31996L0070

Richtlinie 96/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 1996 zur Änderung der Richtlinie 80/777/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern

Amtsblatt Nr. L 299 vom 23/11/1996 S. 0026 - 0028


RICHTLINIE 96/70/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 28. Oktober 1996 zur Änderung der Richtlinie 80/777/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 189b des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Durch die Richtlinie 80/777/EWG (4) wurden die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern harmonisiert.

(2) Alle Regelungen über natürliche Mineralwässer sollten in erster Linie der Gesundheit der Verbraucher schützen, deren Irreführung verhindern und einen fairen Handel sicherstellen.

(3) Die Richtlinie 80/777/EWG sollte geändert werden, um dem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt seit 1980 Rechnung zu tragen. Darüber hinaus sollten die Bestimmungen der genannten Richtlinie mit den anderen Bestimmungen des gemeinschaftlichen Lebensmittelrechts in Einklang gebracht werden.

(4) Der Anerkennungszeitraum für natürliche Mineralwässer aus Drittländern ist zu verlängern, um die Verwaltungsverfahren zu vereinfachen.

(5) Es ist erforderlich, die Bedingungen genau festzulegen, unter denen die Verwendung von mit Ozon angereicherter Luft zulässig ist, um unbeständige Inhaltsstoffe natürlicher Mineralwässer unter Bedingungen auszufällen, die sicherstellen, daß die Zusammensetzung des Wassers in bezug auf seine wesentlichen Bestandteile nicht beeinträchtigt wird.

(6) Die Aufnahme der Analyseangaben für ein natürliches Mineralwasser auf das Etikett sollte verbindlich vorgeschrieben werden, um die Verbraucherinformation zu gewährleisten.

(7) Es ist angezeigt, Vorschriften für Quellwasser festzulegen.

(8) Um ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarktes für natürliche Mineralwässer sicherzustellen, ist es ratsam, ein Verfahren einzuführen, das in dringenden Situationen, die ein Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen können, ein koordiniertes Tätigwerden der Mitgliedstaaten ermöglicht.

(9) Es sollte ein Verfahren eingeführt werden, um detaillierte Bestimmungen über natürliche Mineralwässer festzulegen, insbesondere in bezug auf Grenzwerte für bestimmte Bestandteile natürlicher Mineralwässer. Außerdem sollten auch Regelungen für die Angabe hoher Gehalte an bestimmten Bestandteilen auf dem Etikett vorgesehen werden. Es sind Analysemethoden, einschließlich der Meßgrenzen, für den Nachweis des Nichtvorhandenseins von Verunreinigungen natürlicher Mineralwässer und ferner die Probenahmeverfahren und Analysemethoden, die für die Kontrolle der mikrobiologischen Eigenschaften von Mineralwässern erforderlich sind, festzulegen.

(10) Alle Entscheidungen über natürliche Mineralwässer, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken können, sollten nach Anhörung des wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses verabschiedet werden -

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 80/777/EWG wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:

"Die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung nach Unterabsatz 2 darf höchstens fünf Jahre betragen. Wurde die Bescheinigung vor Ablauf dieser Frist erneuert, ist eine Anerkennung nach Unterabsatz 1 nicht erneut erforderlich."

2. Artikel 4 erhält folgende Fassung:

"Artikel 4

(1) Ein natürliches Mineralwasser, so wie es aus der Quelle austritt, darf keiner anderen Behandlung unterzogen werden als

a) dem Ausfällen unbeständiger Inhaltsstoffe, wie Eisen- und Schwefelverbindungen, durch Filtration oder Dekantation (Enteisenung, Entschwefelung), gegebenenfalls nach Belüftung, sofern die Zusammensetzung des Wassers durch diese Behandlung in seinen wesentlichen, seine Eigenschaften bestimmenden Bestandteilen nicht geändert wird;

b) dem Ausfällen von Eisen-, Mangan- und Schwefelverbindungen sowie Arsen bestimmter natürlicher Mineralwässer durch eine Behandlung unter Verwendung von mit Ozon angereicherter Luft, sofern die Zusammensetzung des Wassers durch diese Behandlung in seinen wesentlichen, seine Eigenschaften bestimmenden Bestandteilen nicht geändert wird und sofern

- die Behandlung mit den gemäß dem Verfahren des Artikels 12 festzulegenden Anwendungsbedingungen im Einklang steht und der durch den Beschluß 95/273/EG (*) eingesetzte wissenschaftliche Lebensmittelausschuß gehört wurde;

- die Behandlung den zuständigen Behörden mitgeteilt wird und unter deren besonderer Kontrolle erfolgt;

c) dem Ausfällen anderer unerwünschter Bestandteile als der unter den Buchstaben a) und b) genannten, sofern die Zusammensetzung des Wassers durch diese Behandlung in seinen wesentlichen, seine Eigenschaften bestimmenden Bestandteilen nicht geändert wird und sofern

- die Behandlung mit den gemäß dem Verfahren des Artikels 12 festzulegenden Anwendungsbedingungen im Einklang steht und der wissenschaftliche Lebensmittelausschuß gehört wurde;

- die Behandlung den zuständigen Behörden mitgeteilt wird und unter deren besonderer Kontrolle erfolgt;

d) dem vollständigen oder teilweisen Entzug der freien Kohlensäure durch ausschließlich physikalische Verfahren.

(2) Ein natürliches Mineralwasser, so wie es aus der Quelle austritt, darf mit keinem anderen Zusatz versehen werden als Kohlensäure, und zwar im Wege des Versetzens oder Wiederversetzens mit Kohlensäure unter den in Anhang I Abschnitt III vorgesehenen Bedingungen.

(3) Insbesondere ist die Desinfizierung mit jeglichen Mitteln und - vorbehaltlich des Absatzes 2 - der Zusatz keimhemmender Stoffe oder jede andere Behandlung, welche den Keimgehalt des natürlichen Mineralwassers verändern könnte, untersagt.

(4) Absatz 1 steht der Verwendung natürlicher Mineralwässer und Quellwässer zur Herstellung von Erfrischungsgetränken nicht entgegen.

(*) ABl. Nr. L 167 vom 18. 7. 1995, S. 22."

3. Artikel 7 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

"(2) Für die Etikettierung natürlicher Mineralwässer sind außerdem folgende Angaben verbindlich vorgeschrieben:

a) Angabe der analytischen Zusammensetzung unter Nennung der charakteristischen Bestandteile;

b) Angabe des Orts der Gewinnung und des Namens der Quelle;

c) Angaben über jegliche Behandlung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b) und c).

(2a) Bestehen keine Gemeinschaftsvorschriften über die in Absatz 2 Buchstabe c) genannten Angaben zu den Behandlungen, so können die Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorschriften beibehalten."

4. Artikel 7 Absatz 3 wird gestrichen.

5. Dem Artikel 9 werden folgende Absätze angefügt:

"(4a) Die Bezeichnung 'Quellwasser' ist einem Wasser vorzubehalten, das im natürlichen Zustand für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist, an der Quelle abgefuellt wird und folgenden Bedingungen entspricht:

- den in Anhang II Nummern 2 und 3 festgelegten Nutzungsbedingungen, die in vollem Umfang auf die Quellwässer Anwendung finden,

- den mikrobiologischen Bedingungen nach Artikel 5,

- den Etikettierungsbedingungen nach Artikel 7 Absatz 2 Buchstaben b) und c) und nach Artikel 8,

- der Bedingung, daß es keiner anderen Behandlung unterzogen wurde als den Behandlungen gemäß Artikel 4. Andere Behandlungen können nach dem Verfahren des Artikels 12 zugelassen werden.

Darüber hinaus muß Quellwasser den Bestimmungen der Richtlinie 80/778/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (*) entsprechen.

(4b) Bestehen keine Gemeinschaftsvorschriften über die in Artikel 9 Absatz 4a vierter Gedankenstrich erwähnte Behandlung von Quellwasser, so können die Mitgliedstaaten ihre nationalen Behandlungsvorschriften beibehalten.

(*) ABl. Nr. L 229 vom 30. 8. 1980, S. 11. Richtlinie zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 1994."

6. Artikel 10 Absatz 2 wird gestrichen.

7. Es wird folgender Artikel eingefügt:

"Artikel 10a

(1) Sofern ein Mitgliedstaat ausreichende Gründe zu der Annahme hat, daß ein natürliches Mineralwasser nicht mit den Bestimmungen dieser Richtlinie im Einklang steht oder die öffentliche Gesundheit gefährdet, obwohl es in einem oder mehreren Mitgliedstaaten frei gehandelt wird, kann der betreffende Mitgliedstaat vorübergehend den Handel mit diesem Erzeugnis auf seinem Gebiet einschränken oder die Aussetzung des Handels veranlassen. Er muß die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich davon in Kenntnis setzen und seine Entscheidung begründen.

(2) Auf Ersuchen eines Mitgliedstaats oder der Kommission muß der Mitgliedstaat, von dem das Wasser anerkannt wurde, alle einschlägigen, die Anerkennung des Wassers betreffenden Auskünfte zusammen mit den Ergebnissen der regelmäßigen Kontrollen vorlegen.

(3) Die Kommission prüft im Rahmen des Ständigen Lebensmittelausschusses so rasch wie möglich die von dem Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 angeführten Gründe; sie gibt sodann unverzüglich ihre Stellungnahme ab und trifft geeignete Maßnahmen.

(4) Ist die Kommission der Auffassung, daß die vorliegende Richtlinie geändert werden muß, um den Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen, leitet sie im Hinblick auf die Verabschiedung der entsprechenden Änderungen das Verfahren des Artikels 12 ein. Der Mitgliedstaat, der Schutzmaßnahmen getroffen hat, kann diese bis zur Verabschiedung der Änderungen beibehalten."

8. Artikel 11 erhält folgende Fassung:

"Artikel 11

(1) Nach dem Verfahren des Artikels 12 wird folgendes festgelegt:

- Grenzwerte für die Bestandteile natürlicher Mineralwässer;

- alle erforderlichen Bestimmungen für die Angabe hoher Gehalte an bestimmten Bestandteilen auf dem Etikett;

- die Bedingungen für die Verwendung von mit Ozon angereicherter Luft gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b);

- die Angaben gemäß Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe c) über Behandlungen.

(2) Nach dem Verfahren des Artikels 12 kann folgendes festgelegt werden:

- Analysemethoden, einschließlich der Meßgrenzen, für den Nachweis des Nichtvorhandenseins von Verunreinigungen in natürlichen Mineralwässern;

- die zur Überwachung der mikrobiologischen Eigenschaften natürlicher Mineralwässer erforderlichen Probenahmeverfahren und Analysemethoden."

9. Es wird folgender Artikel eingefügt:

"Artikel 11a

Alle Entscheidungen, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken können, werden von der Kommission nach Anhörung des wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses getroffen."

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten ändern, soweit erforderlich, ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften dahin gehend ab, daß

- der Handel mit Erzeugnissen, die mit dieser Richtlinie im Einklang stehen, spätestens ab 28. Oktober 1997 zugelassen ist;

- der Handel mit Erzeugnissen, die mit dieser Richtlinie nicht im Einklang stehen, ab 28. Oktober 1998 untersagt ist. Allerdings darf der Handel mit Erzeugnissen, die vor diesem Zeitpunkt in Verkehr gebracht oder etikettiert wurden und mit dieser Richtlinie nicht im Einklang stehen, so lange fortgesetzt werden, bis die Bestände vollkommen abgebaut sind.

Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 28. Oktober 1996.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

K. HÄNSCH

Im Namen des Rates

Der Präsident

I. YATES

(1) ABl. Nr. C 314 vom 11. 11. 1994, S. 4, und ABl. Nr. C 33 vom 6. 2. 1996, S. 15.

(2) ABl. Nr. C 110 vom 2. 5. 1995, S. 55.

(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 11. Oktober 1995 (ABl. Nr. C 287 vom 30. 10. 1995, S. 101), gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 22. Dezember 1995 (ABl. Nr. C 59 vom 28. 2. 1996, S. 44), Beschluß des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 1996 (ABl. Nr. C 166 vom 10. 6. 1996, S. 61) und Beschluß des Rates vom 26. Juli 1996.

(4) ABl. Nr. L 229 vom 30. 8. 1980, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 1994.