52006DC0400

Grünbuch zu den Kollisionsnormen im Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Zuständigkeit und der gegenseitigen Anerkennung {SEK(2006) 952} /* KOM/2006/0400 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 17.07.2006

KOM(2006) 400 endgültig

GRÜNBUCH

ZU DEN KOLLISIONSNORMEN IM GÜTERRECHT UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER GERICHTLICHEN ZUSTÄNDIGKEIT UND DER GEGENSEITIGEN ANERKENNUNG

(von der Kommission vorgelegt){SEK(2006) 952}

Einleitung

Mit diesem Grünbuch wird eine umfassende Konsultation zu den Rechtsfragen eingeleitet, die sich in einem internationalen Kontext bei den ehelichen Güterständen und den vermögensrechtlichen Wirkungen anderer Lebensgemeinschaften stellen. Es wird darin auf die verschiedenen Aspekte dieses Rechtsbereichs eingegangen, die auf Gemeinschaftsebene regelungsbedürftig erscheinen.

Die Kommission bittet alle Interessierten, ihre Antworten und sonstige sachdienliche Beiträge zu diesem Grünbuch bis 30. November 2006 an folgende Anschrift zu richten:

Europäische Kommission

Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit

Referat C1 - ZiviljustizB - 1049 BrüsselFax: (+32-2) 299 64 57E-Mail: jls-coop-jud-civil@ec.europa.eu

Die Personen, die an dieser Konsultation teilnehmen und mit einer Veröffentlichung ihrer Antworten und Beiträge auf der Website der Kommission nicht einverstanden sind, werden gebeten, dies der Kommission mitzuteilen.

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Internationale gerichtliche Zuständigkeit: Zuständigkeit eines nationalen Gerichts für die Entscheidung eines internationalen Rechtsstreits.

Normenkollision: Konflikt zwischen den Rechtsvorschriften zweier oder mehr Staaten, die auf ein Rechtsverhältnis (Vertragsverhältnis, Familienverhältnis, faktisches Verhältnis) Anwendung finden können, das Anknüpfungspunkte zu mehr als einem Staat aufweist. Das Kollisionsrecht bestimmt das zur Regelung des betreffenden Rechtsverhältnisses am besten geeignete innerstaatliche Recht.

Ehevertrag: Vor Schließung der Ehe zur Regelung der vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den künftigen Ehegatten getroffene Übereinkunft.

Exequatur: Verfahren zur Vollstreckung von im Ausland ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen, gerichtlichen Vergleichen oder ausgestellten öffentlichen Urkunden.

Gerichtsstand: Zuständiges oder mit dem Rechtsstreit befasstes Gericht.

Ehelicher Güterstand: Vermögensrechtliches Verhältnis zwischen den Ehegatten. Die ehelichen Güterstände regeln die aus dem Eheverhältnis folgenden Eigentumsverhältnisse zwischen den Eheleuten und gegenüber Dritten, insbesondere ihren Gläubigern.

Eingetragene Partnerschaft: Lebensgemeinschaft zweier als Paar zusammenlebender Personen, die ihre Partnerschaft in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat bei einer gesetzlich hierzu bestimmten Behörde haben eintragen lassen. Im Sinne dieses Grünbuchs gehören hierzu auch nichteheliche Verbindungen von Paaren, die einen Vertrag nach Art des französischen zivilen Solidaritätspakts „PACS“ (pacte civil de solidarité) geschlossen haben[1].

Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Zwei Personen, die in einer stabilen, auf Dauer angelegten Beziehung zusammenleben, ohne dass diese Beziehung bei einer Behörde eingetragen ist.

Schon im Wiener Aktionsplan von 1998[2] gehörte der Erlass einer EU-Regelung zu den ehelichen Güterständen zu den prioritären Vorhaben. Dementsprechend war dann auch im Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen[3], das Rat und Kommission Ende 2000 angenommen hatten, die Ausarbeitung eines Rechtsinstruments über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über eheliche Güterstände und die vermögensrechtlichen Folgen der Trennung von nicht verheirateten Paaren vorgesehen. Im Haager Programm[4] des Europäischen Rates vom 4. November 2004, in dem die Umsetzung dieses Maßnahmenprogramms als erste Priorität genannt wurde, sowie im Aktionsplan des Rates und der Kommission zur Umsetzung des Haager Programms[5] wurde die Kommission aufgefordert, ein „Grünbuch über die Kollisionsnormen für Güterstände einschließlich Zuständigkeit und gegenseitige Anerkennung“ zu unterbreiten.

Um alle vermögensrechtlichen Aspekte des Familienrechts zu erfassen, geht das Grünbuch auf Fragen ein, die sowohl die ehelichen Güterstände berühren als auch die vermögensrechtlichen Wirkungen anderer Formen nichtehelicher Verbindungen, da, wie in allen Mitgliedstaaten festzustellen ist, immer häufiger Paare ohne Trauschein zusammenleben. Um dieser neuen Realität in unserer Gesellschaft Rechnung zu tragen, müssen dem oben genannten Maßnahmenprogramm zufolge auch die vermögensrechtlichen Folgen der Trennung nichtverheirateter Paare behandelt werden, denn schließlich ist der europäische Rechtsraum dafür da, dass er sich der konkreten Bedürfnisse seiner Bürger annimmt.

Durch die zunehmende Mobilität in einem Raum ohne Binnengrenzen kommt es immer häufiger dazu, dass EU-Bürger aus verschiedenen Mitgliedstaaten Bindungen unterschiedlichster Art miteinander eingehen und diese Paare sich in einem Mitgliedstaat niederlassen, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen. Häufig geht mit einer solchen Verbindung auch der Erwerb von Gütern einher, die in mehreren EU-Mitgliedstaaten belegen sind. Der von der Kommission 2002 in Auftrag gegebenen Studie[6] zufolge lebten im Jahr 2000 über 5 Mio. EU-Bürger in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Die Zahl der in der EU lebenden Drittstaatsangehörigen lag bei 14 Mio. Es wird geschätzt, dass es etwa 2,5 Mio. Gebäude im Besitz von Eheleuten gibt, die nicht in deren Wohnsitzmitgliedstaat belegen sind. In der Folgenabschätzung[7] zum Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über das anwendbare Recht und die Zuständigkeit in Ehesachen wird darauf hingewiesen, dass die Zahl der Scheidungen mit Auslandsbezug in der Europäischen Union bei etwa 170 000 pro Jahr liegt, was 16 % aller Scheidungen entspricht.

Praktische und rechtliche Probleme treten häufig dann auf, wenn das Vermögen dieser Paare aufgeteilt und/oder ihre Verwaltung geregelt werden soll. Oft sind diese Probleme auf die erheblichen Divergenzen zwischen den Bestimmungen sowohl des materiellen Rechts als auch des internationalen Privatrechts zurückzuführen, die für die vermögensrechtlichen Folgen der Ehe und anderer Formen eheähnlicher Verbindungen in den Mitgliedstaaten maßgebend sind.

DIE EHELICHEN GÜTERSTÄNDE

Die ehelichen Güterstände sind auf Gemeinschaftsebene bislang nicht geregelt. Das Haager Übereinkommen über das auf eheliche Güterstände anwendbare Recht vom 14. März 1978 ist nur von Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden ratifiziert worden.

Da eine Angleichung des materiellen Rechts der Mitgliedstaaten zurzeit nicht in Frage kommt, wird in diesem Grünbuch die grundlegende Frage der Kollisionsnormen behandelt. Im Anhang zu diesem Grünbuch findet sich eine Zusammenfassung der einzelstaatlichen Rechtsnormen der Mitgliedstaaten.

Der Anwendungsbereich der Kollisionsnormen erstreckt sich potenziell auf ein breites Spektrum an Rechtsfragen (Gültigkeit von Verträgen, Auseinandersetzung des Vermögens usw.).

Behandelt wird selbstverständlich auch die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit, insbesondere um für Kohärenz zwischen der künftigen Regelung und den Verfahrensvorschriften für Scheidungs- und Erbsachen zu sorgen. Dabei ist nach Lösungen zu suchen, die der Parteiautonomie bei der Wahl des zuständigen Gerichts einen gewissen Spielraum lassen.

Die vermögensrechtlichen Aspekte einer Ehe werden häufig außergerichtlich geregelt. Um den in diesem Bereich tätigen Personen die Arbeit zu erleichtern und die konkreten Probleme der Bürger wirksam anzugehen, muss auch auf die Aufgaben und die Zuständigkeit außergerichtlicher Stellen sowie auf die Anerkennung der von diesen erstellten außergerichtlichen Schriftstücken und Urkunden eingegangen werden.

Darüber hinaus sollte die europäische Gesetzgebung auch das Leben der Bürger erleichtern helfen und vorsehen, dass Güterstandsregelungen eingetragen werden.

Anwendungsbereich

Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003[8] über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, die seit dem 1. März 2005 gilt, erstreckt sich nicht auf die vermögensrechtlichen Folgen, die sich aus der Auflösung einer Ehe ergeben.

Die Bereiche, die bereits durch bestehende Rechtsinstrumente erfasst sind wie beispielsweise die Unterhaltspflichten, die Gegenstand der seit dem 1. März 2002 geltenden Verordnung (EG) Nr. 44/2001[9] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten[10] sind, sollten vom Anwendungsbereich der künftigen Regelung ausgenommen werden.

Des Weiteren ist zu prüfen, ob die übrigen personenbezogenen Aspekte der Ehe, soweit sie sich auf das Vermögen der Eheleute auswirken können (z. B. das Recht auf Vertretung unter Ehegatten, der Schutz der Familienwohnung, der Beitrag zu den Aufwendungen der Ehe usw.), in der neuen Regelung erfasst werden sollten.

Die Güterstände bestimmen traditionsgemäß sowohl die vermögensrechtlichen Folgen, die sich aus der Auflösung der Ehe ergeben, als auch die während der Ehe entstehenden vermögensrechtlichen Wirkungen. Schulden, die von den Ehegatten während der Ehe gemeinsam oder allein eingegangen werden, müssen ihrem gemeinsamen oder individuellen Vermögen zugerechnet werden, um die Schuldenlast zwischen ihnen und im Verhältnis zu Dritten aufzuteilen.

Frage 1: a) Sollten in die künftige Regelung bestimmte personenbezogene Aspekte des Güterstands einbezogen werden, die nicht in den vorgenannten Rechtsinstrumenten erfasst sind, oder sollten nur die vermögensrechtlichen Wirkungen, die sich aus einem Eheverhältnis ergeben, berücksichtigt werden? Wenn ja, welche und warum? b) Sollte die künftige Regelung für vermögensrechtliche Wirkungen gelten, die sich im Laufe der Ehe aus dem Eheverhältnis ergeben, oder nur für die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung oder Trennung? |

Kollisionsnormen

Anknüpfungspunkte und Rechtswahl

Um den Juristen die Aufgabe zu erleichtern, sollten die neuen Bestimmungen unterschiedslos die Anwendung des Rechts eines Mitgliedstaats oder eines Drittstaats bewirken.

Die Bestimmung des auf eheliche Güterstände anwendbaren Rechts setzt die Festlegung eines oder mehrerer Anknüpfungspunkte voraus.

Zu entscheiden ist auch, ob der gewählte Anknüpfungspunkt für alle Aspekte der vom anwendbaren Recht erfassten Güterstände gleich sein muss oder ob für bestimmte Aspekte andere Anknüpfungskriterien heranzuziehen sind (Rechtsspaltung). Dies ist vor allem bei Immobilien von Belang, bei denen als Anknüpfungspunkt mitunter das Recht des Staats herangezogen wird, in dem die Immobilie belegen ist.

Frage 2: a) Nach welchen Anknüpfungspunkten bestimmt sich das auf die ehelichen Güterstände anwendbare Recht? Und in welcher Rangfolge, wenn mehrere Anknüpfungspunkte gegeben sind (z. B. gewöhnlicher Aufenthalt der Eheleute, Staatsangehörigkeit? Weitere Anknüpfungspunkte?) b) Wenn die künftige Regelung für alle vermögensrechtlichen Wirkungen gilt, die sich aus einem Eheverhältnis ergeben, sollten dann während des Zusammenlebens der Eheleute und ab Beendigung des Eheverhältnisses dieselben Anknüpfungspunkte gelten? Frage 3: Sollte für alle vom anwenbaren Recht erfassten güterrechtlichen Aspekte derselbe Anknüpfungspunkt gelten, oder könnten für verschiedene Aspekte unterschiedliche Anknüpfungspunkte herangezogen werden (Rechtsspaltung)? Wenn ja, welche Umstände sind zu berücksichtigen? |

Darüber hinaus ist zu überlegen, wie vorzugehen ist, wenn sich der von der Kollisionsnorm vorgegebene Anknüpfungspunkt (oder die Anknüpfungspunkte) im Laufe der Zeit ändert (z. B. der Wohnsitz). Das Haager Übereinkommen vom 14. März 1978 lässt beispielsweise den automatischen Wechsel des auf den Güterstand anwendbaren Rechts zu, wenn die Eheleute ihren Wohnsitz oder ihre Staatsangehörigkeit ändern (Artikel 7), sofern sie nicht selbst eine Rechtswahl getroffen oder einen Ehevertrag geschlossen haben. Das auf den Güterstand anwendbare Recht kann sich je nach der jeweiligen innerstaatlichen Regelung auch rückwirkend ändern.

Frage 4 :

Soll sich das auf den Güterstand anwendbare Recht automatisch ändern, wenn sich bestimmte Anknüpfungspunkte (z. B. der gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute) ändern?

Wenn ja, kann diese Änderung rückwirkend eintreten?

Ausübung der Rechtswahl

Die meisten Mitgliedstaaten lassen den Eheleuten die Wahl des anwendbaren Güterrechts. Soll in der künftigen Regelung eine solche Wahl möglich sein, muss eine begrenzte Zahl von Anknüpfungspunkten vorgesehen werden, insbesondere Anknüpfungspunkte, die eine tatsächliche Verbindung zu den Eheleuten aufweisen (zum Beispiel: das Recht des Staates, in dem die Eheleute ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder dessen Staatsangehörigkeit einer der Eheleute oder beide besitzen, usw.). Zu prüfen ist auch, ob an die Wahl des anwendbaren Rechts bestimmte Formerfordernisse und wenn ja, welche, geknüpft werden sollten.

Fraglich ist, ob diese Vereinbarung zwischen den Eheleuten zeitlich befristet werden sollte, d. h. ob sie nur dann Anwendung finden soll, wenn sich das Paar trennt, oder ob sie auch während der Ehe gelten soll. In diesem Fall ist darauf zu achten, dass nicht in die Rechte Dritter eingegriffen wird.

Frage 5: a) Sollte den Eheleuten die Möglichkeit gegeben werden, das auf ihren Güterstand anwendbare Recht zu wählen? Wenn ja, welche Anknüpfungspunkte kämen hierzu in Betracht? b) Sollte eine Rechtswahl zugelassen werden, der zufolge bestimmte Güter einer anderen Rechtsordnung unterliegen würden? c) Muss diese Wahl jederzeit vor oder während der Ehe getroffen oder geändert werden können oder nur zu einem bestimmten Zeitpunkt (bei Auflösung der Ehe)? d) Muss in diesem Fall der Wechsel des anwendbaren Rechts rückwirkend gelten? |

Frage 6 :

Müssen die Formvorschriften der Vereinbarung vereinheitlicht werden?

Zuständigkeitsvorschriften

Gerichtliche Zuständigkeit

Die Mitgliedstaaten haben sehr unterschiedliche Kriterien zur Bestimmung der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit bei Güterrechtssachen eingeführt.

Hier gilt es, die bestehenden Gemeinschaftsvorschriften zu beachten, insbesondere die oben genannte Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, die bestimmte personenbezogene Aspekte der Ehe regelt. Angesichts der Interessen, die durch die künftige Regelung berührt werden, sollte eine gewisse Kohärenz zwischen den Zuständigkeitsvorschriften und den Kollisionsnormen gewahrt und die Wahl des Gerichtsstands durch die Eheleute vorgesehen werden.

Frage 7: a) Soll im Falle der Beendigung der Güterstandsregelung durch Scheidung oder Trennung das nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 für Ehesachen zuständige Gericht auch über die Auflösung des Güterstands und die Vermögensauseinandersetzung entscheiden? b) Soll bei einem Erbfall das für Erbsachen zuständige Gericht auch über die Auflösung des Güterstands und die Vermögensauseinandersetzung entscheiden? |

Frage 8: a) Welche Regeln für die internationale gerichtliche Zuständigkeit sind andernfalls zu erlassen, insbesondere für Fragen vermögensrechtlicher Art, die während der Ehe auftreten (z. B. Schenkungen, Verträge zwischen Ehegatten)? b) Soll ein einziger, allgemeiner Anknüpfungspunkt vorgesehen werden oder eher mehrere alternative Kriterien wie in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (z. B. gewöhnlicher Aufenthalt, gemeinsame Staatsangehörigkeit)? |

Frage 9: a) Ist denkbar, dass nur ein Gericht über alle Arten von Gütern – bewegliche und unbewegliche – entscheidet, auch wenn sie sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden? b) Sollen die allgemeinen Vorschriften gelten, wenn Dritte am Rechtsstreit beteiligt sind? |

Frage 10: Soll den Parteien die Wahl des zuständigen Gerichts überlassen werden? Wenn ja, in welcher Weise? |

Frage 11: Wäre es zweckmäßig, in diesem Bereich die Verweisung an ein Gericht in einem anderen Mitgliedstaat zuzulassen? Wenn ja, unter welchen Umständen? |

Außergerichtliche Zuständigkeit

Angesichts der Bedeutung, die der Tätigkeit außergerichtlicher Stellen in diesem Bereich zukommt (insbesondere der Notare, Rechtsanwälte usw.), könnte es sinnvoll sein, deren Zuständigkeit zu regeln. Zu prüfen ist auch, ob Eheleute bestimmte Formalitäten bei den Behörden ihres Wohnsitzmitgliedstaats erledigen könnten, obwohl nach der allgemeinen Kollisionsnorm die Behörde eines anderen Mitgliedstaats zuständig wäre.

Frage 12: Sind Zuständigkeitsvorschriften für außergerichtliche Stellen vorzusehen? Wenn ja, sollten für sie die gleichen Zuständigkeitskriterien gelten wie für Gerichte? Könnte hier die weit gefasste Definition des Begriffs „Gericht“ in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 als Vorbild dienen? |

Frage 13: Sollte die mit der Auseinandersetzung des Vermögens befasste Behörde auch dann zuständig sein, wenn ein Teil des Vermögens außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs belegen ist? |

Frage 14: Sollten gewisse Formalitäten bei den Behörden eines anderen Mitgliedstaats als dem erledigt werden können, der nach der allgemeinen Kollisionsnorm zuständig ist? |

Anerkennung und Vollstreckung

Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen

Durch die Vereinheitlichung des anwendbaren Rechts und der Zuständigkeitsvorschriften wird die künftige EU-Regelung ein sehr hohes Maß an Vertrauen begründen können, so dass Zwischenmaßnahmen zur Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen unter Umständen überflüssig werden.

Frage 15: Sollte die künftige EU-Regelung das Exequaturverfahren für in ihrem Anwendungsbereich erlassene gerichtliche Entscheidungen aufheben? Welche Gründe für die Nichtanerkennung gerichtlicher Entscheidungen wären andernfalls vorzusehen? Frage 16: Wäre es denkbar, dass in einem Mitgliedstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen zu den vermögensrechtlichen Folgen einer Ehe von Rechts wegen anerkannt werden und eine Umschreibung der Grundbücher vorgenommen werden kann, ohne dass es hierzu eines weiteren Verfahrens in den übrigen Mitgliedstaaten bedarf? Könnte hier Artikel 21 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 als Vorbild dienen? |

Anerkennung und Vollstreckung außergerichtlicher Urkunden

Angesichts der Bedeutung, die den außergerichtlichen Stellen zukommt, sollte auch die Anerkennung der von ihnen errichteten Urkunden erleichtert werden.

Frage 17: Können auf von außergerichtlichen Stellen errichtete Urkunden wie Eheverträge dieselben Vorschriften angewandt werden wie für die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen? Wenn nein, welche Vorschriften sind anzuwenden? |

Eintragung in das Güterrechtsregister und Publizität

Damit alle Beteiligten und vor allem die Gläubiger Rechtssicherheit erhalten, müsste es Verbesserungen bei der Publizität der Güterstände in der Union geben . Zudem wäre es wünschenswert, wenn die Ehegatten die Veränderungen, die ihr Güterstand bei jedem Wohnsitzwechsel erfährt, nicht jedes Mal von Neuem in aller Form anzeigen müssten .

Frage 18: Wie lässt sich die Eintragung der Güterstände in der Union verbessern? Sollte beispielsweise in allen Mitgliedstaaten ein Güterrechtsregister eingeführt werden? Wie soll mit Hilfe dieses Registers die Unterrichtung betroffener Dritter sichergestellt werden. |

ANDERE FORMEN DER LEBENSGEMEINSCHAFT

In der Europäischen Union wächst die Zahl unverheirateter Paare und damit auch die Zahl der diesbezüglichen rechtlichen Sachverhalte mit internationalem Bezug. Das Gemeinschaftsrecht erfasst bereits den Sachverhalt der elterlichen Verantwortung für Kinder unverheirateter Paare (Verordnung (EG) Nr. 2201/2003) und den Sachverhalt der Unterhaltspflichten (Verordnung (EG) Nr. 44/2001).

Eingetragene Partnerschaften

Immer mehr Mitgliedstaaten sehen die Möglichkeit von behördlich bestätigten vertraglichen oder eingetragenen Partnerschaften vor[11]. Diese Frage betrifft somit in erster Linie diese Mitgliedstaaten, ist aber auch für die anderen von Belang, weil sie bei Auflösung der eingetragenen Partnerschaften mit verschiedenen rechtlichen Problemen konfrontiert werden können, z.B. wenn einer der Partner seinen Aufenthaltsort in ihrem Hoheitsgebiet hat oder Vermögenswerte dort belegen sind.

Kollisionsnormen

In aller Regel ist der Anwendungsbereich der auf Güterstände anwendbaren Kollisionsnormen nicht auf andere nichteheliche Lebensgemeinschaften ausgeweitet worden. Für die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften könnten somit andere Anknüpfungspunkte herangezogen werden.

Frage 19:

a) Soll es für die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften spezielle Kollisionsnormen geben?

b) Soll sich das auf die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften anwendbare Recht nach dem Recht am Ort der Eintragung richten? Weitere mögliche Rechtsordnungen ?

c) Soll das durch die Kollisionsnormen bezeichnete Recht für alle Sachverhalte gelten oder sollen noch andere Anknüpfungspunkte herangezogen werden?

Gerichtliche Zuständigkeit

Nur ganz wenige Mitgliedstaaten haben besondere Vorschriften, die die gerichtliche Zuständigkeit in vermögensrechtlichen Angelegenheiten unverheirateter Paare regeln. Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 gilt nicht für die Auflösung eingetragener Partnerschaften. Hingegen könnte die Verordnung (EG) Nr. 44/2001, die den Bereich der ehelichen Güterstände nicht erfasst, gegebenenfalls auch auf die vermögensrechtlichen Wirkungen anwendbar sein (z.B. Rechtsstreitigkeiten aus vertraglichem oder deliktischem Schuldverhältnis).

Für die Beendigung eingetragener Partnerschaften sind die Behörden des Landes zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Partnerschaft eingetragen wurde . Es könnte sich daher lohnen festzustellen, welche Behörden z.B. im Falle einer Trennung eines Paares, das im Ausland eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, über die Vermögensauseinandersetzung entscheiden.

Frage 20:

Soll es zur Regelung der vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften spezielle Vorschriften über die internationale gerichtliche Zuständigkeit geben?

Falls ja, welche? Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts am Ort der Eintragung der Partnerschaft (das für die Auflösung der Partnerschaft zuständig ist) ? Oder sonstige Anknüpfungspunkte (gewöhnlicher Aufenthalt des Antragsgegner oder einer der Parteien, Staatsangehörigkeit eines oder beider Partner)°?

Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zu eingetragenen Partnerschaften

Einige Mitgliedstaaten erkennen die Auflösung der eingetragenen Partnerschaften nach den allgemeinen Vorschriften über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen oder nach den für Entscheidungen in Ehesachen geltenden Bestimmungen an (z.B. Deutschland und die nordischen Länder).

Frage 21:

Auf welche Weise sollen in einem Mitgliedstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen zu den vermögensrechtlichen Wirkungen einer eingetragenen Partnerschaft in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden°?

Nichteheliche Lebensgemeinschaften

In den meisten Rechtsordnungen gibt es bestimmte gesetzliche oder aus der ständigen Rechtsprechung erwachsende Regelungen für Paare, die weder verheiratet sind noch in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Mangels besonderer Vorschriften sind in der Regel die Kollisionsnormen anwendbar, die für das Vertragsrecht (Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht) und die zivilrechtliche Haftung gelten, oder allgemein das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist.

Kollisionsnormen

Frage 22:

a) Soll es für die Vermögensverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften spezielle Kollisionsnormen geben°?

Wenn ja, welche?

c) Wenn nicht, sollte es wenigstens besondere Regeln in Bezug auf die Wirkungen der Auflösung dieser Gemeinschaften gegenüber Dritten geben (Haftung für Schulden, Ansprüche gegenüber Dritten (Beispiel: Lebensversicherung))?

d) Soll bei unbeweglichen Gütern ausschließlich das Recht des Ortes maßgeblich sein, an dem die Güter belegen sind°?

Gerichtliche Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen

In diesem Bereich ist das Recht noch spärlich entwickelt; im Allgemeinen finden die normalen Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit der Gerichte Anwendung, weshalb bestimmte vermögensrechtliche Streitfälle zwischen den Beteiligten durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 geregelt werden können .

Frage 23:

Soll es für die vermögensrechtlichen Verhältnisse nichtehelicher Gemeinschaften spezielle Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung von Entscheidungen geben?

Bei einer Verneinung der Fragen 22 und 23 könnte es um der Klarheit und Rechtssicherheit für die Bürger und Rechtspraktiker willen nichtsdestotrotz sinnvoll sein, die vereinzelten Vorschriften, die bereits jetzt bei einer Auflösung dieser Gemeinschaften auf die vermögensrechtlichen Wirkungen anwendbar sind (gemeinsames Vermögen, Wohnung usw.), in dem künftigen Rechtsinstrument zusammenzufassen.

[1] Vgl. die von Consortium ASSER-UCL im Auftrag der Kommission erstellte Studie über die vermögensrechtliche Verhältnis bei verheirateten und bei unverheirateten Paaren („Etude sur les régimes matrimoniaux des couples mariés et sur le patrimoine des couples non mariés dans le droit international privé et le droit interne des Etats membres de l'Union“), 30. April 2003, Seiten 206 ff. : http://europa.eu.int/comm/justice_home/doc_centre/civil/studies/doc_civil_studies_en.htm.

[2] ABl. C 19 vom 23.1.1999, S. 1.

[3] ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1.

[4] Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union, Anlage I der Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Tagung des Europäischen Rates vom 4. November 2004.

[5] Aktionsplan des Rates und der Kommission zur Umsetzung des Haager Programms zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union, ABl. C 198 vom 18.8.2005, S. 1.

[6] Siehe Fußnote 1.

[7] Die Folgenabschätzung und der Verordnungsvorschlag werden nach Annahme des Vorschlags durch die Kommission veröffentlicht.

[8] ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1.

[9] ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1.

[10] KOM(649) 2005 endgültig vom 15.12.2005; 2005/0259 (CNS).

[11] Dänemark (1989), Schweden (1994), Niederlande (1998), Belgien und Spanien, Frankreich (1999), Deutschland (2000), Finnland (2001) Portugal, Luxemburg (2004) und das Vereinigte Königreich (2005).