11.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 325/6


BESCHLUSS 2009/934/JI DES RATES

vom 30. November 2009

zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Beziehungen von Europol zu anderen Stellen einschließlich des Austauschs von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Beschluss 2009/371/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) (1) (nachstehend: „Europol-Beschluss“ genannt), insbesondere auf Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c,

in Anbetracht des vom Verwaltungsrat vorgelegten Entwurfs von Bestimmungen, zu dem die gemeinsame Kontrollinstanz Stellung genommen hat,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,

in der Erwägung, dass es gemäß dem Europol-Beschluss dem Rat obliegt, nach Anhörung des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Beziehungen von Europol zu anderen Stellen, einschließlich des Austauschs von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen (nachstehend „Regelung“ genannt), festzulegen —

BESCHLIESST:

TITEL I

ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Durchführungsbestimmungen bezeichnet der Ausdruck

a)

„Drittstaaten“ im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a des Europol-Beschlusses Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind;

b)

„Organisationen“ im Sinne von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe b des Europol-Beschlusses Organisationen wie beispielsweise internationale Organisationen und die ihnen untergeordneten öffentlich-rechtlichen Einrichtungen oder sonstige öffentlich-rechtliche Einrichtungen, die aufgrund einer Übereinkunft zwischen zwei oder mehr Staaten bestehen;

c)

„Dritte“ Drittstaaten und dritte Organisationen;

d)

„Einrichtungen der EU“ die durch den Vertrag über die Europäische Union und die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder auf dessen/deren Grundlage errichteten Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen im Sinne von Artikel 22 Absatz 1 des Europol-Beschlusses;

e)

„personenbezogene Daten“ alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person; als bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind;

f)

„Verschlusssache“ alle Informationen bzw. alles Material jedweder Form, deren/dessen unerlaubte Weitergabe den wesentlichen Interessen von Europol, eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder der Stellen, mit denen Europol zusammenarbeitet, in unterschiedlichem Maße Schaden zufügen könnte und die/das durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen geschützt werden müssen/muss;

g)

„strategisches Abkommen“ ein Abkommen, das den Austausch von Informationen mit Ausnahme von personenbezogenen Daten zulässt;

h)

„operatives Abkommen“ ein Abkommen, das den Austausch von Informationen einschließlich personenbezogener Daten zulässt;

i)

„Kooperationsabkommen“ ein strategisches oder ein operatives Abkommen;

j)

„Arbeitsvereinbarung“ eine zwischen Europol und einer Einrichtung der EU geschlossene Vereinbarung über Zusammenarbeit, die den Austausch von Informationen einschließlich personenbezogener Daten zulässt;

k)

„Verarbeitung personenbezogener Daten“ oder „Verarbeitung“ mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede Vorgangsreihe, der/die im Hinblick auf personenbezogene Daten ausgeführt wird, wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Veränderung, das Abrufen, das Abfragen, die Benutzung, die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Abgleichung, sowie das Sperren, Löschen oder Vernichten;

l)

„zuständige Behörden“ alle in den Mitgliedstaaten oder Drittstaaten bestehenden öffentlichen Stellen, soweit sie nach innerstaatlichem Recht für die Prävention und Bekämpfung von Straftaten zuständig sind.

Artikel 2

Anwendungsbereich

Diese Bestimmungen regeln die Beziehungen von Europol zu Einrichtungen der EU und Dritten, einschließlich des Austauschs von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen sowie der Verfahren für die Aushandlung und den Abschluss von Kooperationsabkommen und Arbeitsvereinbarungen.

TITEL II

ABSCHLUSS VON KOOPERATIONSABKOMMEN UND ARBEITSVEREINBARUNGEN

Artikel 3

Herstellung von Beziehungen zu Einrichtungen der EU

Nach Artikel 22 Absatz 1 des Europol-Beschlusses kann Europol Kooperationsbeziehungen zu den Einrichtungen der EU herstellen und unterhalten, soweit dies für die Erfüllung seiner Aufgaben relevant ist.

Europol hört den Verwaltungsrat, wenn es beabsichtigt, Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen oder eine Arbeitsvereinbarung mit einer Einrichtung der EU aufzunehmen, die in Artikel 22 Absatz 1 Buchstaben a bis f des Europol-Beschlusses nicht ausdrücklich genannt ist.

Artikel 4

Verfahren für den Abschluss von Kooperationsabkommen oder Arbeitsvereinbarungen mit Einrichtungen der EU

(1)   Nach Artikel 22 Absatz 2 des Europol-Beschlusses schließt Europol Kooperationsabkommen oder Arbeitsvereinbarungen mit Einrichtungen der EU, um Kooperationsbeziehungen herzustellen. Diese Abkommen oder Arbeitsvereinbarungen können sich auf den Austausch operativer, strategischer oder technischer Informationen einschließlich personenbezogener Daten und Verschlusssachen beziehen.

(2)   Die Übermittlung von Verschlusssachen ist nur zulässig, soweit ein Geheimschutzabkommen zwischen Europol und der Einrichtung der EU besteht. Der Sicherheitsausschuss wird über ein solches Geheimschutzabkommen, das daraufhin förmlich in das Kooperationsabkommen oder in die Arbeitsvereinbarung aufgenommen wird, unterrichtet.

(3)   Diese Kooperationsabkommen oder Arbeitsvereinbarungen dürfen nur nach Billigung durch den Verwaltungsrat geschlossen werden.

(4)   Betrifft das Kooperationsabkommen oder die Arbeitsvereinbarung den Austausch personenbezogener Daten, so holt der Verwaltungsrat vor der Billigung nach Absatz 3 die Stellungnahme der gemeinsamen Kontrollinstanz ein.

Artikel 5

Herstellung von Beziehungen zu Dritten

(1)   Nach Artikel 23 Absatz 1 des Europol-Beschlusses kann Europol Kooperationsbeziehungen zu Dritten herstellen und unterhalten, soweit dies für die Erfüllung seiner Aufgaben relevant ist.

(2)   Nach Artikel 23 Absatz 2 des Europol-Beschlusses schließt Europol Abkommen mit den Dritten, die in der in Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a des Europol-Beschlusses genannten Liste der Drittstaaten und dritten Organisationen aufgeführt sind. Diese Abkommen können sich auf den Austausch operativer, strategischer oder technischer Informationen einschließlich personenbezogener Daten und Verschlusssachen beziehen. Handelt es sich um ein Abkommen mit einem Drittstaat, so sind diese Informationen über eine in dem betreffenden Abkommen benannte Kontaktstelle zu übermitteln.

(3)   Europol kann das Verfahren für den Abschluss eines Abkommens mit einem Dritten einleiten, sobald dieser Dritte in die in Absatz 2 genannte Liste aufgenommen ist.

(4)   Beabsichtigt Europol den Abschluss eines operativen Abkommens mit einem Dritten, so muss es zuvor feststellen, dass dieser Dritte ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet. Diese Feststellung wird dem Verwaltungsrat übermittelt, der zuvor die Stellungnahme der gemeinsamen Kontrollinstanz eingeholt hat. Im Rahmen dieser Feststellung werden der Rechtsrahmen und die Verwaltungspraxis des Dritten im Bereich des Datenschutzes berücksichtigt, unter anderem auch, ob eine unabhängige Aufsichtsbehörde für die Überwachung von Datenschutzangelegenheiten besteht.

Artikel 6

Verfahren für den Abschluss von Kooperationsabkommen mit Dritten

(1)   Der Verwaltungsrat entscheidet auf Grundlage der Feststellung nach Artikel 5 Absatz 4 unter Berücksichtigung der Stellungnahme der gemeinsamen Kontrollinstanz, ob der Direktor mit dem Dritten Verhandlungen über den Abschluss eines operativen Abkommens aufnehmen soll. Nach einer befürwortenden vorherigen Entscheidung des Verwaltungsrats nimmt der Direktor mit dem Dritten Verhandlungen über den Abschluss eines operativen Abkommens auf. Im Falle einer ablehnenden Entscheidung kann der Verwaltungsrat prüfen, ob mit dem betreffenden Dritten ein strategisches Abkommen geschlossen werden kann.

(2)   Die Übermittlung von Verschlusssachen durch Europol ist nur zulässig, soweit ein Geheimschutzabkommen zwischen Europol und dem Dritten besteht. Der Sicherheitsausschuss wird über ein solches Geheimschutzabkommen, das daraufhin förmlich in das Kooperationsabkommen aufgenommen wird, unterrichtet.

(3)   Nach Abschluss der Verhandlungen über ein Abkommen unterbreitet der Direktor den Entwurf des Abkommens dem Verwaltungsrat. Im Falle des Abschlusses eines operativen Abkommens holt der Verwaltungsrat die Stellungnahme der gemeinsamen Kontrollinstanz ein. Der Verwaltungsrat billigt den Entwurf des Abkommens und legt ihn anschließend dem Rat zur Annahme vor.

Im Falle der Billigung eines operativen Abkommens werden dem Rat der betreffende Entwurf des Abkommens und die Stellungnahme der gemeinsamen Kontrollinstanz vorgelegt.

(4)   Nach Artikel 23 Absatz 2 des Europol-Beschlusses dürfen diese Abkommen nur nach Billigung durch den Rat und nachdem dieser den Verwaltungsrat angehört hat, geschlossen werden; soweit diese Abkommen den Austausch personenbezogener Daten betreffen, ist ferner zuvor über den Verwaltungsrat die Stellungnahme der gemeinsamen Kontrollinstanz einzuholen.

Artikel 7

Unterrichtung des Verwaltungsrats

Der Direktor unterrichtet den Verwaltungsrat regelmäßig über den Stand der laufenden Verhandlungen mit Einrichtungen der EU und Dritten.

TITEL III

INFORMATIONSAUSTAUSCH

KAPITEL I

Entgegennahme von Informationen

Artikel 8

Entgegennahme von Informationen vor dem Inkrafttreten eines Abkommens

Nach Artikel 22 Absatz 3 und Artikel 23 Absatz 3 des Europol-Beschlusses kann Europol vor dem Inkrafttreten eines Abkommens oder einer Arbeitsvereinbarung mit einer Einrichtung der EU oder einem Dritten Informationen einschließlich personenbezogener Daten und Verschlusssachen direkt entgegennehmen und verwenden, soweit dies für die rechtmäßige Erfüllung seiner in Artikel 5 des Europol-Beschlusses genannten Aufgaben erforderlich ist.

KAPITEL II

Übermittlung von Informationen

Artikel 9

Bedingungen für die Übermittlung von Informationen an Einrichtungen der EU und Dritte

Europol darf einer Einrichtung der EU oder einem Dritten nur unter den folgenden Bedingungen Informationen übermitteln:

1.

Ungeachtet der Artikel 11 bis 14 dürfen Informationen erst dann übermittelt werden, wenn ein Abkommen oder eine Arbeitsvereinbarung mit einer Einrichtung der EU oder einem Dritten gemäß Titel II geschlossen wurde.

2.

Sind die betreffenden Daten von einem Mitgliedstaat an Europol übermittelt worden, darf Europol sie nur mit Zustimmung dieses Mitgliedstaats an Einrichtungen der EU oder Dritte übermitteln. Der betroffene Mitgliedstaat kann für eine solche Übermittlung seine vorherige allgemeine oder unter bestimmten Bedingungen stehende Zustimmung erteilen. Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden.

3.

Sind die Daten nicht von einem Mitgliedstaat übermittelt worden, so vergewissert sich Europol, dass durch ihre Übermittlung

a)

die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit eines Mitgliedstaats liegenden Aufgaben nicht gefährdet wird;

b)

weder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eines Mitgliedstaats gefährdet werden noch sonstige Nachteile für sein Gemeinwohl entstehen können.

4.

Die Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte ist nur dann zulässig, wenn

a)

dies in Einzelfällen zur Verhütung oder Bekämpfung von Straftaten, für die Europol zuständig ist, erforderlich ist und

b)

Europol mit den betreffenden Dritten ein operatives Abkommen geschlossen hat, das auf der Grundlage der Feststellung, das diese Dritten ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleisten, gemäß Artikel 5 Absatz 4 die Übermittlung solcher Daten zulässt.

5.

Die Übermittlung von Verschlusssachen durch Europol ist nur zulässig,

a)

soweit zwischen Europol und der Einrichtung der EU oder dem Dritten ein Geheimschutzabkommen gemäß Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 6 Absatz 2 besteht und

b)

im Falle der Übermittlung von Daten an Dritte, wenn dies in Einzelfällen zur Verhütung oder Bekämpfung von Straftaten, für die Europol zuständig ist, erforderlich ist.

Artikel 10

Verantwortung für die Übermittlung von Daten

Europol ist für die Rechtmäßigkeit der Übermittlung von Daten verantwortlich. Jede Übermittlung von Daten nach Maßgabe dieser Durchführungsbestimmungen und ihr Anlass werden von Europol aufgezeichnet. Daten werden nur übermittelt, wenn der Empfänger zusagt, dass die Daten nur zu den Zwecken genutzt werden, zu denen sie übermittelt worden sind.

Artikel 11

Übermittlung von Informationen an Einrichtungen der EU vor dem Inkrafttreten eines Kooperationsabkommens oder einer Arbeitsvereinbarung

(1)   Nach Artikel 22 Absatz 3 des Europol-Beschlusses und nach Maßgabe des Artikels 9 Nummern 2 und 3 dieser Durchführungsbestimmungen kann Europol vor dem Inkrafttreten eines operativen Abkommens oder einer Arbeitsvereinbarung mit einer Einrichtung der EU Informationen einschließlich personenbezogener Daten direkt an solche Einrichtung der EU übermitteln, soweit dies für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist.

(2)   Die Übermittlung von Verschlusssachen durch Europol ist nur zulässig, soweit zwischen Europol und der Einrichtung der EU ein Geheimschutzabkommen gemäß Artikel 4 Absatz 2 besteht.

Artikel 12

Übermittlung von Informationen an Dritte vor dem Inkrafttreten eines Abkommens

Nach Artikel 23 Absatz 4 des Europol-Beschlusses und nach Maßgabe des Artikels 9 Absätze 2 und 3 dieser Durchführungsbestimmungen kann Europol vor dem Inkrafttreten eines Abkommens mit einem Dritten Informationen mit Ausnahme von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen direkt an diesen Dritten übermitteln, soweit dies für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist.

Artikel 13

Übermittlung von Informationen an nicht in der Ratsliste aufgeführte Dritte

Nach Artikel 23 Absatz 5 des Europol-Beschlusses und nach Maßgabe des Artikels 9 Absätze 2 und 3 dieser Durchführungsbestimmungen kann Europol Informationen mit Ausnahme von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen direkt an Dritte übermitteln, die nicht in der in Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a des Europol-Beschlusses genannten Liste aufgeführt sind, soweit dies in Einzelfällen zur Verhütung oder Bekämpfung von Straftaten, für die Europol zuständig ist, unbedingt erforderlich ist.

KAPITEL III

Übermittlung von Informationen in Ausnahmefällen

Artikel 14

Übermittlung von personenbezogenen Daten und Verschlusssachen in Ausnahmefällen

(1)   Nach Artikel 23 Absätze 8 und 9 des Europol-Beschlusses und nach Maßgabe des Artikels 9 Absätze 2 und 3 dieser Durchführungsbestimmungen kann Europol in seinem Besitz befindliche personenbezogene Daten und Verschlusssachen an Dritte übermitteln, soweit der Direktor die Übermittlung der Daten zur Wahrung der grundlegenden Interessen der betreffenden Mitgliedstaaten im Rahmen der Ziele von Europol oder zur Abwehr einer unmittelbaren kriminellen oder terroristischen Bedrohung für unbedingt erforderlich hält.

(2)   Im Falle der Übermittlung von Verschlusssachen unterrichtet der Direktor den Verwaltungsrat und die gemeinsame Kontrollinstanz so bald wie möglich über die von ihm getroffene Entscheidung.

(3)   Im Falle der Übermittlung personenbezogener Daten nimmt der Direktor stets eine Abwägung zwischen den zu wahrenden Interessen und dem von dem betreffenden Dritten gewährleisteten Datenschutzniveau vor. Dabei berücksichtigt er alle relevanten Aspekte, wie beispielsweise die Gefahr, die eintreten könnte, wenn Europol die betreffenden personenbezogenen Daten nicht übermitteln würde. Der Direktor unterrichtet den Verwaltungsrat und die gemeinsame Kontrollinstanz so bald wie möglich über die von ihm getroffene Entscheidung sowie darüber, auf welcher Grundlage die Feststellung der Angemessenheit des Datenschutzniveaus des betreffenden Dritten erfolgt ist.

(4)   Vor der Übermittlung personenbezogener Daten gemäß Absatz 1 beurteilt der Direktor die Angemessenheit des Datenschutzniveaus des betreffenden Dritten und berücksichtigt dabei alle Umstände, die bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten eine Rolle spielen, insbesondere

a)

die Art der Daten;

b)

der Zweck für den die Daten bestimmt sind;

c)

die Dauer der geplanten Verarbeitung;

d)

die für den betreffenden Dritten geltenden allgemeinen oder speziellen Datenschutzbestimmungen;

e)

die Frage, ob der Dritte bestimmten von Europol geforderten Einschränkungen bezüglich der Daten zugestimmt hat.

KAPITEL IV

Besondere Bedingungen für die Übermittlung personenbezogener Daten

Artikel 15

Zweck der Übermittlung personenbezogener Daten

(1)   Personenbezogene Daten, um deren Übermittlung ersucht wurde, werden nicht übermittelt, wenn Zweck und Gründe des Ersuchens nicht angegeben wurden.

(2)   Personenbezogene Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie Daten über Gesundheit oder Sexualleben einer Person dürfen nur übermittelt werden, wenn dies unbedingt notwendig ist.

Artikel 16

Berichtigung und Löschung personenbezogener Daten

(1)   Bei der Übermittlung personenbezogener Daten an eine Einrichtung der EU oder einen Dritten stellt Europol sicher, dass die empfangende Einrichtung der EU oder der empfangende Dritte sich verpflichtet, diese Daten zu berichtigen oder zu löschen, wenn sich herausstellt, dass sie unrichtig, ungenau oder überholt sind oder nicht hätten übermittelt werden dürfen. Stellt Europol fest, dass die personenbezogenen Daten unrichtig, ungenau oder überholt sind oder nicht hätten übermittelt werden dürfen, so werden die Einrichtungen der EU oder Dritten, die die Daten erhalten haben, unverzüglich hiervon unterrichtet und aufgefordert, Europol mitzuteilen, dass die Daten berichtigt oder gelöscht werden. Der Direktor unterrichtet den Verwaltungsrat und die gemeinsame Kontrollinstanz über die Maßnahmen von Europol in diesem Bereich.

(2)   In jedem Abkommen ist die Verpflichtung zur Berichtigung oder Löschung der Daten nach dem Verfahren des Absatzes 1 festzulegen.

(3)   Bei der Übermittlung personenbezogener Daten stellt Europol sicher, dass die empfangende Einrichtung der EU oder der empfangende Dritte sich verpflichtet, diese Daten zu löschen, wenn sie für die Zwecke, für die sie übermittelt wurden, nicht mehr erforderlich sind.

KAPITEL V

Weitergabe von Daten an Einrichtungen der EU und Dritte

Artikel 17

Zuständige Behörden und Weitergabe

(1)   Die Übermittlung personenbezogener Daten durch Europol an Drittstaaten und die Weitergabe dieser Daten innerhalb dieser Drittstaaten wird auf die zuständigen Behörden beschränkt, die in den betreffenden Abkommen ausdrücklich genannt werden.

(2)   Bei der Aushandlung von Abkommen unternimmt Europol alle Anstrengungen, um sicherzustellen, dass ein Drittstaat nach Möglichkeit eine einzige zuständige Behörde benennt, die als nationale Kontaktstelle zwischen Europol und den anderen zuständigen Behörden des betreffenden Drittstaats fungiert.

(3)   Bei der Übermittlung personenbezogener Daten gewährleistet Europol, dass die empfangende Einrichtung der EU oder der empfangende Dritte sich verpflichtet, diese Daten nur an die zuständigen Behörden und unter denselben Bedingungen weiterzugeben, die auch für die Erstübermittlung gelten.

(4)   Ist es einem Drittstaat nicht möglich, eine einzige zuständige Behörde als nationale Kontaktstelle zu benennen, kann in den betreffenden Abkommen in Ausnahmefällen die direkte Übermittlung von Informationen durch Europol an eine oder mehrere zuständige Behörden des betreffenden Drittstaats vorgesehen werden.

Artikel 18

Bedingungen für die Weitergabe

(1)   Europol übermittelt personenbezogene Daten nur dann an eine zuständige Behörde eines Drittstaats oder an eine Organisation oder eine Einrichtung der EU, wenn diese Behörde, Organisation oder Einrichtung zusichert, dass sie die personenbezogenen Daten ausschließlich unter den in Absatz 2 genannten Bedingungen an andere Einrichtungen der EU oder Dritte weitergibt.

(2)   Personenbezogene Daten dürfen von einer zuständigen Behörde eines Drittstaats, einer Organisation oder einer Einrichtung der EU, mit der Europol ein operatives Abkommen geschlossen hat, nur weitergegeben werden

a)

mit vorheriger Zustimmung von Europol, wenn die Einrichtung der EU oder der Dritte, die bzw. der die personenbezogenen Daten entgegennimmt, ein operatives Abkommen mit Europol geschlossen hat, oder

b)

ausnahmsweise mit Genehmigung des Direktors, wenn dieser — unter Berücksichtigung des von der Einrichtung der EU oder dem Dritten gewährleisteten Datenschutzniveaus — die Weitergabe der personenbezogenen Daten durch die Einrichtung der EU oder den Dritten als unbedingt erforderlich erachtet

i)

zur Wahrung der grundlegenden Interessen der betreffenden Mitgliedstaaten im Rahmen der Ziele von Europol oder

ii)

zur Abwehr einer unmittelbaren kriminellen oder terroristischen Bedrohung.

(3)   Daten, die von einem Mitgliedstaat an Europol übermittelt wurden, dürfen nur mit vorheriger Zustimmung des betreffenden Mitgliedstaats weitergegeben werden. Der Direktor teilt dem betreffenden Mitgliedstaat mit, aus welchen Gründen die Weitergabe über eine Einrichtung der EU oder einen Dritten statt auf direktem Wege erfolgt ist.

KAPITEL VI

Besondere Bedingungen für die Entgegennahme von Informationen Dritter durch Europol

Artikel 19

Bewertung der Quelle und der Informationen

(1)   Um festzustellen, ob die Informationen, die Europol erhält, sowie ihre Quelle zuverlässig sind, ersucht Europol die Einrichtung der EU oder den Dritten, die Informationen und die Quelle so weit wie möglich nach den in Artikel 12 des Beschlusses 2009/936/JI des Rates vom 30. November 2009 zur Annahme der Durchführungsbestimmungen für die von Europol geführten Arbeitsdateien zu Analysezwecken (2) (nachstehend „Durchführungsbestimmungen für die von Europol geführten Arbeitsdateien zu Analysezwecken“ genannt) genannten Kriterien zu bewerten.

(2)   Wird diese Bewertung nicht vorgelegt, so versucht Europol, so weit wie möglich die Zuverlässigkeit der Quelle oder der Informationen anhand der ihm bereits zur Verfügung stehenden Informationen nach den in Artikel 12 der Durchführungsbestimmungen für die von Europol geführten Arbeitsdateien zu Analysezwecken genannten Kriterien zu bewerten.

(3)   In einem Abkommen können Europol und eine Einrichtung der EU oder ein Dritter die Bewertung spezifischer Arten von Informationen und spezifischer Informationsquellen nach den in Artikel 12 der Durchführungsbestimmungen für die von Europol geführten Arbeitsdateien zu Analysezwecken genannten Kriterien allgemein festlegen.

Artikel 20

Berichtigung und Löschung der an Europol übermittelten Informationen

(1)   In den Abkommen wird festgelegt, dass die Einrichtung der EU oder der Dritte Europol unterrichtet, wenn die an Europol übermittelten Informationen berichtigt oder gelöscht werden.

(2)   Teilt eine Einrichtung der EU oder ein Dritter Europol mit, dass die an Europol übermittelten Informationen berichtigt oder gelöscht worden sind, so werden die betreffenden Informationen von Europol dementsprechend berichtigt oder gelöscht. Europol löscht die Informationen nicht, wenn diese für die Zwecke der betreffenden Arbeitsdatei zu Analysezwecken weiterverarbeitet werden müssen oder wenn Europol — im Falle von Informationen, die in einer anderen Europol-Datei gespeichert sind — ein weitergehendes Interesse an ihnen hat, das auf Erkenntnissen beruht, die über diejenigen hinausgehen, die die übermittelnden Einrichtungen der EU oder Dritten besitzen. Europol teilt den betreffenden Einrichtungen der EU oder Dritten mit, dass es diese Daten weiter speichert.

(3)   Hat Europol Grund zu der Annahme, dass die übermittelten Informationen ungenau oder überholt sind, so unterrichtet es die Einrichtungen der EU oder Dritten, die die Informationen übermittelt haben, und ersucht sie darum, Europol eine Stellungnahme zu dieser Angelegenheit zu übermitteln. Werden Informationen von Europol nach Artikel 31 Absatz 1 des Europol-Beschlusses berichtigt oder gelöscht, so unterrichtet Europol die Einrichtungen der EU oder Dritten, die die Informationen übermittelt haben, von der Berichtigung oder Löschung.

(4)   Unbeschadet des Artikels 31 des Europol-Beschlusses werden Informationen, die von einem Drittstaat eindeutig unter offenkundiger Verletzung der Menschenrechte erhoben wurden, nicht verarbeitet.

(5)   In den Abkommen wird festgelegt, dass die Einrichtungen der EU oder Dritte Europol soweit möglich auch dann unterrichten, wenn diese Einrichtungen der EU oder Dritte Grund zu der Annahme haben, dass die übermittelten Informationen ungenau oder überholt sind.

TITEL IV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 21

Inkrafttreten

Diese Bestimmungen treten am 1. Januar 2010 in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 30. November 2009.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

B. ASK


(1)  ABl. L 121 vom 15.5.2009, S. 37.

(2)  Siehe Seite 14 dieses Amtsblatts.