32003D0757

2003/755/EG: Entscheidung der Kommission vom 17. Februar 2003 über die Beihilferegelung, die Belgien zugunsten von Koordinierungsstellen mit Sitz in Belgien durchgeführt hat (Text von Bedeutung für den EWR.) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 564)

Amtsblatt Nr. L 282 vom 30/10/2003 S. 0025 - 0045


Entscheidung der Kommission

vom 17. Februar 2003

über die Beihilferegelung, die Belgien zugunsten von Koordinierungsstellen mit Sitz in Belgien durchgeführt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 564)

(Nur der französische und niederländische Text sind verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2003/755/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den vorgenannten Artikeln(1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. VERFAHREN

(1) 1997 nahm der Rat (Ecofin) einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung(2) an, um einem schädlichen Steuerwettbewerb entgegenzuwirken, und setzte gleichzeitig eine Ad-hoc-Gruppe zur Untersuchung der steuerlichen Maßnahmen ein, die unter den Verhaltenskodex fallen könnten. Aufgrund der in diesem Verhaltenskodex eingegangenen Verpflichtung gab die Kommission 1998 eine Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung bekannt(3), in der sie ihre Entschlossenheit unterstrich, diese Vorschriften strikt gemäß dem Grundsatz der Gleichbehandlung anzuwenden. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission entsprechend den Bestimmungen im Bereich der staatlichen Beihilfen mit der Untersuchung der Maßnahmen begonnen, die von der Gruppe Verhaltenskodex als schädlich beurteilt wurden. In diesem Zusammenhang möchte die Kommission die Parallelität der Tätigkeit der Gruppe Verhaltenskodex und der Politik der Gemeinschaft im Bereich der staatlichen Beihilfen hervorheben, die beide darauf abzielen, Maßnahmen zu unterbinden, die den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt verfälschen oder zu verfälschen drohen. Die Kommission nimmt zugleich die bereits erreichten Fortschritte auf dem Wege zum Endziel, der Beseitigung eines schädlichen Steuerwettbewerbs, zur Kenntnis, insbesondere die von den Mitgliedstaaten unternommenen Schritte, um die von der Gruppe Verhaltenskodex als schädlich beurteilten Maßnahmen abzuschaffen bzw. deren schädliche Aspekte unwirksam zu machen.

(2) Für weitere Einzelheiten der Verfahrensstufen, die dem Beschluss der Kommission vom 27. Februar 2002 zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens vorausgingen, verweist die Kommission auf das Schreiben, das sie bei dieser Gelegenheit an Belgien übermittelte (im Folgenden "Verfahrenseinleitungsbeschluss")(4).

(3) Zur Erinnerung: Die Königliche Verordnung Nr. 187 vom 30. Dezember 1982 sieht eine vom allgemeinen Recht abweichende Steuerregelung für genehmigte Koordinierungsstellen vor. Am 2. Mai 1984 beschloss die Kommission, keine Einwände gegen die Königliche Verordnung Nr. 187 in der Fassung zu erheben, wie sie durch den Gesetzesentwurf geändert werden sollte, der ihr am 3. April 1984 von der belgischen Regierung zugeleitet worden war. Die belgische Regierung wurde von diesem Beschluss in Kenntnis gesetzt. Da in Wirklichkeit die von der belgischen Regierung vorgenommenen Änderungen jedoch nicht mit dem der Kommission vorgelegten Gesetzesentwurf übereinstimmten, leitete diese am 12. Dezember 1985 ein förmliches Prüfverfahren ein. Aufgrund der von der belgischen Regierung vorgeschlagenen und durch das Gesetz vom 4. August 1986 durchgeführten Änderungen setzte die Kommission Belgien am 9. März 1987 davon in Kenntnis, dass sie das eingeleitete Verfahren in Anbetracht der Änderungen abgeschlossen habe, die von Belgien vorgenommen worden waren, um die Beihilfemaßnahme mit Artikel 92 EG-Vertrag (nunmehr Artikel 87) in Einklang zu bringen.

(4) Am 1. Dezember 1997 verband der Rat seine Zustimmung mit einem Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung und ersuchte die Kommission, die Steuerregelungen in den Mitgliedstaaten (erneut) zu überprüfen. Am 11. November 1998 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (im Folgenden "die Mitteilung") an.

(5) Nachdem die Kommission am 12. Februar 1999 ein Auskunftsersuchen an die belgischen Behörden gerichtet hatte, teilte sie ihnen am 17. Juli 2000 mit, dass die Regelung zum damaligen Zeitpunkt als staatliche Beihilfe zu betrachten sei. Anschließend leitete sie mit der Aufforderung an die belgischen Behörden, ihre Stellungnahme abzugeben, das auf bestehende Beihilfemaßnahmen anzuwendende Zusammenarbeitsverfahren gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 EG-Vertrag,(5) ein. Die belgischen Behörden nahmen eine kritische Haltung zu dem Verfahren ein und verlangten, dass die Zusammenarbeitsphase vom Kommissarskollegium und nicht von den Dienststellen der Kommission eingeleitet werden solle. Diese Auffassung wurde von der Kommission angezweifelt.

(6) Am 11. Juli 2001 schlug die Kommission(6) Belgien zweckdienliche Maßnahmen vor, mit denen die Regelung mit den beihilferechtlichen Vorschriften in Einklang gebracht werden sollte. Belgien äußerte sich dazu mit Schreiben vom 19. September 2001 und ließ die Kommission wissen, dass seine Stellungnahme weder als Zustimmung zu noch als Ablehnung der zweckdienlichen Maßnahmen zu verstehen sei.

(7) In Ermangelung einer ausdrücklichen Zustimmung zu diesen Maßnahmen innerhalb der festgesetzten Frist und in Anbetracht der mit Schreiben vom 19. September vorgelegten Stellungnahme der belgischen Behörden beschloss die Kommission am 27. Februar 2002, gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 das in Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag vorgesehene Verfahren einzuleiten. Mit Schreiben vom 1. März 2002(7) setzte die Kommission Belgien von diesem Beschluss in Kenntnis.

(8) Nach der Verlängerung(8) der ursprünglichen Frist von einem Monat teilten die belgischen Behörden mit Schreiben vom 12. April 2002 der Kommission ihren Standpunkt mit, wobei sie darauf hinwiesen, dass es sich in Bezug auf die von der Kommission vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen nicht um eine Stellungnahme im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag, sondern um Argumente im Sinne von Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 handle.

(9) Mit Schreiben vom 16. Mai 2002 teilte Belgien den Text des Vorentwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Königlichen Verordnung Nr. 187 mit. Die durch diesen Text vorgenommenen Änderungen an der Königlichen Verordnung sind Gegenstand eines gesonderten Verfahrens(9).

(10) Nachdem am 26. Juni und 3. Juli 2002 Besprechungen mit den belgischen Behörden stattgefunden hatten, ersuchte die Kommission(10) Belgien um ergänzende Auskünfte sowohl über die geltende Regelung als auch über den angemeldeten Entwurf einer neuen Regelung. Nach der Verlängerung der ursprünglichen Frist antworteten die belgischen Behörden mit Schreiben vom 30. August 2002.

(11) Der Beschluss der Kommission zur Verfahrenseinleitung wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften(11) veröffentlicht. Die Kommission forderte alle Beteiligten zur Stellungnahme auf. Es gingen insgesamt 90 Stellungnahmen ein, die die Kommission mit Schreiben vom 24. September und 8. November 2002(12) Belgien übermittelt hat, das darauf mit Schreiben vom 16. Oktober und 16. Dezember 2002 reagierte.

II. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

(12) Die Steuerregelung für die Koordinierungsstellen findet ihren Ursprung in der Königlichen Verordnung Nr. 187 vom 30. Dezember 1982. Diese Königliche Verordnung wird ergänzt durch das Gesetz vom 11. April 1983, die Königliche Verordnung vom 20. Dezember 1984 und das Gesetz vom 28. Dezember 1992 und wurde zugleich wiederholt geändert(13). Die Regelung ist in ihrer derzeitigen Fassung seit dem 1. Januar 1993 anwendbar. Eine allgemeine Erläuterung der Steuerverwaltung findet sich in dem Rundschreiben CI.RH.421/439.244 vom 29. November 1993.

(13) Eine Koordinierungsstelle kommt für die Regelung nach der Einzelanerkennung durch Königliche Verordnung in Betracht. Gemäß der Königlichen Verordnung Nr. 187 muss die Koordinierungsstelle, um genehmigt zu werden, zu einer multinationalen Gruppe gehören(14), die über Eigenkapital und Rücklagen in Höhe von mindestens einer Milliarde BFR verfügt und einen jährlichen Umsatz erreicht, dessen konsolidierter Betrag gleich oder höher als 10 Mrd. BFR ist. Es sind nur bestimmte vorbereitende, unterstützende oder Zentralisierungstätigkeiten erlaubt(15), und Unternehmen des Finanzsektors (Kreditunternehmen, Banken, Versicherungsgesellschaften) können diese Regelung nicht in Anspruch nehmen. Schließlich muss die Anzahl der von den Koordinierungsstellen in Belgien beschäftigten Personen zwei Jahre nach Aufnahme der Tätigkeit mindestens zehn Vollzeitbeschäftigten entsprechen.

(14) Die Genehmigung für die Koordinierungsstelle gilt für zehn steuerbare Zeiträume ab dem steuerbaren Zeitraum, in dem der Antrag auf Genehmigung eingereicht wurde. Seit der Verabschiedung des Gesetzes vom 23. Oktober 1991 kann die Genehmigung zu denselben Bedingungen verlängert werden, die für die ursprüngliche Genehmigung galten.

(15) Die Königliche Verordnung Nr. 187 schreibt vor, dass das steuerbare Einkommen der genehmigten Koordinierungsstellen entgegen der allgemeinen Steuerregelung pauschal festgelegt wird und einem Prozentsatz der Ausgaben und der Geschäftsführungskosten (im Folgenden: "Cost plus"-Methode) entspricht. Die Kostenbasis umfasst alle Aufwendungen der Koordinierungsstelle mit Ausnahme der Personal- und Finanzkosten sowie der Körperschaftsteuer. Die Gewinnpauschale muss grundsätzlich Fall für Fall unter Berücksichtigung der von der Stelle tatsächlich ausgeübten Aktivitäten festgesetzt werden. Falls die Stelle selbst bestimmte von ihr erbrachte Dienstleistungen zu einem Preis in Rechnung stellt, der der Höhe der Kosten zuzüglich einer Gewinnpauschale entspricht, kann dafür der Prozentsatz dieser Gewinnpauschale herangezogen werden, sofern dieser nicht überhöht ist. Fehlt es für die Festlegung des Prozentsatzes der zu berücksichtigenden Gewinne an objektiven Kriterien, so ist dieser grundsätzlich mit 8 % zu veranschlagen.

(16) Der steuerpflichtige Gewinn der Koordinierungsstelle darf jedoch nicht niedriger sein als der Gesamtbetrag der Ausgaben oder Aufwendungen, die nicht als beruflich bedingte Kosten ("nicht absetzbare Ausgaben") absetzbar sind, sowie der außerordentlichen oder wohlwollenden Vorteile, die der Stelle von den Mitgliedern der Gruppe gewährt werden (im Folgenden "alternative Grundlage").

(17) Der Gewinn der Koordinierungsstellen wird mit dem normalen Körperschaftsteuersatz besteuert.

(18) Gemäß Gesetz vom 11. April 1983 sind Koordinierungsstellen von der Grundsteuer auf die Gebäude befreit, die sie selbst in Ausübung ihrer Tätigkeit benutzen. Dieses Gesetz bestimmt darüber hinaus, dass auf die Kapitaleinbringung in und auf Erhöhungen des Gesellschaftskapitals einer Stelle nicht die Registrierungsgebühr in Höhe von 0,5 % erhoben wird. Schließlich sind von Koordinierungsstellen ausgeschüttete Dividenden, Zinsen und Abgaben durch das Gesetz vom 11. April 1983 immer von der Quellensteuer befreit, mit Ausnahme von Zinsen, wenn der Begünstigte der Einkommensteuer für (natürliche) ("NPB") oder für juristische Personen ("RPB") unterliegt.

(19) Aufgrund der durch die Königliche Verordnung vom 20. Dezember 1984 vorgenommenen Änderungen bestimmt Artikel 110 Absatz 6 der Königlichen Verordnung zur Durchführung des Einkommensteuergesetzbuchs 1992 (im Folgenden "KB/WIB92"), dass die Erträge der Koordinierungsstellen aus ihren Barmitteleinlagen ebenfalls von der Quellensteuer befreit sind.

(20) Die Befreiung von der Quellensteuer ging mit der Erhebung einer fiktiven Quellensteuer auf die von den Stellen gezahlten Geldleistungen einher. Diese Quellensteuer ist fiktiv, weil die Empfänger der von den Stellen ausgezahlten Einkünfte den Gesamtbetrag erhalten, ohne dass eine Quellenbesteuerung in Abzug gebracht wird, sie aber den fiktiven Betrag dieser Quellenbesteuerung mit der fälligen Endsteuer verrechnen können. Nach Angaben der belgischen Behörden wird diese fiktive Quellensteuer für von den Stellen aufgrund von seit dem 24. Juli 1991 geschlossenen Verträgen ausgezahlte Zinsen, für seit demselben Datum ausgeschüttete Dividenden sowie für seit dem 1. Januar 1986 gezahlte oder zugeteilte Abgaben nicht mehr gewährt.

(21) Durch das Gesetz vom 28. Dezember 1992 wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1993 eine jährliche Steuer für die Koordinierungsstellen eingeführt, die auf 10000 EUR (400000 BEF) pro Vollzeitbeschäftigten einer Stelle festgelegt wurde, jedoch 100000 EUR (4 Mio. BEF) je Stelle nicht überschreiten kann.

(22) Nach Angaben der belgischen Behörden gilt die Regelung für ca. 250 genehmigte Stellen und für Finanzströme im Umfang von mehreren Dutzend Milliarden Euro.

III. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN VERFAHRENS

(23) Nach Auffassung der Kommission kamen die Koordinierungsstellen vermutlich in den Genuss eines speziellen Vorteils, da nur für diese Stellen die "Cost-plus"-Methode angewendet wurde. Angesichts der Tatsache, dass erhebliche Kosten - Finanzaufwendungen und Personalkosten - bei der Berechnungsgrundlage unberücksichtigt blieben und die Gewinnpauschale ungeachtet der Art der Tätigkeit im Allgemeinen auf 8 % festgesetzt wurde, erschien es nämlich unmöglich, dass das so erzielte steuerpflichtige Einkommen mit demjenigen vergleichbar sein sollte, das mittels der klassischen Methode erzielt worden wäre, die entsprechend dem allgemeinen Recht anzuwenden ist und auf dem Unterschied zwischen Aufwand und Ertrag beruht. Es zeigte sich denn auch, dass diese Methode nicht mit der Norm in Einklang steht, die in den Berichten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die "Cost plus"-Methode beschrieben wird.

Die Kommission neigte zugleich zu der Auffassung, dass den Koordinierungsstellen und den Gruppen, zu denen sie gehören, möglicherweise dadurch ein spezieller Vorteil gewährt wurde, dass die ihnen zugestandene Befreiung von der Grundsteuer, der Quellensteuer und der Registrierungsgebühr auf die Kapitaleinbringung (im Folgenden "die Kapitalgebühr") über die Befreiung hinausging, auf die alle Unternehmen auf der Grundlage der allgemeinen Steuerregelung Anspruch erheben konnten.

Die Kommission war schließlich der Auffassung, dass diese speziellen Vergünstigungen durch Art oder Struktur des belgischen Steuersystems nicht gerechtfertig erschienen und dass sie zu einer Verfälschung des Wettbewerbs und einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen könnten. Besagte Maßnahmen waren deshalb wahrscheinlich als Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag einzustufen. Da zudem die in Artikel 87 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag genannten Ausnahme- bzw. Freistellungsmöglichkeiten nicht zur Anwendung gelangen konnten, kam die Kommission im damaligen Stadium zu dem Schluss, dass eine derartige Beihilfemaßnahme vermutlich nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

IV. STELLUNGNAHME BELGIENS UND ANDERER BETEILIGTER

(24) Ungeachtet der von den belgischen Behörden geltend gemachten Einwände(16) betrachtet die Kommission die von diesen im Schreiben vom 12. April 2002 formulierten Darlegungen sehr wohl als Stellungnahme im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag.

(25) Drei Vereinigungen bzw. Verbände haben im Namen der von ihnen vertretenen Unternehmen eine Stellungnahme abgegeben. Es handelt sich um den Verbond van Belgische Ondernemingen (VBO - Belgischer Unternehmerverband), die Amerikanische Handelskammer (AmCham) und die Federatie van coördinatie-, distributie-, diensten- en callcentra (Forum 187 - Vereinigung von Koordinierungsstellen, Distributions-, Dienstleistungszentren und Callcentern). Wie die belgische Regierung verfolgt Forum 187 mit seiner Stellungnahme die Absicht, die Unrechtmäßigkeit des von der Kommission eingeschlagenen Verfahrens nachzuweisen und zu widerlegen, dass im Rahmen der Regelung eine unvereinbare Beihilfe vorliege. Ihre Argumentation zielt zugleich darauf ab, den Beweis zu führen, dass die Aufhebung der vorteilhaften Entscheidungen aus den Jahren 1984 und 1987 den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts zuwiderläuft, das auf der Achtung der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes beruht.

(26) Neben diesen drei Verbänden haben auch 87 Stellen bzw. Gruppen, die derartige Stellen besitzen, jeweils einzeln ihre Stellungnahme der Kommission zugeleitet. Diese Stellen beschreiben in der Regel ihre eigene Situation in Bezug auf das Datum der Genehmigung, den Personalbestand und die getätigten Investitionen und verweisen im Übrigen auf die Stellungnahme von Forum 187. Die Liste der 53 Beteiligten, die nicht beantragt haben, dass ihre Identität gegenüber dem belgischen Staat nicht bekannt gegeben wird, ist im Anhang zu dieser Entscheidung aufgeführt.

IV.1. Verfahren

(27) Belgien hält an seinem Standpunkt fest, dass es mit der Rechtsgrundlage, auf die sich die Kommission bei der Einstufung der Regelung als bestehende Beihilfe berufen hat, nicht einverstanden ist und dass das einmal gewählte Verfahren anschließend nicht eingehalten wurde. Der Verband Forum 187, der die genehmigten Stellen vertritt, beharrt auf der Auffassung, dass es an jeglicher Rechtsgrundlage fehlt, und fordert die Kommission deshalb auf, von ihrem Vorhaben abzulassen. Zur Untermauerung dieses Standpunkts werden folgende Argumente angeführt.

(28) Erstens könne sich die Kommission nicht rechtsgültig auf Artikel 1 Buchstabe b) Punkt v der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 als Rechtsgrundlage für ihr Vorgehen berufen, da die Kommission nach dieser Bestimmung den Beweis dafür erbringen muss, dass die Maßnahme zu dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens keine Beihilfe darstellte, sondern erst später auf Grund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu einer Beihilfe wurde. Die Kommission habe jedoch nicht nachgewiesen, dass eine derartige Entwicklung stattgefunden hat. Keine einzige andere Bestimmung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 räume die Möglichkeit ein, das Verfahren in Bezug auf bestehende Beihilferegelungen anzupassen, falls die Kommission, nachdem sie zunächst der Auffassung war, dass eine bestimmte Maßnahmen keine Beihilfe war, ihre Beurteilung ändert und die Auffassung vertritt, dass es sich doch um eine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 EG-Vertrag handelt. Die Kommission könne deshalb das Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen in Kapitel V der vorgenannten Verordnung nicht anwenden.

(29) Zweitens könne die Kommission nur unter strikten Voraussetzungen eine unrechtmäßig getroffene befürwortende Entscheidung rückwirkend aufheben oder ändern. Sie müsse vor allem eine angemessene Frist beachten und zunächst den Beweis für die Unrechtmäßigkeit der betreffenden Entscheidung erbringen. Darüber hinaus müsse sie den Vertrauensschutz der begünstigten Parteien beachten. Bei dem von der Kommission eingeschlagenen Verfahren seien diese Voraussetzungen nicht eingehalten worden, so dass keine Rechtsgrundlage für eine derartige Aufhebung gegeben ist.

(30) Drittens halte die Kommission das von ihr gewählte Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen nicht ein. Wegen der rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Einstufung als Beihilfe falle die Entscheidung darüber nämlich nicht in die Zuständigkeit der Dienststellen der Kommission, sondern in die des Kollegiums der Kommissionsmitglieder. Aus diesem Grunde sei die Zusammenarbeitsphase durch das Schreiben der Dienststellen der Generaldirektion Wettbewerb vom 17. Juli 2000 nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden. Erst mit der von der Kommission als Kollegium getroffenen Entscheidung vom 11. Juli 2001(17) könne diese Phase begonnen haben, so dass in diesem Fall ein Schritt des Verfahrens bei bestehenden Beihilferegelungen übersprungen worden sei. Infolgedessen habe die Kommission das Verfahren nicht rechtsgültig eingeleitet. Aus diesem Grunde vertritt Belgien die Auffassung, dass in seinem Schreiben vom 12. April 2002 Argumente in Bezug auf die vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen und keine Stellungnahme zur Einleitung des Verfahrens vorgebracht wurden.

IV.2. Beihilfecharakter der Maßnahmen

(31) Nach Auffassung sowohl der belgischen Behörden als auch der Beteiligten, die eine Stellungnahme abgegeben haben, erfuellt die Regelung für die Koordinierungsstellen keines der vier Tatbestandsmerkmale, die eine Einstufung der Maßnahme als Beihilfe rechtfertigen würden.

IV.2.1. Wirtschaftlicher Vorteil

(32) Zunächst weisen einige Beteiligte darauf hin, dass die durch die Koordinierungsstellen sich ergebenden Vorteile die Folge größenbedingter Vorteile sind, die auf die Zentralisierung bestimmter horizontaler Tätigkeiten innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind, und dass sie sich bei ihrer Entscheidung, eine Stelle in Belgien einzurichten, nicht von als vorteilhafter betrachteten steuerlichen Maßnahmen hätten leiten lassen. In diesem Zusammenhang verweisen sie auf das Vorhandensein alternativer Standorte mit attraktiveren Steuerregelungen.

(33) Daneben führt Forum 187 ebenso wie der belgische Staat Argumente in Bezug auf alle Einzelmaßnahmen an, hinsichtlich deren die Kommission am 27. Februar 2002 das Verfahren eingeleitet hat.

IV.2.1.1. Befreiung von der Grundsteuer

(34) Erstens habe die Kommission nicht den Nachweis erbracht, dass die Grundsteuer Aufwendungen verursacht, die Unternehmen normalerweise tragen müssen. Im Gegenteil, das belgische Recht sehe eine Reihe von Befreiungen von der Grundsteuer vor, und zwar insbesondere für Gesellschaften mit Standort in einem Beschäftigungsförderungs- oder Umstrukturierungsgebiet sowie für Innovationsgesellschaften. Daneben würden verschiedene regionale Erlasse und Verordnungen eine Steuerbefreiung zur Förderung der wirtschaftlichen Expansion oder Neuausrichtung gewähren. Da die Mehrheit der in Belgien ansässigen Gesellschaften demzufolge auf die eine oder andere Weise in den Genuss der Befreiung von der Grundsteuer kommt, könne somit keine Rede von einem speziell den Stellen gewährten Vorteil sein.

(35) Zweitens könnten nur die Stellen, die Eigentümer der von ihnen genutzten Gebäude sind, von dem aus der Befreiung von der Grundsteuer herrührenden steuerlichen Vorteil profitieren. Laut Forum 187 soll dies für lediglich 5 % der Stellen zutreffen.

IV.2.1.2. Befreiung von der Kapitalgebühr

(36) Erstens bezweifelt Belgien auch in diesem Fall, dass die Kapitalgebühr Aufwendungen verursacht, die Unternehmen normalerweise tragen müssen. Zur Erhärtung dieser Aussage wird darauf hingewiesen, dass das belgische Recht Befreiungen anderer Art von der Kapitalgebühr vorsieht, und zwar insbesondere diejenigen, die Gesellschaften mit Standort in Beschäftigungsförderungsgebieten gewährt werden, und diejenigen, die mit der Gewährung bestimmter Beihilfen zur Förderung von Investitionen und Beschäftigung in Belgien zusammenhängen. Die Mehrheit der Kapitaleinbringungen komme demzufolge auf die eine oder andere Weise in den Genuss einer Freistellung, so dass also von einem speziell den Stellen gewährten Vorteil keine Rede sein kann.

(37) Zweitens sei in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital(18), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, festgelegt, dass Befreiungen aus der Zeit vor dem 1. Juli 1984 aufrechterhalten bleiben. Die in Artikel 29 des Gesetzes vom 11. April 1983 vorgesehene Befreiung stamme aus der Zeit vor diesem Datum. Im Zusammenhang mit der möglichen Anwendung von Artikel 9 dieser Richtlinie wird darauf hingewiesen, dass diese Freistellung angesichts der Tatsache, dass in einer Reihe anderer Mitgliedstaaten keine Kapitalgebühr erhoben wird, die Wettbewerbsbedingungen auf dem Gemeinsamen Markt nicht verfälscht. Folglich seien weder Artikel 102 EG-Vertrag (jetziger Artikel 97), der die Befassung der Kommission vorsieht, noch Artikel 9 der Richtlinie, der auf diese Vertragsbestimmung verweist, in diesem Fall anwendbar. Die in der Richtlinie genannten Voraussetzungen für die Gewährung und Handhabung dieser Befreiung seien auf welche Weise auch immer gegeben.

IV.2.1.3. Befreiung von der Quellensteuer

(38) Erstens dürfe die Einbehaltung der Quellensteuer nicht als feste Vorschrift des allgemeinen belgischen Steuersystems betrachtet werden, denn es gebe so viele Ausnahmen, dass der größte Teil der Finanzströme nicht unter diese Vorschrift fällt. Zur Untermauerung dieser Behauptung listen die belgischen Behörden eine Reihe von Befreiungen von der Steuer auf Dividenden und Zinsen auf, von denen einige nach ihren Angaben eng mit den den Koordinierungsstellen gewährten Befreiungen verwandt sind, und zwar dergestalt, dass es sich stets um an Gebietsfremde ausgezahlte Einkünfte handelt, für die die Befreiung gilt. Laut Forum 187 entfällt für jedes belgisches Unternehmen als "professioneller Anleger"(19) die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer an der Quelle. Die Koordinierungsstellen seien professionelle Anleger und damit automatisch von der Quellensteuer befreit. Darüber hinaus gelte für die überwältigende Mehrheit der Zinszahlungen an Gebietsfremde in der Regel die Befreiung von der Quellensteuer. Die Regelung sei daher eine Vereinfachung aufgrund der Tatsache, dass die Stellen ihre Geschäftstätigkeit ausschließlich innerhalb der Gruppe ausüben. Belgien habe sich auch schon früher auf den Standpunkt der Kommission zugunsten der Abschaffung einer Quellenbesteuerung in jeglicher Form berufen. Die Kommission sei deshalb nicht konsequent, wenn sie gleichzeitig im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Einwände gegen eine Befreiung von der Quellensteuer erhebt.

(39) Zweitens biete die Befreiung von der Quellensteuer, anders als von der Kommission behauptet, den Empfängern von Kapitalerträgen nicht die Gelegenheit, die Steuer später zu entrichten. Als Ausgleich dafür, dass keine Quellensteuer einbehalten wird, müssten sie nämlich größere Vorauszahlungen (als Vorschuss auf die später fälligen Steuern) leisten.

(40) Drittens treffe die Behauptung, die Befreiung von der Quellensteuer führe automatisch zum völligen Wegfall der Steuererhebung, wenn die Quellensteuer die endgültige Steuer darstellt, nicht zu. Belgien hat dies durch die Vorschrift vermieden, dass die Befreiung nur dann gilt, wenn der Empfänger der Zinszahlungen bekannt ist und nicht der Einkommensteuer für natürliche oder juristische Personen unterliegt, die einzigen Steuerpflichtigen, für die die Quellensteuer eine endgültige Steuer darstellt.

(41) Viertens habe die Kommission im Fall der Befreiung von der Quellensteuer auf von den Stellen erhaltene Zinsen auf Barmitteleinlagen eine falsche Vorstellung vom belgischen System, das allen Gesellschaften in ihrer Eigenschaft als "professionellen Anlegern" die Befreiung von dieser Quellensteuer gewährt. Die Koordinierungsstellen würden somit gegenüber anderen Gesellschaften nicht bevorteilt.

IV.2.1.4. Fiktive Quellensteuer

(42) 1991 sei die fiktive Quellensteuer auf Null gesenkt worden, so dass sich die Kommission über diese Maßnahmen unnötigerweise Gedanken mache.

IV.2.1.5. Pauschale Festlegung der Einkommen ("cost plus")

(43) Erstens werde die "Cost plus"-Methode zur Festlegung der Verrechnungspreise für Dienstleistungen innerhalb einer Unternehmensgruppe von der OECD nachdrücklich empfohlen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Nichtberücksichtigung einiger Kosten und Ausgaben bei der Berechnungsgrundlage für das "cost plus" mit den OECD-Empfehlungen vereinbar ist, in denen es heißt, dass es nicht immer notwendig ist, eine Gewinnpauschale aufzuschlagen, damit ein Preis den Wettbewerbsbedingungen ("at arm's length") entspricht. Zudem müsse sich die belgische Verwaltung bei der Festlegung der Verrechnungspreise auf die OECD-Berichte stützen(20). Ferner könnten nach den OECD-Prinzipien Ausgaben, die in einem bestimmten Land über eine Geschäftseinheit getätigt werden, die keine feste Einrichtung oder ein Tochterunternehmen ist, von den Geschäftseinheiten, für deren Rechnung die Ausgaben getätigt wurden, normalerweise abgesetzt werden. In diesem Fall gebe es keine Beteiligungsmarge.

(44) Drittens sei die Veranschlagung eines einzigen Prozentsatzes in Höhe von 8 % gerechtfertigt, weil dieser Prozentsatz bereits vor der Einführung der Regelung für Koordinierungsstellen zur Festlegung des steuerbaren Einkommens von Einrichtungen ausländischer Gesellschaften in Belgien angewandt wurde. Ferner wende die belgische Verwaltung auch bei bestimmten Gruppen von Selbstständigen Pauschalsätze für die Gewinnspanne an. Mit ihrer Kritik an der Anwendung eines derartigen Pauschalsatzes verkenne die Kommission die Wirklichkeit, nämlich den Umstand, dass hier ein bereits seit 1964 übliches Arbeitsverfahren der Verwaltung vorliegt, das einen integrierenden Bestandteil des belgischen Steuersystems bildet.

(45) Viertens sei die Regelung im Vergleich zum allgemeinen Steuersystem nachteilig, wenn die Einnahme- und Ausgabenrechnung der Stelle einen Verlust ausweist. In einem solchen Fall müssten die Stellen nämlich nicht nur Steuern auf ein fiktives Pauschaleinkommen, das durch die Anwendung der "Cost plus"-Methode ermittelt wird, sondern auch die Pauschalsteuer in Höhe von 10000 EUR pro Arbeitnehmer entrichten(21), während nach der allgemeinen Methode keine Steuern fällig geworden wären. Darüber hinaus würde eine eventuell zu niedrige Festsetzung der von einer Stelle in Belgien zu entrichtenden Steuer automatisch auf der Ebene der Muttergesellschaft der multinationalen Gruppe ausgeglichen, sobald diese Steuern für ihr Einkommen weltweit bezahlt. Als Beispiele werden Gruppen mit Muttergesellschaften in den Vereinigten Staaten, Finnland und Deutschland genannt. Laut Forum 187 wird auf der Ebene der Gruppe somit keinesfalls ein Vorteil erzielt.

(46) Fünftens stelle die Nichtberücksichtigung der Personalkosten keinen Vorteil dar, weil diese Nichtberücksichtigung durch die feste Steuer auf die ersten zehn Arbeitnehmer ausgeglichen wird. Dieser Personalaufwand entspreche 8 % eines Betrags, der mit dem Betrag der unberücksichtigt gebliebenen Personalkosten vergleichbar ist. Die Nichtberücksichtigung der Finanzkosten sei gerechtfertigt, weil es, wenn sie bei der Steuererhebung in die Berechnung einbezogen würden, zu einer Steuer käme, die höher wäre als die Einkünfte, die die Stelle durch ihre Vermittlungsmarge erzielt.

(47) Sechstens stelle die in Erwägungsgrund 16 beschriebene alternative Grundlage keine theoretische Grundlage dar, sondern bildet selbst häufig die tatsächliche steuerbare Grundlage.

IV.2.2. Einsatz staatlicher Mittel

(48) Einerseits sei mit der Anwendung der Regelung für Koordinierungsstellen keine Verwendung staatlicher Mittel verbunden. Mit der Einführung der Regelung seien vielmehr Koordinierungsstellen nach Belgien gelockt worden, die zu höheren Einnahmen für den belgischen Staat geführt hätten.

(49) Andererseits komme die Mehrheit der in Belgien ansässigen Gesellschaften in der einen oder anderen Form in den Genuss einer Befreiung von der Quellen-, der Grundsteuer und der Kapitalgebühr. Der belgische Staat verzichte daher nicht auf zusätzliche Steuereinnahmen.

IV.2.3. Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

(50) Erstens werde der Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens nur oberflächlich und theoretisch begründet; so werde nicht konkret nachgewiesen, dass der Wettbewerb verfälscht und der Handel beeinträchtigt wird. Unter Hinweis auf ein Urteil(22) des Europäischen Gerichtshofs betrachtet Belgien eine derartige unzureichende Begründung als hinreichenden Grund für die Nichtigerklärung.

(51) Zweitens dürften die Steuersysteme der übrigen Mitgliedstaaten nicht unberücksichtigt bleiben. Der Standpunkt der Kommission, die betreffende Regelung müsse (ausschließlich) vor dem Hintergrund des gegenwärtig in Belgien anwendbaren allgemeinen Steuerrechts geprüft werden, sei unannehmbar. So könne die Befreiung von der Grund-, der Quellensteuer und der Kapitalgebühr den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auf keinen Fall beeinträchtigen, da entsprechende Steuern in einigen - wenn nicht gar den meisten - anderen Mitgliedstaaten unbekannt sind. Auch aus der Analyse der in Belgien angewandten "Cost plus"-Methode durch die Kommission gehe nicht hervor, in welcher Hinsicht diese Methode vorteilhafter als die Methoden sein soll, die in anderen Mitgliedstaaten auf mit Koordinierungsstellen vergleichbare Gebilde angewandt werden. Die den Stellen gewährten Vorteile würden schließlich auch in einer Reihe anderer Länder existieren, und die Kommission habe denn auch nicht den Nachweis erbringen können, dass der Wettbewerb und der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt werde. Die Kommission hätte konkrete Beweise für diese Beeinträchtigung vorlegen müssen.

(52) Drittens führe die Kommission rein theoretische Gründe dafür ins Feld, dass das Bestehen belgischer Koordinierungsstellen innerhalb multinationaler Gruppen den Wettbewerb und den Handel beeinträchtigt. Damit setze sie sich über die wirtschaftliche Realität hinweg, dass die allgemeine Tendenz, Dienstleistungen innerhalb einer Gruppe in Geschäftseinheiten des Typs "Koordinierungsstelle" zusammenzufassen, ihre Rechtfertigung in der Senkung der Kosten durch die Erzielung größenbedingter Vorteile findet. Laut Forum 187 verfügen alle multinationalen Unternehmen über eine Geschäftseinheit, die für die Zentralisierung unter anderem des Kassenwesens, der Finanzierung, der Buchhaltung oder der Personalverwaltung der zu der Gruppe gehörenden Unternehmen zuständig ist. Es stehe allen diesen Multis übrigens frei, in Belgien oder anderswo eine Stelle einzurichten. Eine Wettbewerbsverfälschung sei daher nicht gegeben.

(53) Viertens werde der Wettbewerb auf dem Finanzmarkt auch dann nicht verfälscht, wenn sich die Stellen in einer bevorzugten finanziellen Lage befinden, weil die Finanzinstitute die von ihnen angebotenen Bedingungen auf der Grundlage einer neutralen Analyse der Situation der Gruppe festlegen, ohne dass dabei das Bestehen einer Koordinierungsstelle und die Vorteile, die sich aus möglichen besonderen Steuerregelungen ergeben, berücksichtigt werden. Überdies würden sich die Banken auf Referenzzinssätze (LIBOR, EURIBOR usw.) stützen, auf die die Stellen nicht den geringsten Einfluss haben.

IV.2.4. Selektivität/Spezifizität der Maßnahme

(54) Erstens habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass bei der Gewährung der Vorteile aus der Regelung ein Ermessensspielraum besteht. Die Verwaltung wende dabei hingegen strikt einheitliche Vorschriften an. Insbesondere die Tatsache, dass keine einzige genehmigte Stelle Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäfte ausüben darf, sei ausschließlich auf die Versicherungsgesetzgebung zurückzuführen, die es nicht zulässt, dass ein Versicherungsunternehmen eine andere Geschäftstätigkeit betreibt, und nicht darauf, dass die Steuerverwaltung angeblich über einen gewissen Beurteilungsspielraum verfügt.

(55) Zweitens bürde die Kommission Belgien mit ihrer Forderung, den Nachweis zu erbringen, dass die Maßnahme durch die Art oder die Struktur des belgischen Steuersystems gerechtfertigt ist, zu Unrecht die Beweislast auf. Die Kommission stütze sich dazu auf die Mitteilung. Durch eine Mitteilung könne jedoch keine neue Verpflichtung zulasten der Mitgliedstaaten geschaffen werden. Es sei vielmehr Sache der Kommission, den Nachweis zu führen, dass sich die Regelung nicht durch die Struktur des belgischen Steuersystems rechtfertigen lässt.

Rechtfertigung durch Art oder Struktur des Systems

(56) Erstens gehöre es zum Wesen eines Steuersystems, dass es den Vorteilen und Nachteilen, die es bietet, Grenzen und Bedingungen setzt. Entgegen der Behauptung der Kommission beruhe das belgische System auf dem Grundsatz, dass Gesellschaften als "professionelle Anleger" befreit sind, und nicht auf dem Grundsatz der systematischen Einbehaltung einer Steuer (vgl. Erwägungsgrund 38). Die Quellensteuer sei vorrangig als Steuer für natürliche und juristische Personen gedacht, für die sie eine befreiende Wirkung hat. Dies bedeute, dass diese Personen nicht mehr zur Erklärung der Kapitalerträge verpflichtet sind, von denen die Quellensteuer einbehalten wurde, weil diese Quellensteuer die endgültige Steuer auf die betreffenden Einkünfte bildet. Die Darstellung der einschlägigen Vorschriften in der Form einer Systematik, gefolgt von zahlreichen Ausnahmeregelungen, gehe auf den Wunsch des Gesetzgebers zurück, diese Vorschriften in einen Abschnitt des Einkommensteuergesetzbuches 1992 (im Folgenden "WIB92") aufzunehmen, der für die vier Steuerarten(23) gemeinsam gilt, die erhoben werden. Laut Forum 187 gehört es zum Wesen eines Steuersystems, Grundsätze festzulegen und Ausnahmeregelungen davon vorzusehen. Diese Ausnahmeregelungen würden notwendigerweise einige Unternehmen stärker begünstigen als andere. Das heiße aber noch lange nicht, dass alle diese Befreiungen als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag einzustufen sind. Es sei deshalb unangemessen, darauf systematisch die Bestimmungen des vorgenannten Artikels anzuwenden.

(57) Zweitens machen die belgischen Behörden an einem Zahlenbeispiel deutlich, dass Gesellschaften im Allgemeinen - und Koordinierungsstellen im Besonderen - von der Quellensteuer befreit werden müssen, weil sie jedes Jahr zahlreiche Finanztransaktionen durchführen. Ohne diese Befreiung würde der Gesamtbetrag der einbehaltenen Steuern die Höhe der im gesamten Jahr fälligen Steuer weit übertreffen, so dass der belgische Staat verpflichtet wäre, allen Gesellschaften des Landes erhebliche Beträge zu erstatten. Dies gelte in noch stärkerem Maße für die Koordinierungsstellen wegen ihrer Geschäftstätigkeit im Rahmen der Zentralisierung des Kassenwesens ("cash pooling").

(58) Drittens sei die Befreiung der Stellen wegen des mit einer Quellensteuer verbundenen Risikos der Doppelbesteuerung gerechtfertigt. Falls die zu viel einbehaltene Quellensteuer auf Transaktionen im Inland zurückgefordert werden kann, berücksichtige ein Staat nämlich selten die im Ausland einbehaltene Quellensteuer. Darüber hinaus gehe, auch wenn einige Staaten akzeptieren, dass die im Ausland einbehaltene Quellensteuer mit den von ihnen erhobenen Steuern verrechnet wird, kein einziger Staat so weit, dass er die zu viel einbehaltene Quellensteuer im Hinblick auf die Endsteuer erstattet.

(59) Viertens sei die von der Kommission beanstandete Selektivität gerechtfertigt, denn die Maßnahme zielt ausschließlich auf Unternehmen ab, die Aufgaben erfuellen, welche normalerweise von einem Hauptquartier wahrgenommen werden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass diese Selektivität in etwa der der Steuerregelung entspricht, die durch die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten(24), geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens (bzw. durch den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten)(25), vorgeschrieben wird. Schließlich sei der allgemeine Charakter der Befreiung der von den Stellen ausgezahlten Einkommen ab 1983 seinerzeit gerechtfertigt gewesen, weil diese Stellen den Zweck hatten, die Abwicklung neuer, noch unbekannter Arten von Finanztransaktionen zu fördern. Es habe sich deshalb noch nicht mit Bestimmtheit sagen lassen, ob die verschiedenen Befreiungen, die damals vorgesehen waren, auch auf diese neuen Finanzströme anwendbar sein würden.

IV.3. Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(60) Belgien ist der Auffassung, dass, sollte die fragliche Regelung eine staatliche Beihilfe darstellen, sie gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, weil sie eingeführt wurde, um die Investitionstätigkeit und die Beschäftigung in Belgien zu beleben. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf den Bericht an den König vor der Königlichen Verordnung Nr. 187 hingewiesen.

(61) Hinsichtlich der Befreiung von der Kapitalgebühr habe die Kommission die Frage aufgeworfen, ob diese mit den einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften vereinbar ist. Belgien erklärt, dass alle durch die Richtlinie 69/335/EWG vorgeschriebenen Bedingungen und Formalitäten eingehalten wurden und dass die Anwendung dieser Befreiung demzufolge mit Artikel 7 der Richtlinie vereinbar ist, der selbst die Vorschrift enthält, dass die Befreiungen aus der Zeit vor dem 1. Juli 1984 beizubehalten sind. Die in Artikel 29 des Gesetzes vom 11. April 1983 vorgesehene Befreiung stamme aus der Zeit vor diesem Datum.

IV.4. Vertrauensschutz

(62) Erstens sei der Vorteil aus der Regelung den genehmigten Stellen in gutem Glauben und völlig rechtmäßig gewährt worden. Die Stellen könnten sich daher auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um in vollem Umfang von der Genehmigung mit einer Geltungsdauer von zehn Jahren profitieren zu können. Dieser Vertrauensschutz beruhe auf den Entscheidungen der Kommission aus den Jahren 1984 und 1987, die Regelung zuzulassen, und auf der Antwort(26), die das für Wettbewerb zuständige Kommissionsmitglied 1990 auf eine parlamentarische Antwort gab; darin werde bestätigt, dass die Kommission in Anbetracht der geltenden Vorschriften für staatliche Beihilfen keine Einwände gegen die Regelung für die Koordinierungsstellen habe.

(63) Zweitens stehe die plötzliche Aufhebung der befürwortenden Entscheidungen aus den Jahren 1984 und 1987 durch die Kommission im Widerspruch zu bestimmten Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere zu den Prinzipien Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. So unterstreicht Forum 187, das die europäische Rechtsprechung zitiert, dass die Vermutung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Kommission besteht und dass sie ihre Beweggründe angeben und erläutern müsse, auf welcher Grundlage sie beschließt, dass frühere Entscheidungen unrechtmäßig waren (Urteil in der Rechtssache Papiers Peints(27)). Dies müsse innerhalb einer angemessenen Frist geschehen (Urteil Alpha Steel(28)). Der Adressat einer Entscheidung müsse erkennen können, welche Pflichten ihm diese Entscheidung auferlegt (Urteile Gondrand(29) und Opel Austria(30)). Die Kommission wird kritisiert, weil sie sich zwischen einer Entscheidung von 1999 und den fünf vorangegangenen Entscheidungen, die dasselbe Unternehmen betrafen, unterschiedlicher Auslegungen bedient hat (Urteil Kvaerner Warnow(31)). Lege der Adressat einer Entscheidung nicht innerhalb von zwei Monaten Berufung ein, so könne diese Entscheidung nicht mehr angefochten werden; die Kommission befinde sich dann in derselben Lage wie der, als sie erklärte, dass die Regelung keine Beihilfe darstellt. Schließlich dürfe die Kommission, sobald eine Regelung genehmigt ist, nicht mehr jede der im Rahmen dieser Regelung genehmigten Einzelmaßnahmen überprüfen (Urteil Italgrani(32)).

(64) Drittens würden die Stellen - bzw. die Gruppen, zu denen sie gehören - bei einer Untersagung der Regelung durch die Kommission erheblichen Schaden erleiden, wenn sie nicht in den Genuss der restlichen Geltungsdauer der Genehmigung kämen. Dieser Schaden ergebe sich vor allem als Folge der Verpflichtung, die Tätigkeit der Stellen aus Belgien ins Ausland zu verlagern und die langfristigen Verträge mit den Beschäftigten, den Finanzinstituten(33) oder den Eigentümern der von ihnen gemieteten Gebäude zu kündigen. Aufgrund der Genehmigung der Stelle bzw. der Verlängerung dieser Genehmigung seien zugleich innerhalb der Gruppe bedeutende Investitionen vorgenommen worden, um die Tätigkeit der Stelle zu organisieren und die Struktur der Gruppe im Hinblick auf die Zentralisierung der betreffenden Tätigkeiten anzupassen(34). Die betroffenen Gruppen hätten beschlossen, ihre Koordinierungsstelle in Belgien anzusiedeln oder dort zu investieren, weil sie das berechtigte Vertrauen hegten, dass die Regelung keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 EG-Vertrag darstellt und dass sie während der gesamten Geltungsdauer ihrer Anerkennung oder selbst danach noch, d. h. mit der Aussicht, die Tätigkeit langfristig ausüben zu können, von dieser Regelung würden profitieren können.

(65) Aus diesen Gründen ist Forum 187 der Auffassung, dass die Kommission die früheren Entscheidungen aus den Jahren 1984 und 1987 nicht rückgängig machen kann und dass sie das am 27. Februar 2002 eingeleitete Verfahren einstellen muss. Die Verbände und Stellen, die sich einzeln geäußert haben, fordern, dass das Vertrauen gewürdigt wird, das sie berechtigterweise in die Rechtmäßigkeit der Genehmigung durch die belgische Regierung und in die Beibehaltung der Wirkung der Regelung bis zum Ende der Geltungsdauer gesetzt haben. Die letzten verlängerten Genehmigungen laufen am 31. Dezember 2010 ab.

(66) Einige Stellen erheben zugleich Anspruch auf eine Verlängerung ihrer Genehmigung nach Ablauf der gegenwärtigen Geltungsdauer um weitere zehn Jahre.

V. STELLUNGNAHME BELGIENS ZU DEN BEMERKUNGEN ANDERER BETEILIGTER

(67) Belgien stellt fest, dass sich aus den zahlreichen eingereichten Stellungnahmen eine positive Haltung zu der Regelung ergibt. Am Ausmaß der von diesen Dritten getätigten Investitionen werde das Vertrauen deutlich, das in das Statut der Koordinierungsstellen und in die belgischen und europäischen Beschlüsse im Zusammenhang damit gesetzt wird. Die belgischen Behörden weisen zugleich darauf hin, dass aus Wirtschaftskreisen kein Widerspruch gegen die Regelung laut geworden ist, was nach ihrer Auffassung bekräftigt, dass eine Wettbewerbsverzerrung nicht vorliegt.

VI. WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN

VI.1. Das Verfahren

(68) Der belgische Staat und Forum 187 kritisieren die Einstufung als bestehende Beihilfemaßnahmen, die Rechtsgrundlage, die von der Kommission für ihr Vorgehen gewählt wurde, und das von der Kommission eingeschlagene Verfahren.

(69) Rechtsgrundlage für das Verfahren der Kommission ist die Verordnung (EG) Nr. 659/1999, die wiederum auf den Artikeln 87 und 88 EG-Vertrag basiert, welche die eigentliche Rechtsgrundlage für ein Vorgehen der Kommission im Zusammenhang mit staatlichen Beihilfen bilden. Artikel 87 enthält die Kriterien für das Vorliegen von Beihilfemaßnahmen und deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Es handelt sich um objektive Kriterien, bei deren Beurteilung die Kommission über keinerlei Spielraum verfügt. Wenn die Kommission nachweisen kann, dass eine Maßnahme sämtliche Kriterien des Artikels 87 erfuellt, erbringt sie den Nachweis, dass es sich um eine Beihilfemaßnahme geht, auch wenn in einer früheren Entscheidung das Gegenteil behauptet wurde. Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 bekräftigt diese Vorgehensweise lediglich durch die Definition von "Beihilfen" als "alle Maßnahmen, die die Voraussetzungen des Artikels 87 Absatz 1 des Vertrages erfuellen". Da es sich aufgrund des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag um eine Beihilferegelung handelt, findet Artikel 88 Anwendung; es muss festgestellt werden, ob die Beihilferegelung als bestehende Beihilfe eingestuft werden kann oder nicht. Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 spricht in diesem Fall von "neuen Beihilfen".

(70) Artikel 88 Absatz 1 EG-Vertrag sieht für bestehende Beihilferegelungen ein vorteilhafteres Verfahren vor, das dem Mitgliedstaat zusätzliche Möglichkeiten bietet, seine Meinung zu äußern. Nur wenn diese Vorschläge abgelehnt werden, kann das förmliche Prüfverfahren - das für neue oder rechtswidrige Beihilfen mit sofortiger Wirkung anwendbar ist - wegen der bestehenden Beihilfe eingeleitet werden. In Artikel 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 werden in Bezug auf "bestehende Beihilferegelungen" verschiedene Situationen in Betracht gezogen. So bilden insbesondere "genehmigte Beihilfen" eine bestehende Beihilferegelung, unabhängig davon, ob die Beihilfe ausdrücklich als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar oder als Maßnahme, die keine Beihilfe darstellt, oder - weniger ausdrücklich - aus dem Grunde genehmigt wurde, dass die Kommission keine Einwände dagegen hat. Wie in Punkt 32 des Verfahrenseinleitungsbeschlusses angegeben, gilt diese Bestimmung sehr wohl für den Fall, dass die Kommission, nachdem sie ursprünglich der Meinung war, eine bestimmte Maßnahme stelle keine Beihilfe dar, ihren Befund ändert und zu der Auffassung gelangt, dass sehr wohl eine Beihilfe im Sinne des Artikels 87 EG-Vertrag vorliegt. In diese Kategorie fallen auch Beihilfen, die als bestehende Beihilfe betrachtet werden, weil festgestellt werden kann, dass sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens keine Beihilfen bildeten, sondern später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Die Kommission zieht daraus die nachstehenden Schlussfolgerungen:

(71) Erstens: Wenn Artikel 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall, wie von Belgien und Forum 187 behauptet, nicht zur Anwendung gelangen sollte, kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Kommission über keine Rechtsgrundlage für die Fortsetzung ihrer Überprüfung verfügt. Da die Kommission feststellt, dass die Regelung für die Koordinierungsstellen alle Merkmale einer Beihilferegelung aufweist (s. Abschnitt VI.2 Beihilfecharakter), hat sie im Gegenteil gemäß Artikel 88 Absätze 1 oder 2 EG-Vertrag zu entscheiden, dass der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, aufhebt oder umgestaltet. Wenn nicht festgestellt werden konnte, dass die Beihilfe eine bestehende Beihilfe darstellt, hätte die Kommission zu dem Schluss kommen müssen, dass es sich um eine "neue Beihilfe" handelt, dass das vorteilhaftere Verfahren für eine "bestehende Beihilferegelung" nicht zur Anwendung gelangen kann und dass das förmliche Prüfverfahren unverzüglich eingeleitet werden muss. Ein derartiges Vorgehen wäre aber angesichts der Lage aufgrund der Entscheidung von 1984 ungerechtfertigt gewesen. Die Kommission bestätigt daher ihre Einschätzung, wonach die Regelung für die Koordinierungsstellen eine bestehende Beihilfe darstellt, weil sie 1984 genehmigt wurde.

(72) Zweitens ist die Kommission, wie bereits erwähnt, durchaus befugt, eine unrechtmäßige befürwortende Entscheidung aufzuheben oder zu ändern (vgl. Erwägungsgrund 29). Wie bereits in Punkt 33 des Verfahrenseinleitungsbeschlusses angegeben, kann die Kommission eine solche Aufhebung vornehmen, sofern bestimmte, durch die Rechtsprechung festgelegte Voraussetzungen(35) erfuellt sind. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass, falls diese Entscheidung als Aufhebung bzw. eher als Änderung der Entscheidungen aus den Jahren 1984 und 1987 betrachtet werden sollte, diese Voraussetzungen erfuellt sind. Generell gewährleistet das eingeschlagene Verfahren die Rechtssicherheit und die Achtung des Vertrauensschutzes der Begünstigten, soweit dieser festgestellt wurde und die tatsächliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht gefährdet. Da das Verfahren hinsichtlich bestehender Beihilfen jede Rückforderung von in der Vergangenheit gewährten Beihilfen ausschließt, kann dieser Entscheidung keine rückwirkende Rechtskraft verliehen werden. Da sich das Verfahren allein auf die Zukunft auswirkt, kann die Kommission, sofern der Vertrauensschutz der Beteiligten gewahrt bleibt, die These nicht akzeptieren, dass die angemessene Frist für die Aufhebung oder Änderung der rechtswidrigen Entscheidung abgelaufen sei.

(73) Drittens kann die Kommission, was die Einhaltung des Verfahrens für bestehende Beihilfen betrifft, nur den Inhalt von Punkt 34 des Verfahrenseinleitungsbeschlusses wiederholen: "Die Kommission stellt fest, dass das Schreiben(36) vom 17. Juli 2000 keinen förmlichen und abschließenden Standpunkt enthielt, sondern einen ersten Schritt im Rahmen eines langwierigen Verfahrens darstellte. Es hat im Übrigen seinen Zweck erfuellt, denn es hat die belgischen Behörden in die Lage versetzt, ihre Stellungnahme abzugeben, bevor die Kommission zweckdienliche Maßnahmen vorschlug. Schließlich stimmen das Ersuchen um Auskünfte und die Aufforderung zur Stellungnahme gemäß Artikel 17 der Verfahrensordnung ihrer Art nach mit anderen, früheren Schritten überein, die in der Verordnung in einem anderen Zusammenhang (beispielsweise Informationsersuchen und Aufforderungen gemäß Artikel 5 und Artikel 10, Aufforderungen zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß Artikel 11) vorgesehen sind und die nach gängiger Praxis, die von den Mitgliedstaaten nicht beanstandet wurde, von den Dienststellen der Kommission unternommen wurden. Das betreffende Schreiben brauchte daher nicht vom Kollegium der Kommissionsmitglieder gebilligt zu werden."

VI.2. Beihilfecharakter

(74) Nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens ist die Kommission unter Berücksichtigung der bereits im Rahmen des Beschlusses zur Einleitung des Verfahrens angeführten Argumente der Auffassung, dass die in der Phase der Einleitung des Verfahrens geäußerten Zweifel aus folgenden Gründen nicht als gegenstandslos angesehen werden können.

VI.2.1. Wirtschaftlicher Vorteil

(75) Die Kommission bekräftigt, dass die jeweilige Befreiung von der Grundsteuer, von der Quellensteuer und von der Kapitalgebühr, die Gewährung einer fiktiven Quellensteuer sowie die pauschale Festlegung der steuerbaren Einkommen der Koordinierungsstellen, wie in dieser Entscheidung erläutert, diesen Stellen und den Gruppen, zu denen sie gehören, wirtschaftliche Vorteile im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag verschafft.

VI.2.1.1. Befreiung von der Grundsteuer

(76) Erstens gilt für Erträge aus Grundbesitz in der Regel, dass Steuern unabhängig davon, ob es sich um natürliche Personen, Gesellschaften oder andere juristische Personen, um belgische Inländer oder um Gebietsfremde handelt, in Form von Vorauszahlungen erhoben werden. Die Grundsteuer stellt somit eine Aufwendung dar, die normalerweise von jedem Unternehmen getragen werden muss, das über Grundbesitz in Belgien verfügt(37). Die erwähnten Ausnahmen - Gesellschaften mit Standort in einem Beschäftigungsförderungsgebiet, Innovationsgesellschaften, Gesellschaften mit Standort in einem Umstrukturierungsgebiet - gelten bei weitem nicht für alle und nicht einmal für die meisten in Belgien ansässigen Gesellschaften, und daher ist die Behauptung übertrieben, dass die Mehrzahl der belgischen Gesellschaften auf die eine oder andere Weise in den Genuss der Befreiung von der Grundsteuer kommt. Zudem reicht die bloße Tatsache, dass weitere Befreiungen existieren und dass diese sogar zahlreich sind, nicht aus, um eine Befreiung wirksam zu begründen. Jede Vergünstigung muss an den Bedingungen und Gegebenheiten gemessen werden, die mit ihrer Bewilligung entsprechend den geltenden Vorschriften für staatliche Beihilfen einhergehen. Die erwähnten Befreiungen können sowohl keine Beihilfe, eine Beihilfe, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, als auch eine rechtswidrig in Belgien durchgeführte Beihilfe, die nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, darstellen. Die Kommission weist insbesondere nachdrücklich auf den Inhalt ihrer Entscheidung SG(83) D/12 hin, die am 3. Januar 1983 im Zusammenhang mit der Regelung für Gesellschaften mit Standort in einem Beschäftigungsförderungsgebiet an Belgien gerichtet wurde. Danach hat sie festgestellt, dass die Befreiung von der Gesellschaftsteuer, von der Grundsteuer und von der Registrierungsgebühr unter das allgemeine Beihilfeverbot des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag fällt, bevor die Beihilfe in diesem Fall für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird. Auf diesen Grundsatz wurde erneut in der ebenfalls an Belgien gerichteten Entscheidung SG(2000) D/108799 vom 28. November 2000(38) hingewiesen.

(77) Zweitens ist die geringe Zahl der durch diese Befreiung von der Grundsteuer Begünstigten kein Beweis dafür, dass keine Vorzugsbehandlung dieser Koordinierungsstellen vorliegt.

VI.2.1.2. Befreiung von der Kapitalgebühr

(78) Der Regelfall(39) in Belgien ist, dass Einlagen besteuert werden. Die Kapitalgebühr stellt daher eine Aufwendung dar, die normalerweise von jeder Kapitalgesellschaft - im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 69/335/EWG -, die Einlagen im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie in Belgien hält, zu tragen ist. Wie im Falle der Grundsteuer bilden die einzelnen erwähnten Ausnahmen nicht die Mehrzahl der grundsätzlich der Besteuerung unterliegenden Gesellschaften; daher ist die Behauptung übertrieben, die Mehrzahl der belgischen Gesellschaften komme auf die eine oder andere Weise in den Genuss der Befreiung von der Kapitalgebühr. Zudem gilt das am Schluss von Erwägungsgrund 78 angeführte Argument analog auch hier, um den Vergleich mit anderen Befreiungen, insbesondere mit solchen, die Unternehmen mit Standort in einem Beschäftigungsförderungsgebiet gewährt werden, zu verwerfen.

(79) Schließlich erscheint der Hinweis auf die vom Rat oder von der Kommission geäußerte Befürwortung einer Abschaffung der Kapitalgebühr angesichts des Umstands, dass die Entrichtung dieser Gebühr in Belgien die Regel ist, zumindest paradox. Die Befreiung der Koordinierungsstellen kann bestenfalls als Schritt in die angegebene Richtung betrachtet werden; wird dieser Schritt jedoch in diskriminierender Weise getan, werden die Stellen im Vergleich zu anderen auf belgischem Hoheitsgebiet ansässigen Gesellschaften begünstigt. Darüber hinaus sieht die Richtlinie 69/335/EWG nicht die Abschaffung der Kapitalgebühr vor, sondern sie regelt deren Harmonisierung und lässt die Anwendung einzelstaatlicher Ausnahmen nur innerhalb eines sehr strikten Rahmens zu, der insbesondere in Artikel 9 erläutert wird. Im Falle der beabsichtigten Befreiung wird dieser Rahmen nicht eingehalten.

VI.2.1.3. Befreiung von der Quellensteuer

(80) Wie bei der Grundsteuer und der Kapitalgebühr bekräftigt die Kommission, dass die Befreiung von der Quellensteuer für die Koordinierungsstellen oder die Gruppen, zu denen sie gehören, einen wirtschaftlichen Vorteil darstellt. Sie bekräftigt insbesondere, dass die Quellensteuer, die unter den im allgemeinen belgischen Recht vorgesehenen Umständen einbehalten wird, eine Aufwendung ist, die normalerweise von den Unternehmen getragen wird. Soweit die allgemeine Befreiung der von den Stellen ausgeschütteten Erträge weiter geht als die im allgemeinen Recht vorgesehenen Befreiungen, wird den Stellen und den Gruppen, zu denen sie gehören, ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft. Der Vorteil, der sich aus dieser Befreiung ergibt, rührt je nach Lage des Falles aus dem Aufschub der Bezahlung der endgültigen Steuer oder gar aus der Nichtbesteuerung der betreffenden Kapitalerträge her. Die vom belgischen Staat und von Forum 187 vorgebrachten Argumente können aus folgenden Gründen nicht gutgeheißen werden.

(81) Erstens kann, wie bereits im Vorstehenden erläutert, die Tatsache, dass Befreiungen existieren, von denen bestimmte Unternehmen Gebrauch machen können, nicht damit begründet werden, dass weitere Befreiungen existieren. In diesem Zusammenhang ist es von geringer Bedeutung, dass die Zahl der befreiten Gesellschaften höher ist als die der Gesellschaften, die die Quellensteuer entrichten oder einbehalten müssen. Da bei der Anwendung der Quellensteuer Unterschiede bestehen und den Begünstigten durch diese Befreiung ein Vorteil gegenüber den Nichtbegünstigten entsteht, gelangt auf diese Unterschiede möglicherweise Artikel 87 EG-Vertrag zur Anwendung, und es muss ermittelt werden, ob in diesem Fall der festgestellte Vorteil eine Beihilfe darstellt; ist dies der Fall, muss geprüft werden, ob sie mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(82) Zudem ist bei weitem nicht die Mehrzahl der von in Belgien ansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Erträge durch das allgemeine Recht befreit. Das belgische Recht gewährt wenig allgemeine Befreiungen von der Quellensteuer auf Grund der Eigenschaft des Schuldners der Erträge, und wenn dies doch der Fall ist, ist die Situation der betreffenden Schuldner(40) nicht mit der der Koordinierungsstellen vergleichbar. Derartige Befreiungen müssen im Übrigen durch Gesetz und nicht durch Königlichen Erlass festgelegt werden. Artikel 266 des WIB92 schränkt die Befugnis des Königs dahin gehend ein, dass er von der Erhebung der Quellensteuer auf Erträge von Beziehern abweichen kann, deren Identität festgestellt werden kann. Diese Einschränkung unterstreicht den Ausnahmecharakter, den der belgische Gesetzgeber den allgemeinen Befreiungen verleihen wollte.

(83) Was die Befreiungen in KB/WIB92 betrifft, so wird die überwältigende Mehrheit dieser Ausnahmen unter strengen Voraussetzungen gewährt. Dies gilt insbesondere für die Befreiungen, die professionellen Anlegern gewährt werden; diese profitieren bei weitem nicht von einer allgemeinen Befreiung, die mit der vergleichbar ist, die den Stellen und den Gesellschaften der Gruppen gewährt wird, zu denen sie gehören. So sind zum Beispiel, was die Koordinierungsstellen betrifft, folgende Erträge befreit, während dies bei den dem allgemeinen Recht unterliegenden Gesellschaften nicht der Fall ist:

- die Erträge, die an eine ausländische Gesellschaft ausgeschüttet werden, welche außerhalb der Europäischen Union in einem Land ansässig ist, mit dem Belgien kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat;

- die Erträge, die an eine Gesellschaft ausgeschüttet werden, die in Belgien oder in einem anderen Land der Union ansässig ist und die Voraussetzungen der Richtlinie 90/435/EWG nicht erfuellt;

- die Erträge, die an eine Gesellschaft ausgeschüttet werden, welche in einem der zahlreichen Länder ansässig ist, mit denen Belgien ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat, in welchem eine Quellenbesteuerung vorgesehen ist, selbst wenn diese eingeschränkt ist.

(84) Die Befreiungen für Gebietsfremde unterliegen strengen Voraussetzungen und sind auf Erträge nicht in Belgien wohnhafter Sparer beschränkt, so dass der Vergleich im Rahmen einer Beihilfenanalyse, die sich mit den steuerlichen Vorteilen für Unternehmen und nicht für Sparer befasst, ohne jede Bedeutung ist.

(85) Zweitens ist das Argument bezüglich der Steuervorauszahlungen nicht in allen Fällen von Bedeutung, insbesondere nicht in den im Vorstehenden beschriebenen, in denen es sich bei dem Empfänger der Erträge um eine nicht in Belgien ansässige Geschäftseinheit handelt, die in Belgien keine Steuern zahlt und die deswegen nicht mit einer Strafe belegt werden kann, weil keine Vorauszahlungen geleistet wurden. In den Fällen, in denen der Empfänger der Erträge Steuern in Belgien entrichtet, kommt dieser sehr wohl in den Genuss eines wirtschaftlichen Vorteils, da die Quellensteuer nicht einbehalten wurde, weil die Vorauszahlungen freiwillig zu bestimmten Zeitpunkten nach einem Zeitplan geleistet werden, der von dem Unternehmen entsprechend den geschätzten steuerbaren Einkommen gewählt wurde. Die Quellensteuer ist hingegen eine obligatorische Abgabe, die während des ganzen Jahres angepasst wird, sobald Erträge ausgeschüttet werden. Gegebenenfalls muss eine Verluste aufweisende Gesellschaft oder eine Gesellschaft mit einem geringen steuerbaren Einkommen warten, bis die einbehaltene Quellensteuer erstattet wird.

(86) Drittens stellt die Quellensteuer nach dem allgemeinen Recht nicht nur für die Erträge, die an Sparer - natürliche Personen - oder an Vereinigungen ausgeschüttet werden, die der Besteuerung des Einkommens juristischer Personen unterliegen, sondern auch für die Erträge, die an ausländische Gesellschaften ausgeschüttet werden, welche im Bestimmungsland dieser Erträge keinen Anspruch auf deren Verrechnung oder Erstattung haben, die endgültige belgische Steuer dar. Im vorliegenden Fall beinhaltet die allgemeine Befreiung, die auf von den Koordinierungsstellen ausgeschüttete Erträge gewährt wird, einen Vorteil für die im Ausland ansässigen Gesellschaften der Gruppe, da die Quellensteuer für sie normalerweise eine Endsteuer darstellt.

(87) Viertens ist die Behauptung nicht gerechtfertigt, dass die Erträge aus den Barmitteleinlagen aller Gesellschaften in ihrer Eigenschaft als "professionelle Anleger" von der Quellensteuer befreit seien. Wäre dies der Fall gewesen, wäre keinerlei Anpassung des Artikels 110 von KB/WIB92 notwendig gewesen, um den Koordinierungsstellen, die ebenfalls "professionelle Anleger" sind, die Befreiung dieser Einkommen zu verschaffen.

VI.2.1.4. Fiktive Quellensteuer

(88) Die Kommission bekräftigt deshalb, dass die Gewährung einer fiktiven Quellensteuer sehr wohl einen Vorteil darstellt. Die Tatsache, dass der Steuersatz 1991 auf Null gesenkt wurde, schließt nicht notwendigerweise aus, dass Zinsen, die aus vor 1991 aufgenommenen langfristigen Darlehen anfallen, noch in den Genuss einer fiktiven Quellensteuer kommen. Zudem stellt die Existenz dieser Maßnahme an sich als Regelung ein potenzielles Risiko für den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten dar. Auch wenn der Steuersatz auf Null gesenkt wurde, ist die Maßnahme damit grundsätzlich nicht abgeschafft; der Satz könnte durch eine einfache Königliche Verordnung geändert werden.

VI.2.1.5. Pauschale Festlegung der Einkommen ("cost plus")

(89) Obwohl es erstens nach den OECD-Leitlinien nicht immer notwendig ist, eine Gewinnspanne einzukalkulieren, damit ein Preis den Wettbewerbsbedingungen gerecht wird, handelt es sich um Ausnahmen, die gelegentlich anfallende Kosten für Rechnung eines verbundenen Unternehmens betreffen, dem sie als solche in Rechnung gestellt werden. Bei diesen Ausnahmen geht es keinesfalls um Kosten, die in der Regel von den Koordinierungsstellen im Rahmen der Geschäftstätigkeit getragen werden, für die sie errichtet wurden. Somit bilden die Personalkosten der Stelle und die Finanzaufwendungen, die im Rahmen des Kassenwesens oder von Finanzierungstätigkeiten entstehen, wesentliche Kostenelemente, die maßgeblich zur Erzielung der Einkommen der Stellen beitragen. Sie aus der "Cost plus"-Grundlage herauszunehmen ist deshalb in Anbetracht der OECD-Leitlinien für die Festlegung der Verrechnungspreise nicht gerechtfertigt.

(90) Zweitens scheint sich Forum 187 auf den Vergleich mit bestimmten Geschäftseinheiten zu berufen, die keine festen Einrichtungen darstellen. Dieser Vergleich kann von der Kommission nicht akzeptiert werden. Erstens muss eine derartige Einheit äußerst restriktive Voraussetzungen erfuellen, was bei den gemäß der Königlichen Verordnung Nr. 187 genehmigten Stellen nicht der Fall ist. Bei den Stellen handelt es sich per definitionem um Gesellschaften belgischen Rechts oder um feste Einrichtungen einer Gesellschaft ausländischen Rechts. Überdies handeln diese Einheiten für Rechnung anderer Einheiten und sind aus fiskalischer Sicht für Belgien transparent: Es sind auf der Grundlage dieser Einheiten keine Einkommen steuerbar, sämtliche Einkommen sind unmittelbar auf der Grundlage der Einheiten steuerbar, die die Aufsicht ausüben. Die "Cost plus"-Methode hat im Wesentlichen den Zweck, in Belgien eine steuerbare Grundlage für die Stellen wiederherzustellen, die im Prinzip für eigene Rechnung tätig sind. Schließlich bedingt das angeführte Beispiel, dass der Betrag der Aufwendungen mit der Höhe der verbuchten Erträge übereinstimmt, so dass die buchhalterischen Einkünfte aus diesen Geschäftsvorgängen tatsächlich gleich Null sind. Wegen der fiskalischen Transparenz bedingt diese Situation, dass der Betrag, der von demjenigen, für den die Durchfakturierung bestimmt ist, als Aufwendungen abgezogen wird, mit dem Ertrag übereinstimmt, der von demjenigen, von dem diese Durchfakturierung veranlasst wird, in die steuerbare Grundlage aufgenommen wird. Die Anwendung der "Cost plus"-Methode führt jedoch dazu, dass kein automatischer Zusammenhang mehr zwischen in Belgien verbuchten und in Belgien versteuerten Erträgen besteht. Die in Rechnung gestellten Beträge, die dementsprechend von demjenigen abgezogen werden, für den die Durchfakturierung bestimmt ist, entsprechen daher nicht notwendigerweise den Beträgen, die bei der Berechnung der steuerbaren Grundlage angesetzt wurden.

(91) Drittens kann aus der Tatsache, dass seit 1964 für die Feststellung des steuerbaren Einkommens der belgischen Niederlassungen ausländischer Gesellschaften ein Prozentsatz von 8 % zugrunde gelegt wird, nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass diese Praxis mit dem Vertrag vereinbar ist. Die Kommission steht der Tatsache vielmehr kritisch gegenüber, dass unterschiedslos ein einziger Prozentsatz auf alle Geschäftstätigkeiten angewendet wird, weil es dadurch nicht möglich ist, für jede Koordinierungsstelle eine steuerbare Grundlage zu erhalten, die dem Kriterium des freien Wettbewerbs gerecht wird. Diese frühere Praxis bedeutet auch für diese Niederlassungen und umso mehr für die Koordinierungsstellen keineswegs, dass dieser Prozentsatz eine korrekte Bezugsgröße darstellt. Und selbst wenn dieser Prozentsatz im Durchschnitt im Fall der belgischen Niederlassungen ausländischer Gesellschaften vertretbar sein sollte, würde dieses Argument demgegenüber beweisen, dass er im Fall der Stellen, auf die er automatisch auf einer erheblich niedrigeren Kostenbasis angewendet wird, zu niedrig ist. Darüber hinaus kann es, da es sich hier um eine Verwaltungspraxis ohne juristischen Wert handelt, nicht hingenommen werden, dass dieser aus seinem ursprünglichen Zusammenhang gerissene Prozentsatz Bestandteil des allgemeinen Rechts bzw. des belgischen Steuersystems sein soll.

(92) Viertens ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die Regelung im Falle eines buchhalterischen Verlustes für die Stelle nachteilig bzw. auf der Ebene der Gruppe, sofern die Muttergesellschaft auf ihr weltweit erzieltes Einkommen Steuern entrichtet, neutral auswirkt, zweifellos, dass für bestimmte Unternehmen von einem Vorteil keine Rede sein kann, doch kann daraus sicherlich nicht gefolgert werden, dass auch für andere Unternehmen, die sich in einer anderen Lage befinden, ebenso wenig ein Vorteil vorliegt. Ferner ist die Tätigkeit der Stellen auf vorbereitende oder unterstützende Arbeiten beschränkt, bei denen das Risiko eines buchhalterischen Verlustes begrenzt ist. Dies ist eben einer der Gründe, aus denen die Anwendung des "Cost plus"-Verfahrens gerechtfertigt ist. Was die Besteuerung der weltweit erzielten Einkommen der Muttergesellschaft angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Situation nur für eine Minderheit von Ländern zutrifft und dass gelegentlich bestimmte Ausnahmen davon gelten. Selbst wenn die Muttergesellschaft ihren Sitz in einem dieser Länder hat, ist deswegen nicht gewährleistet, dass für einen der Stelle gewährten Steuervorteil auf der Ebene der Muttergesellschaft ein Ausgleich erfolgt.

(93) Fünftens kann die Feststeuer auf das Personal (400000 BEF bzw. 10000 EUR pro Arbeitnehmer) nicht als Begründung dafür verwendet werden, dass die Personalkosten aus der Grundlage des "cost plus" herausgenommen werden. Einerseits stammt diese Steuer aus der Zeit nach der Einführung des "Cost plus"-Systems und war daher nicht als Ausgleich für die Nichtberücksichtigung der Personalkosten bei der Grundlage des "cost plus" gedacht. Andererseits ist sie auf die ersten zehn Belegschaftsangehörigen begrenzt. Damit eine Koordinierungsstelle anerkannt werden kann, muss sie aber unbedingt zehn Personen beschäftigen oder sich verpflichten, innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Errichtung zehn Mitarbeiter zu beschäftigen. Der Betrag dieser Steuer wird deshalb häufig auf einen Hoechstbetrag von 4 Mio. BEF (bzw. 100000 EUR) festgesetzt. Da für diese Steuer ein Hoechstbetrag gilt und sie ausschließlich mit der Anzahl der Arbeitnehmer zusammenhängt, gewährleistet sie keine Besteuerung, die mit der vergleichbar ist, die (insbesondere) durch die Aufnahme der Personalkosten in die "Cost plus"-Grundlage erzielt würde. Was die Nichtberücksichtigung der Finanzkosten angeht, so läuft die Begründung durch Forum 187, selbst wenn sie stichhaltig wäre, vielmehr darauf hinaus, dass die "Cost plus"-Methode nicht angewendet wird, um die Erträge aus bestimmten Finanzierungstätigkeiten wiederherzustellen. Daraus kann auf keinen Fall geschlossen werden, dass diese Kosten systematisch und ohne Anwendung einer alternativen Methode für die Bestimmung der Erträge aus den Finanzierungstätigkeiten bei der "Cost plus"-Grundlage unberücksichtigt bleiben müssen.

(94) Sechstens ist die Kommission hinsichtlich der alternativen Grundlage der Auffassung, dass diese dem Zweck dient, die Folgen eines möglichen Missbrauchs zu begrenzen, und dass sie keine Grundlage bilden kann, die der vergleichbar wäre, welche sich nach der traditionellen, auf dem buchhalterischen Ergebnis beruhenden Methode ergibt. Die alternative Grundlage umfasst nämlich lediglich die den Stellen gewährten außergewöhnlichen Vorteile und Vorteile ohne Gegenleistung sowie die nicht zu berücksichtigenden Ausgaben. Diese Beträge werden ebenfalls bei den anderen Gesellschaften besteuert und werden dem Betrag des buchhalterischen Gewinns hinzugefügt, den das "cost plus" für die Stellen wiederherzustellen bezweckt.

(95) Die Anwendung der von der OECD festgelegten Leitlinien hat das Ziel, nach von den multinationalen Unternehmen und den Steuerbehörden der betreffenden Mitgliedstaaten akzeptierten Regeln Verrechnungspreise festzulegen, die sich nahe an den Preisen des freien Wettbewerbs bewegen. Diese Regeln ermöglichen es somit, die buchhalterische Aufteilung der Erträge auf die verschiedenen, in jedem Mitgliedstaat ansässigen Einheiten der Gesellschaft festzustellen. Zudem muss die Anwendung dieser Methode es jedem Mitgliedstaat ermöglichen, die betreffenden Gesellschaften auf einer Besteuerungsgrundlage zu besteuern, die mit der vergleichbar ist, welche sich aus der Berechnung des Unterschieds zwischen Ertrag und Aufwand eines Unternehmens ergeben hätte, das in einem Umfeld tätig ist, wo ein freier Wettbewerb herrscht. Wenn diese vergleichbare Grundlage, wie es in Belgien der Fall ist, an den normalen Gesellschaftssteuersatz gebunden ist, ist das Endziel, nämlich die Festlegung eines vergleichbaren Steuerbetrags, erreicht, und durch die Anwendung der "Cost plus"-Methode ergibt sich dann kein einziger Vorteil. Nach Auffassung der Kommission gewährleistet die in Belgien im Rahmen der Regelung für die Koordinierungsstellen angewandte "Cost plus"-Methode nicht, dass infolge des freien Wettbewerbs erzielte Einkommen berücksichtigt werden, und in noch wesentlich geringerem Maße, dass eine Steuer erhoben wird, die mit der anderer Gesellschaften vergleichbar ist, welche dem allgemeinen Steuersystem unterliegen. Der kumulative Effekt der Nichtberücksichtigung bedeutender Kosten bei der "Cost plus"-Grundlage und die Anwendung eines einzigen Tarifs, der im Allgemeinen auf 8 % festgelegt ist, und zwar unterschiedslos je nach der Art der Tätigkeiten, die von der Stelle ausgeübt werden, führen zu einer Steuerminderung, die einen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des Artikels 87 EG-Vertrag darstellt.

VI.2.2. Verwendung staatlicher Mittel

(96) Die Kommission beharrt auf ihrem Standpunkt, dass die in Erwägungsgrund 75 erwähnten wirtschaftlichen Vorteile durch staatliche Mittel finanziert werden. Im Vergleich zur Anwendung des allgemeinen Rechts bewirkt die Anwendung der Ausnahmeregelung für die in Belgien ansässigen Koordinierungsstellen eine Steuerminderung. Der belgische Staat verzichtet also auf einen Teil seiner Steuereinnahmen.

(97) Einerseits ergibt sich die angeführte Erhöhung der Steuereinnahmen aus einem Vergleich der gesamten Steuereinnahmen von allen belgischen Unternehmen zusammen zwischen dem Zeitpunkt der Einführung der Regelung und heute. Der Beihilfecharakter einer Maßnahme muss individuell auf der Ebene des begünstigten Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt beurteilt werden, um festzustellen, ob bestimmte Unternehmen mehr vom Staat erhalten oder weniger zur Finanzierung öffentlicher Güter und Leistungen beitragen. Wäre dies nicht der Fall, wären alle Formen von Beihilfen gerechtfertigt, sofern diese dafür sorgen, dass ein Unternehmen in einen Mitgliedstaat gelockt wird, dass sich sein künftiges steuerbares Einkommen erhöht oder dass es davon abgehalten wird, das Land zu verlassen.

(98) Andererseits ist die Tatsache, dass der belgische Staat im Rahmen anderer Befreiungen auf Steuereinnahmen verzichtet, für die Beurteilung des Beihilfecharakters der betreffenden Befreiung unerheblich. Wie in dieser Entscheidung bereits dargelegt, können die anderen erwähnten Befreiungen jeweils aufgrund ihrer eigenen Merkmale sowohl eine unvereinbare als auch eine vereinbare staatliche Beihilfe oder auch überhaupt keine staatliche Beihilfe darstellen. Bei keiner einzigen dieser drei Arten von Maßnahmen ist die Verwendung staatlicher Mittel ausgeschlossen.

VI.2.3. Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

(99) Die Kommission hält auch daran fest, dass die in dieser Entscheidung beschriebenen Vorteile eine Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den in Belgien ansässigen Gesellschaften verursachen oder zu verursachen drohen und dass diese Verfälschung den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigt. Schließlich kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(41) und gemäß der Feststellung in Punkt 11 der Mitteilung "allein auf Grund der Tatsache, dass die Beihilfe die Stellung dieses Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbsunternehmen im innergemeinschaftlichen Handel stärkt, [...] davon ausgegangen werden, dass eine Beeinträchtigung dieses Handels vorliegt".

(100) Erstens hat die Kommission nach ihrer Auffassung diesen Aspekt ihres Beschlusses zur Verfahrenseinleitung in den Punkten 56 und 57 des Schreibens betreffend die Verfahrenseinleitung zwar knapp, aber hinreichend begründet, selbst was das erwähnte Urteil(42) in der Fußnote angeht. Laut den Punkten 65 und 66 dieses Artikels muss die in Artikel 190 EG-Vertrag (jetziger Artikel 253 EG) geforderte Begründung der Art der betroffenen Handlung gerecht werden und die Argumentation der Institution, die die Handlung ausgeführt hat, deutlich und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, damit die Beteiligten Kenntnis von den Rechtfertigungsgründen für die getroffene Maßnahme erhalten und der zuständige Richter seine Aufsicht ausüben kann. Die Anforderungen an die Begründung müssen anhand der jeweiligen Umstände des Falles beurteilt werden. Dem Gerichtshof zufolge brauchen in der Begründung nicht alle Tatsachen oder rechtlichen Aspekte, die für den Fall von Bedeutung sind, einzeln aufgeführt zu werden. Insbesondere in Bezug auf Entscheidungen über staatliche Beihilfen hat der Gerichtshof geurteilt, dass in einigen Fällen zwar bereits aus den Umständen, unter denen die Beihilfe gewährt wurde, deutlich werden kann, dass diese Beihilfe den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen werde oder zu verfälschen drohe, dass von der Kommission aber zumindest erwartet werden könne, dass sie diese Umstände in der Begründung ihrer Entscheidung mitteilt. Aus der erläuterten Argumentation geht gleichwohl hervor, dass die Stellen durch die von ihnen erhaltenen Vorteile ihre Wettbewerbsposition auf dem Sektor der den Gruppenmitgliedern erbrachten Dienstleistungen - wo sie unter anderem unmittelbar mit Finanzinstituten, Treuhandgesellschaften und auf Steuerfragen, Personalwesen, Informatik usw. spezialisierten Beratungsfirmen konkurrieren - stärken und auch die Wettbewerbsposition der zu der Gruppe gehörenden Gesellschaften stärken, die auf zahlreichen Sektoren der Wirtschaft aktiv sind. Alle diese Sektoren sind Gegenstand eines intensiven internationalen und innergemeinschaftlichen Handels, und die großen multinationalen Unternehmen stehen dabei im unmittelbaren Wettbewerb mit anderen multinationalen oder lokalen Unternehmen unterschiedlicher Größe.

(101) Zweitens kann die Existenz vergleichbarer oder konkurrierender Bestimmungen in anderen Mitgliedstaaten nicht als Begründung für die Gewährung von staatlichen Beihilfen dienen. Wie das System der Koordinierungsstellen muss jede Maßnahme im Zusammenhang mit der Steuerregelung des betreffenden Mitgliedstaates analysiert werden. Diese Maßnahmen können je nach den ihnen innewohnenden Merkmalen sowohl allgemeine Maßnahmen, vereinbare Beihilfen oder unvereinbare Beihilfen darstellen. Keine dieser Bezeichnungen schließt jedoch automatisch das Vorhandensein von Wettbewerbsstörungen oder einer Beeinträchtigung des Handels aus. Was die Forderung Belgiens angeht, die Kommission müsse den empirischen Nachweis für das Vorhandensein einer Wettbewerbsstörung und einer Beeinträchtigung des Handels erbringen, vertritt die Kommission die Auffassung, dass diese Forderung übertrieben ist, und verweist im Zusammenhang damit auf die Urteile in den Rechtssachen C 15/98 und C 105/99.

(102) Drittens ist der Kommission das Phänomen der Zusammenfassung von Aufgaben in multinationalen Gruppen innerhalb von Einheiten wie etwa Koordinierungsstellen durchaus bekannt. Sie kritisiert dies übrigens nicht im Geringsten, soweit diese Zusammenfassung allein durch die daraus resultierenden Größenvorteile veranlasst wird. Die Kommission kann es jedoch nicht hinnehmen, dass die Errichtung derartiger Einheiten mit der Gewährung besonderer Steuerregelungen einhergeht, die erheblich vorteilhafter sind als das allgemeine Recht. Die Kommission lehnt auch das Argument ab, dass jedes multinationale Unternehmen über eine derartige Einheit verfügt oder sie in Belgien oder im Ausland errichten kann. Dieses Argument beruht auf der Annahme, dass als einzige Wettbewerber der großen multinationalen Gruppen im innergemeinschaftlichen Handel andere große multinationale Gruppen auftreten. Diese Annahme entspricht nicht der Realität, da auch lokale Unternehmen oder kleinere multinationale Gruppen am innergemeinschaftlichen Handel teilnehmen, ohne jedoch die Steuervorteile in Anspruch nehmen zu können, die den Koordinierungsstellen gewährt werden.

(103) Viertens profitiert die Gruppe unmittelbar und mittelbar von den finanziellen Vorteilen, die sich aus der für die Koordinierungsstellen geltenden Steuerregelung ergeben. Diese Vorteile verstärken die finanzielle Position der Gruppe; dies kann das von den Banken vergebene "rating" dieser Gruppen beeinflussen, wodurch ihre finanzielle Position noch weiter verstärkt wird, weil sie in den Genuss günstigerer Bedingungen kommen.

VI.2.4. Selektivität/Spezifizität der Maßnahme

(104) Die Kommission bekräftigt, dass es sich um spezifische Vergünstigungen handelt, da durch sie bestimmte Unternehmen im Sinne des Artikels 87 EG-Vertrag begünstigt werden. Die Regelung ist unmittelbar auf die Koordinierungsstellen anwendbar und unmittelbar oder mittelbar auf die anderen Gesellschaften der multinationalen Gruppe, zu der diese Stellen notwendigerweise gehören müssen. Die Selektivität ergibt sich nicht aus regionalen oder sektoralen Kriterien, sondern aus den obligatorischen Kriterien, denen die Stellen und die Gruppen, zu denen sie gehören, gerecht werden müssen, um anerkannt zu werden und auf diese Weise in den Genuss der Regelung zu kommen (vgl. Erwägungsgrund 13). Es geht dabei unter anderem um Kriterien, die den Umfang und den multinationalen Charakter der Gruppe sowie die Art und den Charakter der innerhalb der Gruppe betriebenen Tätigkeiten betreffen. Nach Auffassung der Kommission konnten die von den Beteiligten dargelegten Argumente nichts an ihrer Überzeugung ändern, dass diese Selektivität gegeben ist und dass es an einer Rechtfertigung durch die Art oder die Struktur des Steuersystems fehlt.

(105) Was erstens den Ermessensspielraum betrifft, so akzeptiert die Kommission das Argument bezüglich der Ausübung von Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäften. Sie bezweifelt ebenso wenig, dass der Ermessensspielraum der Verwaltung bei der Anerkennung bzw. Nichtanerkennung einer Stelle gering oder überhaupt nicht vorhanden und deshalb nicht Bestandteil der Spezifizität der Regelung ist. Sie wiederholt jedoch ihre Auffassung, dass bei der Wahl des Prozentsatzes von 8 %, der im Verwaltungsrundschreiben als Regelsatz genannt wird, ein Ermessensspielraum besteht. Diese systematische Anwendung eines einheitlichen und niedrigen Prozentsatzes kann angesichts der begrenzten Grundlage, auf die er anwendbar ist, zu einer verminderten steuerpflichtigen Grundlage und damit zu einem wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag führen.

(106) Zweitens entsteht durch die Mitteilung keine zusätzliche Verpflichtung für die Mitgliedstaaten. Während der verschiedenen Verfahrensstadien hat die Kommission die Gründe erläutert, aus denen sie zu der Auffassung gelangte, dass die betreffenden Maßnahmen selektiv waren, und aus denen sie in der Art oder der Struktur der Regelung keine Rechtfertigung dafür sah. Um die von der Kommission geäußerten Zweifel auszuräumen, kann der Mitgliedstaat zum Beispiel nachweisen, dass die Maßnahme keinen selektiven Charakter hat. Eine andere Möglichkeit besteht darin, zu beweisen, dass die Spezifizität der Maßnahme durch Art oder Struktur der Steuerregelung gerechtfertigt ist, so dass sie als allgemeine Maßnahme betrachtet wird. Mangels überzeugender Argumente ist die Kommission daher der Ansicht, dass ihre Interpretation der Selektivität der Maßnahme begründet war.

Rechtfertigung durch die Art oder die Struktur des Systems

(107) Die in den Erwägungsgründen 56 bis 59 dargelegten Argumente in Bezug auf die Quellensteuer sind aus den folgenden Gründen nicht überzeugend.

(108) Erstens wurde die Quellensteuer im Prinzip sehr wohl als eine Art der Besteuerung eingeführt, und die Behauptung ist nicht zutreffend, dass die Quellensteuer vor allen Dingen zum Ziel habe, die natürlichen und juristischen Personen zu besteuern, die nicht verpflichtet sind, die der Quellensteuer unterliegenden Einkünfte zu erklären. Was die übrigen erwähnten Steuerbefreiungen betrifft, so sind allein wegen ihres Vorhandenseins nicht alle Befreiungen durch die Art oder die Struktur der belgischen Steuerregelung gerechtfertigt; dies trifft insbesondere ebenso wenig auf die für die Koordinierungsstellen geltenden, gesetzlich festgelegten Selektivitätskriterien zu. Alle diese Befreiungen können je nach den ihnen innewohnenden Merkmalen sowohl keine als auch eine vereinbare oder eine unvereinbare Beihilfe darstellen. So hat die Kommission insbesondere aufgrund der Anmeldung der Regelung für Beschäftigungsförderungsgebiete im Jahre 1982 die Befreiungen von der Quellensteuer und von der Kapitalgebühr, die den Gesellschaften mit Standort in den Beschäftigungsförderungsgebieten gewährt worden waren, ausdrücklich als Beihilfe eingestuft, bevor sie sie als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärte.

(109) Zu den ebenfalls von den Beteiligten erwähnten Befreiungen, die im allgemeinen Recht für von Gebietsfremden erzielte Einkünfte vorgesehen sind: Diese stehen im Allgemeinen unter Vorbehalt und sind auf "gebietsfremde Sparer" begrenzt, d. h. auf natürliche Personen, die bewegliche Sachen, die zu Einkünften führen, nicht zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit benutzen.

(110) Zweitens ist das von den belgischen Behörden angeführte Beispiel, um nachzuweisen, dass die Einbehaltung einer Quellensteuer mit der Tätigkeit der Zentralisierung des Kassenwesens ("cash pooling") unvereinbar ist, im vorliegenden Fall unerheblich. Dabei wird zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Gesellschaft, die die Einkünfte bezieht, die Steuer in Belgien entrichtet, aber in diesem Fall reicht das allgemeine Recht aus, um den Geschäftsvorgang von der Quellensteuer zu befreien. Darüber hinaus hat das entsprechende Verfahren nicht den Zweck, die Einbehaltung einer Quellensteuer auf alle Geschäftsvorgänge einer Koordinierungsstelle zu erzwingen, da sie keinen Bezug zu den zahlreichen Befreiungen hat, die im allgemeinen Recht vorgesehen sind und die die Stellen weiterhin nutzen können. Die Aussicht, dass die Koordinierungsstellen eine Quellensteuer auf alle ausgeschütteten Erträge einbehalten müssen, beschränkt sich deshalb auf die Fälle, in denen sämtliche Erträge an Steuerpflichtige ausgeschüttet werden, die nicht in den Genuss der allgemeinen Befreiungen kommen, die im belgischen und im europäischen Recht und in den von Belgien geschlossenen internationalen Verträgen vorgesehen sind. Bei dieser Annahme bestuenden für die Stelle schlicht und einfach dieselben Risiken wie für andere Gesellschaften, die derselben Tätigkeit in einer Gruppe nachgehen, die nicht die Bedingungen der Königlichen Verordnung Nr. 187 erfuellt.

(111) Was drittens das Risiko einer internationalen Doppelbesteuerung angeht, so bestehen diese Risiken auch für die anderen Gesellschaften, die derselben Tätigkeit wie die Koordinierungsstellen nachgehen, ohne dass sie Anspruch auf die Ausnahmeregelung haben. Darüber hinaus sind diese Risiken in Anbetracht des Netzes der von Belgien geschlossenen internationalen Verträge auf die Geschäfte mit Ländern beschränkt, mit denen Belgien keinen Vertrag geschlossen hat.

(112) Viertens ist nicht ersichtlich, warum für die Tätigkeit des Hauptsitzes unbedingt eine Ausnahmeregelung gelten soll. Es wurde insbesondere nicht nachgewiesen, in welcher Hinsicht die Selektivitätskriterien, die verwendet wurden, um den Zugang zu der Regelung zu begrenzen, wegen der Art oder der Struktur der Regelung gerechtfertigt waren. Gesellschaften, die zu weniger großen Gruppen gehören oder deren Tätigkeit auf zwei Länder beschränkt ist, können ebenfalls am Hauptsitz Tätigkeiten ausüben, ohne dadurch Anspruch auf die Ausnahmeregelung zu haben. Zur Selektivität im Rahmen der Richtlinie 90/435/EWG ist zu bemerken, dass diese nicht annähernd der der Königlichen Verordnung Nr. 187 entspricht, da die Bedingungen den Prozentsatz der Beteiligung eines Unternehmens (der Muttergesellschaft) an einem anderen Unternehmen (ihres Tochterunternehmens) sowie die Dauer dieser Beteiligung betreffen. Auf jeden Fall hat der Rat durch die Verabschiedung dieser Richtlinie für eine Harmonisierung der Steuervorschriften der Mitgliedstaaten gesorgt, wodurch diese, sofern sie künftig mit den obligatorischen Bestimmungen der Richtlinie übereinstimmen, nicht mehr den Mitgliedstaaten zuzurechnen sind und deshalb keine staatliche Beihilfe darstellen können. Schließlich wurde die 1983 entstandene Notwendigkeit, für alle Geschäftsvorgänge der Koordinierungsstellen wegen des innovativen Charakters der von ihnen zu entwickelnden Finanzinstrumente eine Befreiung zu gewähren, nicht näher erläutert. Diese Notwendigkeit dürfte auf jeden Fall nicht mehr angeführt werden können, um eine spezifische Regelung für die Stellen zu verteidigen. Da derartige Finanzinstrumente inzwischen gang und gäbe sind, dürfte dieses Argument auch die Entwicklung der Märkte bestätigen, auf denen die Stellen aktiv sind.

VI.3. Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(113) Eine Beihilferegelung muss, damit sie mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, eine der in Artikel 87 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag festgelegten Voraussetzungen erfuellen. Nach Prüfung der von den Beteiligten vorgebrachten Argumente bekräftigt die Kommission, dass die Regelung für die Koordinierungsstellen keiner einzigen der darin formulierten Ausnahme- bzw. Freistellungsbestimmungen entspricht. Die Regelung bezieht sich nicht auf einzelne Verbraucher, dient weder der Beseitigung von Schäden, die durch außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, noch der Behebung einer beträchtlichen Störung des belgischen Wirtschaftslebens, und hat auch nicht die Förderung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse oder die Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes zum Ziel.

(114) Was die Investitionen der Stellen angeht, so wurde keine einzige Tatsache vorgebracht, aufgrund deren festgestellt werden kann, dass sie den beihilfefähigen Erstinvestitionen im Sinne der Punkte 4.4 und 4.5 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung(43) entsprechen. Für Großunternehmen, die Kategorie, zu der die meisten Koordinierungsstellen gehören, sind Investitionsbeihilfen im Übrigen ausschließlich in den Regionen zulässig, die unter die Freistellungsbestimmungen des Artikels 87 Absatz 3 Buchstaben a) oder c) fallen. Zur Schaffung von Arbeitsplätzen heißt es schließlich in den Leitlinien für Beschäftigungshilfen(44), dass die Gesamtbeihilfe nicht höher als für die Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen notwendig sein darf. Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass der Betrag der sich aus der Regelung für die Koordinierungsstellen ergebenden Steuervorteile von dem Umfang der von der Stelle betriebenen Tätigkeit und nicht von der Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze abhängt.

(115) Die den Stellen gewährten Steuervorteile stehen also nicht im Zusammenhang mit Investitionen, der Schaffung von Arbeitsplätzen oder spezifischen Vorhaben. Sie stellen daher eine dauerhafte Steuerentlastung dar, die eine Betriebsbeihilfe bildet. Betriebsbeihilfen sind grundsätzlich verboten. In Punkt 4.15 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung ist festgelegt, dass derartige Beihilfen jedoch ausnahmsweise in Gebieten, die unter die abweichende Vorschrift des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe a) fallen, gewährt werden können. Da Belgien nicht unter diese abweichende Regelung fällt, können die fraglichen Beihilfemaßnahmen die Bedingungen, unter denen der Handel stattfindet, derart verändern, dass dem gemeinschaftlichen Interesse Schaden zugefügt wird, so dass sie nicht unter die Ausnahmebestimmung des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c) fallen. Der Vergleich mit den Beschäftigungsförderungsgebieten, die 1982 von der Kommission gebilligt wurden, ist im vorliegenden Fall unerheblich, um die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt zu verteidigen. Ohne dass es deshalb erforderlich wäre, die Entwicklung der von der Kommission betriebenen Politik auf diesem Gebiet zu untersuchen, reicht der Hinweis aus, dass diese Entscheidung lediglich die wallonischen und flämischen Beschäftigungsförderungsgebiete betraf, die seinerzeit mit hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen hatten. Die Schaffung eines Beschäftigungsförderungsgebiets in der Region Brüssel wurde dabei von der Kommission kategorisch ausgeschlossen. Es zeigt sich allerdings, dass sich die meisten Koordinierungsstellen in dieser Region angesiedelt haben.

(116) Was die Befreiung von der Kapitalgebühr betrifft, ist die Kommission der Ansicht, dass es, da die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, im Rahmen der vorliegenden Entscheidung keiner Überprüfung bedarf, ob sie den Bestimmungen der Richtlinie 69/335/EWG entspricht. Die Kommission behält sich das Recht vor, diese Frage in einem anderen, besser geeigneten Zusammenhang zu behandeln.

VI.4. Vertrauensschutz

(117) Die Kommission erkennt an, dass bei den durch die Beihilfe Begünstigten ein Vertrauensschutz besteht. Daher ist es gerechtfertigt, dass die Kommission es den Stellen, die am 31. Dezember 2000 über eine Genehmigung verfügten, gestattet, die Vorteile der Regelung bis zum Ende ihres zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung geltenden Genehmigungszeitraums und längstens bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin zu genießen. Dieser Standpunkt beruht auf den nachstehend dargelegten Elementen.

(118) Durch die Erteilung der Genehmigung geht die Steuerverwaltung von vornherein davon aus, dass die genehmigte Stelle zehn Jahre lang die Bedingungen erfuellt, um in den Genuss der Ausnahmeregelung der Königlichen Verordnung Nr. 187 zu kommen, ohne jedes Jahr nachweisen zu müssen, dass diese Bedingungen erfuellt sind. Falls die Verwaltung jedoch feststellt, dass diese Bedingungen nicht mehr erfuellt werden, wird die Stelle für die Zukunft von der Regelung ausgeschlossen. Gemäß der belgischen Verfassung beziehen sich diese Vereinbarungen lediglich auf die Tatsachen und keinesfalls auf die anzuwendende Regelung. Es kann daher keine rechtliche Garantie gegeben werden, dass die Regelung in der Fassung zum Zeitpunkt der Genehmigung die nächsten zehn Jahre lang unverändert beibehalten wird. Somit besteht keine vertragliche Verpflichtung der Verwaltung gegenüber der genehmigten Stelle, was die gewährten Vorteile betrifft. Diese Sichtweise dürfte durch die Antwort Belgiens bestätigt werden, die im Zusammenhang mit dem Nachteil, den ein Unternehmen erleiden könnte, auf seine Haftpflicht hinweist und nicht auf seine vertragliche Haftung gegenüber diesem Unternehmen. So betrifft die von Belgien und Dritten angeführte belgische und europäische Rechtsprechung die Achtung der Prinzipien Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. Aus einer Analyse dieser Urteile ergibt sich lediglich, dass die Kommission nur einen Beschluss rückwirkend unter sehr strengen Bedingungen, beispielsweise innerhalb einer angemessenen Frist, aufheben kann. Wenn sie dennoch das Verfahren in Bezug auf bestehende Beihilfen anwendet, kann das Vorgehen der Kommission keinesfalls eine rückwirkende Rechtskraft haben, da sie nicht die Rückforderung dieser Beihilfe verlangen kann. In diesen Urteilen wird auch bestimmt, dass die Kommission selbst in Zukunft ihren Beschluss nicht aufheben darf, wenn dadurch den betroffenen Unternehmen ungerechtfertigte Nachteile entstehen könnten. Auch hier gewährleistet das auf bestehende Beihilfen anwendbare Verfahren die Rechtssicherheit der Unternehmen, indem es der Kommission die Möglichkeit gibt, erforderlichenfalls einen Übergangszeitraum für das Auslaufen der Regelung festzulegen.

(119) In diesem Zusammenhang ist die Kommission der Auffassung, dass sie in der Tat die Ausführungen Belgiens und anderer Beteiligter zu den bedeutenden Investitionen berücksichtigen muss, die die betreffenden Unternehmen und die Gruppen, zu denen sie gehören, getätigt haben. Diese Investitionen betreffen unter anderem die Herstellung und die Entwicklung der Infrastruktur für die Stelle und Veränderungen, die am Aufbau der Strukturen, den Netzwerken, den Verfahren und der Verteilung der Tätigkeiten innerhalb der Gruppe vorgenommen wurden. Auch wurden langfristige Verpflichtungen gegenüber dem Personal, Immobilienunternehmen oder Finanzinstituten eingegangen. Obwohl die Genehmigung keine Gewähr für das Weiterbestehen oder den vorteilhaften Charakter der Regelung bietet, räumt die Kommission ein, dass die Errichtung der Stelle, die Investitionen und die eingegangenen Verpflichtungen in der begründeten und berechtigten Aussicht auf eine gewisse Kontinuität der wirtschaftlichen Bedingungen einschließlich der Steuerregelung zustande gekommen sind. Daher hat die Kommission beschlossen, einen Übergangszeitraum zu gewähren, wodurch die "Cost plus"-Regelung für die heutigen Begünstigten erst nach und nach ausläuft.

(120) Da die Genehmigungen in keiner Weise mit dem Anspruch auf das Weiterbestehen der Regelung noch auf deren vorteilhaften Charakter verbunden sind - auch nicht während der Geltungsdauer der Genehmigung -, ist die Kommission der Ansicht, dass sie in keinem Fall einen Anspruch auf die Verlängerung der Regelung über das Datum hinaus begründen, an dem die geltende Genehmigung abläuft. Angesichts der ausdrücklichen Begrenzung der Genehmigungen auf eine Dauer von zehn Jahren ist selbst die Möglichkeit nicht gegeben, dass eine berechtigte Erwartung einer automatischen Verlängerung gehegt worden wäre, was auf eine Genehmigung von theoretisch unendlicher Dauer hinausgelaufen wäre.

VII. SCHLUSSFOLGERUNGEN

(121) Die Kommission stellt fest, dass die für die Koordinierungsstellen in Belgien anwendbare Steuerregelung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist und dass die Unvereinbarkeit der einzelnen Teile dieser Regelung durch deren Abschaffung oder Änderung abgestellt werden muss. Ab dem Datum der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung darf der Vorteil aus dieser Regelung oder ihren Teilen neuen Begünstigten nicht mehr gewährt noch durch die Verlängerung geltender Genehmigungen beibehalten werden. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die im Jahre 2001 genehmigten Stellen seit dem 31. Dezember 2002 nicht mehr in den Genuss der Regelung kommen.

(122) Was die gegenwärtig unter die Regelung fallenden Stellen betrifft, erkennt die Kommission an, dass die Entscheidung von 1984 über die Genehmigung der Königlichen Verordnung Nr. 187 sowie die Antwort des für Wettbewerb zuständigen Mitglieds der Kommission auf eine parlamentarische Anfrage(45) das berechtigte Vertrauen haben entstehen lassen, dass diese Regelung keinen Verstoß gegen die Vorschriften des Vertrags über staatliche Beihilfen darstellte.

(123) Wegen der erheblichen Investitionen, die auf dieser Grundlage getätigt wurden, ist es darüber hinaus aufgrund der Achtung des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit der Begünstigten gerechtfertigt, eine angemessene Frist für das Auslaufen der Folgen der Regelung für die bereits genehmigten Stellen zu gewähren. Nach Ansicht der Kommission endet diese angemessene Frist am 31. Dezember 2010. Die Stellen, deren Genehmigung vor diesem Datum abläuft, können nach dem Schlusstermin ihrer Genehmigung nicht mehr in den Genuss dieser Regelung kommen. Nach dem Datum, an dem die Genehmigung abläuft, auf jeden Fall aber nach dem 31. Dezember 2010, ist die Verlängerung oder Beibehaltung der betreffenden Steuervorteile rechtswidrig -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die gegenwärtig in Belgien geltende Steuerregelung zugunsten der Koordinierungsstellen, die gemäß der Königlichen Verordnung Nr. 187 genehmigt sind, stellt eine Beihilferegelung dar, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

Artikel 2

Belgien hebt die in Artikel 1 bezeichnete Beihilferegelung auf oder gestaltet sie so um, dass sie mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

Ab dem Datum der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung darf der aus dieser Regelung insgesamt oder aus Teilen der Regelung rührende Vorteil nicht mehr zugunsten neuer Empfänger gewährt oder durch die Verlängerung geltender Genehmigungen beibehalten werden.

In Bezug auf vor dem 31. Dezember 2000 genehmigte Stellen darf die Regelung bis zum Ablauf der zum Datum der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung geltenden Einzelgenehmigung, jedoch längstens bis zum 31. Dezember 2010 beibehalten werden. Gemäß zweiter Unterabsatz darf im Fall der Verlängerung der Genehmigung vor diesem Datum der Vorteil aus der Regelung, die Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist, nicht mehr gewährt werden, auch nicht vorübergehend.

Artikel 3

Belgien teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an das Königreich Belgien gerichtet.

Brüssel, den 17. Februar 2003

Für die Kommission

Mario Monti

Mitglied der Kommission

(1) ABl. C 147 vom 20.6.2002, S. 2.

(2) ABl. C 2 vom 6.1.1998, S. 2.

(3) ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3.

(4) Vgl. Fußnote 1.

(5) ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(6) Schreiben SG(2001) D/289723.

(7) Vgl. Fußnote 1.

(8) Antrag vom 27. März 2002 (A/32428).

(9) Die angemeldete Regelung wurde als Beihilfesache N 351/2002 registriert.

(10) Schreiben COMP D/53779 vom 18. Juli 2002.

(11) Vgl. Fußnote 1.

(12) Schreiben COMP D/55338 und D/56352.

(13) Gesetz vom 27. Dezember 1984, Gesetz vom 4. August 1986, Königliche Verordnung vom 3. November 1986, Gesetz vom 28. Dezember 1990, Gesetz vom 23. Oktober 1991 und Gesetz vom 4. April 1995.

(14) Der multinationale Charakter wird durch folgende Kriterien bestimmt: Sitz (in Gestalt von Tochterunternehmen in mindestens vier Ländern), im Ausland erzielter Umsatz und im Ausland investiertes Eigenkapital. Das Erfordernis, dass die multinationale Gruppe in mindestens vier Ländern tätig sein muss, wurde durch das Gesetz vom 4. August 1986 eingeführt.

(15) Werbung, Informationsbeschaffung und -sammlung, Versicherung und Rückversicherung, wissenschaftliche Forschung, Beziehungen zu nationalen und internationalen Behörden, Zentralisierung der Buchführung, der Verwaltung und der Informatik, Zentralisierung der Finanzoperationen und der Deckung von Risiken auf Grund von Wechselkursschwankungen sowie sämtliche unterstützenden oder vorbereitenden Tätigkeiten für die Gesellschaften der Gruppe.

(16) Vgl. Erwägungsgrund 8.

(17) "Vorschlag zur Veranlassung zweckdienlicher Maßnahmen".

(18) ABl. L 249 vom 3.10.1969, S. 25.

(19) Artikel 105 Absatz 3 des KB/WIB92 erwähnt die "professionellen Anleger" sowie drei weitere Kategorien von Steuerpflichtigen, die für die Befreiung von der Quellensteuer infrage kommen, und zwar "Finanzinstitute", "parastaatliche Einrichtungen für die soziale Sicherheit" und "gebietsfremde Sparer".

(20) Vgl. Nr. 26/48 des Kommentars zum Einkommensteuergesetzbuch 1992 (im Folgenden "Com.WIB").

(21) Vgl. Erwägungsgrund 21.

(22) Urteil des EuGH vom 19. Oktober 2000, verbundene Rechtssachen C-15/98, Italienische Republik/Kommission, und C-105/99, Sardegna Lines/Kommission, Slg. 2000, S. I-8855.

(23) Steuer auf das Einkommen von natürlichen Personen des Inlands (NPB), juristischen Personen des Inlands (RPB), inländischen Gesellschaften (Ven.B) und Gebietsfremden (BNI, unterteilt in BNI/NP und BNI/Ven., je nachdem, ob es sich bei dem Steuerpflichtigen um eine natürliche Person oder eine Gesellschaft handelt).

(24) ABl. L 225 vom 20.8.1990, S. 6.

(25) ABl. C 123 vom 22.4.1998, S. 9.

(26) Antwort vom 12. Juli 1990 auf die schriftliche Anfrage Nr. 1735/90 von Herrn G. de Vries an die Kommission (ABl. C 63 vom 11.3.1991, S. 37).

(27) Urteil vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74, Papiers peints/Kommission, Punkt 31, Slg. 1975, S. 1491.

(28) Urteil vom 3. März 1982 in der Rechtssache 14/81, Alpha Steel/Kommission, Slg. 1982, S. 749.

(29) Urteil vom 9. Juli 1981 in der Rechtssache 169/80, Gondrand/Kommission, Punkt 17, Slg. 1981, S. 1931.

(30) Urteil vom 22. Januar 1997 in der Rechtssache T-115/94, Opel Austria/Rat, Punkt 124, Slg. 1997, S. II-2739.

(31) Urteil vom 28. Februar 2002 in den verbundenen Rechtssachen T-227/99 und T-134/00, Kvaerner Warnow Werft/Kommission, Slg. 2002, S. II-1205.

(32) Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Punkt 24, Slg. 1994, S. I-4635.

(33) Banken, Leasingfirmen usw.

(34) Kosten für das Computernetzwerk, Software, Finanzierungsströme usw.

(35) Insbesondere die Urteile vom 20. Juni 1991 in den Rechtssachen C-248/89 und C-365/89, Cargill/Kommission, Slg., S. I-2987 und S. I-3045, sowie vom 17. April 1997 in der Rechtssache C-90/95 P, de Compte/Parlament, Slg. S. I-1999.

(36) Schreiben D/53864 der Kommission, mit dem die Zusammenarbeitsphase mit Belgien eingeleitet wurde.

(37) D. h. bebaute oder unbebaute Grundstücke sowie das Material und die Ausstattung, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Verwendungszwecks unbeweglich sind.

(38) Beihilfesache N 226/2000 - Regionalbeihilferegelung des Gesetzes vom 30. Dezember 1970.

(39) Vgl. Artikel 115ff. des Gesetzbuches über Registrierungs-, Hypotheken- und Kanzleigebühren.

(40) Der belgische Staat, Sozialversicherungseinrichtungen, Finanzinstitute (Bank, Versicherung, ...), Anlagefonds und -gesellschaften, Börse.

(41) Urteil des EuGH vom 17. September 1980, Rechtssache 730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, S. 2671.

(42) Vgl. Fußnote 22.

(43) ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9.

(44) ABl. C 334 vom 12.12.1995, S. 4.

(45) Vgl. Fußnote 26.