6.8.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 210/1


BESCHLUSS 2008/615/JI DES RATES

vom 23. Juni 2008

zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 30 Absatz 1 Buchstaben a und b, Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 32 und Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c,

auf Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Bundesrepublik Deutschland, des Königreichs Spanien, der Französischen Republik, des Großherzogtums Luxemburg, des Königreichs der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Finnland, der Portugiesischen Republik, Rumäniens und des Königreichs Schweden,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Inkrafttreten des Vertrags zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration (im Folgenden: „Prümer Vertrag“) wird in Abstimmung mit der Europäischen Kommission unter Berücksichtigung des Vertrags über die Europäische Union diese Initiative für die Überführung des Inhalts des Prümer Vertrags in den Rechtsrahmen der Europäischen Union unterbreitet.

(2)

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom Oktober 1999 wurde die Notwendigkeit eines verbesserten Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zum Zwecke der Aufdeckung und Untersuchung von Straftaten bekräftigt.

(3)

Der Europäische Rat hat im Haager Programm zur Stärkung der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union vom November 2004 seine Überzeugung dargelegt, dass dazu ein innovatives Konzept für den grenzüberschreitenden Austausch von Informationen der Strafverfolgung erforderlich sei.

(4)

Dementsprechend hat der Europäische Rat festgelegt, dass sich der Austausch dieser Informationen nach den für den Grundsatz der Verfügbarkeit geltenden Bedingungen richten sollte. Das bedeutet, dass ein Strafverfolgungsbeamter in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, der für die Erfüllung seiner Aufgaben Informationen benötigt, diese aus einem anderen Mitgliedstaat erhalten kann, und dass die Strafverfolgungsbehörden in dem Mitgliedstaat, der über diese Informationen verfügt, sie — unter Berücksichtigung der Erfordernisse in diesem Mitgliedstaat anhängiger Ermittlungen — für den erklärten Zweck bereitstellen.

(5)

Für die Verwirklichung dieses Ziels hat der Europäische Rat im Haager Programm den 1. Januar 2008 bestimmt.

(6)

Der Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (2) legt bereits Regeln fest, nach denen die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten wirksam und rasch bestehende Informationen und Erkenntnisse zum Zwecke der Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen oder polizeilicher Erkenntnisgewinnungsverfahren austauschen können.

(7)

Nach dem Haager Programm zur Stärkung der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sollten auch die neuen Technologien in vollem Umfang genutzt werden und der gegenseitige Zugriff auf nationale Datenbanken möglich sein; zugleich wird darin festgeschrieben, dass neue zentralisierte europäische Datenbanken nur dann geschaffen werden sollten, wenn auf der Grundlage von Studien ihr Zusatznutzen aufgezeigt werden kann.

(8)

Für eine wirksame internationale Zusammenarbeit ist es von grundlegender Bedeutung, dass rasch und effizient genaue Informationen ausgetauscht werden können. Ziel ist die Einführung von Verfahren, mit denen Mittel für einen raschen, effizienten und kostengünstigen Datenaustausch gefördert werden können. Für die gemeinsame Nutzung von Daten sollten diese Verfahren der Rechenschaftspflicht unterliegen und angemessene Garantien zur Gewährleistung der Genauigkeit und Sicherheit der Daten während Übermittlung und Speicherung sowie Verfahren zur Protokollierung des Datenaustauschs und Beschränkungen für die Verwendung ausgetauschter Informationen enthalten.

(9)

Diesen Anforderungen wird der Prümer Vertrag gerecht. Um die inhaltlichen Forderungen des Haager Programms für alle Mitgliedstaaten innerhalb des dort vorgegebenen Zeitrahmens zu erfüllen, sollte der Inhalt der wesentlichen Teile des Prümer Vertrags für alle Mitgliedstaaten gelten.

(10)

Zur Verbesserung des Informationsaustauschs enthält dieser Beschluss daher auf den wesentlichen Bestimmungen des Prümer Vertrags beruhende Vorschriften, nach denen sich die Mitgliedstaaten Zugriffsrechte auf ihre automatisierten DNA-Analyse-Dateien, ihre automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssysteme sowie die Fahrzeugregister gewähren. Bei Daten aus den nationalen DNA-Analyse-Dateien und den nationalen automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssystemen sollte ein Treffer/Kein-Treffer-System dem abfragenden Mitgliedstaat die Möglichkeit geben, in einem zweiten Schritt den Datei führenden Mitgliedstaat um spezifische dazugehörige personenbezogene Daten und gegebenenfalls um weitere Informationen im Verfahren der gegenseitigen Unterstützung zu bitten; dies schließt auch die gemäß dem Rahmenbeschluss 2006/960/JI festgelegten Verfahren ein.

(11)

Dies würde zu einer erheblichen Beschleunigung der bisherigen Verfahren führen, indem die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat über die benötigten Informationen verfügt.

(12)

Durch den grenzüberschreitenden Datenabgleich sollte eine neue Dimension der Verbrechensbekämpfung eröffnet werden. Die durch den Datenabgleich gewonnenen Erkenntnisse sollten den Mitgliedstaaten neue Ermittlungsansätze erschließen und so maßgeblich zur Unterstützung der Strafverfolgungs- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten beitragen.

(13)

Die Regelungen basieren auf einer Vernetzung der nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten.

(14)

Zur Verbesserung des Informationsaustauschs im Hinblick auf die Verhinderung von Straftaten und die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug sollten personenbezogene und nichtpersonenbezogene Daten von den Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen übermittelt werden können.

(15)

Bei der Anwendung von Artikel 12 können die Mitgliedstaaten beschließen, der Bekämpfung schwerwiegender Straftaten Vorrang zu verleihen, wobei die begrenzten technischen Kapazitäten für die Übermittlung von Daten zu berücksichtigen sind.

(16)

Ergänzend zum verbesserten Informationsaustausch müssen weitere Formen der engeren Zusammenarbeit der Polizeibehörden geregelt werden, insbesondere durch gemeinsame Einsatzformen zur Gefahrenabwehr (z. B. gemeinsame Streifen).

(17)

Die Stärkung der polizeilichen und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen muss mit einer Achtung der Grundrechte — insbesondere des Rechts auf die Achtung der Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten — einhergehen, die durch spezielle Datenschutzregelungen zu gewährleisten ist, die auf die Besonderheiten der einzelnen Formen des Datenaustauschs zugeschnitten sein sollten. Derartige Datenschutzbestimmungen sollten insbesondere den Besonderheiten des grenzüberschreitenden Online-Zugriffs auf Datenbanken Rechnung tragen. Da das Verfahren des Online-Zugriffs keine vorherige Prüfung durch den Datei führenden Mitgliedstaat erlaubt, sollte ein System eingerichtet werden, das eine nachträgliche Kontrolle sicherstellt.

(18)

Das Treffer/Kein-Treffer-System bietet eine Struktur für den Abgleich anonymer Profile, bei der zusätzliche personenbezogene Daten nur nach einem Treffer ausgetauscht werden und Übermittlung wie Empfang dieser Daten dem einzelstaatlichen Recht, einschließlich der Bestimmungen über die Rechtshilfe, unterliegen. Damit wird ein angemessenes Datenschutzsystem gewährleistet, wobei davon ausgegangen wird, dass die Übermittlung personenbezogener Daten an einen anderen Mitgliedstaat ein angemessenes Datenschutzniveau seitens der empfangenden Mitgliedstaaten voraussetzt.

(19)

In Anbetracht dessen, dass eine engere polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zu einem umfassenden Austausch von Informationen und Daten führt, bezweckt dieser Beschluss, dass ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet wird. Er befolgt das für die Verarbeitung personenbezogener Daten festgelegte Schutzniveau gemäß dem Übereinkommen des Europarats vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten, dem Zusatzprotokoll vom 8. November 2001 zu dem Übereinkommen und den Grundsätzen der Empfehlung Nr. R (87) 15 des Europarats über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich.

(20)

Die in diesem Beschluss enthaltenen Datenschutzbestimmungen umfassen auch die — in Ermangelung eines Rahmenbeschlusses über den Datenschutz in der dritten Säule — erforderlichen Datenschutzgrundsätze. Dieser Rahmenbeschluss sollte für den gesamten Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen gelten, sofern das Datenschutzniveau dieses Rahmenbeschlusses nicht unter dem Datenschutzniveau liegt, das sich aus dem Übereinkommen des Europarats vom 28. Januar 1981 über den Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und dem Zusatzprotokoll vom 8. November 2001 hierzu ergibt, und es der Empfehlung Nr. R (87) 15 des Ministerkomitees des Europarats an die Mitgliedstaaten über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich vom 17. September 1987 Rechnung trägt, und zwar auch insoweit, als die Daten nicht automatisiert verarbeitet werden.

(21)

Da die Ziele dieses Beschlusses, nämlich die Verbesserung des Informationsaustauschs in der Europäischen Union, wegen des grenzüberschreitenden Charakters von Fragen der Kriminalitätsbekämpfung und der Sicherheit auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und die Mitgliedstaaten in dieser Frage aufeinander angewiesen sind und die genannten Ziele somit besser auf der Ebene der Europäischen Union zu verwirklichen sind, kann der Rat im Einklang mit dem in Artikel 5 des EG-Vertrags, auf den Artikel 2 des EU-Vertrags verweist, niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in Artikel 5 des EG-Vertrags genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht dieser Beschluss nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(22)

Dieser Beschluss achtet die Grundrechte und wahrt die Grundsätze, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommen —

BESCHLIESST:

KAPITEL 1

ALLGEMEINES

Artikel 1

Ziel und Anwendungsbereich

Mit diesem Beschluss bezwecken die Mitgliedstaaten, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, insbesondere den Informationsaustausch zwischen den für die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten zuständigen Behörden, in den unter Titel VI des Vertrags fallenden Bereichen zu vertiefen. Hierfür enthält dieser Beschluss Regelungen für folgende Bereiche:

a)

Bestimmungen über die Voraussetzungen und Verfahren für die automatisierte Übermittlung von DNA-Profilen, daktyloskopischen Daten und bestimmten Daten aus nationalen Fahrzeugregistern (Kapitel 2);

b)

Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Übermittlung von Daten im Zusammenhang mit Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug (Kapitel 3);

c)

Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Übermittlung von Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten (Kapitel 4);

d)

Bestimmungen über die Voraussetzungen und Verfahren für die Intensivierung der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit durch verschiedene Maßnahmen (Kapitel 5).

KAPITEL 2

ONLINE-ZUGRIFF UND FOLGEERSUCHEN

ABSCHNITT 1

DNA-Profile

Artikel 2

Einrichtung von nationalen DNA-Analyse-Dateien

(1)   Die Mitgliedstaaten errichten und führen nationale DNA-Analyse-Dateien zum Zwecke der Verfolgung von Straftaten. Die Verarbeitung der in diesen Dateien gespeicherten Daten aufgrund dieses Beschlusses erfolgt gemäß diesem Beschluss unter Beachtung des für den Verarbeitungsvorgang geltenden innerstaatlichen Rechts.

(2)   Für die Zwecke der Durchführung dieses Beschlusses gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass Fundstellendatensätze zum Bestand der in Absatz 1 Satz 1 genannten nationalen DNA-Analyse-Dateien vorhanden sind. Fundstellendatensätze dürfen nur aus dem nicht codierenden Teil der DNA ermittelte DNA-Profile und eine Kennung enthalten. Fundstellendatensätze dürfen keine Daten enthalten, aufgrund deren der Betroffene unmittelbar identifiziert werden kann. Fundstellendatensätze, die keiner Person zugeordnet werden können (nachstehend „offene Spuren“ genannt), müssen als solche erkennbar sein.

(3)   Jeder Mitgliedstaat informiert das Generalsekretariat des Rates gemäß Artikel 36 über die nationalen DNA-Analyse-Dateien, auf die die Artikel 2 bis 6 Anwendung finden, sowie die in Artikel 3 Absatz 1 genannten Bedingungen für den automatisierten Abruf.

Artikel 3

Automatisierter Abruf von DNA-Profilen

(1)   Zum Zwecke der Verfolgung von Straftaten gestatten die Mitgliedstaaten den in Artikel 6 genannten nationalen Kontaktstellen der anderen Mitgliedstaaten den Zugriff auf die Fundstellendatensätze ihrer DNA-Analyse-Dateien mit dem Recht, diese auf automatisierte Weise mittels eines Vergleichs der DNA-Profile abzurufen. Die Anfragen dürfen nur im Einzelfall und nur nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des abrufenden Mitgliedstaats erfolgen.

(2)   Wird im Zuge eines automatisierten Abrufs eine Übereinstimmung eines übermittelten DNA-Profils mit DNA-Profilen festgestellt, die in der Datei des empfangenden Mitgliedstaats gespeichert sind, so erhält die nationale Kontaktstelle des abrufenden Mitgliedstaats auf automatisierte Weise die Fundstellendatensätze, mit denen Übereinstimmung festgestellt worden ist. Kann keine Übereinstimmung festgestellt werden, so wird das automatisch mitgeteilt.

Artikel 4

Automatisierter Abgleich von DNA-Profilen

(1)   Die Mitgliedstaaten gleichen im gegenseitigen Einvernehmen über ihre nationalen Kontaktstellen die DNA-Profile ihrer offenen Spuren zur Verfolgung von Straftaten mit allen DNA-Profilen aus Fundstellendatensätzen der anderen nationalen DNA-Analyse-Dateien ab. Die Übermittlung und der Abgleich erfolgen automatisiert. Die Übermittlung zum Zwecke des Abgleichs der DNA-Profile der offenen Spuren erfolgt nur in solchen Fällen, in denen das nach dem innerstaatlichen Recht des abrufenden Mitgliedstaats vorgesehen ist.

(2)   Stellt ein Mitgliedstaat in Folge eines Abgleichs gemäß Absatz 1 fest, dass übermittelte DNA-Profile mit denjenigen in seiner DNA-Analyse-Datei übereinstimmen, so übermittelt er der nationalen Kontaktstelle des anderen Mitgliedstaats unverzüglich die Fundstellendatensätze, mit denen eine Übereinstimmung festgestellt worden ist.

Artikel 5

Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen

Führen Verfahren gemäß den Artikeln 3 und 4 zur Feststellung einer Übereinstimmung von DNA-Profilen, so richtet sich die Übermittlung weiterer zu den Fundstellendatensätzen vorhandener personenbezogener Daten und sonstiger Informationen nach dem innerstaatlichen Recht, einschließlich der Vorschriften über die Rechtshilfe, des ersuchten Mitgliedstaats.

Artikel 6

Nationale Kontaktstelle und Durchführungsmaßnahmen

(1)   Zur Durchführung der Datenübermittlungen gemäß den Artikeln 3 und 4 benennt jeder Mitgliedstaat eine nationale Kontaktstelle. Die Befugnisse der nationalen Kontaktstellen richten sich nach dem geltenden innerstaatlichen Recht.

(2)   Die Einzelheiten der technischen Ausgestaltung der Verfahren gemäß den Artikeln 3 und 4 werden in den in Artikel 33 genannten Durchführungsmaßnahmen geregelt.

Artikel 7

Gewinnung molekulargenetischen Materials und Übermittlung von DNA-Profilen

Liegt im Zuge eines laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahrens kein DNA-Profil einer bestimmten Person vor, die sich im Hoheitsgebiet eines ersuchten Mitgliedstaats aufhält, so leistet der ersuchte Mitgliedstaat Rechtshilfe durch die Gewinnung und Untersuchung molekulargenetischen Materials von dieser Person sowie durch die Übermittlung des gewonnenen DNA-Profils, wenn

a)

der abrufende Mitgliedstaat mitteilt, zu welchem Zweck das erforderlich ist,

b)

der abrufende Mitgliedstaat eine nach seinem Recht erforderliche Untersuchungsanordnung oder -erklärung der zuständigen Stelle vorlegt, aus der hervorgeht, dass die Voraussetzungen für die Gewinnung und Untersuchung molekulargenetischen Materials vorlägen, wenn sich die bestimmte Person im Hoheitsgebiet des abrufenden Mitgliedstaats befände, und

c)

die Bedingungen für die Gewinnung und Untersuchung molekulargenetischen Materials sowie die Übermittlung des gewonnenen DNA-Profils nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats vorliegen.

ABSCHNITT 2

Daktyloskopische Daten

Artikel 8

Daktyloskopische Daten

Für die Zwecke der Durchführung dieses Beschlusses gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass Fundstellendatensätze aus dem Bestand der nationalen automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssysteme, die zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten errichtet wurden, vorhanden sind. Fundstellendatensätze dürfen nur daktyloskopische Daten und eine Kennung enthalten. Fundstellendatensätze dürfen keine Daten enthalten, aufgrund deren der Betroffene unmittelbar identifiziert werden kann. Fundstellendatensätze, die keiner Person zugeordnet werden können (nachstehend „offene Spuren“ genannt), müssen als solche erkennbar sein.

Artikel 9

Automatisierter Abruf daktyloskopischer Daten

(1)   Die Mitgliedstaaten gestatten den in Artikel 11 genannten nationalen Kontaktstellen der anderen Mitgliedstaaten zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten den Zugriff auf die Fundstellendatensätze ihrer zu diesen Zwecken eingerichteten automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssysteme mit dem Recht, diese automatisiert mittels eines Vergleichs der daktyloskopischen Daten abzurufen. Die Anfragen dürfen nur im Einzelfall und nur nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des abrufenden Mitgliedstaats erfolgen.

(2)   Die endgültige Zuordnung daktyloskopischer Daten zu einem Fundstellendatensatz des Datei führenden Mitgliedstaats erfolgt durch die nationale Kontaktstelle des ersuchenden Mitgliedstaats anhand der automatisiert übermittelten Fundstellendatensätze, die für eine eindeutige Zuordnung erforderlich sind.

Artikel 10

Übermittlung weiterer personenbezogener Daten und sonstiger Informationen

Führt das Verfahren gemäß Artikel 9 zur Feststellung einer Übereinstimmung von daktyloskopischen Daten, so richtet sich die Übermittlung weiterer zu den Fundstellendatensätzen vorhandener personenbezogener Daten und sonstiger Informationen nach dem innerstaatlichen Recht, einschließlich der Vorschriften über die Rechtshilfe, des ersuchten Mitgliedstaats.

Artikel 11

Nationale Kontaktstelle und Durchführungsmaßnahmen

(1)   Zur Durchführung der Datenübermittlungen gemäß Artikel 9 benennt jeder Mitgliedstaat eine nationale Kontaktstelle. Die Befugnisse der nationalen Kontaktstellen richten sich nach dem geltenden innerstaatlichen Recht.

(2)   Die Einzelheiten der technischen Ausgestaltung des Verfahrens gemäß Artikel 9 werden in den in Artikel 33 genannten Durchführungsmaßnahmen geregelt.

ABSCHNITT 3

Daten aus Fahrzeugregistern

Artikel 12

Automatisierter Abruf von Daten aus den Fahrzeugregistern

(1)   Die Mitgliedstaaten gestatten den in Absatz 2 genannten nationalen Kontaktstellen der anderen Mitgliedstaaten zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten sowie zur Verfolgung solcher Verstöße, die bei dem abrufenden Mitgliedstaat in die Zuständigkeit der Gerichte oder Staatsanwaltschaften fallen, und zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit den Zugriff auf folgende Daten aus den nationalen Fahrzeugregistern mit dem Recht, diese automatisiert im Einzelfall abzurufen:

a)

Eigentümer- oder Halterdaten sowie

b)

Fahrzeugdaten.

Anfragen dürfen nur aufgrund einer vollständigen Fahrgestellnummer oder eines vollständigen Kennzeichens erfolgen. Anfragen dürfen nur nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des abrufenden Mitgliedstaats erfolgen.

(2)   Zur Durchführung der Datenübermittlungen nach Absatz 1 benennt jeder Mitgliedstaat eine nationale Kontaktstelle für eingehende Ersuchen. Die Befugnisse der nationalen Kontaktstellen richten sich nach dem geltenden innerstaatlichen Recht. Die Einzelheiten der technischen Ausgestaltung des Verfahrens werden in den in Artikel 33 genannten Durchführungsmaßnahmen geregelt.

KAPITEL 3

GROSSVERANSTALTUNGEN

Artikel 13

Übermittlung nichtpersonenbezogener Daten

Zur Verhinderung von Straftaten und zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Großveranstaltungen mit grenzüberschreitender Dimension, insbesondere im Bereich von Sportveranstaltungen oder Tagungen des Europäischen Rates, übermitteln die Mitgliedstaaten einander sowohl auf Ersuchen als auch aus eigener Initiative nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des übermittelnden Mitgliedstaats alle nichtpersonenbezogenen Daten, die hierzu erforderlich sind.

Artikel 14

Übermittlung personenbezogener Daten

(1)   Zur Verhinderung von Straftaten und zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Großveranstaltungen mit grenzüberschreitender Dimension, insbesondere im Bereich von Sportveranstaltungen oder Tagungen des Europäischen Rates, übermitteln die Mitgliedstaaten einander sowohl auf Ersuchen als auch aus eigener Initiative Daten über Personen, wenn rechtskräftige Verurteilungen oder andere Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen bei den Veranstaltungen Straftaten begehen werden oder von ihnen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, soweit eine Übermittlung dieser Daten nach dem innerstaatlichen Recht des übermittelnden Mitgliedstaats zulässig ist.

(2)   Die personenbezogenen Daten dürfen nur zu den in Absatz 1 festgelegten Zwecken und für die genau angegebenen Veranstaltungen, für die sie mitgeteilt wurden, verarbeitet werden. Die übermittelten Daten sind unverzüglich zu löschen, soweit die Zwecke des Absatzes 1 erreicht worden sind oder nicht mehr erreicht werden können. Spätestens nach einem Jahr müssen die übermittelten Daten jedenfalls gelöscht werden.

Artikel 15

Nationale Kontaktstelle

Zur Durchführung der Datenübermittlungen gemäß den Artikeln 13 und 14 benennt jeder Mitgliedstaat eine nationale Kontaktstelle. Die Befugnisse der nationalen Kontaktstellen richten sich nach dem geltenden innerstaatlichen Recht.

KAPITEL 4

MASSNAHMEN ZUR VERHINDERUNG TERRORISTISCHER STRAFTATEN

Artikel 16

Übermittlung von Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten

(1)   Die Mitgliedstaaten können zur Verhinderung terroristischer Straftaten den in Absatz 3 genannten nationalen Kontaktstellen der anderen Mitgliedstaaten nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts im Einzelfall auch ohne Ersuchen die in Absatz 2 genannten personenbezogenen Daten und Informationen übermitteln, soweit dies erforderlich ist, weil bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen Straftaten im Sinne der Artikel 1 bis 3 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (3) begehen werden.

(2)   Die zu übermittelnden Daten umfassen Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Geburtsort sowie die Darstellung der Tatsachen, aus denen sich die Annahme gemäß Absatz 1 ergibt.

(3)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Kontaktstelle für den Austausch der Daten mit den nationalen Kontaktstellen der anderen Mitgliedstaaten. Die Befugnisse der nationalen Kontaktstellen richten sich nach dem geltenden innerstaatlichen Recht.

(4)   Der übermittelnde Mitgliedstaat kann nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts Bedingungen für die Verwendung dieser Daten und Informationen durch den empfangenden Mitgliedstaat festlegen. Der empfangende Mitgliedstaat ist an diese Bedingungen gebunden.

KAPITEL 5

WEITERE FORMEN DER ZUSAMMENARBEIT

Artikel 17

Gemeinsame Einsatzformen

(1)   Zur Intensivierung der polizeilichen Zusammenarbeit können die von den Mitgliedstaaten benannten zuständigen Behörden gemeinsame Streifen sowie sonstige gemeinsame Einsatzformen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie zur Verhinderung von Straftaten einführen, in denen benannte Polizeibeamte oder sonstige staatliche Bedienstete (nachstehend „Beamte“ genannt) anderer Mitgliedstaaten bei Einsätzen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats mitwirken.

(2)   Jeder Mitgliedstaat kann als Aufnahmemitgliedstaat nach Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts Beamte anderer Mitgliedstaaten mit Zustimmung des Entsendemitgliedstaats im Rahmen gemeinsamer Einsätze mit der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse betrauen oder, soweit es nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats zulässig ist, Beamten des Entsendemitgliedstaats die Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Befugnisse nach dem Recht des Entsendemitgliedstaats einräumen. Diese hoheitlichen Befugnisse dürfen nur unter der Leitung und in der Regel in Anwesenheit von Beamten des Aufnahmemitgliedstaats wahrgenommen werden. Die Beamten des Entsendemitgliedstaats sind dabei an das innerstaatliche Recht des Aufnahmemitgliedstaats gebunden. Ihr Handeln ist dem Aufnahmemitgliedstaat zuzurechnen.

(3)   An gemeinsamen Einsätzen beteiligte Beamte der Entsendemitgliedstaaten unterliegen den Weisungen der zuständigen Stelle des Aufnahmemitgliedstaats.

(4)   Die Mitgliedstaaten geben Erklärungen gemäß Artikel 36 ab, in denen sie die praktischen Aspekte der Zusammenarbeit darlegen.

Artikel 18

Hilfeleistung bei Massenveranstaltungen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen

Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unterstützen sich nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts gegenseitig bei Massenveranstaltungen und ähnlichen Großereignissen, Katastrophen sowie schweren Unglücksfällen, indem sie zur Verhinderung von Straftaten und zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung

a)

sich gegenseitig so zeitig wie möglich über entsprechende Ereignisse mit grenzüberschreitenden Auswirkungen und relevante Erkenntnisse unterrichten,

b)

in Lagen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen die in ihrem Hoheitsgebiet erforderlichen polizeilichen Maßnahmen vornehmen und koordinieren,

c)

auf Ersuchen des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Lage eingetreten ist, soweit möglich durch Entsendung von Beamten, Spezialisten und Beratern sowie Gestellung von Ausrüstungsgegenständen Hilfe leisten.

Artikel 19

Einsatz von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen

(1)   Beamte eines Entsendemitgliedstaats, die gemäß den Artikeln 17 oder 18 an einem gemeinsamen Einsatz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats teilnehmen, dürfen dort ihre nationale Dienstkleidung tragen. Sie dürfen die nach dem innerstaatlichen Recht des Entsendemitgliedstaats zugelassenen Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände mitführen. Der Aufnahmemitgliedstaat kann das Mitführen von bestimmten Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen durch Beamte des Entsendemitgliedstaats untersagen.

(2)   Die Mitgliedstaaten geben Erklärungen gemäß Artikel 36 ab, in denen sie die Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände aufführen, die nur im Fall der Notwehr oder der Nothilfe gebraucht werden dürfen. Der sachleitende Beamte des Aufnahmemitgliedstaats kann nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts im Einzelfall einer über Satz 1 hinausgehenden Anwendung von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen zustimmen. Der Gebrauch der Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände richtet sich nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats. Die zuständigen Behörden unterrichten einander über die jeweils zulässigen Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenstände sowie die Voraussetzungen für deren Einsatz.

(3)   Setzen Beamte des einen Mitgliedstaats bei Maßnahmen aufgrund dieses Beschlusses im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats Kraftfahrzeuge ein, so unterliegen sie hierbei denselben verkehrsrechtlichen Bestimmungen wie die Beamten des Aufnahmemitgliedstaats einschließlich der Bestimmungen über die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten.

(4)   Die Mitgliedstaaten geben Erklärungen gemäß Artikel 36 ab, in denen sie die praktischen Aspekte des Einsatzes von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen darlegen.

Artikel 20

Schutz und Beistand

Die Mitgliedstaaten sind gegenüber den entsandten Beamten der anderen Mitgliedstaaten bei der Ausübung des Dienstes zu gleichem Schutz und Beistand verpflichtet wie gegenüber den eigenen Beamten.

Artikel 21

Allgemeine Regeln zur zivilrechtlichen Haftung

(1)   Sind Beamte eines Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel 17 im Einsatz, so haftet ihr Mitgliedstaat nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Einsatz erfolgt, für den durch diese Beamten bei ihrem Einsatz verursachten Schaden.

(2)   Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der in Absatz 1 genannte Schaden verursacht wurde, ersetzt diesen Schaden so, wie er ihn ersetzen müsste, wenn seine eigenen Beamten ihn verursacht hätten.

(3)   In einem Fall gemäß Absatz 1 erstattet der Mitgliedstaat, dessen Beamte im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats einer Person Schaden zugefügt haben, diesem anderen Mitgliedstaat den Gesamtbetrag des Schadensersatzes, den dieser an die Geschädigten oder die Berechtigten geleistet hat.

(4)   Sind Beamte eines Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel 18 im Einsatz, so haftet dieser andere Mitgliedstaat nach Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts für den durch diese Beamten bei ihrem Einsatz verursachten Schaden.

(5)   Ist der in Absatz 4 genannte Schaden auf grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten zurückzuführen, so kann der Aufnahmemitgliedstaat an den Entsendemitgliedstaat herantreten, um sich etwaige Beträge, die er an die Geschädigten oder die Berechtigten gezahlt hat, von diesem erstatten zu lassen.

(6)   Unbeschadet der Ausübung seiner Rechte gegenüber Dritten und mit Ausnahme des Absatzes 3 verzichtet jeder Mitgliedstaat in dem in Absatz 1 genannten Fall darauf, den Ersatz des erlittenen Schadens dem anderen Mitgliedstaat gegenüber geltend zu machen.

Artikel 22

Strafrechtliche Verantwortung

Die Beamten, die gemäß diesem Beschluss im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats tätig sind, werden in Bezug auf Straftaten, die sie begehen oder die ihnen gegenüber begangen werden, den Beamten des Aufnahmemitgliedstaats gleichgestellt, soweit nicht in einer anderen Übereinkunft, die für die betreffenden Mitgliedstaaten gilt, etwas anderes vereinbart ist.

Artikel 23

Dienstverhältnisse

Die Beamten, die gemäß diesem Beschluss im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats tätig sind, bleiben in dienstrechtlicher, insbesondere in disziplinarrechtlicher Hinsicht den in ihrem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften unterworfen.

KAPITEL 6

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ZUM DATENSCHUTZ

Artikel 24

Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

(1)   Für die Zwecke dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck

a)

„Verarbeitung personenbezogener Daten“ jede Verarbeitung oder jede Vorgangsreihe von Verarbeitungen personenbezogener Daten mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, das Konsultieren, die Verwendung, die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Verknüpfung sowie das Sperren, Löschen oder Vernichten von Daten. Als Verarbeitung im Sinne dieses Beschlusses gilt auch die Mitteilung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Treffers;

b)

„automatisierter Abruf“ den unmittelbaren Zugriff auf eine automatisierte Datenbank einer anderen Stelle in der Weise, dass die Anfrage vollständig automatisiert beantwortet wird;

c)

„Kennzeichnung“ die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten, ohne dass damit das Ziel verfolgt wird, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken;

d)

„Sperrung“ die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken.

(2)   Für Daten, die gemäß diesem Beschluss übermittelt werden oder worden sind, gelten folgende Bestimmungen, soweit in den vorstehenden Kapiteln nichts anderes bestimmt ist.

Artikel 25

Datenschutzniveau

(1)   Jeder Mitgliedstaat gewährleistet für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die nach diesem Beschluss übermittelt werden oder worden sind, in seinem innerstaatlichen Recht ein Datenschutzniveau, das zumindest dem entspricht, das sich aus dem Übereinkommen des Europarats vom 28. Januar 1981 über den Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und dem Zusatzprotokoll vom 8. November 2001 hierzu ergibt, und beachtet dabei die Empfehlung Nr. R (87) 15 des Ministerkomitees des Europarats an die Mitgliedstaaten über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich vom 17. September 1987, und zwar auch insoweit, als die Daten nicht automatisiert verarbeitet werden.

(2)   Die in diesem Beschluss vorgesehene Übermittlung personenbezogener Daten darf erst beginnen, wenn die Bestimmungen dieses Kapitels in das innerstaatliche Recht des an der Übermittlung beteiligten Mitgliedstaats umgesetzt worden sind. Der Rat stellt durch einstimmigen Beschluss fest, ob diese Voraussetzung erfüllt ist.

(3)   Absatz 2 findet keine Anwendung auf die Mitgliedstaaten, für die die in diesem Beschluss vorgesehene Übermittlung personenbezogener Daten bereits nach dem Vertrag vom 27. Mai 2005 zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande und der Republik Österreich über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration („Prümer Vertrag“) begonnen hat.

Artikel 26

Zweckbindung

(1)   Der empfangende Mitgliedstaat darf die personenbezogenen Daten ausschließlich zu den Zwecken verarbeiten, zu denen sie gemäß diesem Beschluss übermittelt worden sind. Eine Verarbeitung zu anderen Zwecken ist nur nach vorheriger Zustimmung des Datei führenden Mitgliedstaats und nur nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des empfangenden Mitgliedstaats zulässig. Die Zustimmung darf erteilt werden, soweit das innerstaatliche Recht des Datei führenden Mitgliedstaats diese Verarbeitung zu solchen anderen Zwecken zulässt.

(2)   Die Verarbeitung von gemäß den Artikeln 3, 4 und 9 übermittelten Daten durch den abrufenden oder abgleichenden Mitgliedstaat ist ausschließlich erlaubt zur

a)

Feststellung, ob die verglichenen DNA-Profile oder daktyloskopischen Daten übereinstimmen;

b)

Vorbereitung und Einreichung eines Amts- oder Rechtshilfeersuchens nach innerstaatlichem Recht im Fall der Übereinstimmung dieser Daten;

c)

Protokollierung gemäß Artikel 30.

Der Datei führende Mitgliedstaat darf die ihm gemäß den Artikeln 3, 4 und 9 übermittelten Daten ausschließlich verarbeiten, soweit es zur Durchführung des Abgleichs, zur automatisierten Beantwortung der Anfrage oder zur Protokollierung gemäß Artikel 30 erforderlich ist. Nach Beendigung des Datenabgleichs oder nach der automatisierten Beantwortung der Anfrage sind die übermittelten Daten unverzüglich zu löschen, soweit nicht die Weiterverarbeitung zu den in Unterabsatz 1 Buchstaben b und c genannten Zwecken erforderlich ist.

(3)   Gemäß Artikel 12 übermittelte Daten dürfen von dem Datei führenden Mitgliedstaat ausschließlich verwendet werden, soweit es zur automatisierten Beantwortung der Anfrage oder zur Protokollierung gemäß Artikel 30 erforderlich ist. Nach der automatisierten Beantwortung der Anfrage sind die übermittelten Daten unverzüglich zu löschen, soweit nicht die Weiterverarbeitung zur Protokollierung gemäß Artikel 30 erforderlich ist. Der abrufende Mitgliedstaat darf die im Zuge der Beantwortung erhaltenen Daten ausschließlich für das Verfahren verwenden, für das die Anfrage erfolgt ist.

Artikel 27

Zuständige Behörden

Die übermittelten personenbezogenen Daten dürfen ausschließlich durch die Behörden, Stellen und Gerichte verarbeitet werden, die für eine Aufgabe zur Förderung der in Artikel 26 genannten Zwecke zuständig sind. Insbesondere dürfen Daten nur nach vorheriger Zustimmung des übermittelnden Mitgliedstaats und nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des empfangenden Mitgliedstaats an andere Einheiten weitergegeben werden.

Artikel 28

Richtigkeit, Aktualität und Speicherungsdauer von Daten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen die Richtigkeit und Aktualität der personenbezogenen Daten sicher. Erweist sich von Amts wegen oder aufgrund einer Mitteilung des Betroffenen, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, übermittelt worden sind, so ist das dem empfangenden Mitgliedstaat oder den empfangenden Mitgliedstaaten unverzüglich mitzuteilen. Der betroffene Mitgliedstaat oder die betroffenen Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Daten zu berichtigen oder zu löschen. Im Übrigen sind übermittelte personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn sich ihre Unrichtigkeit herausstellt. Hat die empfangende Stelle Grund zur Annahme, dass übermittelte Daten unrichtig sind oder zu löschen wären, so unterrichtet sie die übermittelnde Stelle unverzüglich hierüber.

(2)   Daten, deren Richtigkeit der Betroffene bestreitet und deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit sich nicht feststellen lässt, sind nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten auf Verlangen des Betroffenen zu kennzeichnen. Eine Kennzeichnung darf nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts und nur mit Zustimmung des Betroffenen oder auf Grund einer Entscheidung des zuständigen Gerichts oder der unabhängigen Datenschutzbehörde aufgehoben werden.

(3)   Übermittelte personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn sie nicht hätten übermittelt oder empfangen werden dürfen. Rechtmäßig übermittelte und empfangene Daten sind zu löschen,

a)

wenn sie zu dem Zweck, zu dem sie übermittelt worden sind, nicht oder nicht mehr erforderlich sind; sind personenbezogene Daten ohne Ersuchen übermittelt worden, hat die empfangende Stelle unverzüglich zu prüfen, ob sie für die der Übermittlung zugrunde liegenden Zwecke erforderlich sind;

b)

sobald die im innerstaatlichen Recht des übermittelnden Mitgliedstaats vorgesehene Höchstfrist für die Aufbewahrung der Daten abgelaufen ist, wenn die übermittelnde Stelle die empfangende Stelle bei der Übermittlung auf diese Höchstfrist hingewiesen hat.

Statt der Löschung erfolgt eine Sperrung nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts, wenn es Grund zu der Annahme gibt, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. Gesperrte Daten dürfen nur für den Zweck, für den die Löschung unterblieben ist, übermittelt oder genutzt werden.

Artikel 29

Technische und organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit

(1)   Die übermittelnde und die empfangende Stelle ergreifen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass personenbezogene Daten wirksam gegen zufällige oder unbefugte Zerstörung, zufälligen Verlust, unbefugten Zugang, unbefugte oder zufällige Veränderung und unbefugte Bekanntgabe geschützt sind.

(2)   Die Einzelheiten der technischen Ausgestaltung des automatisierten Abrufverfahrens werden in den in Artikel 33 genannten Durchführungsmaßnahmen geregelt, die gewährleisten, dass

a)

dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit, insbesondere von Vertraulichkeit und Unversehrtheit der Daten, getroffen werden,

b)

bei der Nutzung allgemein zugänglicher Netze Verschlüsselungs- und Authentifizierungsverfahren angewendet werden, die von den dafür zuständigen Stellen anerkannt worden sind, und

c)

die Zulässigkeit der Abrufe gemäß Artikel 30 Absätze 2, 4 und 5 kontrolliert werden kann.

Artikel 30

Dokumentation und Protokollierung, besondere Vorschriften zur automatisierten und nichtautomatisierten Übermittlung

(1)   Jeder Mitgliedstaat gewährleistet, dass jede nichtautomatisierte Übermittlung und jeder nichtautomatisierte Empfang von personenbezogenen Daten durch die Datei führende und die abrufende Stelle zur Kontrolle der Zulässigkeit der Übermittlung dokumentiert werden. Die Dokumentation muss folgende Angaben umfassen:

a)

den Anlass der Übermittlung,

b)

die übermittelten Daten,

c)

das Datum der Übermittlung sowie

d)

die Bezeichnung oder Kennung der abrufenden Stelle und der Datei führenden Stelle.

(2)   Für den automatisierten Abruf der Daten aufgrund der Artikel 3, 9 und 12 und den automatisierten Abgleich gemäß Artikel 4 gilt Folgendes:

a)

Der automatisierte Abruf oder Abgleich darf nur durch besonders ermächtigte Beamte der nationalen Kontaktstellen erfolgen. Auf Ersuchen wird die Liste der Beamten, die zum automatisierten Abruf oder Abgleich ermächtigt sind, den in Absatz 5 genannten Aufsichtsbehörden sowie den anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt.

b)

Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass jede Übermittlung und jeder Empfang von Daten von der Datei führenden Stelle und der abrufenden Stelle protokolliert wird, einschließlich der Mitteilung, ob ein Treffer vorliegt oder nicht. Diese Protokollierung muss folgende Angaben umfassen:

i)

die übermittelten Daten,

ii)

das Datum und den genauen Zeitpunkt der Übermittlung sowie

iii)

die Bezeichnung oder Kennung der abrufenden Stelle und der Datei führenden Stelle.

Die abrufende Stelle protokolliert darüber hinaus den Anlass der Anfrage oder Übermittlung sowie die Kennung des Beamten, der den Abruf durchgeführt hat, sowie des Beamten, der die Anfrage oder Übermittlung veranlasst hat.

(3)   Die protokollierende Stelle teilt die Protokolldaten den Datenschutzbehörden des betreffenden Mitgliedstaats auf Ersuchen unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von vier Wochen nach Eingang des Ersuchens mit. Protokolldaten dürfen ausschließlich für folgende Zwecke verwendet werden:

a)

die Kontrolle des Datenschutzes,

b)

die Sicherstellung der Datensicherheit.

(4)   Die Protokolldaten sind durch geeignete Vorkehrungen gegen zweckfremde Verwendung und sonstigen Missbrauch zu schützen und zwei Jahre aufzubewahren. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Protokolldaten unverzüglich zu löschen.

(5)   Die rechtliche Kontrolle der Übermittlung oder des Empfangs personenbezogener Daten obliegt den unabhängigen Datenschutzbehörden oder gegebenenfalls den Justizbehörden der jeweiligen Mitgliedstaaten. Jedermann kann diese Behörden ersuchen, die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung von Daten zu seiner Person nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts zu prüfen. Unabhängig von solchen Ersuchen nehmen diese Behörden sowie die für die Protokollierung zuständigen Stellen Stichproben zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Übermittlungen anhand der zugrunde liegenden Aktenvorgänge vor.

Die Ergebnisse dieser Kontrolltätigkeit werden zur Überprüfung durch die unabhängigen Datenschutzbehörden 18 Monate aufbewahrt. Nach Ablauf dieser Frist sind sie unverzüglich zu löschen. Jede Datenschutzbehörde kann von der unabhängigen Datenschutzbehörde eines anderen Mitgliedstaats um die Ausübung ihrer Befugnisse nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts ersucht werden. Die unabhängigen Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten stellen die zur Erfüllung ihrer Kontrollaufgaben notwendige gegenseitige Zusammenarbeit insbesondere durch den Austausch sachdienlicher Informationen sicher.

Artikel 31

Rechte der Betroffenen auf Auskunft und Schadensersatz

(1)   Auf Antrag des Betroffenen gemäß innerstaatlichem Recht wird ihm nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts bei Nachweis seiner Identität ohne unangemessene Kosten in allgemein verständlicher Form und ohne unzumutbare Verzögerung Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten, deren Herkunft, den Empfänger oder die Empfängerkategorien, den vorgesehenen Verarbeitungszweck und, soweit nach innerstaatlichem Recht erforderlich, die Rechtsgrundlage der Verarbeitung erteilt. Darüber hinaus hat der Betroffene das Recht auf Berichtigung unrichtiger Daten und Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten. Die Mitgliedstaaten stellen darüber hinaus sicher, dass sich der Betroffene im Fall der Verletzung seiner Datenschutzrechte mit einer wirksamen Beschwerde an ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention oder eine unabhängige Kontrollstelle im Sinne des Artikels 28 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (4) wenden kann und dass ihm die Möglichkeit eröffnet wird, einen Schadensersatzanspruch oder Abhilfe anderer Art gerichtlich durchzusetzen. Die Einzelheiten des Verfahrens zur Durchsetzung dieser Rechte und die Gründe für die Einschränkung des Auskunftsrechts richten sich nach dem innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats, in dem er seine Rechte geltend macht.

(2)   Hat eine Stelle eines Mitgliedstaats personenbezogene Daten gemäß diesem Beschluss übermittelt, so kann die empfangende Stelle des anderen Mitgliedstaats sich ihrer Haftung gegenüber dem Geschädigten nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts nicht unter Berufung auf die Unrichtigkeit der übermittelten Daten entziehen. Wird der empfangenden Stelle Ersatz für einen Schaden auferlegt, der durch die Verwendung unrichtig übermittelter Daten verursacht wurde, so erstattet die übermittelnde Stelle der empfangenden Stelle den Gesamtbetrag des geleisteten Schadensersatzes.

Artikel 32

Auskunft auf Ersuchen der Mitgliedstaaten

Der empfangende Mitgliedstaat informiert den übermittelnden Mitgliedstaat auf Anfrage über die Verarbeitung der übermittelten Daten und das erzielte Ergebnis.

KAPITEL 7

DURCHFÜHRUNGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 33

Durchführungsmaßnahmen

Der Rat nimmt mit qualifizierter Mehrheit und nach Anhörung des Europäischen Parlaments die für die Durchführung dieses Beschlusses auf Unionsebene erforderlichen Maßnahmen an.

Artikel 34

Kosten

Jeder Mitgliedstaat trägt die seinen Stellen aus der Anwendung dieses Beschlusses entstehenden operativen Kosten. In besonderen Fällen können die betreffenden Mitgliedstaaten eine abweichende Regelung vereinbaren.

Artikel 35

Verhältnis zu anderen Rechtsakten

(1)   Für die betroffenen Mitgliedstaaten gelten die einschlägigen Regelungen dieses Beschlusses anstelle der entsprechenden Regelungen des Prümer Vertrags. Zwischen den Vertragsparteien des Prümer Vertrags finden alle sonstigen Bestimmungen des Prümer Vertrags weiterhin Anwendung.

(2)   Unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aufgrund sonstiger gemäß Titel VI des Vertrags angenommener Rechtsakte gilt Folgendes:

a)

Die Mitgliedstaaten können bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte oder Vereinbarungen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die zum Zeitpunkt der Annahme dieses Beschlusses in Kraft sind, weiterhin anwenden, soweit diese Übereinkünfte und Vereinbarungen nicht mit den Zielen dieses Beschlusses unvereinbar sind.

b)

Die Mitgliedstaaten können nach Wirksamwerden dieses Beschlusses bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte und Vereinbarungen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit schließen oder in Kraft setzen, soweit diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen über die Ziele dieses Beschlusses hinausgehen.

(3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Übereinkünfte und Vereinbarungen dürfen die Beziehungen zu Mitgliedstaaten, die nicht Vertragspartei dieser Übereinkünfte und Vereinbarungen sind, nicht beeinträchtigen.

(4)   Die Mitgliedstaaten unterrichten den Rat und die Kommission innerhalb von vier Wochen nach Wirksamwerden dieses Beschlusses über bestehende Übereinkünfte und Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 2 Buchstabe a, die sie weiterhin anwenden wollen.

(5)   Die Mitgliedstaaten unterrichten den Rat und die Kommission ferner über alle neuen Übereinkünfte und Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 2 Buchstabe b innerhalb von drei Monaten nach deren Unterzeichnung beziehungsweise deren Inkrafttreten im Falle jener Rechtsinstrumente, die bereits vor der Annahme dieses Beschlusses unterzeichnet wurden.

(6)   Dieser Beschluss lässt bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte und Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten unberührt.

(7)   Dieser Beschluss lässt bestehende Übereinkünfte über Rechtshilfe oder die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen unberührt.

Artikel 36

Umsetzung und Erklärungen

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um diesem Beschluss innerhalb von einem Jahr nach seinem Wirksamwerden nachzukommen; davon ausgenommen ist Kapitel 2, für das die erforderlichen Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach Wirksamwerden dieses Beschlusses und des Beschlusses des Rates zur Durchführung dieses Beschlusses getroffen werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen dem Generalsekretariat des Rates und der Kommission mit, dass sie den sich aus diesem Beschluss ergebenden Verpflichtungen nachgekommen sind, und legen die in diesem Beschluss vorgesehenen Erklärungen vor. Dabei kann jeder Mitgliedstaat angeben, dass er diesen Beschluss in seinen Beziehungen zu den Mitgliedstaaten, die die gleiche Mitteilung gemacht haben, unverzüglich anwendet.

(3)   Gemäß Absatz 2 übermittelte Erklärungen können jederzeit durch Erklärung gegenüber dem Generalsekretariat des Rates geändert werden. Das Generalsekretariat des Rates leitet alle eingegangenen Erklärungen an die Mitgliedstaaten und die Kommission weiter.

(4)   Auf der Grundlage dieser und anderer Informationen, die die Mitgliedstaaten auf Anfrage zur Verfügung gestellt haben, legt die Kommission dem Rat spätestens am 28. Juli 2012 einen Bericht über dessen Durchführung zusammen mit Vorschlägen vor, die sie im Hinblick auf eine mögliche Weiterentwicklung für angemessen erachtet.

Artikel 37

Anwendung

Dieser Beschluss wird 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union wirksam.

Geschehen zu Luxemburg am 23. Juni 2008.

Im Namen des Rates

Der Präsident

I. JARC


(1)  Stellungnahme vom 10. Juni 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89.

(3)  ABl. L 164 vom 22.6.2002, S. 3.

(4)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).