URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

1. März 2016 ( *1 )

„Rechtsmittel — Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran — Liste der Personen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden — Durchführungsverordnung (EU) Nr. 945/2012 — Rechtsgrundlage — Kriterium der materiellen, logistischen oder finanziellen Unterstützung der iranischen Regierung“

In der Rechtssache C‑440/14 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 23. September 2014,

National Iranian Oil Company mit Sitz in Teheran (Iran), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J.‑M. Thouvenin,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und V. Piessevaux als Bevollmächtigte,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Europäische Kommission, vertreten durch A. Aresu, D. Gauci und L. Gussetti als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, D. Šváby, F. Biltgen und C. Lycourgos, der Richter A. Rosas (Berichterstatter), E. Juhász, J. Malenovský und M. Safjan, der Richterin M. Berger und des Richters S. Rodin,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2015,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. September 2015

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die National Iranian Oil Company (im Folgenden: NIOC) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Juli 2014, National Iranian Oil Company/Rat (T‑578/12, EU:T:2014:678, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2012/635/GASP des Rates vom 15. Oktober 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 282, S. 58, im Folgenden: streitiger Beschluss) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 945/2012 des Rates vom 15. Oktober 2012 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 282, S. 16, im Folgenden: streitige Verordnung), soweit diese Rechtsakte sie betreffen, abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wird vom Gericht im angefochtenen Urteil wie folgt dargestellt:

„3

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (im Folgenden: Sicherheitsrat) nahm am 9. Juni 2010 die Resolution 1929 (2010) an, durch die der Geltungsbereich der mit den Resolutionen 1737 (2006), 1747 (2007) und 1803 (2008) des Sicherheitsrats verhängten restriktiven Maßnahmen ausgeweitet wurde und weitere restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran eingeführt wurden.

4

Am 17. Juni 2010 brachte der Europäische Rat seine wachsende Besorgnis über das iranische Nuklearprogramm zum Ausdruck und begrüßte die Annahme der Resolution 1929 (2010). Unter Hinweis auf seine Erklärung vom 11. Dezember 2009 ersuchte er den Rat der Europäischen Union, Maßnahmen zur Umsetzung der in der Resolution 1929 (2010) vorgesehenen Maßnahmen sowie Begleitmaßnahmen zu erlassen, damit alle noch bestehenden Bedenken in Bezug auf die Entwicklung sensibler Technologien durch die Islamische Republik Iran zur Unterstützung ihrer Nuklear- und Trägerraketenprogramme auf dem Verhandlungsweg ausgeräumt werden können. Diese Maßnahmen sollten sich auf folgende Bereiche konzentrieren: den Handel, den Finanzsektor, den iranischen Verkehrssektor, Schlüsselbranchen der Gas- und Ölindustrie und die zusätzlich benannten Personen und Einrichtungen, insbesondere das Korps der Islamischen Revolutionsgarden.

5

Am 26. Juli 2010 nahm der Rat den Beschluss 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) an, in dessen Anhang II die Personen und Einrichtungen – neben denen, die vom Sicherheitsrat oder von dem mit der Resolution 1737 (2006) eingesetzten Sanktionsausschuss benannt wurden und in Anhang I erfasst sind – aufgeführt sind, deren Gelder eingefroren werden. Im 22. Erwägungsgrund des Beschlusses wird auf die Resolution 1929 (2010) Bezug genommen. Darin werde Kenntnis genommen von dem potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die Iran aus seinem Energiesektor beziehe, und der Finanzierung seiner proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten.

6

Am 23. Januar 2012 nahm der Rat den Beschluss 2012/35/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 19, S. 22) an. In seinem 13. Erwägungsgrund heißt es, dass die Einreisebeschränkungen und das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen auf weitere Personen und Einrichtungen, die die iranische Regierung unterstützen, indem sie ihr proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten oder die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen ermöglichen, insbesondere auf Personen und Einrichtungen, die finanzielle, logistische oder materielle Unterstützung für die iranische Regierung bereitstellen, Anwendung finden sollten.

7

Durch Art. 1 Nr. 7 Buchst. a Ziff. ii des Beschlusses 2012/35 wurde Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413 folgender Buchstabe angefügt, der vorsieht, dass die Gelder der nachstehenden Personen und Einrichtungen eingefroren werden:

‚c)

weitere, nicht in Anhang I erfasste Personen und Einrichtungen, die die Regierung Irans unterstützen, und mit ihnen verbundene Personen und Einrichtungen gemäß der Auflistung in Anhang II‘.

8

Infolgedessen nahm der Rat im Rahmen des AEU-Vertrags am 23. März 2012 die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 (ABl. L 88, S. 1) an. Zur Durchführung von Art. 1 Nr. 7 Buchst. a Ziff. ii des Beschlusses 2012/35 sieht Art. 23 Abs. 2 dieser Verordnung das Einfrieren der Gelder der in ihrem Anhang IX aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen vor, in Bezug auf die festgestellt wurde, dass sie

‚d)

sonstige Personen, Organisationen oder Einrichtungen sind, die die iranische Regierung beispielsweise materiell, logistisch oder finanziell unterstützen, oder Organisationen, die in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle stehen, oder Personen, die mit ihnen in Verbindung stehen‘.

9

Am 15. Oktober 2012 nahm der Rat den [streitigen] Beschluss an. Im 16. Erwägungsgrund dieses Beschlusses heißt es, dass weitere Personen und Einrichtungen in die Liste der Personen und Einrichtungen, die gemäß Anhang II des Beschlusses 2010/413 restriktiven Maßnahmen unterliegen, aufgenommen werden sollten, insbesondere Einrichtungen, deren Geschäftstätigkeit im Öl- und Gasbereich liegt und die sich im Eigentum des iranischen Staates befinden, da diese Einrichtungen eine wesentliche Einnahmequelle des iranischen Staates sind.

10

Durch Art. 1 Nr. 8 Buchst. a des [streitigen] Beschlusses wurde Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 geändert. Diese Bestimmung sieht nun vor, dass restriktive Maßnahmen verhängt werden gegen

‚c)

andere Personen und Einrichtungen, die nicht unter Anhang I fallen, die die Regierung des Iran unterstützen, und Einrichtungen, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen, oder Personen und Einrichtungen, die mit ihnen in Verbindung stehen; diese sind in Anhang II aufgeführt.‘

11

Durch Art. 2 des [streitigen] Beschlusses wurde die Klägerin in Tabelle I im Anhang II des Beschlusses 2010/413 mit der Liste der ‚Personen und Einrichtungen, die an nuklearen Tätigkeiten oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit ballistischen Raketen beteiligt sind, und Personen und Einrichtungen, die die Regierung Irans unterstützen‘, aufgenommen.

12

Infolgedessen nahm der Rat am selben Tag die [streitige] Verordnung an. Durch Art. 1 der [streitigen] Verordnung wurde die Klägerin in die Tabelle im Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 mit der Liste der ‚Personen und Einrichtungen, die an nuklearen Tätigkeiten oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit ballistischen Flugkörpern beteiligt sind, sowie [der] Personen und Einrichtungen, die die iranische Regierung unterstützen‘, aufgenommen.

13

Die Aufnahme der Klägerin in die betreffenden Listen durch den [streitigen] Beschluss und die [streitige] Verordnung erfolgte aus folgenden Gründen:

‚Staatliche Einrichtung, die Finanzmittel für die Regierung Irans bereitstellt. Die NIOC wird vom Ölministerium geleitet. Der Minister für Öl ist Vorstandsvorsitzender der NIOC, und der stellvertretende Minister für Öl ist geschäftsführender Direktor der NIOC.‘“

3

Ergänzend zu dieser vom Gericht dargestellten Vorgeschichte des Rechtsstreits sind die Art. 45 und 46 der Verordnung Nr. 267/2012 zu erwähnen, in denen es heißt:

„Artikel 45

Die Kommission ändert

a)

Anhang II auf der Grundlage der vom … Sicherheitsrat oder vom Sanktionsausschuss getroffenen Feststellungen oder auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen;

b)

die Anhänge III, IV, V, VI, VII und X auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen.

Artikel 46

(1)   Nimmt der Sicherheitsrat oder der Sanktionsausschuss eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in die Liste auf, so nimmt der Rat diese natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in Anhang VIII auf.

(2)   Beschließt der Rat, die in Artikel 23 Absätze 2 und 3 genannten Maßnahmen auf eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung anzuwenden, so ändert er Anhang IX entsprechend.

(3)   Der Rat setzt die in Absatz 1 oder 2 genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen entweder auf direktem Weg, falls die Anschrift bekannt ist, oder durch Veröffentlichung einer Bekanntmachung von seinem Beschluss und den Gründen für ihre Aufnahme in die Liste in Kenntnis und gibt dabei diesen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen Gelegenheit zur Stellungnahme.

(4)   Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden stichhaltige neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat seinen Beschluss und unterrichtet die natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung.

(5)   Beschließen die Vereinten Nationen, eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung von der Liste zu streichen oder die der Identifizierung dienenden Angaben zu einer in der Liste aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung zu ändern, so ändert der Rat Anhang VIII entsprechend.

(6)   Die Liste in Anhang IX wird in regelmäßigen Abständen, mindestens aber alle 12 Monate überprüft.“

4

Die Anhänge II bis VII der Verordnung Nr. 267/2012 enthalten Listen der von dieser Verordnung erfassten Güter, Technologien, Ausrüstungen und Metalle. Anhang X der Verordnung enthält Verweise auf Websites mit Informationen über die in verschiedenen Bestimmungen der Verordnung genannten zuständigen Behörden sowie die Anschrift für Notifikationen an die Kommission.

5

Anhang VIII der Verordnung Nr. 267/2012 enthält die Liste der Personen und Einrichtungen gemäß Art. 23 Abs. 1 der Verordnung und Anhang IX die Liste der Personen und Einrichtungen gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung.

6

Am 27. Dezember 2012 erhob die NIOC Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und der streitigen Verordnung.

Angefochtenes Urteil

7

Zur Stützung ihrer Klage machte die NIOC sechs Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund wurde ein Verstoß gegen Art. 296 AEUV gerügt, der darin bestehen soll, dass in der streitigen Verordnung die Rechtsgrundlage für ihren Erlass nicht angegeben sei. Mit dem zweiten Klagegrund wurde geltend gemacht, es gebe keine geeignete Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung. Der dritte Klagegrund betraf die Rechtswidrigkeit von Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 und von Art. 20 Abs. 2 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 in der durch den streitigen Beschluss geänderten Fassung. Mit dem vierten Klagegrund wurden Rechtsfehler, ein Fehler bei der Tatsachenfeststellung und ein Beurteilungsfehler beanstandet. Der fünfte Klagegrund ging dahin, dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht, eine Verletzung der Verteidigungsrechte, ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und eine Verletzung des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz begangen worden seien. Mit dem sechsten Klagegrund wurde die Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Eigentumsrechts gerügt.

8

Das Gericht hat alle diese Klagegründe zurückgewiesen und infolgedessen die Klage insgesamt abgewiesen.

Anträge der Parteien

9

Die NIOC beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben,

ihren beim Gericht gestellten Anträgen stattzugeben und

dem Rat die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

10

Der Rat beantragt,

das Rechtsmittel insgesamt als unbegründet zurückzuweisen und

der NIOC die Kosten aufzuerlegen.

11

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen und

der NIOC die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

12

Die NIOC stützt ihr Rechtsmittel auf sechs Gründe.

Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verletzung der Pflicht zur Begründung der streitigen Verordnung

Vorbringen der Parteien

13

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die NIOC geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es den Klagegrund zurückgewiesen habe, wonach die streitige Verordnung mangelhaft begründet sei, weil ihre Rechtsgrundlage nicht angegeben werde. Sie wendet sich insoweit gegen Rn. 43 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht entschieden hat, dass „Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 … dem Rat also ausdrücklich die Befugnis zur Durchführung von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung ein[räumt]“ und „[d]ie Rechtsgrundlage für den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen eine Person oder Einrichtung, wie sie gegen die Klägerin verhängt wurden, … in den Bezugsvermerken der [streitigen] Verordnung mithin klar angegeben [ist]“.

14

Unter Bezugnahme auf Rn. 39 des Urteils Kommission/Rat (C‑370/07, EU:C:2009:590) bringt die NIOC vor, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehme jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen solle, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Unionsrechts, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein müsse und die Rechtsform vorschreibe, in der die Maßnahme zu erlassen sei. Die Ausdrücke „[b]eschließt der Rat“ und „so ändert er Anhang IX entsprechend“ in Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 gäben aber nicht die Rechtsform des zu erlassenden Rechtsakts an, so dass diese Bestimmung nicht die Rechtsgrundlage für den Rechtsakt zur Änderung von Anhang IX der Verordnung bilden könne, der die Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen gemäß Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung enthalte.

15

Der Rat tritt dem Vorbringen der NIOC entgegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

16

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund bringt die NIOC vor, das Gericht habe, als es den Klagegrund eines Begründungsmangels der streitigen Verordnung zurückgewiesen habe, insofern einen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 43 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die Rechtsgrundlage für den Erlass der streitigen Verordnung in deren Bezugsvermerken klar angegeben sei, obwohl die als Rechtsgrundlage genannte Bestimmung nicht die Rechtsform des zu erlassenden Rechtsakts angebe.

17

Insoweit ist zunächst hervorzuheben, dass – wie das Gericht in den Rn. 42 und 43 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat – in den Bezugsvermerken der streitigen Verordnung Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 ausdrücklich als Rechtsgrundlage genannt ist, die den Rat zum Erlass restriktiver Maßnahmen ermächtigt, wie sie gegen die NIOC verhängt wurden.

18

Zur Rechtsform des zu erlassenden Rechtsakts ist festzustellen, dass sie bei der Angabe seiner Rechtsgrundlage nicht unbedingt erforderlich ist. Wie der Rat zutreffend geltend gemacht hat, gibt es zahlreiche als Rechtsgrundlage dienende Vertragsbestimmungen, die nicht die Form der Rechtsakte nennen, die erlassen werden können. Außerdem heißt es in Art. 296 AEUV: „Wird die Art des zu erlassenden Rechtsakts von den Verträgen nicht vorgegeben, so entscheiden die Organe darüber von Fall zu Fall unter Einhaltung der geltenden Verfahren und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.“ Damit sieht er ausdrücklich vor, dass die Bestimmungen des AEU-Vertrags die Form der Rechtsakte, die erlassen werden können, nicht vorgeben.

19

Daraus ergibt sich, dass die Rechtsgrundlage für den Erlass restriktiver Maßnahmen gegen eine Person oder Einrichtung durch den Rat, nämlich Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012, in den Bezugsvermerken der streitigen Verordnung klar angegeben wurde, so dass es entgegen der Auffassung der NIOC in dieser Bestimmung keiner Angabe der Rechtsform der Rechtsakte, die der Rat auf ihrer Grundlage erlassen kann, bedurfte, damit die Bezugnahme auf diese Bestimmung eine hinreichende Begründung für die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung darstellt. Demnach hat das Gericht insoweit keinen Rechtsfehler begangen.

20

Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zu den Rechtsmittelgründen 2 bis 5: Fehlen einer Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung

Vorbringen der Parteien

21

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund bringt die NIOC im Wesentlichen vor, dass Art. 215 AEUV die Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung hätte bilden müssen. Mit ihren Rechtsmittelgründen 3 bis 5 macht sie für den Fall, dass der Rückgriff auf Art. 291 Abs. 2 AEUV für den Erlass individueller restriktiver Maßnahmen als zulässig angesehen werde, hilfsweise geltend, dass die in dieser Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen für die Heranziehung von Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 als Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung nicht erfüllt gewesen seien.

22

Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wendet sich die NIOC gegen die Rn. 54 und 55 des angefochtenen Urteils sowie gegen die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 56 dieses Urteils, wonach der Rat im vorliegenden Fall nicht gehalten gewesen sei, beim Erlass individueller Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern das in Art. 215 Abs. 1 AEUV vorgesehene Verfahren anzuwenden, sondern gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV Befugnisse zur Durchführung von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 267/2012 habe vorsehen dürfen.

23

Mit dem ersten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes macht die NIOC, gestützt auf Rn. 65 des Urteils Parlament/Rat (C‑130/10, EU:C:2012:472), wonach Art. 215 Abs. 2 AEUV die Rechtsgrundlage für restriktive Maßnahmen darstellen könne, geltend, dass diese Bestimmung die einzig mögliche Rechtsgrundlage für den Erlass individueller restriktiver Maßnahmen sei, da sie das Verfahren zum Erlass von Rechtsakten vorsehe, mit denen solche Maßnahmen verhängt würden. Es handele sich um die einzige Rechtsgrundlage, die in dem restriktive Maßnahmen betreffenden Titel IV des Fünften Teils des AEU-Vertrags vorgesehen sei. Art. 291 Abs. 2 AEUV befinde sich hingegen im Sechsten Teil des AEU-Vertrags, der allgemeine Vorschriften enthalte, die nicht von den besonderen Vorschriften in Titel IV des Fünften Teils abweichen sollten.

24

Mit dem zweiten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes bringt die NIOC, gestützt auf Rn. 48 des Urteils Parlament/Rat (C‑130/10, EU:C:2012:472), wonach die in den Art. 75 AEUV und 215 AEUV vorgesehenen Verfahren miteinander unvereinbar seien, vor, dies gelte auch für die in den Art. 215 AEUV und 291 Abs. 2 AEUV vorgesehenen Verfahren. Art. 291 Abs. 2 AEUV enthalte keine näheren Bestimmungen für das Verfahren zum Erlass der Rechtsakte, so dass er Art. 215 AEUV nicht ersetzen könne. Würden diese beiden Bestimmungen des AEU-Vertrags als austauschbar angesehen, so gäbe es jedenfalls zwei verschiedene Regelungen zum Erlass restriktiver Maßnahmen, was unter Verstoß gegen den in Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung zu einer Ungleichheit der von solchen Maßnahmen betroffenen Personen führen würde.

25

Mit dem dritten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes macht die NIOC erstens geltend, dass Art. 291 Abs. 2 AEUV eng ausgelegt werden müsse, weil er eine Ausnahme von der in Art. 291 Abs. 1 AEUV normierten grundsätzlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten vorsehe. Nach Art. 291 Abs. 2 AEUV müssten die betreffenden Rechtsakte der Union erforderlich sein, um einheitliche Bedingungen für die Durchführung verbindlicher Rechtsakte festzulegen, was vorliegend nicht der Fall sei, da Art. 215 Abs. 2 AEUV den Erlass von Durchführungsmaßnahmen gestatte. Zweitens wendet sich die NIOC gegen die Ausführungen des Gerichts in Rn. 55 des angefochtenen Urteils, wonach sich das in Art. 215 Abs. 1 AEUV vorgesehene Verfahren für den Erlass bloßer Durchführungsmaßnahmen als ungeeignet erweisen könne, wo doch Art. 291 Abs. 2 AEUV den Willen der Verfasser des AEU-Vertrags widerspiegele, ein effizienteres, der Art der durchzuführenden Maßnahme und der Handlungsfähigkeit jedes Organs angepasstes Durchführungsverfahren vorzusehen. Die vom Gericht insoweit angestellten subjektiven Erwägungen könnten den Rückgriff auf Art. 291 Abs. 2 AEUV nicht rechtfertigen.

26

Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund beanstandet die NIOC die Rn. 74 bis 83 des angefochtenen Urteils sowie die Schlussfolgerung des Gerichts, wonach der Rat den Rückgriff auf dieses Ausnahmeverfahren entsprechend begründet habe.

27

Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes weist die NIOC auf die beiden in Art. 291 Abs. 2 AEUV genannten Fälle hin; dieser laute: „Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, so werden mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, in entsprechend begründeten Sonderfällen und in den in den Artikeln 24 und 26 des [EU-]Vertrags … vorgesehenen Fällen, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen.“ Im vorliegenden Fall werde nicht geltend gemacht, dass die Verordnung Nr. 267/2012 von den Art. 24 EUV und 26 EUV betroffen sei, und im Übrigen sei der Beschluss 2012/35 aufgrund von Art. 29 EUV erlassen worden. Die NIOC verweist auf den zweiten dieser Fälle und auf die Notwendigkeit, das Vorliegen eines Sonderfalls entsprechend zu begründen. Sie bestreitet insoweit, dass die vom Gericht in den Rn. 74 bis 76 des angefochtenen Urteils angeführte Rechtsprechung zur Begründung von Rechtsakten anwendbar sei. Das Gericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Rückgriff auf Art. 291 Abs. 2 AEUV „entsprechend begründet“ sei, wo doch der Grund für diesen Rückgriff in Rn. 77 des angefochtenen Urteils als nicht ausdrücklich angegeben, in Rn. 80 als in „knapper, aber verständlicher“ Weise formuliert und in Rn. 82 als „hinreichend verständlich“ beschrieben werde.

28

Mit dem zweiten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes wendet sich die NIOC gegen die Rn. 78 und 79 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht den 28. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 267/2012 und deren Art. 23 Abs. 2 so ausgelegt habe, dass sie es rechtfertigten, die restriktiven Maßnahmen als von den Durchführungsbefugnissen des Rates aufgrund von Art. 291 Abs. 2 AEUV umfasst anzusehen. Diese Bestimmungen legten in keiner Weise eine solche Rechtfertigung nahe.

29

Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund trägt die NIOC vor, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als es in Rn. 86 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 dem Rat die Befugnis vorbehalte, die Bestimmungen in Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung durchzuführen, was ausreiche, um die Begründungspflicht hinsichtlich der Angabe der Rechtsgrundlage für Art. 46 Abs. 2, die durch Art. 291 Abs. 2 AEUV gebildet werde, zu erfüllen. Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 enthalte keinerlei Bezugnahme auf Art. 291 Abs. 2 AEUV, und der Ausdruck „Durchführung“ werde auch nicht erwähnt. Daher verweise diese Verordnungsbestimmung auf einen Beschluss des Rates nach Art. 215 Abs. 2 AEUV.

30

Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund bringt die NIOC vor, das Gericht habe in Rn. 87 des angefochtenen Urteils insofern einen Rechtsfehler begangen, als es in der fehlenden Angabe von Art. 291 Abs. 2 AEUV in den Bezugsvermerken der Verordnung Nr. 267/2012 keine Verletzung der Begründungspflicht seitens des Rates gesehen habe.

31

Der Rat tritt dem Vorbringen der NIOC entgegen.

32

Die Kommission trägt vor, Art. 215 AEUV sei die geeignete Rechtsgrundlage.

Würdigung durch den Gerichtshof

33

Art. 215 Abs. 2 AEUV lautet: „Sieht ein nach Titel V Kapitel 2 des Vertrags über die Europäische Union erlassener Beschluss dies vor, so kann der Rat nach dem Verfahren des Absatzes 1 restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten erlassen.“ Art. 215 Abs. 1 AEUV sieht ein Verfahren vor, wonach der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf gemeinsamen Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission entscheidet und hierüber das Europäische Parlament unterrichtet.

34

Wie das Gericht in Rn. 54 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, geht bereits aus dem Wortlaut von Art. 215 AEUV hervor, dass diese Bestimmung dem nicht entgegensteht, dass der Kommission oder dem Rat mit einer auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnung unter den Voraussetzungen des Art. 291 Abs. 2 AEUV Durchführungsbefugnisse übertragen werden, wenn es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung bestimmter in dieser Verordnung vorgesehener restriktiver Maßnahmen bedarf. Insbesondere geht aus Art. 215 Abs. 2 AEUV nicht hervor, dass individuelle restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nicht staatliche Einheiten zwingend nach dem in Art. 215 Abs. 1 AEUV vorgesehenen Verfahren zu erlassen wären und nicht auf der Grundlage von Art. 291 Abs. 2 AEUV erlassen werden könnten.

35

Außerdem sieht keine Bestimmung des AEU-Vertrags vor, dass sein Sechster Teil („Institutionelle Bestimmungen und Finanzvorschriften“) nicht im Bereich restriktiver Maßnahmen anwendbar wäre. Der Rückgriff auf Art. 291 Abs. 2 AEUV („Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, so werden mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, in entsprechend begründeten Sonderfällen und in den in den Artikeln 24 und 26 des Vertrags über die Europäische Union vorgesehenen Fällen, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen.“) war daher nicht ausgeschlossen, sofern die in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt waren.

36

Zu Art. 291 Abs. 2 AEUV ist hinzuzufügen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Begriff „Durchführung“ sowohl die Ausarbeitung von Durchführungsvorschriften als auch die Anwendung von Vorschriften auf Einzelfälle durch den Erlass individueller Rechtsakte umfasst (Urteil Kommission/Rat, 16/88, EU:C:1989:397, Rn. 11).

37

Im Licht dieser Angaben ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Verordnung Nr. 267/2012, deren Art. 46 Abs. 2 als Grundlage für den Erlass der streitigen Verordnung diente, erlassen wurde, um im Anschluss an den Beschluss 2012/35 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 über restriktive Maßnahmen gegen die in dessen Anhängen I und II aufgeführten Personen und Einrichtungen die im Rahmen des AEU-Vertrags erforderlichen Schritte zu ergreifen.

38

Die Verordnung Nr. 267/2012, die einen verbindlichen Rechtsakt im Sinne von Art. 291 Abs. 2 AEUV darstellt, enthält die allgemeinen Kriterien, nach denen sich die Aufnahme von Personen oder Einrichtungen in eine der in den Anhängen VIII und IX der Verordnung enthaltenen Listen von Personen oder Einrichtungen richtet, gegen die – unter Berücksichtigung der durch den Beschluss 2012/35 vorgenommenen Änderungen der allgemeinen Aufnahmekriterien im Beschluss 2010/413, die insbesondere darin bestanden, das Kriterium der Unterstützung der iranischen Regierung hinzuzufügen – restriktive Maßnahmen zu verhängen sind.

39

Da die NIOC durch den streitigen Beschluss in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413 aufgenommen worden war, wurde sie durch die streitige Verordnung im Rahmen des AEU-Vertrags in die Liste in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 aufgenommen, wobei ihre Aufnahme in die letztgenannte Liste – wie das Gericht in Rn. 132 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, ohne dass die NIOC dagegen in ihrem Rechtsmittel Einwände erhoben hat – bereits auf das oben genannte Kriterium der Unterstützung der iranischen Regierung gestützt werden konnte, unabhängig von der späteren Änderung der in der Verordnung Nr. 267/2012 enthaltenen allgemeinen Aufnahmekriterien im Anschluss an die durch den streitigen Beschluss vorgenommene Änderung der im Beschluss 2010/413 genannten allgemeinen Kriterien.

40

Dergestalt wurde mit der streitigen Verordnung das allgemeine Aufnahmekriterium der Unterstützung der iranischen Regierung konkret auf die NIOC angewandt, was im Rahmen des AEU-Vertrags gewährleisten sollte, dass die NIOC den durch die Lage im Iran ausgelösten restriktiven Maßnahmen in der gesamten Europäischen Union in einheitlicher Weise unterworfen wird.

41

Daher ist das Gericht in Rn. 56 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall auf eine Durchführungsbefugnis nach Art. 291 Abs. 2 AEUV zurückgegriffen werden durfte.

42

Der erste und der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sind folglich unbegründet.

43

Zu den übrigen von der NIOC im Rahmen des zweiten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes ausgeführten Argumenten ist zum einen festzustellen, dass Rn. 48 des Urteils Parlament/Rat (C‑130/10, EU:C:2012:472) im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist, da dieses Urteil den jeweiligen Anwendungsbereich der Art. 75 AEUV und 215 AEUV betrifft und nicht wie vorliegend den der Art. 215 AEUV und 291 Abs. 2 AEUV.

44

Zum anderen ist hinsichtlich des gerügten Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, der sich aus dem Unterschied zwischen den Regelungen zum Erlass restriktiver Maßnahmen in Bezug darauf ergeben soll, ob eine Person durch eine auf Art. 215 Abs. 2 AEUV gestützte Vorschrift oder durch den Erlass einer auf Art. 291 Abs. 2 AEUV gestützten Durchführungsverordnung benannt wird, festzustellen, dass angesichts ihrer beträchtlichen negativen Auswirkung auf die Freiheiten und Grundrechte der betroffenen Person oder Einrichtung (vgl. in diesem Sinne Urteile Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 358, sowie Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 132) jede Aufnahme in eine Liste von Personen oder Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt werden – sei es auf der Grundlage von Art. 215 AEUV oder von Art. 291 Abs. 2 AEUV –, dieser Person oder Einrichtung, sofern sie ihr gegenüber einer Einzelfallentscheidung gleichkommt, den Zugang zum Unionsrichter gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV eröffnet (vgl. in diesem Sinne Urteil Gbagbo u. a./Rat, C‑478/11 P bis C‑482/11 P, EU:C:2013:258, Rn. 57), damit insbesondere überprüft wird, ob diese Einzelfallentscheidung mit den im Basisrechtsakt genannten allgemeinen Aufnahmekriterien im Einklang steht.

45

Der Unterschied zwischen den Verfahren nach Art. 215 AEUV und nach Art. 291 Abs. 2 AEUV beruht auf dem Willen, auf der Grundlage objektiver Kriterien eine Unterscheidung zwischen dem Basisrechtsakt und einem Durchführungsrechtsakt im Bereich restriktiver Maßnahmen vorzunehmen. In diesem Zusammenhang stellt das in Art. 215 Abs. 1 AEUV vorgesehene Erfordernis eines gemeinsamen Vorschlags des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission eine Voraussetzung dar, die dem in dieser Bestimmung vorgesehenen Verfahren innewohnt, und keine Verfahrensgarantie, die allgemein jeder Person oder Einrichtung zuerkannt werden müsste, die – gleichgültig, auf welcher Grundlage – in eine restriktive Maßnahmen betreffende Liste aufgenommen wird. Daher kann die Tatsache, dass im Rahmen der Ausübung einer auf Art. 291 Abs. 2 AEUV gestützten Durchführungsbefugnis der Erlass restriktiver Maßnahmen, anders als im Rahmen des Verfahrens nach Art. 215 Abs. 1 AEUV, nicht an die Unterbreitung eines solchen gemeinsamen Vorschlags gebunden ist, nicht als ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Aufnahme in eine solche Liste angesehen werden.

46

Folglich ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes unbegründet. Dieser Rechtsmittelgrund ist daher insgesamt zurückzuweisen.

47

Im Hinblick auf die Rechtsmittelgründe 3 bis 5 ist zu prüfen, ob der Erlass der streitigen Verordnung einer der Fallkategorien zuzuordnen ist, für die sich der Rat gemäß Art. 291 Abs. 2 AEUV eine Befugnis zur Durchführung eines verbindlichen Rechtsakts vorbehalten kann.

48

Wie aus Rn. 59 des angefochtenen Urteils hervorgeht, stützte sich der Rat zur Rechtfertigung der Durchführungsbefugnis, die er sich in Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 vorbehalten hat, ausschließlich darauf, dass es sich vorliegend um einen „entsprechend begründeten Sonderfall“ handele. Er berief sich nicht auf das Vorliegen eines der in den Art. 24 EUV und 26 EUV vorgesehenen Fälle.

49

Hinsichtlich des in Art. 291 Abs. 2 AEUV genannten Falles, dass sich der Rat „in entsprechend begründeten Sonderfällen“ eine Durchführungsbefugnis vorbehalten kann, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof Art. 145 dritter Gedankenstrich des EWG-Vertrags, der Art. 291 Abs. 2 AEUV entspricht, dahin ausgelegt hat, dass der Rat die Entscheidung, mit der er sich Durchführungsbefugnisse vorbehält, ausführlich zu begründen hat (Urteil Kommission/Rat, 16/88, EU:C:1989:397, Rn. 10).

50

Art. 202 dritter Gedankenstrich EG, der an die Stelle von Art. 145 dritter Gedankenstrich des EG-Vertrags trat, ist in den Urteilen Kommission/Rat (C‑257/01, EU:C:2005:25, Rn. 51) und Parlament/Rat (C‑133/06, EU:C:2008:257, Rn. 47) ebenfalls ausgelegt worden; darin hat der Gerichtshof ausgeführt, dass der Rat nach Maßgabe der Natur und des Inhalts des umzusetzenden oder zu ändernden Basisrechtsakts eine ordnungsgemäße Begründung für eine Ausnahme von der Regel geben muss, dass es im System des Vertrags, wenn auf Gemeinschaftsebene Maßnahmen zur Durchführung eines Basisrechtsakts zu treffen sind, normalerweise Aufgabe der Kommission ist, diese Befugnis auszuüben.

51

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der Rat durch Art. 45 der Verordnung Nr. 267/2012 der Kommission weitreichende Befugnisse übertragen hat, die insbesondere die Änderung der Anhänge II bis VII dieser Verordnung betreffen, in denen die Listen der von den Bestimmungen dieser Verordnung erfassten Güter, Technologien, Ausrüstungen und Metalle enthalten sind. Dagegen hat sich der Rat durch Art. 46 der Verordnung Nr. 267/2012 die Befugnis zur Änderung ihrer Anhänge VIII und IX vorbehalten, d. h. der Listen der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, die – im Fall von Anhang VIII der Verordnung – infolge einer Benennung durch den Sicherheitsrat oder – im Fall von Anhang IX der Verordnung – aufgrund einer von der Union eigenständig erlassenen restriktiven Maßnahme aufgenommen werden.

52

Ein Vergleich dieser Maßnahmen ergibt, dass sich der Rat die Befugnis zum Erlass der sensibelsten unter ihnen vorbehalten hat, nämlich die Aufnahme der vom Sicherheitsrat beschlossenen Benennungen in die auf der Grundlage des AEU-Vertrags erlassene Verordnung und die Anwendung der Maßnahmen nach Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 267/2012, da sie besonders große Auswirkung auf die betroffenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen haben.

53

Wie bereits in Rn. 44 des vorliegenden Urteils angesprochen, haben diese Benennungen, die das Einfrieren der Gelder von Personen und Einrichtungen zur Folge haben, nämlich ungeachtet ihres Ziels, auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen einstellt, eine beträchtliche negative Auswirkung auf die Freiheiten und Grundrechte dieser Personen und Einrichtungen. Sie ist bei den Personen damit verbunden, dass ihr Berufs- und ihr Familienleben aufgrund der Einschränkungen des Gebrauchs ihres Eigentumsrechts beträchtlich erschüttert wird, und bei den Einrichtungen damit, dass insbesondere ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten gestört werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 358, sowie Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 132).

54

Dass dem Rat diese Durchführungsbefugnis vorbehalten blieb, kann auch damit gerechtfertigt werden, dass er die Beschlüsse im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik annimmt, durch die natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen in die Liste der Personen und Einrichtungen aufgenommen werden, deren Gelder eingefroren werden sollen. Solche Beschlüsse können in der Union, insbesondere durch die dort niedergelassenen Finanzinstitute, aber nur dann umgesetzt werden, wenn sich an sie der Erlass einer Verordnung im Rahmen des AEU-Vertrags anschließt.

55

Im Übrigen muss, wenn in einem im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik angenommenen Beschluss die Gründe für die Aufnahme einer Person geändert werden, um etwaigen Erklärungen und Beweisen Rechnung zu tragen, die diese Person dem Rat übermittelt hat, diese Änderung auch in der im Rahmen des AEU-Vertrags erlassenen Verordnung vorgenommen werden. Geschähe dies nicht, könnte die Beibehaltung der unveränderten Begründung bei der Überprüfung der Aufnahme dazu führen, dass eine Anfechtung der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung Erfolg hätte.

56

Daher hat das Gericht in Rn. 69 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei entschieden, dass sich der Rat die Befugnis zur Durchführung von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 267/2012 vorbehalten durfte, um die Kohärenz der Verfahren des Erlasses von Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern und der Feststellungen der zuständigen Behörde im Rahmen des Beschlusses 2010/413 bzw. der Verordnung Nr. 267/2012 sowohl bei der ersten Aufnahme einer Person oder Einrichtung in die betreffenden Listen als auch bei der Überprüfung dieser Aufnahme durch die zuständige Behörde, insbesondere im Hinblick auf die gegebenenfalls vom Betroffenen abgegebene Stellungnahme oder die von ihm gegebenenfalls vorgelegten Beweismittel, zu gewährleisten.

57

Die Koordination der Annahme von Beschlüssen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und des Erlasses von Maßnahmen auf der Grundlage des AEU-Vertrags ist umso notwendiger, als die Verhängung restriktiver Maßnahmen gegen natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen kurzfristig erfolgen muss, um einer Resolution des Sicherheitsrats nachzukommen oder um sicherzustellen, dass der durch die neuen, im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen eigenständigen Aufnahmen gewünschte Effekt schnellstmöglich eintritt. Hierzu ist festzustellen, dass der im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik angenommene Beschluss und die streitige Durchführungsverordnung zur Benennung der NIOC im Einklang mit der Praxis des Rates am selben Tag erlassen wurden.

58

Diese Erfordernisse der Kohärenz, der Koordination und der Schnelligkeit beim Erlass der erforderlichen Rechtsakte rechtfertigen es, dass auf den AEU-Vertrag gestützte Aufnahmen, die gleichzeitig mit im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen Aufnahmen erlassen wurden, als Sonderfälle im Sinne von Art. 291 Abs. 2 AEUV eingestuft werden. Dementsprechend hat der Gerichtshof, wie das Gericht in Rn. 72 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, im Urteil Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 109) einen Klagegrund zurückgewiesen, mit dem geltend gemacht worden war, der Rat sei nicht befugt gewesen, in einer auf Art. 291 Abs. 2 AEUV gestützten Durchführungsverordnung Maßnahmen zum Einfrieren der Gelder der Manufacturing Support & Procurement Kala Naft Co., Tehran, zu erlassen, wie sie u. a. in dem auf Art. 29 EUV gestützten Beschluss 2010/413 vorgesehen waren. Er hat insoweit im Wesentlichen festgestellt, dass die genannte Bestimmung des AEU-Vertrags dem Rat die Zuständigkeit für den Erlass der streitigen Maßnahmen verlieh.

59

Folglich ist das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Rat davon ausgehen durfte, dass die in Rede stehenden Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern einen Sonderfall darstellten, der es rechtfertigte, dass er sich in Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 die Durchführungsbefugnis vorbehielt.

60

Hinsichtlich der Voraussetzung, wonach die Übertragung der Durchführungsbefugnis an den Rat gerechtfertigt sein muss, hat das Gericht in den Rn. 74 bis 76 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei auf die Rechtsprechung zur Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV Bezug genommen. Der Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass der Rat entsprechend der Natur und dem Inhalt des umzusetzenden oder zu ändernden Basisrechtsakts eine ordnungsgemäße Begründung für eine Ausnahme von der Regel geben muss, dass es normalerweise Aufgabe der Kommission ist, die Durchführungsbefugnis auszuüben (Urteile Parlament/Rat, C‑133/06, EU:C:2008:257, Rn. 47, sowie Parlament und Kommission/Rat, C‑124/13 und C‑125/13, EU:C:2015:790, Rn. 53).

61

Hierzu ist festzustellen, dass die Beschlüsse und Verordnungen zu den restriktiven Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran eine Aufeinanderfolge von Rechtsakten bilden, die häufig geändert und regelmäßig ersetzt wurden, um ihre Klarheit und Lesbarkeit zu verbessern. Einige Bestimmungen sind jedoch in all diesen Beschlüssen und Verordnungen ähnlich.

62

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 83 ff. seiner Schlussanträge ausgeführt hat, war die Übertragung der Durchführungsbefugnis an den Rat bereits in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 103, S. 1) und in Art. 36 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1) vorgesehen. Diese beiden Bestimmungen wurden durch den sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 423/2007 bzw. den 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 961/2010 begründet. Im letztgenannten Erwägungsgrund heißt es:

„In Anbetracht der von Iran ausgehenden spezifischen Bedrohung für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit, wie sie in der vom Europäischen Rat auf seiner Tagung am 17. Juni 2010 hervorgehobenen zunehmenden Besorgnis angesichts des iranischen Nuklearprogramms zum Ausdruck kommt, und zur Wahrung der Übereinstimmung mit dem Verfahren zur Änderung und Überprüfung der Anhänge I und II des Beschlusses 2010/413/GASP sollte die Befugnis zur Änderung der Listen in den Anhängen VII und VIII dieser Verordnung vom Rat ausgeübt werden.“

63

Daraus geht hervor, dass die Übertragung der Durchführungsbefugnis an den Rat in den der Verordnung Nr. 267/2012 vorangegangenen Verordnungen mit der erforderlichen Kohärenz zwischen den im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und den auf der Grundlage des AEU-Vertrags vorgenommenen Benennungen gerechtfertigt wurde.

64

Im vorliegenden Fall konnte angesichts der Klausel, mit der dem Rat die Durchführungsbefugnis vorbehalten wurde, und ihrer Rechtfertigung in den der Verordnung Nr. 267/2012 vorangegangenen Verordnungen die Existenz dieser Befugnis des Rates als Teil des Kontexts, in dem der in Rede stehende Rechtsakt erlassen wurde, bekannt sein und ist als entsprechend begründet im Sinne von Art. 291 Abs. 2 AEUV anzusehen. Folglich ist der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

65

Da diese Rechtfertigung die Begründung des Gerichts in den Rn. 78 und 79 des angefochtenen Urteils stützt, ist auch der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

66

Hinsichtlich der fehlenden Angabe von Art. 291 Abs. 2 AEUV zur Rechtfertigung der Befugnisübertragung in Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 ist darauf hinzuweisen, dass das Versäumnis, auf eine bestimmte Vorschrift des AEU-Vertrags Bezug zu nehmen, dann kein wesentlicher Fehler sein kann, wenn die Rechtsgrundlage eines Aktes anhand anderer Bestandteile dieses Aktes ermittelt werden kann (Urteil Kommission/Rat, C‑370/07, EU:C:2009:590, Rn. 56). Wie das Gericht in den Rn. 85 und 86 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, lässt sich auch ohne die Nennung von Art. 291 Abs. 2 AEUV als Rechtsgrundlage für die Übertragung der Durchführungsbefugnis in Art. 46 Abs. 2 der Verordnung Nr. 267/2012 den Bestimmungen dieser Verordnung gleichwohl entnehmen, dass sich der Rat diese Befugnis im Einklang mit den in Art. 291 Abs. 2 AEUV genannten Voraussetzungen vorbehielt. Folglich sind der vierte und der fünfte Rechtsmittelgrund unbegründet.

67

Nach alledem sind die Rechtsmittelgründe 2 bis 5 zurückzuweisen.

Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Rechtswidrigkeit des Tatbestandsmerkmals der Unterstützung der iranischen Regierung

Vorbringen der Parteien

68

Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund wendet sich die NIOC gegen die Rn. 109 ff. des angefochtenen Urteils. In diesen Randnummern hat das Gericht die Einrede der Rechtswidrigkeit des Tatbestandsmerkmals der Unterstützung der iranischen Regierung zurückgewiesen, das in Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2012/635 geänderten Fassung sowie in Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 enthalten ist (im Folgenden: streitiges Tatbestandsmerkmal) und auf das sich die Aufnahme der NIOC in die in Rede stehenden Listen gründet. Die NIOC macht geltend, dieses Tatbestandsmerkmal sei, da es „sonstige Personen, Organisationen oder Einrichtungen …, die die iranische Regierung beispielsweise materiell, logistisch oder finanziell unterstützen, oder Organisationen, die in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle stehen, oder Personen, die mit ihnen in Verbindung stehen“ erfasse, nicht mit den in Art. 2 EUV verankerten Werten der Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit vereinbar, mit denen die im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik angenommenen Beschlüsse nach den Art. 21 EUV und 23 EUV im Einklang stehen müssten. Das streitige Tatbestandsmerkmal verleihe dem Rat eine exorbitante und unbeschränkte Befugnis, die es ermögliche, Personen und Einrichtungen mit einer Sanktion zu belegen, die die iranische Regierung – insbesondere finanziell – unterstützten, ohne an dem in Rede stehenden Nuklearprogramm beteiligt zu sein. Zu ihnen könne somit ein iranischer Steuerpflichtiger oder Beamter zählen oder auch ein in einem Mitgliedstaat der Union zugelassener Rechtsanwalt, der bestimmte iranische öffentliche Einrichtungen vor dem Gericht vertrete.

69

Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen.

70

Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht die NIOC geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 115 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass der Bewertungsspielraum, der dem Rat durch das streitige Tatbestandsmerkmal eingeräumt werde, weder willkürlich sei noch dem Rat ein Ermessen verschaffe, und in Rn. 123 des angefochtenen Urteils, dass „[d]as streitige Tatbestandsmerkmal … den Bewertungsspielraum des Rates durch objektive Kriterien [begrenzt] und … das unionsrechtlich gebotene Maß an Vorhersehbarkeit [gewährleistet]“.

71

Die NIOC macht geltend, das Gericht habe das streitige Tatbestandsmerkmal fehlerhaft ausgelegt, als es in Rn. 119 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass dieses Merkmal „nicht jede Form der Unterstützung der iranischen Regierung [erfasst], sondern diejenigen, die aufgrund ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung zur Fortführung der iranischen Nukleartätigkeiten beitragen“. Der Hinweis auf die „quantitative oder qualitative Bedeutung“ sei in der Verordnung Nr. 267/2012 nicht enthalten; mit ihm habe das Gericht die Verordnung „umgeschrieben“, bevor es zu dem Ergebnis gelangt sei, dass das streitige Tatbestandsmerkmal mit den Erfordernissen der Vorhersehbarkeit, der Klarheit und der Eindeutigkeit im Einklang stehe.

72

Die NIOC macht zudem geltend, das Gericht habe den Begriff „beispielsweise“ in den Rn. 118 und 120 des angefochtenen Urteils „ausgeblendet“, obwohl er klar bedeute, dass die Aufzählung der in der Verordnung erwähnten Unterstützungsarten, nämlich finanzielle, logistische oder materielle Unterstützung, rein illustrativen Charakter habe.

73

Die NIOC kommt zu dem Schluss, dass die vom Gericht vorgenommene Auslegung des streitigen Tatbestandsmerkmals fehlerhaft sei und dass es nicht den unionsrechtlichen Voraussetzungen der Vorhersehbarkeit, der hinreichenden Klarheit und der Bestimmtheit entspreche, da es nicht die Ermittlung der Personen ermögliche, gegen die eine restriktive Maßnahme verhängt werden könne.

74

Mit dem zweiten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes bringt die NIOC vor, das Gericht habe, indem es das streitige Tatbestandsmerkmal „umgeschrieben“ habe, ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt, denn sie habe die sie treffende restriktive Maßnahme nicht mit der Begründung anfechten können, dass sie nicht dem „umformulierten“ Kriterium entspreche, das sowohl ihr als auch dem Rat unbekannt gewesen sei.

75

Mit dem dritten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht die NIOC geltend, dass die Rn. 119 und 140 des angefochtenen Urteils widersprüchlich seien. In Rn. 119 führe das Gericht aus, dass das streitige Tatbestandsmerkmal die Formen der Unterstützung erfasse, „die aufgrund ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung zur Fortführung der iranischen Nukleartätigkeiten beitragen“, wohingegen es nach Rn. 140 „jede Unterstützung erfasst, die die nukleare Proliferation, auch wenn sie keinen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu ihr aufweist, wegen ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung begünstigen kann, indem der iranischen Regierung Ressourcen oder materielle, finanzielle oder logistische Mittel zur Verfügung gestellt werden, die ihr die Fortführung der proliferationsrelevanten Tätigkeiten ermöglichen“. Eine Unterstützung könne aber die nukleare Proliferation nicht begünstigen, wenn sie nicht einmal einen mittelbaren Bezug zu ihr aufweise. Wegen der Inkohärenz zwischen Rn. 119 und Rn. 140 des angefochtenen Urteils sei es mangelhaft begründet.

76

Der Rat, unterstützt durch die Kommission, tritt dem Vorbringen der NIOC entgegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

77

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber – wie der Gerichtshof entschieden hat – in Bereichen, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Würdigungen vornehmen muss, über ein weites Ermessen verfügt. Folglich ist eine in diesen Bereichen erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (Urteile Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 33, und Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 120).

78

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Verordnung, die restriktive Maßnahmen vorsieht, im Licht nicht nur des im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik angenommenen Beschlusses nach Art. 215 Abs. 2 AEUV, sondern auch des historischen Kontexts auszulegen, in dem die von der Union erlassenen Bestimmungen, in die sich diese Verordnung einfügt, stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft, C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 75, sowie Beschluss Georgias u. a./Rat und Kommission, C‑545/14 P, EU:C:2015:791, Rn. 33). Dies gilt auch für einen Beschluss im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, der unter Berücksichtigung des Kontexts auszulegen ist, in den er sich einfügt.

79

Dementsprechend hat das Gericht in Rn. 118 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass sich das streitige Tatbestandsmerkmal in einen rechtlichen Rahmen einfügt, der durch die Ziele der Regelung über die restriktiven Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran klar abgegrenzt ist, und dass es u. a. im 13. Erwägungsgrund des Beschlusses 2012/35, mit dem das streitige Tatbestandsmerkmal erstmals in Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413 eingefügt wurde, ausdrücklich heißt, dass das Einfrieren von Geldern auf Personen und Einrichtungen Anwendung finden soll, „die die iranische Regierung unterstützen, indem sie ihr proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten oder die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen ermöglichen, insbesondere auf Personen und Einrichtungen, die finanzielle, logistische oder materielle Unterstützung für die iranische Regierung bereitstellen“. Desgleichen hat es zutreffend festgestellt, dass es auch in Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 heißt, dass diese Unterstützung „materiell, logistisch oder finanziell“ erfolgen kann.

80

Das Gericht hat daraus in den Rn. 119 und 120 des angefochtenen Urteils geschlossen, dass das Ziel der Änderung des streitigen Tatbestandsmerkmals darin bestand, das Kriterium für die Benennung auszuweiten, um konkrete Tätigkeiten der betroffenen Personen und Einrichtungen zu erfassen, die die nukleare Proliferation, auch wenn sie als solche keinen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu ihr aufweisen, begünstigen können, indem der iranischen Regierung Ressourcen oder materielle, finanzielle oder logistische Mittel zur Verfügung gestellt werden, die ihr die Fortführung der proliferationsrelevanten Tätigkeiten ermöglichen.

81

Diese Auslegung wird durch die Entwicklung der Regelung, untersucht man sie im Licht der Dokumente des Rates, bestätigt. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Sicherheitsrat im 17. Erwägungsgrund der Resolution 1929 (2010) von „dem potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die die Islamische Republik Iran aus ihrem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung ihrer proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten“ Kenntnis genommen hat, wobei dieser Zusammenhang in Rn. 5 des angefochtenen Urteils erwähnt worden ist. Dem wollte der Europäische Rat Rechnung tragen, als er in der Erklärung im Anhang seiner Schlussfolgerungen vom 17. Juni 2010 den Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ aufforderte, auf seiner nächsten Tagung Maßnahmen zur Umsetzung der in der Resolution 1929 (2010) vorgesehenen Maßnahmen anzunehmen. Infolge dieser Aufforderung wurden sowohl mit dem Beschluss 2010/413 als auch der Verordnung Nr. 961/2010 Maßnahmen erlassen, die u. a. die Ölindustrie betrafen.

82

Da sich diese Maßnahmen als unzureichend erwiesen, um das Nuklearprogramm der Islamischen Republik Iran zu stoppen oder zu hemmen, beschloss der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 9. Dezember 2011, den Anwendungsbereich der von der Union beschlossenen restriktiven Maßnahmen auszuweiten; dies wird auch im sechsten Erwägungsgrund des Beschlusses 2012/35 hervorgehoben. In Nr. 3 seiner Schlussfolgerungen zum Iran vom 23. Januar 2012 betonte der Rat, dass die am selben Tag vereinbarten restriktiven Maßnahmen die Finanzierung des iranischen Nuklearprogramms durch die iranische Regierung beeinträchtigen sollten und nicht gegen das iranische Volk gerichtet waren.

83

Dieses Ziel hat das Gericht berücksichtigt, als es in Rn. 119 des angefochtenen Urteils das streitige Tatbestandsmerkmal so verstanden hat, dass es die Formen der Unterstützung der iranischen Regierung erfasst, die aufgrund ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung zur Fortführung der iranischen Nukleartätigkeiten beitragen. Dadurch hat das Gericht das streitige Tatbestandsmerkmal keineswegs „umgeschrieben“, sondern es im Licht der vom Rat verfolgten, aus der Entwicklung der völkerrechtlichen und unionsrechtlichen Regelungen in Bezug auf die Islamische Republik Iran hervorgehenden Ziele ausgelegt.

84

Außerdem ist festzustellen, dass das Gericht entgegen der Auffassung der NIOC das streitige Tatbestandsmerkmal nicht verfälscht hat, als es bei dessen Nennung in den Rn. 118 und 120 des angefochtenen Urteils den Begriff „beispielsweise“ unerwähnt ließ. Wie der Rat ausgeführt hat, hat das Gericht nämlich in Rn. 118 den im 13. Erwägungsgrund des Beschlusses 2012/35 zu findenden Ausdruck „insbesondere“ verwendet, der dem Begriff „beispielsweise“ entspricht. Desgleichen hat das Gericht im letzten Satz von Rn. 118 darauf hingewiesen, dass die fragliche Unterstützung materiell, logistisch oder finanziell erfolgen „kann“, was bedeutet, dass vom streitigen Tatbestandsmerkmal auch andere Unterstützungsformen erfasst werden können.

85

Entgegen dem Vorbringen der NIOC im dritten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes hat das Gericht sein Urteil auch nicht widersprüchlich begründet, als es in Rn. 119 des angefochtenen Urteils erläutert hat, dass das streitige Tatbestandsmerkmal die Formen der Unterstützung erfasst, „die aufgrund ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung zur Fortführung der iranischen Nukleartätigkeiten beitragen“, während es in Rn. 140 betont hat, dass das streitige Tatbestandsmerkmal „jede Unterstützung erfasst, die die nukleare Proliferation, auch wenn sie keinen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu ihr aufweist, wegen ihrer quantitativen oder qualitativen Bedeutung begünstigen kann, indem der iranischen Regierung Ressourcen oder materielle, finanzielle oder logistische Mittel zur Verfügung gestellt werden, die ihr die Fortführung der proliferationsrelevanten Tätigkeiten ermöglichen“.

86

In Rn. 119 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich das durch den Beschluss 2012/35 und die Verordnung Nr. 267/2012 eingeführte Merkmal ausgelegt. In Rn. 140 dieses Urteils hat es dagegen erläutert, inwiefern durch die Einführung des streitigen Tatbestandsmerkmals ein Zusammenhang zwischen der Unterstützung der iranischen Regierung und der Fortführung der proliferationsrelevanten Tätigkeiten hergestellt wurde. Insoweit ist Rn. 140 angesichts des Kontexts, in den sie sich einfügt, nicht mit einem Mangel an Klarheit behaftet, der ihrer leichten Verständlichkeit entgegenstünde.

87

Nach alledem hat die NIOC mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund nicht dargetan, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es das streitige Tatbestandsmerkmal in Beantwortung des vor ihm geltend gemachten dritten Klagegrundes ausgelegt hat, mit dem die Rechtswidrigkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. c des Beschlusses 2010/413 und von Art. 23 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 267/2012 gerügt wurde. Der sechste Rechtsmittelgrund ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

88

Da sämtliche Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Kosten

89

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

90

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

91

Da der Rat die Verurteilung der NIOC beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, hat sie neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates zu tragen.

92

Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die National Iranian Oil Company trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates der Europäischen Union.

 

3.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.