24.9.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 248/80


BESCHLUSS (EU) 2015/1601 DES RATES

vom 22. September 2015

zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kann der Rat, wenn sich ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen in einer Notlage befinden, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments vorläufige Maßnahmen zugunsten des bzw. der betreffenden Mitgliedstaaten erlassen.

(2)

Gemäß Artikel 80 AEUV gilt für die Politik der Union im Bereich Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung und ihre Umsetzung der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten und die in diesem Bereich erlassenen Rechtsakte der Union haben entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses Grundsatzes zu enthalten.

(3)

Die jüngste Krisensituation im Mittelmeer veranlasste die Organe der Union, umgehend anzuerkennen, dass ein außergewöhnlicher Zustrom von Migranten in dieser Region stattfindet und konkrete Maßnahmen der Solidarität mit den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen zu fordern. So legte die Kommission auf der gemeinsamen Tagung der Außen- und Innenminister vom 20. April 2015 einen Zehn-Punkte-Plan mit Sofortmaßnahmen als Reaktion auf die Krise vor und verpflichtete sich unter anderem, Optionen für eine Notfall-Umsiedlungsregelung zu prüfen.

(4)

Auf seiner Tagung vom 23. April 2015 beschloss der Europäische Rat unter anderem, die interne Solidarität und Verantwortung zu stärken, und verpflichtete sich insbesondere, die Nothilfe für die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen aufzustocken und Optionen für eine Notfall-Umsiedlung auf freiwilliger Basis unter den Mitgliedstaaten zu prüfen sowie Teams des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) für eine gemeinsame Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz, einschließlich Registrierung und Erfassung von Fingerabdrücken, in die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen zu entsenden.

(5)

In seiner Entschließung vom 28. April 2015 bekräftigte das Europäische Parlament, dass die Reaktion der Union auf die jüngsten Tragödien im Mittelmeer auf Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten basieren muss und dass die Union ihre diesbezüglichen Anstrengungen gegenüber jenen Mitgliedstaaten verstärken muss, die in absoluten oder relativen Zahlen die meisten Flüchtlinge und internationalen Schutz beantragenden Personen aufnehmen.

(6)

Neben Maßnahmen im Bereich Asyl sollten die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen ihre Anstrengungen verstärken, um Maßnahmen zur Bewältigung von gemischten Migrationsströmen an den Außengrenzen der Europäischen Union einzuführen. Diese Maßnahmen sollten die Rechte derjenigen wahren, die internationalen Schutz benötigen, und irreguläre Migration verhindern.

(7)

Auf seiner Tagung vom 25. und 26. Juni 2015 hat der Europäische Rat unter anderem beschlossen, dass drei zentrale Dimensionen parallel vorangebracht werden sollten: Umsiedlung/Neuansiedlung, Rückkehr bzw. Rückführung/Rückübernahme/Wiedereingliederung und Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern. Der Europäische Rat verständigte sich insbesondere angesichts der derzeitigen Krisensituation und des Bekenntnisses zur Stärkung von Solidarität und Verantwortung darauf, im Laufe von zwei Jahren 40 000 Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, von Italien und von Griechenland vorübergehend und ausnahmsweise in andere Mitgliedstaaten umzusiedeln, woran sich alle Mitgliedstaaten beteiligen würden.

(8)

Die besonderen Situationen der Mitgliedstaaten ergeben sich insbesondere aus Migrationsströmen in anderen geografischen Regionen, wie etwa der Migrationsroute über den westlichen Balkan.

(9)

In mehreren Mitgliedstaaten stieg die Gesamtzahl der Migranten — einschließlich der internationalen Schutz beantragenden Personen —, die 2014 in ihr Hoheitsgebiet gelangten, erheblich an; in einigen Mitgliedstaaten setzte sich diese Tendenz 2015 fort. Mehreren Mitgliedstaaten wurde durch finanzielle Soforthilfe seitens der Kommission und operative Unterstützung seitens des EASO bei der Bewältigung dieses Anstiegs geholfen.

(10)

Von den Mitgliedstaaten, die einem erheblichen Druck ausgesetzt sind, haben sich vor allem Italien und Griechenland im Zuge der jüngsten tragischen Ereignisse im Mittelmeer mit einem beispiellosen Zustrom von Migranten in ihr Hoheitsgebiet konfrontiert gesehen, darunter internationalen Schutz beantragende Personen, die unzweifelhaft einen solchen Schutz benötigen, was eine erhebliche Belastung ihrer Migrations- und Asylsysteme zur Folge hat.

(11)

Am 20. Juli 2015 wurde unter Berücksichtigung der besonderen Situationen der Mitgliedstaaten einvernehmlich eine Entschließung der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten über die Umsiedlung von 40 000 Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, aus Griechenland und Italien angenommen. Über einen Zeitraum von zwei Jahren werden demnach 24 000 Personen aus Italien und 16 000 Personen aus Griechenland umgesiedelt werden. Am 14. September 2015 hat der Rat den Beschluss (EU) 2015/1523 (2) angenommen, der eine Regelung vorsieht, wonach Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, von Italien und Griechenland vorübergehend und ausnahmsweise in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden.

(12)

In den letzten Monaten hat sich der Migrationsdruck an den südlichen Land- und Seeaußengrenzen erneut drastisch erhöht, und die Migrationsströme haben sich infolge der zunehmenden Zahl von Migranten, die in und aus Griechenland ankommen, weiter vom zentralen zum östlichen Mittelmeerraum und zur Westbalkanroute verlagert. In Anbetracht der Lage sind weitere vorläufige Maßnahmen zur Entlastung der Asylsysteme Italiens und Griechenlands angezeigt.

(13)

Nach Angaben der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Frontex) erfolgten in den ersten acht Monaten 2015 die meisten irregulären Grenzübertritte in die Union über die zentrale und die östliche Mittelmeerroute. Seit Beginn des Jahres 2015 erreichten etwa 116 000 irreguläre Migranten Italien (einschließlich rund 10 000 irregulärer Migranten, die von den Behörden vor Ort registriert wurden, aber in den Frontex-Angaben noch bestätigt werden müssen). Im Mai und Juni 2015 stellte Frontex 34 691 und im Juli und August 42 356 irreguläre Grenzübertritte fest, d. h. einen Anstieg um 20 %. Griechenland verzeichnete 2015 mit mehr als 211 000 irregulären Migranten, die nach Griechenland gelangt sind (einschließlich etwa 28 000 irregulärer Migranten, die von den Behörden vor Ort registriert wurden, aber in den Frontex-Angaben noch bestätigt werden müssen), ebenfalls einen starken Anstieg. Im Mai und Juni 2015 stellte Frontex 53 624 und im Juli und August 137 000 irreguläre Grenzübertritte fest, d. h. einen Anstieg um 250 %. Ein Großteil der in diesen beiden Regionen entdeckten irregulären Migranten sind Staatsangehörige von Ländern mit einer — laut Eurostat-Daten — hohen Anerkennungsquote in der Union.

(14)

Nach Angaben von Eurostat und EASO beantragten von Januar bis Juli 2015 in Italien 39 183 Personen internationalen Schutz, gegenüber 30 755 im gleichen Zeitraum des Jahres 2014 (ein Anstieg um 27 %). Ein ähnlicher Anstieg war mit 7 475 Anträgen in Griechenland zu verzeichnen (ein Anstieg um 30 %).

(15)

Es wurden bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Italien und Griechenland im Rahmen der Migrations- und Asylpolitik zu unterstützen, unter anderem durch substanzielle Soforthilfe und operative Unterstützung seitens des EASO. Italien und Griechenland waren der zweit- beziehungsweise drittgrößte Empfänger von Mitteln, die im Zeitraum von 2007 bis 2013 im Rahmen des Generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ (SOLID) ausgezahlt wurden, und erhielten darüber hinaus finanzielle Soforthilfe in beträchtlichem Umfang. Italien und Griechenland werden im Zeitraum von 2014 bis 2020 voraussichtlich weiterhin die wichtigsten Begünstigten des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) sein.

(16)

Angesichts der anhaltenden Instabilität und Konflikte in der unmittelbaren Nachbarschaft Italiens und Griechenlands und der sich hieraus ergebenden Migrationsströme in andere Mitgliedstaaten ist es sehr wahrscheinlich, dass deren Migrations- und Asylsysteme auch künftig einem erheblichen, zunehmenden Druck ausgesetzt sein werden, wobei ein beträchtlicher Anteil der Migranten möglicherweise internationalen Schutz benötigen wird. Dies zeigt, dass es unerlässlich ist, gegenüber Italien und Griechenland Solidarität zu bekunden und die bisher zu ihrer Unterstützung ergriffenen Maßnahmen durch vorläufige Maßnahmen im Bereich Asyl und Migration zu ergänzen.

(17)

Am 22. September 2015 hat der Rat den Willen und die Bereitschaft der Mitgliedstaaten zur Kenntnis genommen, sich im Einklang mit dem Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, der für die Politik der Union im Bereich Asyl und Einwanderung gilt, an der Umsiedlung von 120 000 Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, zu beteiligen. Daher hat der Rat beschlossen, diesen Beschluss zu erlassen.

(18)

Es sollte daran erinnert werden, dass der Beschluss (EU) 2015/1523 Italien und Griechenland verpflichtet, als Reaktion auf die Krisensituation einen soliden strategischen Rahmen zu schaffen und den bereits eingeleiteten Reformprozess in diesen Bereichen zu verstärken, um so zu einer strukturellen Lösung für die Bewältigung des außergewöhnlichen Drucks auf ihre Asyl- und Migrationssysteme zu gelangen. Die Fahrpläne, die Italien und Griechenland zu diesem Zweck vorgelegt haben, sollten aktualisiert werden, um diesem Beschluss Rechnung zu tragen.

(19)

In Anbetracht dessen, dass sich der Europäische Rat auf ein Paket von miteinander verknüpften Maßnahmen verständigt hat, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, die Anwendung dieses Beschlusses gegebenenfalls für einen begrenzten Zeitraum auszusetzen, wenn Italien oder Griechenland seinen diesbezüglichen Verpflichtungen nicht nachkommt, nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

(20)

Ab dem 26. September 2016 sollten 54 000 Antragsteller von Italien und Griechenland proportional in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden. Der Rat und die Kommission sollten die Lage hinsichtlich des massiven Zustroms von Drittstaatsangehörigen in die Mitgliedstaaten kontinuierlich überwachen. Die Kommission sollte gegebenenfalls Vorschläge für eine Änderung dieses Beschlusses vorlegen, um der Entwicklung der Situation vor Ort und ihren Auswirkungen auf die Umsiedlungsregelung sowie dem sich entwickelnden Druck auf die Mitgliedstaaten, insbesondere die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen, zu begegnen. Dabei sollte sie die Auffassung des voraussichtlichen begünstigten Mitgliedstaats berücksichtigen

Sollte dieser Beschluss zugunsten eines anderen Mitgliedstaats geändert werden, so sollte dieser Mitgliedstaat an dem Tag, an dem der entsprechende Durchführungsbeschluss des Rates in Kraft tritt, dem Rat und der Kommission einen Fahrplan mit adäquaten Maßnahmen im Bereich Asyl, Erstaufnahme und Rückkehr, die zur Verbesserung der Kapazität, Qualität und Effizienz seiner Systeme in diesem Bereich beitragen, sowie mit Maßnahmen zur Gewährleistung einer angemessenen Durchführung dieses Beschlusses vorlegen, damit er nach Ablauf der Geltungsdauer des Beschlusses einen etwaigen größeren Zustrom von Migranten in sein Hoheitsgebiet besser bewältigen kann.

(21)

Sollte sich ein Mitgliedstaat in einer ähnlichen Notlage befinden, die von einem plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen geprägt ist, so kann der Rat auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 AEUV auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments vorläufige Maßnahmen zugunsten des betreffenden Mitgliedstaats erlassen. Diese Maßnahmen können gegebenenfalls eine Aussetzung der im vorliegenden Beschluss vorgesehenen Verpflichtungen des betreffenden Mitgliedstaats umfassen.

(22)

Gemäß Artikel 78 Absatz 3 AEUV sollten die geplanten Maßnahmen zugunsten von Italien und von Griechenland vorläufiger Natur sein. Ein Zeitraum von 24 Monaten ist angemessen, um zu gewährleisten, dass die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen Italien und Griechenland tatsächlich dabei helfen, den erheblichen Zustrom von Migranten in ihr Hoheitsgebiet zu bewältigen.

(23)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen zur Umsiedlung von Migranten aus Italien und aus Griechenland haben eine vorübergehende Aussetzung der in Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) festgelegten Bestimmung zur Folge, wonach Italien und Griechenland auf der Grundlage der in Kapitel III der genannten Verordnung festgelegten Kriterien für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig wären, sowie eine vorübergehende Aussetzung der Verfahrensschritte, die in den Artikeln 21, 22 und 29 der genannten Verordnung festgelegt sind, einschließlich der Fristen. Die anderen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 einschließlich der in der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 (4) der Kommission und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 (5) der Kommission festgelegten Durchführungsbestimmungen gelten weiterhin, einschließlich der darin enthaltenen Vorschriften zur Verpflichtung des überstellenden Mitgliedstaats, die Kosten für die Überstellung eines Antragstellers in den Umsiedlungsmitgliedstaat zu tragen, sowie zur Zusammenarbeit zum Zwecke der Überstellung zwischen Mitgliedstaaten und zur Übermittlung von Informationen über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet. Dieser Beschluss beinhaltet auch eine Ausnahme von der Zustimmung des Antragstellers auf internationalen Schutz gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (6).

(24)

Umsiedlungsmaßnahmen entbinden die Mitgliedstaaten nicht von der vollständigen Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 einschließlich der Bestimmungen zur Familienzusammenführung, zum besonderen Schutz für unbegleitete Minderjährige und zur Ermessensklausel im Zusammenhang mit humanitären Gründen.

(25)

Unbeschadet der Entscheidungen über Asylanträge auf nationaler Ebene waren die Kriterien festzulegen, nach denen sich entscheidet, welche und wie viele Antragsteller aus Italien und aus Griechenland umgesiedelt werden sollen. Geplant ist ein klares und praktikables System auf der Grundlage der durchschnittlichen Quote der unionsweit in erstinstanzlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes, die von Eurostat unter Zugrundelegung der neuesten verfügbaren Statistiken in Relation zur Gesamtzahl der unionsweit in erster Instanz ergangenen Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz festgelegt wird. Zum einen muss mit der Quote so weit wie möglich sichergestellt werden, dass alle Antragsteller, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, ihre Schutzrechte im Umsiedlungsmitgliedstaat rasch und umfassend in Anspruch nehmen können. Zum anderen wäre damit so weit wie möglich zu verhindern, dass Antragsteller, deren Antrag voraussichtlich abgelehnt wird, in einen anderen Mitgliedstaat umgesiedelt werden und dass sich auf diese Weise ihr Aufenthalt in der Union über Gebühr verlängert. Auf der Grundlage der jüngsten aktualisierten vierteljährlichen Eurostat-Daten zu erstinstanzlichen Entscheidungen sollte in diesem Beschluss eine Quote von 75 % zugrunde gelegt werden.

(26)

Die vorläufigen Maßnahmen sollen die einem erheblichen Druck ausgesetzten Asylsysteme Italiens und Griechenlands insbesondere dadurch entlasten, dass eine bedeutende Zahl der unzweifelhaft internationalen Schutz benötigenden Antragsteller, die nach Inkrafttreten dieses Beschlusses im Hoheitsgebiet Italiens oder Griechenlands eingetroffen sein werden, umgesiedelt werden. Unter Berücksichtigung der Gesamtzahl der Drittstaatsangehörigen, die 2015 irregulär nach Italien und Griechenland gelangt sind, und der Zahl der Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, sollten insgesamt 120 000 Antragsteller, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, aus Italien und Griechenland umgesiedelt werden. Diese Zahl entspricht etwa 43 % aller Drittstaatsangehörigen, die im Juli und August 2015 irregulär nach Italien und Griechenland gelangt sind und unzweifelhaft internationalen Schutz benötigten. Die in diesem Beschluss vorgesehene Umsiedlungsmaßnahme stellt somit angesichts der für 2015 verfügbaren Gesamtzahl der irregulären Grenzübertritte eine gerechte Lastenteilung zwischen Italien und Griechenland einerseits und den übrigen Mitgliedstaaten andererseits dar. Angesichts der vorliegenden Zahlen sollten 13 % dieser Antragsteller aus Italien und 42 % aus Griechenland umgesiedelt werden, und 45 % sollten gemäß diesem Beschluss umgesiedelt werden.

(27)

Innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Beschlusses kann ein Mitgliedstaat bei außergewöhnlichen Umständen und unter Angabe berechtigter Gründe, die mit den Grundwerten der Union gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union vereinbar sind, der Kommission und dem Rat mitteilen, dass er nicht in der Lage ist, sich an der Umsiedlung von bis zu 30 % der Antragsteller, die ihm gemäß diesem Beschluss zugewiesen wurden, zu beteiligen.. Zu derartigen außergewöhnlichen Umständen gehört insbesondere eine Lage, die von einem plötzlichen und massiven Zustrom von Drittstaatsangehörigen geprägt ist, der so groß ist, dass sogar ein gut vorbereitetes Asylsystem, das ansonsten im Einklang mit dem einschlägigen Besitzstand der Union im Asylbereich funktioniert, unter extremen Druck gerät oder ein Risiko eines plötzlichen und massiven Zustroms von Staatsbürgern von Drittländern, das so groß ist, dass es ein sofortiges Tätigwerden rechtfertigt. Nach einer Bewertung sollte die Kommission dem Rat Vorschläge für einen Durchführungsbeschluss zur zeitweisen Aussetzung der Umsiedlung von bis zu 30 % der Antragsteller, die dem betroffenen Mitgliedstaat gemäß dem vorliegenden Beschluss zugewiesen wurden, vorlegen. Sofern dies gerechtfertigt ist, kann die Kommission vorschlagen, die Frist für die Umsiedlung der verbleibenden Zuweisung um bis zu zwölf Monate über den Geltungszeitraum des vorliegenden Beschlusses hinaus aufzuschieben.

(28)

Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung der Umsiedlung in dem Fall der proportionalen Umsiedelung von 54 000 Antragsteller von Italien und Griechenland in andere Mitgliedstaaten für den Fall sicherzustellen, dass die Teilnahme eines oder mehrere Mitgliedstaaten an der Umsiedlung von Antragstellern ausgesetzt werden sollte oder sich nach entsprechenden Mitteilungen an den Rat ein oder mehrere Mitgliedstaaten oder assoziierte Staaten an der Umsiedlung beteiligen, sollten dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden.

Die Übertragung dieser Befugnisse auf den Rat ist gerechtfertigt, weil diese Maßnahmen, die Befugnisse der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten berühren, politisch sensibel sind und die Notwendigkeit besteht, sich umgehend an sich rasch entwickelnde Situationen anpassen zu können.

(29)

Aus dem mit der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 eingerichteten Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) werden zwischen den Mitgliedstaaten vereinbarte Lastenteilungsmaßnahmen gefördert; der Fonds kann an neue politische Entwicklungen in diesem Bereich angepasst werden. Gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 können die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Programme Maßnahmen in Bezug auf die Überstellung von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, durchführen, während nach Artikel 18 dieser Verordnung die Möglichkeit der Zahlung eines Pauschalbetrags von 6 000 EUR für die Überstellung von Personen, die internationalen Schutz genießen, aus einem anderen Mitgliedstaat besteht.

(30)

Im Hinblick auf die Anwendung des Grundsatzes der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten und unter Berücksichtigung dessen, dass dieser Beschluss eine weitere politische Entwicklung in diesem Bereich darstellt, sollte sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten, die nach Maßgabe dieses Beschlusses unzweifelhaft internationalen Schutz benötigende Antragsteller aus Italien und Griechenland umsiedeln, je umgesiedelte Person einen Pauschalbetrag erhalten, der dem in Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 vorgesehenen Pauschalbetrag, nämlich 6 000 EUR, entspricht und für den dieselben Verfahren gelten. Dies bedeutet eine begrenzte, vorübergehende Abweichung von Artikel 18 der genannten Verordnung, da der Pauschalbetrag für umgesiedelte Antragsteller anstatt für Personen, die internationalen Schutz genießen, zu zahlen ist. Eine solche vorübergehende Ausweitung des Kreises der Personen, für die dieser Pauschalbetrag in Betracht kommt, dürfte in der Tat ein wesentlicher Bestandteil der durch diesen Beschluss geschaffenen Notfallregelung sein. Im Hinblick auf die Kosten für die Überstellung von Personen, die nach Maßgabe dieses Beschlusses umgesiedelt werden, sollten Italien und Griechenland außerdem für jede Person, die aus ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet umgesiedelt wird, einen Pauschalbetrag von mindestens 500 EUR erhalten, wobei den tatsächlichen Kosten der Überstellung eines Antragstellers an den Umsiedlungsmitgliedstaat Rechnung getragen werden sollte. Die Mitgliedstaaten sollten einen zusätzlichen Vorfinanzierungsbetrag in Anspruch nehmen können, der 2016 nach einer Änderung ihrer nationalen Programme im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds zwecks Durchführung von Maßnahmen auf der Grundlage dieses Beschlusses auszuzahlen wäre.

(31)

Es muss dafür gesorgt werden, dass ein Verfahren für eine rasche Umsiedlung eingeführt wird und dass die vorläufigen Maßnahmen im Wege einer engen administrativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit operativer Unterstützung durch das EASO durchgeführt werden.

(32)

Der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung sollte während des gesamten Umsiedlungsverfahrens bis zum Abschluss der Überstellung des Antragstellers Rechnung getragen werden. Unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte des Antragstellers, einschließlich der einschlägigen Datenschutzvorschriften, sollte ein Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten unterrichten, wenn er berechtigte Gründe zu der Annahme hat, dass ein Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellt.

(33)

Bei der Entscheidung darüber, welche Antragsteller, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, aus Italien und Griechenland umgesiedelt werden sollten, ist schutzbedürftigen Personen im Sinne der Artikel 21 und 22 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (7) Vorrang einzuräumen. Die besonderen Bedürfnisse von Antragstellern, einschließlich ihrer Gesundheit, sollten ein vorrangiges Anliegen sein. Das Kindeswohl ist stets vorrangig zu berücksichtigen.

(34)

Die Integration von Antragstellern, die eindeutig internationalen Schutz benötigen, in die Aufnahmegesellschaft ist die Grundlage eines ordnungsgemäß funktionierenden gemeinsamen europäischen Asylsystems. Daher sollte bei der Entscheidung darüber, in welchen Mitgliedstaat die Umsiedlung erfolgen sollte, den speziellen Qualifikationen und Eigenschaften der betreffenden Antragsteller wie ihren Sprachkenntnissen und anderen individuellen Angaben aufgrund von nachgewiesenen familiären, kulturellen oder sozialen Bindungen, die ihre Integration in den Umsiedlungsmitgliedstaat erleichtern könnten, besonders Rechnung getragen werden. Bei besonders schutzbedürftigen Antragstellern sollte berücksichtigt werden, inwieweit der Umsiedlungsmitgliedstaat in der Lage ist, diesen Antragstellern angemessene Unterstützung zu gewähren, und dass eine gerechte Verteilung dieser Antragsteller auf die Mitgliedstaaten sicherzustellen ist. Unter gebührender Wahrung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung können die Umsiedlungsmitgliedstaaten auf der Grundlage der obengenannten Informationen ihre Präferenzen in Bezug auf Antragsteller angeben; auf dieser Grundlage können Italien und Griechenland im Benehmen mit dem EASO und gegebenenfalls Verbindungsbeamten Listen von möglichen Antragstellern, die für eine Umsiedlung in die betreffenden Mitgliedstaaten infrage kommen, erstellen.

(35)

Die Rechts- und Verfahrensgarantien, die in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 festgeschrieben sind, gelten auch für die unter diesen Beschluss fallenden Antragsteller. Des Weiteren sollten die Antragsteller über das in diesem Beschluss festgelegte Umsiedlungsverfahren informiert und über die Umsiedlungsentscheidung, die eine Überstellungsentscheidung im Sinne des Artikels 26 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 darstellt, in Kenntnis gesetzt werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Antragsteller nach Unionsrecht den für seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat nicht selbst auswählen kann, sollte er — allerdings nur im Hinblick auf die Wahrung seiner Grundrechte — das Recht haben, im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Umsiedlungsentscheidung einzulegen. Im Einklang mit Artikel 27 der genannten Verordnung können die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorsehen, dass der Rechtsbehelf gegen die Überstellungsentscheidung nicht automatisch die Aussetzung der Überstellung des Antragstellers bedeutet, sondern dass die betreffende Person beantragen kann, dass die Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs ausgesetzt wird.

(36)

Vor und nach der Überstellung in die Umsiedlungsmitgliedstaaten haben die Antragsteller Anspruch auf die Rechte und Garantien, die in der Richtlinie 2013/32/EU (8) und der Richtlinie 2013/33/EU (9) des Europäischen Parlaments und des Rates, unter anderem in Bezug auf ihre besonderen Bedürfnisse bei der Aufnahme und hinsichtlich des Verfahrens, festgelegt sind. Außerdem gilt die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) auch für die unter diesen Beschluss fallenden Antragsteller, und die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (11) gilt für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die kein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet haben. Vorstehendes unterliegt den Beschränkungen bei der Anwendung dieser Richtlinien.

(37)

Im Einklang mit dem Besitzstand der Union sollten Italien und Griechenland einen robusten Mechanismus für die Identifizierung, die Registrierung und die Abnahme von Fingerabdrücken für das Umsiedlungsverfahren gewährleisten, damit die Personen, die internationalen Schutz benötigen und für eine Umsiedlung infrage kommen, und die Migranten, die nicht die Voraussetzungen für die Gewährung des internationalen Schutzes erfüllen und daher rücküberführt werden sollten, rasch identifiziert werden können. Dies sollte auch für Personen gelten, die im Hoheitsgebiet Italiens oder Griechenlands zwischen dem 24. März und dem 25. September 2015 eingetroffen sind, damit sie für eine Umsiedlung infrage kommen. Wenn eine freiwillige Rückkehr nicht möglich ist und andere Maßnahmen im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG sich als unangemessen erweisen, um eine Sekundärmigration zu verhindern, sollten Inhaftierungsmaßnahmen gemäß Kapitel IV dieser Richtlinie dringend und wirksam angewendet werden. Antragsteller, die sich dem Umsiedlungsverfahren entziehen, sollten von der Umsiedlung ausgeschlossen werden.

(38)

Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Sekundärmigration von umgesiedelten Personen aus dem Umsiedlungsmitgliedstaat in andere Mitgliedstaaten zu verhindern, da dies die wirksame Durchführung dieses Beschlusses beeinträchtigen könnte. Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht die erforderlichen Präventivmaßnahmen im Bereich des Zugangs zu Sozialleistungen und Rechtsbehelfen ergreifen. Außerdem sollten die Antragsteller über die Folgen einer irregulären Weiterreise in andere Mitgliedstaaten sowie darüber informiert werden, dass sie, wenn ihnen der Umsiedlungsmitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, Anspruch auf die mit dem internationalen Schutz verbundenen Rechte nur in diesem Mitgliedstaat haben.

(39)

Außerdem sollten im Einklang mit den Zielen gemäß der Richtlinie 2013/33/EU einheitliche Aufnahmebedingungen in den Mitgliedstaaten dazu beitragen, die auf unterschiedliche Aufnahmevorschriften zurückzuführende Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, einzudämmen. Im Hinblick auf das Erreichen des gleichen Ziels sollten die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, Meldepflichten einzuführen und Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen, einschließlich Unterkunft, Verpflegung und Kleidung, nur in Form von Sachleistungen zu gewähren, sowie gegebenenfalls dafür zu sorgen, dass die Antragsteller direkt an den Umsiedlungsmitgliedstaat überstellt werden. Ebenso sollten die Mitgliedstaaten während der Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz, wie dies im Besitzstand der Union im Asylbereich und im Schengen-Besitzstand vorgesehen ist, außer aus schwerwiegenden humanitären Gründen den Antragstellern weder nationale Reisedokumente ausstellen noch ihnen andere Anreize, etwa finanzieller Art, bieten, die ihre irreguläre Weiterreise in andere Mitgliedstaaten erleichtern könnten. Im Falle irregulärer Weiterreisen in andere Mitgliedstaaten sollten Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, und Personen, die internationalen Schutz genießen, verpflichtet werden, in den Umsiedlungsmitgliedstaat zurückzukehren, und dieser Mitgliedstaat sollte diese Personen unverzüglich wieder aufnehmen.

(40)

Um die Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz genießen, zu verhindern, sollten die Mitgliedstaaten zudem die Personen, die internationalen Schutz genießen, über die Bedingungen, unter denen sie legal in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich in diesem aufhalten dürfen, informieren; ferner sollten sie Meldepflichten einführen können. Gemäß der Richtlinie 2008/115/EG sollten die Mitgliedstaaten Personen, die internationalen Schutz genießen und sich irregulär in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, auffordern, unverzüglich in den Umsiedlungsmitgliedstaat zurückzukehren. Verweigert die betreffende Person die freiwillige Rückkehr, so sollte eine Rückführung in den Umsiedlungsmitgliedstaat erfolgen.

(41)

Sofern dies in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist, kann der Mitgliedstaat, der die Rückführung veranlasst hat, im Falle einer Rückführung in den Umsiedlungsmitgliedstaat ferner beschließen, ein nationales Einreiseverbot zu verhängen, das die betreffende Person für einen bestimmten Zeitraum daran hindern soll, wieder in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats einzureisen.

(42)

Da es Ziel dieses Beschlusses ist, auf eine Notsituation zu reagieren und Italien und Griechenland bei der Stärkung ihres Asylsystems zu unterstützen, sollte diesen beiden Ländern im Rahmen dieses Beschlusses gestattet sein, mit Unterstützung der Kommission bilaterale Vereinbarungen mit Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz über die Umsiedlung von unter diesen Beschluss fallenden Personen zu schließen. Solche Abkommen sollten ferner die zentralen Elemente dieses Beschlusses widerspiegeln, insbesondere die Elemente betreffend das Umsiedlungsverfahren und die Rechte und Pflichten der Antragsteller sowie die Elemente in Bezug auf die Verordnung (EU) Nr. 604/2013.

(43)

Die spezifische Unterstützung für Italien und Griechenland durch die Umsiedlungsregelung sollte durch weitere Maßnahmen, von der Ankunft von Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet Italiens oder Griechenlands bis zum Abschluss aller geltenden Verfahren, in Abstimmung mit dem EASO und anderen zuständigen Agenturen wie Frontex ergänzt werden, die nach Maßgabe der Richtlinie 2008/115/EG die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die kein Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet haben, koordinieren.

(44)

Da die Ziele dieses Beschlusses von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht dieser Beschluss nicht über das zur Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(45)

Dieser Beschluss steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

(46)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich das Vereinigte Königreich nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

(47)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

(48)

Bestätigt die Kommission, nachdem sie eine Mitteilung von einem von Protokoll Nr. 21 erfassten Mitgliedstaat nach Artikel 4 dieses Protokolls erhalten hat, gemäß Artikel 331 Absatz 1 AEUV die Beteiligung dieses Mitgliedstaats an diesem Beschluss, so sollte der Rat die Anzahl der Antragsteller festlegen, die in diesen Mitgliedstaat umgesiedelt werden sollen. Ferner sollte der Rat die Zuweisungen der anderen Mitgliedstaaten entsprechend anpassen, indem er diese anteilsmäßig verringert.

(49)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

(50)

Angesichts der Dringlichkeit der Lage sollte dieser Beschluss am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

(1)   Mit diesem Beschluss werden vorläufige Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland eingeführt, um diese Länder dabei zu unterstützen, eine durch den plötzlichen Zustrom von Drittstaatsangehörigen in die betreffenden Mitgliedstaaten geprägte Notlage besser zu bewältigen.

(2)   Die Kommission überwacht die Lage hinsichtlich des massiven Zustroms von Drittstaatsangehörigen in die Mitgliedstaaten kontinuierlich.

Die Kommission wird gegebenenfalls Vorschläge für eine Änderung dieses Beschlusses vorlegen, um den Entwicklungen der Situation vor Ort und ihren Auswirkungen auf die Umsiedlungsregelung sowie dem sich entwickelnden Druck auf die Mitgliedstaaten, insbesondere die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen, Rechnung zu tragen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck

a)

„Antrag auf internationalen Schutz“ einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Artikels 2 Buchstabe h der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (12);

b)

„Antragsteller“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde;

c)

„internationaler Schutz“ die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus im Sinne des Artikels 2 Buchstabe e bzw. g der Richtlinie 2011/95/EU;

d)

„Familienangehörige“ die Familienmitglieder im Sinne des Artikels 2 Buchstabe g der Verordnung (EU) Nr. 604/2013;

e)

„Umsiedlung“ die Überstellung eines Antragstellers aus dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der nach den Kriterien in Kapitel III der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 für die Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, in das Hoheitsgebiet des Umsiedlungsmitgliedstaats;

f)

„Umsiedlungsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nach Umsiedlung des Antragstellers in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats zuständig ist.

Artikel 3

Geltungsbereich

(1)   Eine Umsiedlung nach Maßgabe dieses Beschlusses erfolgt nur bei Antragstellern, die einen Antrag auf internationalen Schutz in Italien oder Griechenland gestellt haben und für die diese Staaten nach den Kriterien für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats in Kapitel III der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 sonst zuständig gewesen wären.

(2)   Eine Umsiedlung nach Maßgabe dieses Beschlusses erfolgt nur bei Antragstellern, die Staaten angehören, bei deren Staatsangehörigen der Anteil der Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes im Verhältnis zu allen in erster Instanz ergangenen Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz gemäß Kapitel III der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (13) nach den jüngsten aktualisierten vierteljährlichen Eurostat-Daten im Unionsdurchschnitt mindestens 75 % beträgt. Bei Staatenlosen wird das Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts herangezogen. Die vierteljährlichen Aktualisierungen werden nur bei Antragstellern berücksichtigt, bei denen nicht bereits festgestellt wurde, dass sie gemäß Artikel 5 Absatz 3 dieses Beschlusses umgesiedelt werden könnten.

Artikel 4

Umsiedlung von 120 000 Antragstellern in andere Mitgliedstaaten

(1)   Es werden 120 000 Antragsteller in die anderen Mitgliedstaaten umgesiedelt, wobei Folgendes gilt:

a)

15 600 Antragsteller werden entsprechend der Tabelle in Anhang I aus Italien in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten umgesiedelt.

b)

50 400 Antragsteller werden entsprechend der Tabelle in Anhang II aus Griechenland in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten umgesiedelt.

c)

54 000 Antragsteller werden im Verhältnis zu den Zahlen in den Anhängen I und II entweder gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels oder durch eine in Artikel 1 Absatz 2 und Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannte Änderung dieses Beschlusses in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten umgesiedelt.

(2)   Ab dem 26. September 2016 werden die in Absatz 1 Buchstabe c genannten 54 000 Antragsteller aus Italien und Griechenland anteilsgemäß auf der Grundlage von Absatz 1 Buchstaben a und b im Verhältnis zu den Zahlen in den Anhängen I und II in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten umgesiedelt. Die Kommission legt dem Rat einen Vorschlag mit den jeweils pro Mitgliedstaat zuzuweisenden Zahlen vor.

(3)   Ist die Kommission bis 26. September 2016 der Ansicht, dass eine Anpassung der Umsiedlungsregelung durch die Entwicklung der Situation vor Ort gerechtfertigt ist, oder dass sich ein Mitgliedstaat infolge einer deutlichen Verlagerung von Wanderungsbewegungen in einer Notlage befindet, die von einem plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen geprägt ist, so kann sie dem Rat gemäß Artikel 1 Absatz 2 entsprechende Vorschläge unterbreiten; dabei berücksichtigt sie die Auffassung des voraussichtlichen begünstigten Mitgliedstaats.

Ebenso kann ein Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission unter Angabe berechtigter Gründe mitteilen, dass er sich in einer ähnlichen Notlage befindet. Die Kommission prüft die Begründung und unterbreitet dem Rat gegebenenfalls Vorschläge gemäß Artikel 1 Absatz 2.

(4)   Bestätigt die Kommission, nachdem sie eine Mitteilung von einem von Protokoll Nr. 21 erfassten Mitgliedstaat nach Artikel 4 dieses Protokolls erhalten hat, gemäß Artikel 331 Absatz 1 AEUV die Beteiligung des betreffenden Mitgliedstaats an diesem Beschluss, so legt der Rat auf Vorschlag der Kommission die Anzahl der Antragsteller fest, die in diesen Mitgliedstaat umgesiedelt werden. In demselben Durchführungsbeschluss passt der Rat ferner die Zuweisungen der anderen Mitgliedstaaten entsprechend an, indem er diese anteilsmäßig verringert.

(5)   Ein Mitgliedstaat kann dem Rat und der Kommission bei außergewöhnlichen Umständen und unter Angabe berechtigter Gründe, die mit den Grundwerten der Union gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union vereinbar sind, bis zum 26. Dezember 2015 mitteilen, dass er nicht in der Lage ist, sich an dem Umsiedlungsprozess von bis zu 30 % der Antragsteller, die ihm gemäß Absatz 1 zugewiesen wurden, zu beteiligen.

Die Kommission prüft die Begründung und unterbreitet dem Rat Vorschläge zur zeitweiligen Aussetzung der Umsiedlung von bis zu 30 % der Antragsteller, die dem Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 zugewiesen wurden. Sofern dies gerechtfertigt ist, kann die Kommission vorschlagen, die Frist für die Umsiedlung der Antragsteller der verbleibenden Zuweisung um bis zu zwölf Monate über den in Artikel 13 Absatz 2 genannten Tag hinaus aufzuschieben.

(6)   Der Rat entscheidet binnen eines Monats über die in Absatz 5 genannten Vorschläge.

(7)   Für die Zwecke der Anwendung der Absätze 2, 4 und 6 des vorliegenden Artikels und des Artikels 11 Absatz 2 erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission einen Durchführungsbeschluss.

Artikel 5

Umsiedlungsverfahren

(1)   Für die Zwecke der zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen administrativen Zusammenarbeit benennt jeder Mitgliedstaat eine nationale Kontaktstelle, deren genaue Angaben er den anderen Mitgliedstaaten und dem EASO mitteilt. Die Mitgliedstaaten treffen in Abstimmung mit dem EASO und den anderen zuständigen Agenturen alle zweckdienlichen Vorkehrungen für eine direkte Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden, auch über die Gründe nach Absatz 7.

(2)   Die Mitgliedstaaten geben in regelmäßigen Abständen, zumindest aber alle drei Monate, die Zahl der Antragsteller an, die schnell in ihr Hoheitsgebiet umgesiedelt werden können, und übermitteln alle sonstige einschlägige Informationen.

(3)   Auf der Grundlage dieser Informationen bestimmen Italien und Griechenland mit Unterstützung des EASO und gegebenenfalls der in Absatz 8 genannten Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten die einzelnen Antragsteller, die in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden könnten, und übermitteln den Kontaktstellen dieser Mitgliedstaaten so bald wie möglich alle einschlägigen Informationen. Dabei wird schutzbedürftigen Personen im Sinne der Artikel 21 und 22 der Richtlinie 2013/33/EU Vorrang eingeräumt.

(4)   Nach Zustimmung des Umsiedlungsmitgliedstaats entscheiden Italien und Griechenland in Abstimmung mit dem EASO so bald wie möglich, dass jeder ermittelte Antragsteller in einen bestimmten Umsiedlungsmitgliedstaat umgesiedelt wird, und setzen den Antragsteller gemäß Artikel 6 Absatz 4 davon in Kenntnis. Der Umsiedlungsmitgliedstaat kann nur dann entscheiden, der Umsiedlung eines Antragstellers nicht zuzustimmen, wenn berechtigte Gründe nach Absatz 7 vorliegen.

(5)   Antragsteller, deren Fingerabdrücke entsprechend den Vorgaben in Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 abgenommen werden müssen, dürfen nur dann für eine Umsiedlung vorgeschlagen werden, wenn ihre Fingerabdrücke gemäß der genannten Verordnung abgenommen und dem Zentralsystem von Eurodac übermittelt wurden.

(6)   Die Überstellung eines Antragstellers in das Hoheitsgebiet des Umsiedlungsmitgliedstaats erfolgt so bald wie möglich, nachdem die Überstellungsentscheidung gemäß Artikel 6 Absatz 4 dieses Beschlusses der betroffenen Person zugestellt wurde. Italien und Griechenland teilen dem Umsiedlungsmitgliedstaat das Datum und die Uhrzeit der Überstellung sowie jegliche anderen einschlägigen Informationen mit.

(7)   Die Mitgliedstaaten behalten nur dann das Recht, die Umsiedlung eines Antragstellers abzulehnen, wenn berechtigte Gründe dafür vorliegen, dass der Antragsteller als Gefahr für ihre nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung betrachtet wird oder wenn schwerwiegende Gründe für die Anwendung der Ausnahmen gemäß den Artikeln 12 und 17 der Richtlinie 2011/95/EU vorliegen.

(8)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, für die Durchführung sämtlicher Aspekte des Umsiedlungsverfahrens nach Maßgabe dieses Artikels nach Austausch aller einschlägigen Informationen Verbindungsbeamte in Italien und Griechenland zu benennen.

(9)   Im Einklang mit dem Besitzstand der Union kommen die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen in vollem Umfang nach. Dementsprechend werden die Identifizierung, Registrierung und Abnahme von Fingerabdrücken für das Umsiedlungsverfahren von Italien und Griechenland garantiert. Um sicherzustellen, dass dieser Prozess sich auch künftig effizient und praktikabel gestaltet, werden ordnungsgemäß Aufnahmemöglichkeiten organisiert und Maßnahmen getroffen, um die Menschen im Einklang mit dem Besitzstand der Union vorübergehend unterzubringen, bis rasch eine Entscheidung über ihre Situation getroffen wird. Antragsteller, die sich dem Umsiedlungsverfahren entziehen, werden von der Umsiedlung ausgeschlossen.

(10)   Das in diesem Artikel vorgesehene Umsiedlungsverfahren wird so rasch wie möglich, in jedem Fall jedoch spätestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt der Angabe durch den Umsiedlungsmitgliedstaat nach Absatz 2, abgeschlossen, es sei denn, die Zustimmung des Umsiedlungsmitgliedstaates gemäß Absatz 4 erfolgt weniger als zwei Wochen vor Ablauf dieser Zweimonatsfrist. In diesem Fall kann die Frist für den Abschluss des Umsiedlungsverfahrens um höchstens zwei weitere Wochen verlängert werden. Darüber hinaus kann die Frist erforderlichenfalls um weitere vier Wochen verlängert werden, wenn Italien oder Griechenland objektive praktische Hindernisse vorweisen, die die Überstellung verhindern.

Wird das Umsiedlungsverfahren nicht innerhalb dieser Fristen abgeschlossen und verständigen sich Italien und Griechenland mit dem Umsiedlungsmitgliedstaat nicht auf eine angemessene Verlängerung dieser Frist, sind Italien und Griechenland weiterhin für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zuständig.

(11)   Nach der Umsiedlung des Antragstellers nimmt der Umsiedlungsmitgliedstaat die Fingerabdrücke des Antragstellers ab und übermittelt sie dem Zentralsystem von Eurodac im Einklang mit Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 und aktualisiert die Datensätze gemäß Artikel 10 und gegebenenfalls Artikel 18 der genannten Verordnung.

Artikel 6

Rechte und Pflichten der Personen, die internationalen Schutz beantragt haben und unter diesen Beschluss fallen

(1)   Bei der Durchführung dieses Beschlusses berücksichtigen die Mitgliedstaaten vorrangig das Kindeswohl.

(2)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Familienangehörige, die unter diesen Beschluss fallen, in das Hoheitsgebiet desselben Mitgliedstaats umgesiedelt werden.

(3)   Vor der Entscheidung zur Umsiedlung eines Antragstellers informieren Italien und Griechenland den Antragsteller in einer Sprache, die dieser versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, über das in diesem Beschluss festgelegte Umsiedlungsverfahren.

(4)   Wenn die Entscheidung zur Umsiedlung eines Antragstellers getroffen wurde, setzen Italien und Griechenland die betreffende Person vor der tatsächlichen Umsiedlung von der Entscheidung, sie umzusiedeln, schriftlich in Kenntnis. In dieser Entscheidung wird der Umsiedlungsmitgliedstaat angegeben.

(5)   Antragsteller oder internationalen Schutz genießende Personen, die in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, der nicht der Umsiedlungsmitgliedstaat ist, einreisen, ohne die Voraussetzungen für den Aufenthalt in diesem anderen Mitgliedstaat zu erfüllen, müssen unverzüglich zurückkehren. Sie müssen unverzüglich wieder vom Umsiedlungsmitgliedstaat aufgenommen werden.

Artikel 7

Operative Unterstützung für Italien und Griechenland

(1)   Um Italien und Griechenland dabei zu unterstützen, den durch den derzeit erhöhten Migrationsdruck an ihren Außengrenzen bedingten außergewöhnlichen Druck auf ihre Asyl- und Migrationssysteme besser zu bewältigen, verstärken die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit Italien und Griechenland ihre operative Unterstützung im Bereich des internationalen Schutzes mittels der vom EASO, Frontex und anderen zuständigen Agenturen koordinierten Tätigkeiten, insbesondere indem sie gegebenenfalls nationale Sachverständige für die folgenden Unterstützungsmaßnahmen bereitstellen:

a)

die Überprüfung der in Italien und Griechenland eintreffenden Drittstaatsangehörigen, einschließlich ihrer eindeutigen Identifizierung, der Abnahme ihrer Fingerabdrücke und der Registrierung sowie gegebenenfalls der Registrierung ihrer Anträge auf internationalen Schutz und, auf Antrag von Italien oder Griechenland, deren Erstbearbeitung;

b)

die Bereitstellung von Informationen und eventuell benötigter besonderer Unterstützung für Antragsteller oder potenzielle Antragsteller, die auf der Grundlage dieses Beschlusses umgesiedelt werden könnten;

c)

die Vorbereitung und Organisation von Rückführungsaktionen für Drittstaatsangehörige, die entweder keinen internationalen Schutz beantragt haben oder deren Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet nicht mehr besteht.

(2)   Zusätzlich zu der Unterstützung nach Absatz 1 und zum Zwecke der Erleichterung der Durchführung aller Schritte des Umsiedlungsverfahrens erhalten Italien und Griechenland gegebenenfalls spezifische Unterstützung mittels relevanter Tätigkeiten, die vom EASO, Frontex und anderen einschlägigen Agenturen koordiniert werden.

Artikel 8

Von Italien und Griechenland zu ergreifende ergänzende Maßnahmen

(1)   Italien und Griechenland legen eingedenk der Verpflichtungen nach Artikel 8 Absatz 1 des Beschlusses (EU) 2015/1523 bis zum 26. Oktober 2015 dem Rat und der Kommission jeweils einen aktualisierten Fahrplan vor, der der Notwendigkeit, eine angemessene Durchführung des vorliegenden Beschlusses zu gewährleisten, Rechnung trägt.

(2)   Sollte dieser Beschluss zugunsten eines anderen Mitgliedsstaates gemäß Artikel 1 Absatz 2 und Artikel 4 Absatz 3 geändert werden, so legt dieser Mitgliedstaat an dem Tag, an dem der entsprechende Änderungsbeschluss des Rates in Kraft tritt, dem Rat und der Kommission einen Fahrplan mit adäquaten Maßnahmen im Bereich Asyl, Erstaufnahme und Rückkehr, die zur Verbesserung der Kapazität, Qualität und Effizienz seiner Systeme in diesem Bereich beitragen, sowie mit Maßnahmen zur Gewährleistung einer angemessenen Durchführung dieses Beschlusses vor. Dieser Mitgliedstaat setzt diesen Fahrplan vollständig um.

(3)   Wenn Italien oder Griechenland den Verpflichtungen nach Absatz 1 nicht nachkommt, kann die Kommission, nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, beschließen, die Anwendung dieses Beschlusses in Bezug auf diesen Mitgliedstaat für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten auszusetzen. Die Kommission kann einmal beschließen, diese Aussetzung für einen weiteren Zeitraum von bis zu drei Monaten zu verlängern. Eine solche Aussetzung berührt nicht die Überstellung von Antragstellern, die nach Zustimmung des Umsiedlungsmitgliedstaats nach Artikel 5 Absatz 4 anhängig ist.

Artikel 9

Weitere Notlagen

Befindet sich ein Mitgliedstaat in einer Notlage, die von einem plötzlichen Zustrom von Drittstaatsangehörigen geprägt ist, so kann der Rat gemäß Artikel 78 Absatz 3 AEUV auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments vorläufige Maßnahmen zugunsten des betreffenden Mitgliedstaats erlassen. Diese Maßnahmen können gegebenenfalls eine Aussetzung der Beteiligung dieses Mitgliedstaats an der im vorliegenden Beschluss vorgesehenen Umsiedlung sowie eventuelle Ausgleichsmaßnahmen für Italien und Griechenland umfassen.

Artikel 10

Finanzielle Unterstützung

(1)   Für jede nach diesem Beschluss umgesiedelte Person

a)

erhält der Umsiedlungsmitgliedstaat einen Pauschalbetrag von 6 000 EUR;

b)

erhalten Italien oder Griechenland einen Pauschalbetrag von mindestens 500 EUR.

(2)   Die finanzielle Unterstützung erfolgt nach Maßgabe des Artikels 18 der Verordnung (EU) Nr. 516/2014. Abweichend von der Vorfinanzierungsregelung in der genannten Verordnung erhalten die Mitgliedstaaten 2016 einen Vorfinanzierungsbetrag in Höhe von 50 % der ihnen auf der Grundlage dieses Beschlusses insgesamt zugewiesenen Mittel.

Artikel 11

Zusammenarbeit mit assoziierten Staaten

(1)   Mit Unterstützung der Kommission können bilaterale Vereinbarungen zwischen Italien einerseits und Island, Liechtenstein, Norwegen bzw. der Schweiz andererseits sowie zwischen Griechenland einerseits und Island, Liechtenstein, Norwegen bzw. der Schweiz andererseits über die Umsiedlung von Antragstellern aus dem Hoheitsgebiet Italiens und Griechenlands in das Hoheitsgebiet der letztgenannten Staaten geschlossen werden. Die zentralen Elemente dieses Beschlusses, insbesondere die Elemente betreffend das Umsiedlungsverfahren und die Rechte und Pflichten der Antragsteller, werden in diesen Abkommen in gebührender Weise berücksichtigt.

(2)   Werden solche bilateralen Vereinbarungen geschlossen, teilt Italien bzw. Griechenland dem Rat und der Kommission die Anzahl der Antragsteller mit, die in die assoziierten Staaten umgesiedelt werden sollen. Der Rat passt auf Vorschlag der Kommission die Zuweisungen der Mitgliedstaaten entsprechend an, indem er sie anteilsmäßig verringert.

Artikel 12

Berichterstattung

Auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten und den zuständigen Agenturen bereitgestellten Informationen erstattet die Kommission dem Rat alle sechs Monate über die Durchführung dieses Beschlusses Bericht.

Auf der Grundlage der von Italien und Griechenland bereitgestellten Informationen erstattet die Kommission dem Rat alle sechs Monate über die Umsetzung der in Artikel 8 genannten Fahrpläne Bericht.

Artikel 13

Inkrafttreten

(1)   Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Er gilt bis zum 26. September 2017.

(3)   Er gilt für Personen, die ab dem 25. September 2015 bis zum 26. September 2017 auf dem Hoheitsgebiet Italiens und Griechenlands eintreffen, sowie für Antragsteller, die seit dem 24. März 2015 auf dem Hoheitsgebiet dieser Mitgliedstaaten eingetroffen sind.

Geschehen zu Brüssel am 22. September 2015.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. ASSELBORN


(1)  Stellungnahme vom 17. September 2015 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Beschluss (EU) 2015/1523 des Rates vom 14. September 2015 zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland (ABl. L 239 vom 15.9.2015, S. 146).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31).

(4)  Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 222 vom 5.9.2003, S. 3).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 39 vom 8.2.2014, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, zur Änderung der Entscheidung 2008/381/EG des Rates und zur Aufhebung der Entscheidungen Nr. 573/2007/EG und Nr. 575/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Entscheidung 2007/435/EG des Rates (ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 168).

(7)  Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 96).

(8)  Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).

(9)  Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung) (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 96).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 1).

(11)  Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98).

(12)  Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(13)  Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).


ANHANG I

Zuweisungen aus Italien

 

Zahl der umzusiedelnden Personen je Mitgliedstaat (von insgesamt 15 600 umzusiedelnden Antragstellern)

Österreich

462

Belgien

579

Bulgarien

201

Kroatien

134

Zypern

35

Tschechische Republik

376

Estland

47

Finnland

304

Frankreich

3 064

Deutschland

4 027

Ungarn

306

Lettland

66

Litauen

98

Luxemburg

56

Malta

17

Niederlande

922

Polen

1 201

Portugal

388

Rumänien

585

Slowakei

190

Slowenien

80

Spanien

1 896

Schweden

567


ANHANG II

Zuweisungen aus Griechenland

 

Zahl der umzusiedelnden Personen je Mitgliedstaat (von insgesamt 50 400 umzusiedelnden Antragstellern)

Österreich

1 491

Belgien

1 869

Bulgarien

651

Kroatien

434

Zypern

112

Tschechische Republik

1 215

Estland

152

Finnland

982

Frankreich

9 898

Deutschland

13 009

Ungarn

988

Lettland

215

Litauen

318

Luxemburg

181

Malta

54

Niederlande

2 978

Polen

3 881

Portugal

1 254

Rumänien

1 890

Slowakei

612

Slowenien

257

Spanien

6 127

Schweden

1 830