25.4.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 111/9


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 19. April 2006

über die Einsetzung einer Sachverständigengruppe zur Beratung der Kommission in Fragen der Bekämpfung von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft

(2006/299/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 2 EU-Vertrag setzt sich die Europäische Union die Erhaltung und Weiterentwicklung der Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zum Ziel.

(2)

Die Union gewährleistet den Bürgern innerhalb des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit. Dies erfordert die Bekämpfung von Terrorismus, auch in seiner externen Dimension, sowie die Auseinandersetzung mit den Faktoren, die zu Radikalisierung und Gewaltbereitschaft beitragen.

(3)

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung „Terroranschläge — Prävention, Vorsorge und Reaktion“ (1) festgestellt, dass es in einer Strategie zur Terrorprävention von grundlegender Priorität ist, sich der Radikalisierung und Gewaltbereitschaft in unseren Gesellschaften zu widersetzen und den Umständen entgegen zu wirken, welche die Rekrutierung von Terroristen begünstigen.

(4)

In ihrer Mitteilung „Rekrutierung von Terroristen: Faktoren der Radikalisierung und Gewaltbereitschaft“ (2) hat die Kommission festgestellt, dass sie im Hinblick auf die Weiterentwicklung der diesbezüglichen Politik auf die Sachkunde von Experten zurückgreifen muss.

(5)

Der Gruppe sollten Spezialisten aus verschiedenen Wissensgebieten mit Erfahrung in der Analyse und Erforschung des Bereichs Radikalisierung und Gewaltbereitschaft oder direkt damit verbundener Bereiche angehören.

(6)

Folglich gilt es, die Sachverständigengruppe „Radikalisierung und Gewaltbereitschaft“ einzusetzen, ihr Mandat festzulegen und ihre Strukturen zu definieren —

BESCHLIESST:

Artikel 1

(1)   Die Kommission setzt zwecks Politikberatung die Sachverständigengruppe „Radikalisierung und Gewaltbereitschaft“ (im Folgenden: „die Gruppe“) ein.

(2)   Die Gruppe setzt sich aus qualifizierten Personen zusammen, die über die für die Beratung von Radikalisierungs- und Gewaltbereitschaftsfragen erforderliche Kompetenz besitzen.

Artikel 2

Aufgaben

Die Kommission kann die Gruppe zu allen Fragen konsultieren, die Radikalisierung und Gewaltbereitschaft betreffen.

Die Gruppe ist beauftragt,

die Sachkunde ihrer Mitglieder zu bündeln und auf dieser Grundlage die Kommission politisch zu beraten; die Gruppe kann auf eigene Initiative oder auf besonderen Wunsch der Kommission hin tätig werden;

die Kommission dabei zu unterstützen, neue Gebiete zur Erforschung der Problematik Radikalisierung, Gewaltbereitschaft und Terrorismus zu ermitteln;

Fachwissen mit einschlägig tätigen Netzen, Einrichtungen oder anderen Gremien der EU, in den Mitgliedstaaten, in Drittländern sowie internationalen Organisationen auszutauschen;

bis Juni 2006 eine Synthese über den Stand der Forschung im Bereich der Radikalisierung und Gewaltbereitschaft zu erarbeiten.

Der Vorsitzende der Gruppe kann die Kommission auf die Zweckmäßigkeit hinweisen, die Gruppe zu einer bestimmten Frage anzuhören.

Artikel 3

Zusammensetzung — Ernennung der Mitglieder

(1)   Die Mitglieder der Gruppe werden unter den Fachleuten mit besonderer Kompetenz in den Bereichen Radikalisierung, Gewaltbereitschaft und Terrorismus ausgewählt und vom Generaldirektor der GD Justiz, Freiheit und Sicherheit der Europäischen Kommission (GD JLS) ernannt. Ihre Kompetenz muss u. a. auf Erfahrungen in der wissenschaftlichen Forschung beruhen und Publikationen umfassen.

(2)   Die Gruppe setzt sich aus höchstens 20 Mitgliedern zusammen.

(3)   Es gelten die folgenden Bestimmungen:

Die Mitglieder werden ad personam ernannt und sind verpflichtet, die Kommission unabhängig von allen äußeren Einflüssen zu beraten.

Die Mitglieder der Gruppe werden für einen Zeitraum von zunächst einem Jahr ernannt, den die Kommission verlängern kann. Sie bleiben bis zu ihrem Rücktritt, ihrer Ersetzung oder bis zum Ablauf ihres Mandats im Amt.

Mitglieder, die nicht mehr in der Lage sind, einen wirksamen Beitrag zur Arbeit der Gruppe zu leisten, die ihr Amt niederlegen oder die gegen die unter dem ersten und dem zweiten Gedankenstrich genannten Verpflichtungen oder gegen die Verpflichtungen gemäß Artikel 287 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verstoßen, können für die Dauer ihrer verbleibenden Amtszeit ersetzt werden.

Die Mitglieder geben jedes Jahr eine schriftliche Erklärung ab, in der sie sich verpflichten, im öffentlichen Interesse zu handeln, sowie eine Erklärung, dass kein ihrer Unabhängigkeit abträglicher Interessenkonflikt besteht bzw. dass gegebenenfalls ein solcher Interessenkonflikt vorliegt.

Artikel 4

Arbeitsweise

(1)   Der Generaldirektor der GD JLS ernennt den Vorsitzenden der Gruppe.

Die Gruppe legt der Kommission ihre Stellungnahmen und Berichte vor. Der Inhalt dieser Berichte und Stellungnahmen bindet weder die Kommission noch andere EU-Organe. Die Kommission kann eine Frist für die Vorlage der Stellungnahmen und Berichte festlegen.

Wird eine Stellungnahme oder ein Bericht von der Gruppe einstimmig angenommen, erstellt diese gemeinsame Schlussfolgerungen, die dem Sitzungsprotokoll beigefügt werden. Gelangt die Gruppe zu keiner Einigung in Bezug auf eine Stellungnahme oder einen Bericht, unterrichtet sie die Kommission über die unterschiedlichen Auffassungen ihrer Mitglieder.

(2)   Für die Prüfung besonderer Fragen können in Abstimmung mit der Kommission und auf der Grundlage eines von der Gruppe festgelegten Mandats Untergruppen eingesetzt werden; diese werden unmittelbar nach Erfüllung ihres Mandats aufgelöst. Die Berichte der Untergruppen müssen von der Gruppe gebilligt werden; erzielt diese kein Einvernehmen über diese Berichte, findet Absatz 1 Unterabsatz 3 Anwendung.

(3)   Der Vertreter der Kommission kann, soweit dies sinnvoll und/oder notwendig erscheint, andere Sachverständige oder Beobachter mit besonderer Sachkunde in einem auf der Tagesordnung stehenden Punkt einladen, an den Arbeiten der Gruppe oder der Untergruppe teilzunehmen.

(4)   Informationen, von denen die Mitglieder der Gruppe oder der Untergruppe aufgrund ihrer Teilnahme an den Arbeiten Kenntnis erlangen, sind vertraulich und dürfen nur bekannt gegeben werden, wenn die Kommission dies ausdrücklich billigt. Auch nach Ablauf ihres Mandats bleiben die Mitglieder der Gruppe und/oder Untergruppe an die Vertraulichkeitsvorschriften gebunden.

(5)   Die Sitzungen der Gruppe und der Untergruppen finden in der Regel in den Räumlichkeiten der Kommission nach den Modalitäten und zu den Terminen statt, die von der Kommission festgelegt werden. Die Kommission nimmt die Sekretariatsgeschäfte wahr. Interessierte Beamte der Kommission können an diesen Sitzungen teilnehmen.

(6)   Die Gruppe gibt sich eine auf den einschlägigen Standardvorschriften der Kommission basierende Geschäftsordnung.

(7)   Die Dienststellen der Kommission können im Internet Zusammenfassungen, Schlussfolgerungen, Auszüge aus Schlussfolgerungen oder Arbeitsunterlagen der Gruppe, die nicht vertraulich sind, in der Originalsprache des betreffenden Dokuments veröffentlichen. Die von der Gruppe vorgelegten Dokumente unterliegen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (3).

Artikel 5

Sitzungskosten

Die im Rahmen der Tätigkeit der Gruppe anfallenden Reise- und gegebenenfalls Aufenthaltskosten der Gruppenmitglieder und anderer Sachverständiger und Beobachter werden von der Kommission gemäß den für externe Sachverständige geltenden Vorschriften erstattet.

Die Mitglieder oder andere gelegentlich eingeladene Sachverständige und Beobachter erhalten keine Vergütung für ihre Tätigkeit.

Artikel 6

Inkrafttreten

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union wirksam. Er gilt bis zum 19. März 2007. Die Kommission entscheidet vor diesem Datum über eine etwaige Verlängerung.

Brüssel, den 19. April 2006

Für die Kommission

Franco FRATTINI

Vizepräsident


(1)  KOM(2004) 698 endg. vom 20. Oktober 2004.

(2)  KOM(2005) 313 endg. vom 21. September 2005.

(3)  ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43.