20.10.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 274/32


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 16. Oktober 2009

zur Harmonisierung des 900-MHz-Bands und des 1 800-MHz-Bands für terrestrische Systeme, die europaweite elektronische Kommunikationsdienste in der Gemeinschaft erbringen können

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 7801)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2009/766/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Entscheidung Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung) (1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Frequenzbänder 890—915 MHz und 935—960 MHz waren reserviert und zweckbestimmt für den Betrieb des öffentlichen europaweiten zellularen digitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in allen Mitgliedstaaten entsprechend einer gemeinsamen Spezifikation, die in der Richtlinie 87/372/EWG des Rates vom 25. Juni 1987 über die Frequenzbänder, die für die koordinierte Einführung eines europaweiten öffentlichen zellularen digitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft bereitzustellen sind (2), festgelegt und sodann durch die Empfehlung des Rates vom 25. Juni 1987 für die koordinierte Einführung eines europaweiten öffentlichen zellularen digitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft (3) sowie die Entschließung des Rates vom 14. Dezember 1990 über die Schlussphase in der koordinierten Einführung eines europaweiten öffentlichen zellularen digitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft (GSM) (4) ergänzt worden war.

(2)

Die Richtlinie 2009/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ändert die Richtlinie 87/372/EWG und öffnet die Frequenzbänder 880—915 MHz und 925—960 MHz für das universelle Mobilkommunikationssystem UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) und andere terrestrische Systeme, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen und entsprechend den technischen Durchführungsmaßnahmen, die gemäß der Entscheidung Nr. 676/2002/EG („Frequenzentscheidung“) erlassen werden, störungsfrei neben dem globalen Mobilkommunikationssystem GSM (Global System for Mobile Communications) betrieben werden können. Es sollten deshalb technische Maßnahmen erlassen werden, um im 900-MHz-Band ein störungsfreies Nebeneinander von GSM-System und anderen Systemen zu ermöglichen.

(3)

Die Frequenzbänder 1 710—1 785 MHz und 1 805—1 880 MHz (das „1 800-MHz-Band“) sind für den GSM-Betrieb verfügbar gemacht geworden und werden gegenwärtig überall in Europa für GSM-Systeme genutzt. Das 1 800-MHz-Band sollte ebenfalls unter den gleichen Bedingungen wie das 900-MHz-Band für andere terrestrische Systeme geöffnet werden, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen und störungsfrei neben GSM-Systemen betrieben werden können.

(4)

Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 87/372/EWG zum Schutz der GSM-Nutzung im 900-MHz-Band sollte die derzeitige GSM-Nutzung auch im 1 800-MHz-Band in der gesamten Gemeinschaft geschützt werden, solange es eine hinreichende Nachfrage nach diesem Dienst gibt.

(5)

Gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Frequenzentscheidung erteilte die Kommission am 5. Juli 2006 der Europäischen Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation (nachfolgend „CEPT“ genannt) ein Mandat zur Entwicklung möglichst wenig einschränkender technischer Bedingungen für diese Frequenzbänder im Rahmen ihrer WAPECS-Politik für den Drahtloszugang zu elektronischen Kommunikationsdiensten (Wireless Access Policy for Electronic Communications Services), die auch das 900-MHz-Band und das 1 800-MHz-Band betrifft.

(6)

Technologieneutralität und Dienstneutralität sind politische Ziele, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gruppe für Frequenzpolitik (RSPG) in der WAPECS-Stellungnahme vom 23. November 2005 unterstützt wurden, um eine flexiblere Frequenznutzung zu erreichen. In ihrer WAPECS-Stellungnahme vertritt die Gruppe für Frequenzpolitik die Auffassung, dass diese politischen Ziele schrittweise und nicht abrupt verwirklicht werden sollten, um Marktstörungen zu vermeiden. Die Kommission legte ihre Auffassung hinsichtlich einer flexibleren Frequenznutzung in ihrer Mitteilung über den „zügigen Zugang zu Frequenzen für drahtlose elektronische Kommunikationsdienste durch mehr Flexibilität“ (6) dar und stellte darin u. a. heraus, dass im Zusammenhang mit der Einführung der flexiblen Frequenznutzung für elektronische Kommunikationsdienste eine einheitliche und angemessene Lösung für Mobilfunkfrequenzen, die für Dienste der zweiten und dritten Generation genutzt werden, erforderlich ist.

(7)

Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 87/372/EWG zur Öffnung des 900-MHz-Bands sollte das gegenwärtig für GSM genutzte 1 800-MHz-Band daher ebenfalls für GSM und andere terrestrische Systeme, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen und störungsfrei neben GSM-Systemen betrieben werden können, zugewiesen werden, wobei die Mitgliedstaaten alle notwendigen Maßnahmen treffen sollten, damit der Betrieb der GSM-Systeme vor funktechnischen Störungen geschützt bleibt.

(8)

Weitere Systeme, die im 900-MHz-Band und im 1 800-MHz-Band eingeführt werden sollen, müssen ihre technische Kompatibilität sowohl mit benachbarten Netzen, die von anderen Rechteinhabern in diesen Frequenzbändern betrieben werden, als auch mit der Nutzung benachbarter Frequenzbänder des 900-MHz-Bands bzw. des 1 800-MHz-Bands garantieren.

(9)

Bei Harmonisierungsmaßnahmen gemäß der Frequenzentscheidung erfolgt der Nachweis der technischen Kompatibilität durch Kompatibilitätsuntersuchungen, die von der CEPT im Auftrag der Kommission durchgeführt werden. Diese Untersuchungen sollen helfen, die technischen Bedingungen festzulegen, die sicherstellen, dass eine wachsende Anzahl terrestrischer Systeme, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen können, störungsfrei nebeneinander betrieben werden können. Mit Hilfe des Funkfrequenzausschusses und im Einklang mit den WAPECS-Grundsätzen sollte eine Liste der Systeme, deren technische Kompatibilität nachgewiesen ist, aufgestellt und bei Notwendigkeit von der Kommission angepasst werden, um die Zahl der Systeme mit harmonisiertem Zugang zum 900-MHz-Band und zum 1 800-MHz-Band mit der Zeit zu steigern.

(10)

Auf der Grundlage technischer Untersuchungen, vor allem der Berichte 82 und 96 des Ausschusses für elektronische Kommunikation (ECC) der CEPT und des aufgrund des Mandats vom 5. Juli 2006 ausgearbeiteten CEPT-Berichts 19 kam die CEPT zu dem Schluss, dass UMTS/900/1 800-Netze in städtischen Ballungszentren und deren Randgebieten sowie in ländlichen Gebieten bei Einhaltung ausreichender Trägerfrequenzabstände neben GSM/900/1 800-Netzen störungsfrei eingeführt werden können.

(11)

Die Ergebnisse des der CEPT erteilten Mandats sollten in der Gemeinschaft Anwendung finden und von den Mitgliedstaaten unverzüglich umgesetzt werden, da eine große Marktnachfrage nach UMTS-Diensten in diesen Frequenzbändern besteht. Ferner sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass UMTS-Systeme einen angemessenen Schutz der in benachbarten Frequenzbändern betriebenen Systeme gewährleisten.

(12)

Zur Steigerung der Flexibilität bei gleichzeitiger Wahrung der notwendigen gesamteuropäischen Reichweite der in harmonisierten Frequenzbändern betriebenen elektronischen Kommunikationsdienste sollten die Mitgliedstaaten außerdem befugt sein, neben GSM und anderen festgelegten terrestrischen Systemen, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen können, die Einführung weiterer Systeme im 900-MHz-Band und im 1 800-MHz-Band zu erlauben, sofern sie gewährleisten, dass solche terrestrischen Systeme störungsfrei nebeneinander betrieben werden können.

(13)

Zur technischen Verwaltung des Funkfrequenzspektrums gehört auch die Harmonisierung und Zuweisung von Frequenzbereichen. Diese Harmonisierung sollte die Erfordernisse der allgemeinen politischen Grundsätze, wie sie auf Gemeinschaftsebene ermittelt wurden, widerspiegeln. Die technische Verwaltung des Funkfrequenzspektrums umfasst jedoch weder Zuteilungs- und Genehmigungsverfahren (auch keine Fristen) noch die Entscheidung, ob bei der Zuteilung von Frequenzen wettbewerbsorientierte Auswahlverfahren heranzuziehen sind.

(14)

Unterschiedliche Ausgangssituationen in den Mitgliedstaaten könnten zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Der geltende Rechtsrahmen sieht jedoch Instrumente vor, mit denen die Mitgliedstaaten solche Probleme in angemessener, nicht diskriminierender und objektiver Weise sowie unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts bewältigen können, vor allem im Einklang mit der Richtlinie 87/372/EWG, der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie) (7) und der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (8).

(15)

Die Frequenznutzung unterliegt den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über den Schutz der öffentlichen Gesundheit, insbesondere der Richtlinie 2004/40/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (elektromagnetische Felder) (18. Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (9) und der Empfehlung 1999/519/EG des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz–300 GHz) (10). Der Gesundheitsschutz wird bei Funkausrüstungen dadurch gewährleistet, dass solche Anlagen die wesentlichen Anforderungen der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität (11) erfüllen müssen.

(16)

Um die tatsächliche Nutzung des 900-MHz-Bands und des 1 800-MHz-Bands auch langfristig sicherzustellen, sollten die Behörden weiterhin Studien zur Steigerung der Effizienz und zur innovativen Nutzung durchführen. Im Hinblick auf eine Überarbeitung dieser Entscheidung zur Aufnahme weiterer Technologien könnten diese und andere Studien, die von der CEPT aufgrund weiterer Mandate durchgeführt werden, den Nachweis erbringen, dass neben GSM und UMTS weitere Systeme europaweite elektronische Kommunikationsdienste erbringen und durch geeignete Maßnahmen die technische Kompatibilität mit GSM und UMTS garantieren können.

(17)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen stimmen mit der Stellungnahme des Funkfrequenzausschusses überein —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Diese Entscheidung dient der Harmonisierung der technischen Bedingungen für die Verfügbarkeit und die effiziente Nutzung des 900-MHz-Bands entsprechend der Richtlinie 87/372/EWG sowie des 1 800-MHz-Bands für terrestrische Systeme, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen können.

Artikel 2

Für die Zwecke dieser Entscheidung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

„GSM-System“ ist ein elektronisches Kommunikationsnetz, das den vom ETSI veröffentlichten GSM-Normen, insbesondere EN 301 502 und EN 301 511, entspricht;

b)

„900-MHz-Band“ bezeichnet die Frequenzbänder 880—915 MHz und 925—960 MHz;

c)

„1 800-MHz-Band“ bezeichnet die Frequenzbänder 1 710—1 785 MHz und 1 805—1 880 MHz.

Artikel 3

Die terrestrischen Systeme, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen und störungsfrei neben GSM-Systemen im 900-MHz-Band im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 87/372/EWG betrieben werden können, sind im Anhang aufgeführt. Für sie gelten die darin festgelegten Bedingungen und Umsetzungstermine.

Artikel 4

(1)   Das 1 800-MHz-Band wird mit Wirkung vom 9. November 2009 für GSM-Systeme zugewiesen und verfügbar gemacht.

(2)   Das 1 800-MHz-Band wird für jene anderen terrestrischen Systeme, die europaweite elektronische Kommunikationsdienste erbringen können und im Anhang aufgeführt sind, zu den dort festgelegten Bedingungen und Umsetzungsterminen zugewiesen und verfügbar gemacht.

Artikel 5

(1)   Die Mitgliedstaaten können das 900-MHz-Band und das 1 800-MHz-Band für weitere, nicht im Anhang aufgeführte terrestrische Systeme zuweisen und verfügbar machen, sofern sie sicherstellen, dass

a)

solche Systeme störungsfrei neben den GSM-Systemen betrieben werden können,

b)

solche Systeme sowohl im eigenen Hoheitsgebiet als auch in benachbarten Mitgliedstaaten störungsfrei mit den im Anhang aufgeführten anderen Systemen betrieben werden können.

(2)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die in Artikel 3, in Artikel 4 Absatz 2 und in Absatz 1 dieses Artikels genannten anderen Systeme einen ausreichenden Schutz der Systeme in benachbarten Frequenzbändern garantieren.

Artikel 6

Die Mitgliedstaaten beobachten die Nutzung des 900-MHz-Bands und des 1 800-MHz-Bands, um deren effiziente Nutzung sicherzustellen, und erstatten der Kommission insbesondere dann Bericht, wenn sie eine Änderung des Anhangs für notwendig erachten.

Artikel 7

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 16. Oktober 2009

Für die Kommission

Viviane REDING

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 1.

(2)  ABl. L 196 vom 17.7.1987, S. 85.

(3)  ABl. L 196 vom 17.7.1987, S. 81.

(4)  ABl. C 329 vom 31.12.1990, S. 25.

(5)  Siehe Seite 25 dieses Amtsblatts.

(6)  KOM(2007) 50.

(7)  ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 21.

(8)  ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33.

(9)  ABl. L 159 vom 30.4.2004, S. 1.

(10)  ABl. L 199 vom 30.7.1999, S. 59.

(11)  ABl. L 91 vom 7.4.1999, S. 10.


ANHANG

LISTE DER TERRESTRISCHEN SYSTEME GEMÄSS ARTIKEL 3 UND ARTIKEL 4 ABSATZ 2

Die folgenden technischen Parameter sind ein wesentlicher Teil der notwendigen Bedingungen für ein Nebeneinander benachbarter Netze bei Fehlen bilateraler oder multilateraler Abkommen, ohne jedoch auszuschließen, dass zwischen den Betreibern dieser Netze weniger strenge technische Parameter vereinbart werden.

Systeme

Technische Parameter

Umsetzungstermin

UMTS gemäß den vom ETSI veröffentlichten UMTS-Normen, insbesondere EN 301 908-1, EN 301 908-2, EN 301 908-3 und EN 301 908-11

1.

Trägerfrequenzabstand von mindestens 5 MHz zwischen zwei benachbarten UMTS-Netzen

2.

Trägerfrequenzabstand von mindestens 2,8 MHz zwischen einem UMTS-Netz und einem benachbarten GSM-Netz

9. Mai 2010