3.5.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 118/4


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) Nr. 375/2012 DER KOMMISSION

vom 2. Mai 2012

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 885/2006 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates hinsichtlich der Zulassung der Zahlstellen und anderen Einrichtungen sowie des Rechnungsabschlusses für den EGFL und den ELER

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (1), insbesondere auf Artikel 42,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 müssen die zugelassenen Zahlstellen der Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Unterlagen über die von ihnen getätigten Zahlungen zugänglich sind und so aufbewahrt werden, dass ihre Integrität, Gültigkeit und Lesbarkeit langfristig gewährleistet sind. Um den Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie Rechnung zu tragen, die es ermöglichen, die Belege zu den Beihilfeanträgen sicher und kostengünstig in elektronischer Form aufzubewahren, sollte den Mitgliedstaaten gestattet sein, die Belege zu den Beihilfeanträgen in elektronischer Form statt auf Papier aufzubewahren. Die Mitgliedstaaten sollten diese Option wählen können, wenn nach nationalem Recht die Verwendung von elektronischen Dokumenten in nationalen Gerichtsverfahren als Belege zur Untermauerung der betreffenden Vorgänge zugelassen ist. Elektronische Dokumente sollten im Einklang mit den internationalen Sicherheitsstandards für Informationssysteme auf dieselbe Weise geschützt sein wie sonstige bei der Zahlstelle aufbewahrten Informationen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 885/2006 der Kommission (2), um sicherzustellen, dass sie bei Bedarf für Kontrollen der Kommission in einer Form zur Verfügung stehen, die genau den Originaldokumenten auf Papier entspricht.

(2)

Gemäß Artikel 31 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 muss die Kommission entscheiden, welche Beträge von der EU-Finanzierung auszuschließen sind, wenn Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den EU-Vorschriften getätigt worden sind. Im Interesse der Wirksamkeit und Effizienz des Konformitätsabschlussverfahrens sollte es für die Kommission möglich sein, Fälle nicht weiterzuverfolgen, bei denen sich aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung darauf schließen lässt, dass die betreffenden veranschlagten Höchstbeträge 50 000 EUR und 10 % der entsprechenden Ausgaben nicht überschreiten würden.

(3)

Um zu gewährleisten, dass das Verfahren für gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 getroffenen Durchführungsbeschlüssen im Bereich des ELER wirksam und transparent ist, ist sicherzustellen, dass der betreffende Mitgliedstaat in der Lage ist, bei der Vorlage seiner Ausgabenerklärung gemäß Artikel 27 der genannten Verordnung die finanziellen Auswirkungen solcher Beschlüsse zu berücksichtigen.

(4)

Da ein Mitgliedstaat aufgrund einer ernsthaften Verschlechterung der internationalen Wirtschaftslage mit schwerwiegenden finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert sein kann, sollte die Kommission die Möglichkeit haben, auf entsprechenden Antrag des betreffenden Mitgliedstaats für Ausgaben, die nicht in Übereinstimmung mit den Unionsvorschriften getätigt worden sind, den Ausschluss von der EU-Finanzierung zu verschieben. Ein Aufschub der Kürzungen für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten sollte auch auf Antrag denjenigen Mitgliedstaaten gewährt werden, die einen finanziellen Beistand gemäß der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates vom 18. Februar 2002 zur Einführung einer Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten (3), der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (4), des am 7. Juni 2010 unterzeichneten Rahmenvertrags für die European Financial Stability Facility (EFSF) sowie des am 11. Juli 2011 unterzeichneten Vertrags über die Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus erhalten. Die Mitgliedstaaten, denen ein Aufschub gewährt wird, müssen sicherstellen, dass die Mängel, die zu den Kürzungen führten und die zum Zeitpunkt des Aufschubbeschlusses weiterhin bestanden, auf der Grundlage eines im Einvernehmen mit der Kommission aufgestellten Aktionsplans mit klaren Fortschrittsindikatoren behoben werden. Behebt ein Mitgliedstaat, dem ein solcher Aufschub zugute kommt, die Mängel nicht nach dem Aktionsplan und setzt somit den EU-Haushalt zusätzlichen finanziellen Risiken aus, so sollte die Kommission unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihren Beschluss über den Aufschub der Ausführung der Kürzungen widerrufen.

(5)

Die Verordnung (EG) Nr. 885/2006 ist daher entsprechend zu ändern.

(6)

Der Ausschusses für die Agrarfonds hat nicht innerhalb der ihm von seinem Vorsitzenden gesetzten Frist Stellung genommen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 885/2006 wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 9 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5)   Die Unterlagen gemäß den Absätzen 1 bis 4 sind auf Papier, in elektronischer Form und/oder in beiden Formen zur Verfügung der Kommission zu halten.

Unterlagen dürfen nur dann ausschließlich in elektronischer Form aufbewahrt werden, wenn nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats die Verwendung von elektronischen Dokumenten in nationalen Gerichtsverfahren als Belege zur Untermauerung der betreffenden Vorgänge zugelassen ist.

Werden die Unterlagen nur in elektronischer Form aufbewahrt, so muss das verwendete System den Anforderungen von Anhang I Nummer 3 Buchstabe B genügen.“

2.

Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 2 erhält folgende Fassung:

„Die Kommission kürzt bzw. erhöht die erste Zahlung, für die der Mitgliedstaat nach Erlass des Beschlusses gemäß Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 eine Ausgabenerklärung vorlegt, um den betreffenden Betrag.“

3.

Artikel 11 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 3 wird folgender Unterabsatz 4 angefügt:

„Die Kommission kann jederzeit das Verfahren ohne finanzielle Folgen für den betreffenden Mitgliedstaat beenden, wenn sie davon ausgeht, dass die möglichen finanziellen Auswirkungen der im Laufe einer Untersuchung festgestellten Unregelmäßigkeit gemäß Absatz 1 weniger als 50 000 EUR und weniger als 10 % der entsprechenden Ausgaben oder der wiedereinzuziehenden Beträge ausmachen.“

b)

Absatz 4 Unterabsätze 2 und 3 erhalten folgende Fassung:

„Für den ELER zieht die Kommission die von der EU-Finanzierung auszuschließenden Beträge von der Zahlung ab, für die der Mitgliedstaat nach Erlass des Beschlusses gemäß Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 eine Ausgabenerklärung vorlegt.

Auf Antrag eines Mitgliedstaats und nach Anhörung des Ausschusses für die Agrarfonds kann die Kommission jedoch beschließen,

a)

einen anderen Zeitpunkt für die Vornahme der Kürzungen festzusetzen oder die Erstattung der Beträge in einer oder mehreren Tranchen gestatten, wenn dies wegen der Höhe der in dem Durchführungsrechtsakt gemäß Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 enthaltenen Beträge gerechtfertigt ist, oder

b)

für einen Zeitraum von 18 Monaten ab dem Zeitpunkt des Beschlusses über die Kürzungen die Vornahme sämtlicher während dieses Zeitraums zu erfolgender Kürzungen aufzuschieben und gleichzeitig zu genehmigen, dass die Vornahme der Kürzungen für diejenigen Mitgliedstaaten, die einen finanziellen Beistand gemäß der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates (5), der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates (6), des am 7. Juni 2010 unterzeichneten Rahmenvertrags für die European Financial Stability Facility (EFSF) oder des Vertrags über die Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus erhalten, nach Ablauf des Aufschubs in bis zu drei gleichen Jahrestranchen vorgenommen wird.

Die Aufschubsfrist gemäß Unterabsatz 3 Buchstabe b kann nicht verlängert werden, und für denselben Mitgliedstaat kann kein weiterer Aufschub genehmigt werden. Der Mitgliedstaat, dem ein Aufschub gewährt wird, muss sicherstellen, dass die Mängel, die zu den Kürzungen führten und die zum Zeitpunkt des Aufschubbeschlusses weiterhin bestanden, auf der Grundlage eines im Einvernehmen mit der Kommission aufgestellten Aktionsplans mit klaren Fortschrittsindikatoren behoben werden. Trifft der Mitgliedstaat nicht die im Aktionsplan vorgesehenen erforderlichen Abhilfemaßnahmen, um diese Mängel zu beheben, sind anhand der Fortschrittsindikatoren keine ausreichenden Fortschritte bei den Abhilfemaßnahmen festzustellen oder sind die Ergebnisse nicht zufriedenstellend, so widerruft die Kommission unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihren Beschluss über den Aufschub der Ausführung der Kürzungen.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 2. Mai 2012

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 209 vom 11.8.2005, S. 1.

(2)  ABl. L 171 vom 23.6.2006, S. 90.

(3)  ABl. L 53 vom 23.2.2002, S. 1.

(4)  ABl. L 118 vom 12.5.2010, S. 1.

(5)  ABl. L 53 vom 23.2.2002, S. 1.

(6)  ABl. L 118 vom 12.5.2010, S. 1.“