31985L0339

Richtlinie 85/339/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über Verpackungen für flüssige Lebensmittel

Amtsblatt Nr. L 176 vom 06/07/1985 S. 0018 - 0021
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 6 S. 0235
Spanische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 6 S. 0022
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 6 S. 0235
Portugiesische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 6 S. 0022


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RICHTLINIE DES RATES

vom 27. Juni 1985

über Verpackungen für fluessige Lebensmittel

(85/339/EWG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN

GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 235,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die Aktionsprogramme der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz von 1973 (4), 1977 (5) und 1983 (6) unterstreichen vor allem den Nutzen der Verwertung und Wiederverwendung der verschiedenen in Abfällen enthaltenen Stoffe.

Artikel 3 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (7) sieht vor, daß geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die Einschränkung der Abfallbildung sowie die Verwertung und Umwandlung von Abfällen zu fördern.

Die Verpackungen für fluessige Lebensmittel spielen eine Rolle bei der Entstehung von Abfällen.

Es ist notwendig, die Auswirkungen dieser Verpackungsabfälle auf die Umwelt zu verringern und die Einsparung von Energie und Rohstoffen zu fördern.

Um diese Ziele zu verwirklichen, müssen die Mitgliedstaaten Programme zur Verringerung des Gewichts und/oder Volumens der Verpackungen von fluessigen Lebensmitteln, die später endgültig zu beseitigenden Hausmüll bilden, aufstellen.

Im Rahmen dieser Programme müssen die Mitgliedstaaten entweder im Wege von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder im Wege freiwilliger Vereinbarungen unter anderem Maßnahmen im Hinblick auf die Verbraucheraufklärung, die Wiederverwendung und Verwertung der Verpackungen und die technologische Innovation treffen.

Die Mitgliedstaaten müssen, soweit dies angebracht erscheint, bei den von ihnen getroffenen Maßnahmen die wirtschaftlichen und industriellen Gegebenheiten sowie die Marktbedingungen berücksichtigen.

Die von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen müssen auch den Erfordernissen der Volksgesundheit Rechnung tragen. Im Hinblick darauf können die Mitgliedstaaten bis zum Erlaß gemeinschaftlicher Bestimmungen Vorkehrungen auf dem Gebiet der Herstellung neuer Verpackungen treffen oder beibehalten.

Die von den Mitgliedstaaten zur Durchführung dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen müssen den Bestimmungen des Vertrages, insbesondere denen über den freien Warenverkehr, entsprechen.

Die geplanten Maßnahmen sind der Kommission mitzuteilen; diese prüft sie im Lichte der bestehenden Vereinbarungen und fordert die Mitgliedstaaten gegebenenfalls auf, mit der Einführung der Maßnahmen zu warten.

Da die hierfür erforderlichen Befugnisse im Vertrag nicht vorgesehen sind, ist Artikel 235 des Vertrages zur Anwendung zu bringen -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Diese Richtlinie bezweckt, eine Reihe von Maßnahmen auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs, der Verwendung, der Verwertung und der Wiederverwendung von Verpackungen für fluessige Lebensmittel sowie auf dem Gebiet der Beseitigung von gebrauchten Verpackungen festzulegen, um die Umweltbelastung durch die Abfälle dieser Verpackungen zu verringern und die Senkung des Energie- und Rohstoffverbrauchs auf diesem Gebiet zu fördern.

Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie sind:

a) fluessige Lebensmittel: die in Anhang I aufgeführten fluessigen Lebensmittel;

b) Verpackungen: Flaschen, Dosen, Gläser, Kartons oder jede Art geschlossener Verpackungen (ausgenommen Fässer) aus Glas, Metall, Kunststoff, Papier oder anderem Material, die ein fluessiges Lebensmittel enthalten;

c) Mehrwegverpackungen: Verpackungen, die dazu bestimmt sind, nach ihrer Benutzung zurückgegeben und erneut gefuellt zu werden;

d) Pfandsystem: ein System, bei dem der Käufer dem Verkäufer einen Geldbetrag zahlt, der bei Rückgabe der Verpackung erstattet wird;

e) Verwertung von Verpackungen: die Herstellung neuer Verpackungen oder anderer Erzeugnisse aus gebrauchten Verpackungen sowie deren Nutzung als Brennstoff.

Artikel 3

(1) Zur Erreichung der in Artikel 1 genannten Ziele erstellen die Mitgliedstaaten Programme zur Verringerung des Gewichts und/oder Volumens der für fluessige Lebensmittel bestimmten Verpackungen, die sich in dem endgültig zu beseitigenden Hausmüll befinden.

(2) Programme werden erstmals für einen am 1. Januar 1987 beginnenden Zeitraum erstellt; sie werden der Kommission vor diesem Zeitpunkt mitgeteilt.

(3) Die Programme werden unter Berücksichtigung insbesondere des technischen Fortschritts und sich ändernder wirtschaftlicher Umstände regelmässig - zumindest alle 4 Jahre - überprüft und aktualisiert.

(4) Die Programme berücksichtigen die Auswirkung der vorgesehenen Aktionen auf den Energieverbrauch, um soweit wie möglich zu einer Verringerung des gesamten Energieverbrauchs zu gelangen.

Artikel 4

(1) Im Rahmen der in Artikel 3 genannten Programme und unter Einhaltung der den freien Warenverkehr betreffenden Bestimmungen des Vertrages treffen die Mitgliedstaaten entweder durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder im Wege freiwilliger Vereinbarungen Maßnahmen, die unter anderem darauf abzielen,

a) die Verbraucher über den Nutzen einer Verwendung von Mehrwegverpackungen, einer Verwertung von Verpackungen und einer Beseitigung der im Hausmüll befindlichen Verpackungsabfälle stärker aufzuklären;

b) die Wiederverwendung und/oder Verwertung der Verpackungen für fluessige Lebensmittel zu erleichtern;

c) hinsichtlich der Einwegverpackungen, soweit dies wirtschaftlich durchführbar ist,

- die getrennte Sammlung von Verpackungen zu fördern,

- wirksame Verfahren zur Erfassung der Verpackungen aus dem Hausmüll zu entwickeln und

- die Absatzmärkte für das aus Verpackungen gewonnene Material zu erweitern.

d) die technische Entwicklung und das Inverkehrbringen neuer Verpackungstypen insbesondere mit dem Ziel zu fördern, den Rohstoffverbrauch zu verringern, die Verwertung von Verpackungen sowie die endgültige Beseitigung von Verpackungsabfällen zu erleichtern und Energie global einzusparen;

e) den Anteil von Mehrwegverpackungen und/oder verwerteten Verpackungen zu erhalten und, soweit möglich, zu erhöhen und/oder den Anteil von Einwegverpackungen oder nichtverwerteten Verpackungen zu senken, wo die gewerbliche Tätigkeit und die Marktumstände dies erlauben.

(2) Bei Durchführung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind unter Einhaltung der Vertragsbestimmungen und anderer einschlägiger gemeinschaftlicher Bestimmungen insbesondere die gesundheitlichen Bedingungen unter Einbeziehung von Erwägungen betreffend die technischen Eigenschaften des verwendeten Materials, die notwendigen Sicherheitsbedingungen sowie das gewerbliche und kommerzielle Eigentum zu beachten.

Bis zur Verabschiedung einer entsprechenden Gemeinschaftsregelung können die Mitgliedstaaten daher aus gesundheitlichen Gründen Maßnahmen ergreifen oder geltende Maßnahmen beibehalten, die untersagen, daß bei der Herstellung neuer Verpackungen bestimmte Materialien oder Stoffe gebrauchter Verpackungen verwendet werden.

Artikel 5

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß auf zum Verkauf angebotenen neuen Mehrwegverpackungen entweder auf der Verpackung selbst oder auf dem Etikett deutlich vermerkt wird, daß es sich um eine Mehrwegverpackung handelt. Die Kennzeichnung wird so angebracht, daß sie gut sichtbar, deutlich lesbar und dauerhaft ist und daß sie bei Öffnung der Verpackung erhalten bleibt.

Diese Vorschrift findet für einen Zeitraum von zehn Jahren ab der Bekanntgabe dieser Richtlinie keine Anwendung auf Systeme, die mit Mehrwegglasflaschen arbeiten, auf denen bestimmte Angaben unverwischbar angebracht sind.

Sind in bestimmten Gegenden fluessige Lebensmittel wie z. B. Milch oder Rahm seit langem nach ortsüblichen, die Rückgabe der Glasflaschen vorsehenden Systemen verkauft worden, so ist eine Kennzeichnung der Verpackungen als Mehrwegverpackungen nicht erforderlich.

(2) Wird ein Pfandsystem angewandt, so tragen die Mitgliedstaaten in geeigneter Weise dafür Sorge, daß der Verbraucher eindeutig über die Höhe des Pfandbetrags unterrichtet wird. Artikel 6

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle vier Jahre Berichte über die im Rahmen der Programme nach Artikel 3 getroffenen Maßnahmen und die erzielten Ergebnisse gemäß den Leitlinien in Anhang II.

Artikel 7

(1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission alle in Artikel 4 Absatz 1 genannten Rechts- und Verwaltungsvorschriften und freiwilligen Vereinbarungen mit landesweiter oder sektoraler Geltung mit, die zur Durchführung dieser Richtlinie erlassen bzw. getroffen worden sind.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 83/189/EWG vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (1) teilen die Mitgliedstaaten der Kommission vor der Verabschiedung solcher Maßnahmen deren Entwürfe mit, damit diese sie im Lichte der bestehenden Vereinbarungen prüfen und gegebenenfalls beantragen kann, daß die Einführung dieser Maßnahmen ausgesetzt wird.

Artikel 8

Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, werden von den Mitgliedstaaten innerhalb von 24 Monaten nach Bekanntgabe der Richtlinie getroffen (2).

Artikel 9

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 27. Juni 1985.

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. BIONDI

(1) ABl. Nr. C 204 vom 13. 8. 1981, S. 6.

(2) ABl. Nr. C 242 vom 12. 9. 1983, S. 92.

(3) ABl. Nr. C 343 vom 31. 12. 1981, S. 23.

(4) ABl. Nr. C 112 vom 20. 12. 1973, S. 1.

(5) ABl. Nr. C 139 vom 13. 6. 1977, S. 33.

(6) ABl. Nr. C 46 vom 17. 2. 1983, S. 1.

(7) ABl. Nr. L 194 vom 25. 7. 1975, S. 39.

(1) ABl. Nr. L 109 vom 26. 4. 1983, S. 8.

(2) Diese Richtlinie wurde den Mitgliedstaaten am 3. Juli 1985 bekanntgegeben.

ANHANG I

FLÜSSIGE LEBENSMITTEL IM SINNE VON ARTIKEL 2

1. Milch und fluessige Milcherzeugnisse, auch aromatisiert, ausgenommen Joghurt und Kefir

2. Speiseöl (1)

3. Fruchtsäfte und Gemüsesäfte sowie Fruchtnektare

4. Natürliches Mineralwasser, Brunnenwasser, Sprudelwasser und Tafelwasser

5. Alkoholfreie Erfrischungsgetränke

6. Bier einschließlich alkoholfreien Bieres

7. Wein aus frischen Weintrauben; mit Alkohol stummgemachter Most aus frischen Weintrauben

8. Wermutwein und andere Weine aus frischen Weintrauben, mit Pflanzen oder anderen Stoffen aromatisiert

9. Apfelwein, Birnenwein, Met und andere gegorene Getränke

10. Sprit mit einem Alkoholgehalt von weniger als 80 % vol, unvergällt; Branntwein, Likör und andere alkoholische Getränke; zusammengesetzte alkoholische Zubereitungen zum Herstellen von Getränken

11. Gärungsessig und verdünnte synthetische Essigsäure (1)

ANHANG II

LEITLINIEN FÜR DIE KOMMISSION GEMÄSS ARTIKEL 6 ZU ÜBERMITTELNDEN BERICHTE

Die Unterrichtung der Kommission gemäß Artikel 6 erstreckt sich soweit wie möglich insbesondere auf:

- die Menge der abgefuellten fluessigen Lebensmittel, getrennt nach Art der fluessigen Lebensmittel und verwendeten Verpackungen,

- die Menge der wiederverwendeten und verwerteten Verpackungen, getrennt nach Verpackungsmaterial,

- die Menge der weder wiederverwendeten noch verwerteten Verpackungen, getrennt nach Verpackungsmaterial,

- Angaben über den Energieverbrauch bei der Herstellung und Verwendung von Verpackungen,

- eine Beschreibung der bei der Sammlung und Erstellung dieser Informationen angewandten Methoden.

(1) Die meisten Verpackungen von Öl und Essig sind nicht als Mehrwegverpackungen geeignet, können jedoch gegebenenfalls verwertet werden.