der Untersuchungen

Die Einleitung externer Untersuchungen wird vom Direktor des Amtes von sich aus oder auf Ersuchen eines betroffenen Mitgliedstaats beschlossen.

Die Einleitung interner Untersuchungen wird vom Direktor des Amtes von sich aus oder auf Ersuchen des Organs, der Einrichtung oder des Amtes oder der Agentur, bei dem bzw. der die Untersuchung durchgeführt werden soll, beschlossen.

Artikel 6

Durchführung der Untersuchungen

(1) Der Direktor des Amtes leitet die Untersuchungen.

(2) Die Bediensteten des Amtes nehmen ihre Aufgaben unter Vorlage einer schriftlichen Ermächtigung wahr, die über ihre Person und ihre Dienststellung Auskunft gibt.

(3) Die Bediensteten des Amtes, die eine Untersuchung durchzuführen haben, müssen im Besitz eines vom Direktor ausgestellten schriftlichen Auftrags sein, aus dem der Gegenstand der Untersuchung hervorgeht.

(4) Die Bediensteten des Amtes verhalten sich während der Kontrollen und Überprüfungen vor Ort gemäß den für die Beamten des betreffenden Mitgliedstaats geltenden Vorschriften und Gepflogenheiten, dem Statut sowie den in Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 genannten Beschlüssen.

(5) Die Untersuchungen sind ohne Unterbrechung durchzuführen; ihre Dauer muß den Umständen und der Komplexität des betreffenden Falles angemessen sein.

(6) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß ihre zuständigen Behörden gemäß den einzelstaatlichen Bestimmungen den Bediensteten des Amtes bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die erforderliche Unterstützung zukommen lassen. Die Organe und Einrichtungen tragen dafür Sorge, daß ihre Mitglieder und ihr Personal den Bediensteten des Amtes bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die erforderliche Unterstützung zukommen lassen; Gleiches gilt bezüglich der Leiter und des Personals der Ämter und Agenturen.

Artikel 7

Pflicht zur Unterrichtung des Amtes

(1) Die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen teilen dem Amt unverzüglich alle Informationen über etwaige Fälle von Betrug oder Korruption oder sonstige rechtswidrige Handlungen mit.

(2) Sowohl die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen als auch - soweit es die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zulassen - die Mitgliedstaaten übermitteln auf Ersuchen des Amtes oder von sich aus alle in ihrem Besitz befindlichen Dokumente und Informationen über eine laufende interne Untersuchung.

Die Mitgliedstaaten übermitteln die Dokumente und Informationen über externe Untersuchungen gemäß den diesbezüglichen Bestimmungen.

(3) Sowohl die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen als auch - soweit es die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zulassen - die Mitgliedstaaten übermitteln dem Amt ferner alle sonstigen in ihrem Besitz befindlichen und als sachdienlich angesehenen Dokumente und Informationen über die Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften.

Artikel 8

Vertraulichkeit und Datenschutz

(1) Informationen, die im Rahmen externer Untersuchungen eingeholt werden, sind, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, durch die Bestimmungen über diese Untersuchungen geschützt.

(2) Informationen, die im Rahmen interner Untersuchungen mitgeteilt oder eingeholt werden, fallen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, unter das Berufsgeheimnis und genießen den Schutz, der durch die für die Organe der Europäischen Gemeinschaften geltenden einschlägigen Bestimmungen gewährleistet ist.

Diese Informationen dürfen insbesondere nur Personen mitgeteilt werden, die in den Organen der Europäischen Gemeinschaften oder den Mitgliedstaaten aufgrund ihres Amtes davon Kenntnis erhalten dürfen; sie dürfen zu keinem anderen Zweck als der Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen verwendet werden.

(3) Der Direktor trägt dafür Sorge, daß die Bediensteten des Amtes und die anderen unter seiner Verantwortung handelnden Personen die gemeinschaftlichen und die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten einhalten; dies gilt insbesondere für die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr(7).

(4) Der Direktor des Amtes und die Mitglieder des in Artikel 11 genannten Überwachungsausschusses sorgen für die Anwendung der Bestimmungen dieses Artikels sowie des Artikels 194 des EAG-Vertrags.

Artikel 9

Untersuchungsberichte und Folgemaßnahmen

(1) Das Amt erstellt nach einer von ihm durchgeführten Untersuchung unter der Verantwortung des Direktors einen Bericht, aus dem insbesondere der festgestellte Sachverhalt, gegebenenfalls die ermittelte Schadenshöhe und die Ergebnisse der Untersuchung, einschließlich der Empfehlungen des Direktors des Amtes zu den zweckmäßigen Folgemaßnahmen, hervorgehen.

(2) Bei der Erstellung dieser Berichte werden die im Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahrenserfordernisse berücksichtigt. Die so erstellten Berichte stellen in der gleichen Weise und unter denselben Bedingungen wie die Verwaltungsberichte der Kontrolleure der einzelstaatlichen Verwaltungen zulässige Beweismittel in den Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren des Mitgliedstaats dar, in dem sich ihre Verwendung als erforderlich erweist. Sie werden nach denselben Maßstäben beurteilt wie die Verwaltungsberichte der Kontrolleure der einzelstaatlichen Verwaltungen und sind als diesen gleichwertig zu betrachten.

(3) Der nach Abschluß einer externen Untersuchung erstellte Bericht wird mit allen zweckdienlichen Schriftstücken gemäß der für externe Untersuchungen geltenden Regelung den zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten übermittelt.

(4) Der nach Abschluß einer internen Untersuchung erstellte Bericht wird mit allen zweckdienlichen Schriftstücken dem betreffenden Organ, der betreffenden Einrichtung oder dem betreffenden Amt oder der betreffenden Agentur übermittelt. Die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen ergreifen die gemäß den Ergebnissen der internen Untersuchungen erforderlichen Folgemaßnahmen, insbesondere die disziplinarrechtlichen und justitiellen Maßnahmen, und unterrichten den Direktor des Amtes innerhalb der von ihm in den Schlußfolgerungen seines Berichts gesetzten Frist über die Folgemaßnahmen der Untersuchungen.

Artikel 10

Übermittlung von Informationen durch das Amt

(1) Unbeschadet der Artikel 8, 9 und 11 dieser Verordnung und der Bestimmungen der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates kann das Amt den zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten jederzeit Informationen übermitteln, die es im Laufe externer Untersuchungen erlangt hat.

(2) Unbeschadet der Artikel 8, 9 und 11 übermittelt der Direktor des Amtes den Justizbehörden des betreffenden Mitgliedstaats die bei internen Untersuchungen vom Amt eingeholten Informationen über gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen. Vorbehaltlich der Untersuchungserfordernisse unterrichtet er gleichzeitig den betreffenden Mitgliedstaat.

(3) Unbeschadet der Artikel 8 und 9 kann das Amt dem betreffenden Organ, der betreffenden Einrichtung oder dem betreffenden Amt oder der betreffenden Agentur jederzeit Informationen übermitteln, die es im Laufe interner Untersuchungen erlangt hat.

Artikel 11

Überwachungsausschuß

(1) Der Überwachungsausschuß stellt durch die regelmäßige Kontrolle, die er bezüglich der Ausübung der Untersuchungstätigkeit vornimmt, die Unabhängigkeit des Amtes sicher.

Der Überwachungsausschuß gibt von sich aus oder auf Ersuchen des Direktors an diesen gerichtete Stellungnahmen zu den Tätigkeiten des Amtes ab, greift jedoch nicht in den Ablauf der Untersuchungen ein.

(2) Er setzt sich aus fünf externen unabhängigen Persönlichkeiten zusammen, die in ihren Ländern die Voraussetzungen erfuellen, um hochrangige Aufgaben im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbereich des Amtes wahrzunehmen. Sie werden vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission im gegenseitigen Einvernehmen ernannt.

(3) Die Amtszeit der Mitglieder beträgt drei Jahre. Eine einmalige Wiederernennung ist zulässig.

(4) Nach Ablauf ihrer Amtszeit bleiben die Mitglieder so lange im Amt, bis sie wiederernannt oder ersetzt worden sind.

(5) Bei der Erfuellung ihrer Pflichten fordern sie keine Anweisungen von einer Regierung, einem Organ, einer Einrichtung oder einem Amt oder einer Agentur an und nehmen auch keine Anweisungen von diesen entgegen.

(6) Der Überwachungsausschuß benennt einen Vorsitzenden. Er gibt sich eine Geschäftsordnung. Er hält mindestens zehn Sitzungen pro Jahr ab. Er trifft seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Sein Sekretariat wird vom Amt gestellt.

(7) Der Direktor übermittelt dem Überwachungsausschuß jedes Jahr das Programm der Tätigkeiten des Amtes gemäß Artikel 1. Der Direktor unterrichtet den Ausschuß regelmäßig über die Tätigkeiten des Amtes, seine Untersuchungen, deren Ergebnisse und Folgemaßnahmen. Läuft eine Untersuchung seit mehr als neun Monaten, so unterrichtet der Direktor den Überwachungsausschuß von den Gründen, die es noch nicht erlauben, die Untersuchung abzuschließen, sowie von der für ihren Abschluß voraussichtlich notwendigen Frist. Der Direktor unterrichtet den Ausschuß über die Fälle, in denen das betreffende Organ, die betreffende Einrichtung oder das betreffende Amt oder die betreffende Agentur den von ihm abgegebenen Empfehlungen nicht Folge geleistet hat. Der Direktor unterrichtet den Ausschuß über die Fälle, die die Übermittlung von Informationen an die Justizbehörden eines Mitgliedstaats erfordern.

(8) Der Überwachungsausschuß nimmt mindestens einen Tätigkeitsbericht pro Jahr an und übermittelt ihn den Organen. Der Ausschuß kann dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem Rechnungshof Berichte über die Ergebnisse und die Folgemaßnahmen der vom Amt durchgeführten Untersuchungen vorlegen.

Artikel 12

Direktor

(1) Das Amt wird von einem Direktor geleitet, den die Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ernennt; eine einmalige Wiederernennung ist zulässig.

(2) Für die Ernennung des Direktors erstellt die Kommission aufgrund einer gegebenenfalls im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichenden Aufforderung zur Bewerbung und nach befürwortender Stellungnahme des Überwachungsausschusses die Liste der Kandidaten, die die erforderlichen Qualifikationen besitzen. Nach Abstimmung mit dem Europäischen Parlament und dem Rat ernennt die Kommission den Direktor.

(3) Bei der Erfuellung seiner Pflichten im Zusammenhang mit der Einleitung und Durchführung externer und interner Untersuchungen sowie der Erstellung der Berichte im Anschluß an die Untersuchungen fordert der Direktor keine Anweisungen von einer Regierung, einem Organ, einer Einrichtung oder einem Amt oder einer Agentur an und nimmt auch keine Anweisungen von diesen entgegen. Ist der Direktor der Auffassung, daß eine von der Kommission getroffene Maßnahme seine Unabhängigkeit antastet, kann er beim Gerichtshof Klage gegen die Kommission einreichen.

Der Direktor erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem Rechnungshof regelmäßig Bericht über die Ergebnisse der vom Amt durchgeführten Untersuchungen; dabei wahrt er das Untersuchungsgeheimnis und die legitimen Rechte der Betroffenen und hält gegebenenfalls die einschlägigen einzelstaatlichen Bestimmungen für Gerichtsverfahren ein.

Die genannten Organe wahren das Untersuchungsgeheimnis und die legitimen Rechte der Betroffenen und halten im Fall von Gerichtsverfahren die einschlägigen einzelstaatlichen Bestimmungen ein.

(4) Vor dem Ergreifen disziplinarischer Maßnahmen gegen den Direktor konsultiert die Kommission den Überwachungsausschuß. Außerdem müssen die gegen den Direktor gerichteten Disziplinarmaßnahmen Gegenstand begründeter Beschlüsse sein, die dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Information übermittelt werden.

Artikel 13

Finanzierung

Die dem Amt zur Verfügung gestellten Mittel werden in eine besondere Haushaltslinie des Teils A des Teileinzelplans "Kommission" des Gesamthaushaltsplans der Union eingestellt und in einem Anhang zu diesem Teil aufgeschlüsselt.

Die dem Amt zugewiesenen Planstellen werden in einem Anhang zum Stellenplan der Kommission aufgelistet.

Artikel 14

Kontrolle der Rechtmäßigkeit

In Erwartung der Änderung des Statuts kann jeder Beamte und jeder sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften beim Direktor des Amtes nach den in Artikel 90 Absatz 2 des Statuts vorgesehenen Modalitäten Beschwerde gegen eine ihn beschwerende Maßnahme einlegen, die das Amt im Rahmen einer internen Untersuchung ergriffen hat. Artikel 91 des Statuts findet auf die im Zusammenhang mit der Beschwerde ergehenden Entscheidungen Anwendung.

Diese Bestimmungen gelten analog für das Personal von Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen, das nicht dem Statut unterliegt.

Artikel 15

Bewertungsbericht

Im Laufe des dritten Jahres nach Inkrafttreten dieser Verordnung legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht zur Bewertung der Tätigkeiten des Amtes vor, dem sie die Stellungnahme des Überwachungsausschusses und gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung oder Ausweitung seiner Aufgaben beifügt.

Artikel 16

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Juni 1999 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 25. Mai 1999.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H. EICHEL

(1) ABl. C 21 vom 26.1.1999, S. 10.

(2) Stellungnahme vom 6. Mai 1999 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3) Stellungnahme vom 15. April 1999 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4) Siehe Seite 20 dieses Amtsblatts.

(5) ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2.

(6) ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1.

(7) ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.