23.12.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/83


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 16. Dezember 2008

über die Gleichstellung von in Drittländern erzeugtem forstlichem Vermehrungsgut

(2008/971/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 37,

gestützt auf die Richtlinie 1999/105/EG des Rates vom 22. Dezember 1999 über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut (1), insbesondere auf Artikel 19 Absätze 1 und 2,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die nationalen Vorschriften über die Zertifizierung von forstlichem Vermehrungsgut in Kanada, Kroatien, Norwegen, der Schweiz, Serbien, der Türkei und den Vereinigten Staaten von Amerika schreiben eine amtliche Feldbesichtigung während der Saatgutgewinnung und -verarbeitung sowie der Pflanzguterzeugung vor.

(2)

Gemäß diesen Vorschriften sollten die Regelungen zur Zulassung und Registrierung von Ausgangsmaterial und anschließenden Erzeugung von Vermehrungsgut aus diesem Ausgangsmaterial die Anforderungen des OECD-Systems für die Zertifizierung von forstlichem Vermehrungsgut im internationalen Handel (OECD-System für forstliches Saat- und Pflanzgut) erfüllen. Außerdem müssen gemäß diesen Vorschriften Saat- und Pflanzgut der Kategorien „quellengesichert“ und „ausgewählt“ amtlich zertifiziert und die Saatgutpackungen im Einklang mit dem OECD-System für forstliches Saat- und Pflanzgut verschlossen sein.

(3)

Eine Prüfung dieser Vorschriften hat gezeigt, dass die Voraussetzungen für die Zulassung von Ausgangsmaterial den in der Richtlinie 1999/105/EG festgelegten Anforderungen genügen. Außerdem bieten die Vorschriften der betreffenden Drittländer — mit Ausnahme der Bedingungen für Saatgutqualität, Artreinheit und Pflanzgutqualität — die gleiche Gewähr hinsichtlich der geltenden Bedingungen für Saat- und Pflanzgut der Kategorien „quellengesichert“ und „ausgewählt“ wie diejenigen der Richtlinie 1999/105/EG. Demzufolge sollten die Vorschriften für die Zertifizierung von forstlichem Vermehrungsgut der Kategorien „quellengesichert“ und „ausgewählt“ in Kanada, Kroatien, Norwegen, der Schweiz, Serbien, der Türkei und den Vereinigten Staaten von Amerika als gleichwertig mit denjenigen der Richtlinie 1999/105/EG angesehen werden, sofern die Zusatzanforderungen für Saat- und Pflanzgut erfüllt sind.

(4)

Gleichwohl können die Vorschriften der vorgenannten Drittländer nicht als gleichwertig für die Kategorien „qualifiziert“ und „geprüft“ angesehen werden, auf die das OECD-System für forstliches Saat- und Pflanzgut keine Anwendung findet. Daher ist es angebracht, den Geltungsbereich dieser Entscheidung auf Vermehrungsgut der Kategorien „quellengesichert“ und „ausgewählt“ zu beschränken.

(5)

Für die Zwecke der vorliegenden Entscheidung sollten die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 1999/105/EG verwendet werden, um die Kohärenz der beiden Rechtsakte zu gewährleisten.

(6)

Forstliches Vermehrungsgut im Sinne dieser Entscheidung sollte die Pflanzengesundheitsauflagen der Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse (2) erfüllen. Genetisch verändertes forstliches Vermehrungsgut sollte gegebenenfalls den Anforderungen der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (3) entsprechen.

(7)

Ferner empfiehlt es sich, dass die in der vorliegenden Entscheidung festgelegten Zusatzbedingungen in Bezug auf die Qualität und Artreinheit von Saat- und Pflanzgut denjenigen der Richtlinie 1999/105/EG entsprechen.

(8)

Damit derselbe Grad der Rückverfolgbarkeit wie in der Richtlinie 1999/105/EG vorgesehen gewährleistet ist, sollten in die vorliegende Entscheidung Vorschriften über die Ausstellung eines Stammzertifikats für Saat- und Pflanzgut beim Eintritt in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Dieses Stammzertifikat sollte sich auf das amtliche OECD-Herkunftszeugnis stützen und die Angabe enthalten, dass das Vermehrungsgut im Rahmen eines Gleichstellungssystems eingeführt wird —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Geltungsbereich

Diese Entscheidung legt die Bedingungen fest, unter denen forstliches Vermehrungsgut der Kategorien „quellengesichert“ und „ausgewählt“, das in einem in Anhang I aufgeführten Drittland erzeugt wurde, in die Gemeinschaft eingeführt werden darf.

Sie gilt unter der Voraussetzung, dass die Anforderungen gemäß Anhang II und der Richtlinien 2000/29/EG und 2001/18/EG erfüllt sind.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die vorliegende Entscheidung gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 der Richtlinie 1999/105/EG.

Artikel 3

Gleichwertigkeit

(1)   Die Regelungen für die Zulassung und Registrierung von Ausgangsmaterial und der anschließenden Erzeugung von Vermehrungsgut aus diesem Ausgangsmaterial unter Kontrolle der in Anhang I dieser Entscheidung aufgeführten Behörden von Drittländern oder unter deren Aufsicht sind als gleichwertig mit denjenigen anzusehen, die von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 1999/105/EG verwendet werden.

(2)   Saat- und Pflanzgut der Kategorien „quellengesichert“ und „ausgewählt“ von in Anhang I der Richtlinie 1999/105/EG aufgeführten Arten, das in den in Anhang I der vorliegenden Entscheidung genannten Drittländern erzeugt und von den im selben Anhang genannten Behörden amtlich zertifiziert wird, ist als gleichwertig mit Saat- und Pflanzgut im Sinne der Richtlinie 1999/105/EG anzusehen, sofern es die Bedingungen gemäß Anhang II der vorliegenden Entscheidung erfüllt.

Artikel 4

Stammzertifikat

Bei der Einfuhr von Saat- und Pflanzgut in die Gemeinschaft informiert der für die Einfuhr zuständige Lieferant die amtliche Stelle des einführenden Mitgliedstaats im Voraus. Vor Inverkehrbringen stellt die amtliche Stelle ein Stammzertifikat auf der Grundlage des amtlichen OECD-Herkunftszeugnisses aus.

Das Stammzertifikat gibt an, dass das Vermehrungsgut im Rahmen eines Gleichstellungssystems eingeführt wird.

Artikel 5

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Entscheidung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab 1. Januar 2009.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 16. Dezember 2008.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

R. BACHELOT-NARQUIN


(1)  ABl. L 11 vom 15.1.2000, S. 17.

(2)  ABl. L 169 vom 10.7.2000, S. 1.

(3)  ABl. L 106 vom 17.4.2001, S. 1.


ANHANG I

Länder und Behörden

Land (1)

Für die Zulassung und Kontrolle der Erzeugung zuständige Behörde

CA

National Forest Genetic Resource Centre/Centre national des ressources génétiques forestières (Nationales Zentrum für forstgenetische Ressourcen)

Natural Resources Canada/Ressources naturelles Canada (Natürliche Ressourcen Kanada)

Canadian Forest Service — Atlantic/Service canadien des forêts — Atlantique

PO Box 4000, Fredericton/Frédéricton

New Brunswick/Nouveau-Brunswick E3B 5P7

CH

Bundesamt für Umwelt (BAFU)

Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

Abteilung Wald

Eidgenössischer Pflanzenschutzdienst

Birmensdorf

HV

Waldforschungsinstitut

Cvjetno naselje 41

10450 Jastrebarsko

NO

Norwegisches Zentrum für forstgenetische Ressourcen

Norwegisches Waldforschungsinstitut

Postfach 115

N-1431 Ås

SR

Direktion für Forsten

Ministerium für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

Omladinskih brigada 1

11 000 Belgrad

TR

Ministerium für Umwelt und Forstwirtschaft (Çevre ve Orman Bakanlığı) — Generaldirektion für Aufforstung und Erosionskontrolle (Ağaçlandirma ve erozyon kontrolu genel müdürlüğü)

Gazi — Ankara

US

National Tree Seed Laboratory (Nationales Laboratorium für Forstsamen)

USDA Forest Service

Purdue University

West Lafayette, Indiana


(1)  CA — Kanada, CH — Schweiz, HV — Kroatien, NO — Norwegen, SR — Serbien, TR — Türkei, US — Vereinigte Staaten von Amerika.


ANHANG II

A.   Anforderungen an in Drittländern erzeugtes Saatgut

1.

Für Saatgut muss amtlich zertifiziert werden, dass es von zugelassenem Ausgangsmaterial stammt, und die Verpackungen müssen gemäß den nationalen Vorschriften in Anwendung des OECD-Systems für Forstsaat- und Pflanzgut verschlossen werden. An jeder Saatgutpartie muss ein amtliches OECD-Etikett befestigt sein; außerdem muss ihr entweder eine Kopie des amtlichen OECD-Herkunftszeugnisses oder ein Dokument des Lieferanten, das sämtliche im amtlichen OECD-Herkunftszeugnis enthaltenen Angaben zusammen mit dem Namen des Lieferanten aufweist, beigefügt sein.

2.

Im Falle von Samen muss das OECD-Etikett oder das Dokument des Lieferanten auch folgende zusätzliche Angaben aufweisen, die nach Möglichkeit mit Hilfe international anerkannter Verfahren ermittelt worden sind:

a)

Reinheit: Gewichtsanteile an Reinsaatgut, Saatgut anderer Arten und unschädlichen Verunreinigungen der in Verkehr gebrachten Saatgutpartie;

b)

Keimfähigkeit des reinen Saatguts oder — für den Fall, dass die Keimfähigkeit nicht oder nicht ohne weiteres ermittelt werden kann — die mit Hilfe einer spezifizierten Methode ermittelte Lebensfähigkeit;

c)

Tausendkorngewicht;

d)

Zahl der keimfähigen Samen je Kilogramm des als Saatgut in Verkehr gebrachten Produkts oder — für den Fall, dass die Zahl der keimfähigen Samen nicht oder nicht ohne weiteres ermittelt werden kann — die Zahl der lebensfähigen Samen je Kilogramm.

3.

Abweichend von Nummer 2 können die dort genannten zusätzlichen Angaben zur Saatgutprüfung anhand international anerkannter Verfahren von dem Lieferanten vorgelegt werden, der das Saatgut vor dem ersten Inverkehrbringen in der Gemeinschaft einführt.

4.

Damit das im laufenden Jahr geerntete Saatgut rasch erhältlich ist, ist das Inverkehrbringen des Saatguts durch den für die Einfuhr zuständigen Lieferanten bis zum ersten Käufer zulässig, selbst wenn nicht alle Anforderungen gemäß Nummer 2 Buchstaben b und d dieses Anhangs erfüllt sind. Der für die Einfuhr zuständige Lieferant muss die Einhaltung der in Nummer 2 Buchstaben b und d niedergelegten Bedingungen möglichst bald bestätigen.

5.

Die Anforderungen im Sinne der Nummer 2 Buchstaben b und d gelten nicht bei kleinen Mengen von Saatgut, wie in der Verordnung (EG) Nr. 2301/2002 der Kommission vom 20. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zu der Richtlinie 1999/105/EG des Rates hinsichtlich der Definition kleiner Mengen von Saatgut (1) festgelegt.

6.

Saatgutpartien müssen eine Artreinheit von mindestens 99 % aufweisen. Gleichwohl ist im Falle eng verwandter Arten — mit Ausnahme künstlicher Hybriden — die Artreinheit der Partie von Früchten oder Samen auf dem Etikett oder dem Dokument des Lieferanten anzugeben, wenn sie weniger als 99 % beträgt.

7.

Abweichend von Nummer 1 dürfen angemessene Mengen folgenden Saatguts von nicht zugelassenem Ausgangsmaterial stammen:

a)

Saatgut für Untersuchungen, wissenschaftliche Forschung oder Generhaltung;

b)

Saatgut, das nachweislich nicht für forstliche Zwecke bestimmt ist.

B.   Anforderungen an in Drittländern erzeugtes Pflanzgut

1.

Die Pflanzguterzeugung muss in einer Baumschule in dem jeweiligen Drittland erfolgen, die bei den in Anhang I dieser Entscheidung genannten Behörden des jeweiligen Drittlandes registriert ist, oder unter der amtlichen Aufsicht dieser Behörden erfolgen. An jeder Sendung muss ein amtliches OECD-Etikett befestigt sein; außerdem muss ihr entweder eine Kopie des amtlichen OECD-Herkunftszeugnisses oder ein Dokument des Lieferanten, das sämtliche im amtlichen OECD-Herkunftszeugnis enthaltenen Angaben und den Namen des Lieferanten aufweist, beigefügt sein.

2.

Pflanzgut muss die Anforderungen des Anhangs VII Teil D der Richtlinie 1999/105/EG erfüllen.

3.

Pflanzgut, das in Regionen mit mediterranem Klima an den Endverbraucher abgegeben werden soll, muss die Anforderungen des Anhangs VII Teil E der Richtlinie 1999/105/EG erfüllen.


(1)  ABl. L 348 vom 21.12.2002, S. 75.