6.11.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 295/27


VERORDNUNG (EU) Nr. 1053/2013 DES RATES

vom 7. Oktober 2013

zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands und zur Aufhebung des Beschlusses des Exekutivausschusses vom 16. September 1998 bezüglich der Errichtung des Ständigen Ausschusses Schengener Durchführungsübereinkommen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 70,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Schengen-Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen setzt die wirksame und effiziente Anwendung von Begleitmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten in den Bereichen Außengrenzen, Visumpolitik, Schengener Informationssystem, Datenschutz, polizeiliche Zusammenarbeit, justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Drogenbekämpfung voraus.

(2)

Mit dem Beschluss SCH/Com-ex (98) 26 def des Exekutivausschusses vom 16. September 1998 (2) (im Folgenden „Beschluss vom 16. September 1998“) wurde ein Ständiger Schengener Bewertungs- und Anwendungsausschuss eingerichtet. Der Ständige Ausschuss wurde zum einen damit beauftragt festzustellen, ob alle Voraussetzungen für die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen mit einem Beitrittsland erfüllt sind, und zum anderen sicherzustellen, dass der Schengen-Besitzstand in den Staaten, die diesen bereits vollständig anwenden, ordnungsgemäß angewandt wird.

(3)

Ein eigener Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus zur Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands ist notwendig, da bei der praktischen Anwendung des Schengen-Besitzstands hohe einheitliche Standards angelegt werden müssen und es gilt, ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten, die dem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen angehören, zu gewährleisten. Ein solcher Mechanismus sollte sich auf eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und diesen Mitgliedstaaten stützen.

(4)

Im Haager Programm (3) wurde die Kommission aufgefordert, nach der vollständigen Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen einen Vorschlag mit dem Ziel vorzulegen, den bestehenden Schengen-Evaluierungsmechanismus durch einen Überwachungsmechanismus zu ergänzen, bei dem die umfassende Einbeziehung von Sachverständigen der Mitgliedstaaten gewährleistet ist und unangekündigte Inspektionen durchgeführt werden können.

(5)

Im Stockholmer Programm (4) wird die Auffassung vertreten, dass die Bewertung des Schengen-Raums weiterhin von zentraler Bedeutung sein wird und deshalb durch eine Stärkung der Rolle der durch die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates (5) errichteten Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (im Folgenden „Frontex“) auf diesem Gebiet verbessert werden sollte.

(6)

Der mit dem Beschluss vom 16. September 1998 eingeführte Evaluierungsmechanismus sollte daher überarbeitet und der Beschluss vom 16. September 1998 aufgehoben werden.

(7)

Bei den vorangegangenen Evaluierungen hat sich gezeigt, dass ein kohärenter Evaluierungsmechanismus erforderlich ist, der alle Bereiche des Schengen-Besitzstands mit Ausnahme derjenigen abdeckt, für die das Unionsrecht bereits einen spezifischen Evaluierungsmechanismus vorsieht.

(8)

Nach Artikel 70 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sollten die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission eine objektive und unparteiische Bewertung der Durchführung der Unionspolitik im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vornehmen. Um wirksam zu sein, sollte ein ordnungsgemäßer Evaluierungsprozess auch eine angemessene Nachverfolgung und Überwachung der Evaluierungsberichte beinhalten, die von der Kommission vorgenommen werden sollte.

(9)

Zudem sollte die Effizienz des Evaluierungsmechanismus dadurch erhöht werden, dass einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung gewährleistet werden. Hierzu sollten einige Durchführungsbefugnisse der Kommission und andere dem Rat übertragen werden.

(10)

Die Befugnisse zur Vorbereitung und Planung der Evaluierungen und zur Annahme des Evaluierungsberichts sollten der Kommission übertragen werden. Einige dieser Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (6), ausgeübt werden. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iii jener Verordnung ist das Prüfverfahren für den Erlass solcher Rechtsakte anwendbar.

(11)

Um das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten zu festigen, eine bessere Koordination auf Unionsebene sicherzustellen und den gegenseitigen Druck unter den Mitgliedstaaten zu verstärken, sollte dem Rat die Durchführungsbefugnis zur Annahme der Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen übertragen werden, die auf die Beseitigung der Mängel abzielen, die in den Evaluierungsberichten benannt werden. Diese Durchführungsbefugnis spiegelt die besonderen Befugnisse wider, die dem Rat Artikel 70 AEUV im Bereich der gegenseitigen Bewertung der Durchführung der Unionspolitik im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts übertragen wurden. Sie spiegelt auf angemessene Weise den Zweck eines auf diese lex specialis gestützten Evaluierungsmechanismus wider, dem in diesem besonderen Bereich — und parallel zu der allgemeinen Befugnis der Kommission, die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union durch Vertragsverletzungsverfahren zu überwachen — die ergänzende Funktion der Überwachung der Wirksamkeit der praktischen Durchführung der Unionspolitik im Wege gegenseitiger Begutachtungen zukommt.

Darüber hinaus trägt eine solche dem Rat übertragene Durchführungsbefugnis dazu bei, dem vom Europäischen Rat in dessen Schlussfolgerungen vom 23. und 24. Juni 2011 geäußerten Wunsch zur Wirkung zu verhelfen, wonach die Zusammenarbeit im Schengen-Raum gestärkt werden muss, damit das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten gefördert wird, die dafür verantwortlich sind, dass sämtliche Schengen-Vorschriften gemäß den vereinbarten gemeinsamen Standards sowie im Einklang mit grundlegenden Prinzipien und Normen effektiv angewandt werden. Eine derartige Durchführungsbefugnis trägt entsprechend den Schlussfolgerungen des Rates vom 8. März 2012 auch zu einer besseren Steuerung des Schengen-Raums durch die politische Diskussion auf Ministerebene über das einwandfreie Funktionieren des Schengen-Raums bei, einschließlich in Fällen, in denen nach den Evaluierungsberichten schwerwiegende Mängel aufgetreten sind. Diese Diskussion im Gemischten Ausschuss, in dem die Mitgliedstaaten der EU und die assoziierten Schengen-Länder vertreten sind, sollte geführt werden, um den Rat im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Fassung von Beschlüssen zu unterstützen, um ein effizientes Funktionieren des Schengen-Raums sicherstellen. Schließlich wird mit der Übertragung einer solchen Durchführungsbefugnis an den Rat auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Empfehlungen politisch heikel sein können und oftmals nationale Exekutiv- und Vollstreckungsbefugnisse berühren.

(12)

Der Evaluierungsmechanismus sollte transparente, effiziente und klare Regeln für die Evaluierungsmethode, die Teilnahme hochqualifizierter Sachverständiger an Ortsbesichtigungen und die Maßnahmen enthalten, die auf die Ergebnisse der Evaluierungen hin zu treffen sind. Insbesondere im Hinblick auf Grenzkontrollen und Visa sollte die Methode beinhalten, dass ergänzend zu den angekündigten Ortsbesichtigungen unangekündigte Ortsbesichtigungen durchgeführt werden.

(13)

Der Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus sollte alle Aspekte des Schengen-Besitzstands einschließen. Was die Grenzen betrifft, so sollte der Mechanismus bei der Evaluierung und Überwachung sowohl die Effizienz der Grenzkontrollen an den Außengrenzen als auch das Fehlen von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen erfassen.

(14)

Bei der Evaluierung und Überwachung sollte ein besonderes Augenmerk auf die Achtung der Grundrechte bei der Anwendung des Schengen-Besitzstands gelegt werden.

(15)

Durch die Evaluierung sollte sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten die Schengen-Bestimmungen unter Zugrundelegung grundlegender Prinzipien und Normen effektiv anwenden. Daher sollten sämtliche einschlägigen Rechtsvorschriften und Vorgehensweisen, auf die sich der Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen stützt, in den Evaluierungsmechanismus einbezogen werden.

(16)

Zur Stärkung der Wirksamkeit und Zuverlässigkeit des Evaluierungsmechanismus sollte das einwandfreie Funktionieren der Behörden, die die einschlägigen Teile des Schengen-Besitzstands anwenden, bei allen Evaluierungen berücksichtigt werden. Dadurch kann der Evaluierungsmechanismus die effektive Anwendung der Schengen-Vorschriften durch die Mitgliedstaaten im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien und Normen, wie sie der Europäische Rat am 23. und 24. Juni 2011 gefordert hatte, besser garantieren. Er wird der in den Schlussfolgerungen 1. und 2. März 2012 ausgedrückten Forderung des Europäischen Rates genügen, dass der Evaluierungsmechanismus die erforderliche Arbeitsweise der an der Anwendung des Schengen-Besitzstands beteiligten Institutionen berücksichtigen muss.

(17)

Frontex sollte die Anwendung des Evaluierungsmechanismus vor allem im Bereich der die Außengrenzen betreffenden Risikoanalysen unterstützen. Ferner sollte sich der Evaluierungsmechanismus auf die Sachkenntnis im Rahmen der Unterstützung durch Frontex stützen können, wenn es um die Durchführung von Ad-hoc-Ortsbesichtigungen an den Außengrenzen geht.

(18)

Andere Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union wie das durch den Beschluss 2009/371/JI des Rates (7) errichtete Europäische Polizeiamt (Europol) und das durch den Beschluss 2002/187/JI des Rates (8) errichtete Eurojust sollten, wenn dies sachdienlich ist, die Durchführung des Evaluierungsmechanismus in den Bereichen unterstützen, die von ihrem Mandat erfasst werden. Darüber hinaus sollte sich der Evaluierungsmechanismus gegebenenfalls auf die Sachkompetenz von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union stützen können, wenn Ortsbesichtigungen betreffend Bereiche des Schengen-Besitzstands durchgeführt werden, die von ihrem Mandat gedeckt werden. So empfiehlt sich beispielsweise die Nutzung der Sachkompetenz des Europäischen Datenschutzbeauftragten im Bereich datenschutzbezogener Evaluierungen, in die auch nationale Datenschutzbehörden einbezogen werden können.

(19)

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten sicherstellen, dass die zu den Ortsbesichtigungen entsandten Sachverständigen die notwendige Erfahrung haben und geschult wurden, auch in Bezug auf die Grundrechte. Die betreffenden Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union wie z. B. Frontex sollten geeignete Schulungen durchführen, und die Mitgliedstaaten sollten aus vorhandenen und künftig zu schaffenden Finanzierungsinstrumenten der Union Mittel für Schulungen im Bereich der Evaluierung des Schengen-Besitzstands erhalten.

(20)

In Anbetracht der besonderen Rolle, die dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten nach Artikel 70 letzter Satz AEUV zukommt und die in Artikel 12 Buchstabe c EUV in Bezug auf die nationalen Parlamente betont wird, muss vorgeschrieben werden, dass der Rat und die Kommission das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente umfassend über den Inhalt und die Ergebnisse der Evaluierung unterrichten. Zudem würde der Rat, falls die Kommission einen Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung vorlegen sollte, gemäß Artikel 19 Absatz 7 Buchstabe h seiner Geschäftsordnung das Europäische Parlament anhören, um dessen Stellungnahme vor Annahme des endgültigen Texts möglichst umfassend zu berücksichtigen.

(21)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für dieses Land weder bindend noch ihm gegenüber anwendbar ist. Da mit dieser Verordnung der Schengen-Besitzstand weiterentwickelt wird, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat diese Verordnung beschlossen hat, ob es sie in einzelstaatliches Recht umsetzt.

(22)

Das Vereinigte Königreich beteiligt sich an dieser Verordnung im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 19 über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand sowie Artikel 8 Absatz 2 des Beschlusses 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (9).

(23)

Irland beteiligt sich an dieser Verordnung im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 19 über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand sowie Artikel 6 Absatz 2 des Beschlusses 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (10).

(24)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat, der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (11) dar, die zu dem in Artikel 1 des Beschlusses 1999/437/EG zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen (12) genannten Bereich gehören.

(25)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (13) dar, die zu dem in Artikel 1 des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (14) genannten Bereich gehören.

(26)

Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (15) dar, die zu dem in Artikel 1 des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates (16) genannten Bereich gehören.

(27)

Da die Bewertung Zyperns im Rahmen des Beschlusses vom 16. September 1998 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits begonnen hat, wird diese Verordnung für Zypern erst ab dem 1. Januar 2016 gelten.

(28)

Da die Überprüfung nach Maßgabe der geltenden Schengen-Bewertungsverfahren betreffend Bulgarien und Rumänien bereits gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 abgeschlossen ist, wird die Überprüfung gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der vorliegenden Verordnung für diese Mitgliedstaaten nicht durchgeführt.

(29)

Gleichwohl sollten sich Sachverständige aus Bulgarien, Rumänien, Zypern und Kroatien an der Bewertung aller Teile des Schengen-Besitzstands beteiligen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Zweck und Geltungsbereich

(1)   Mit dieser Verordnung wird ein Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus eingeführt, der den folgenden Zwecken dient:

a)

Die Anwendung des Schengen-Besitzstands in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen dieser Besitzstand vollständig angewandt wird, und in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen der Schengen-Besitzstand gemäß den Protokollen zum EUV und zum AEUV teilweise angewandt wird, wird überprüft.

b)

Es wird überprüft, ob die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung aller einschlägigen Teile des Schengen-Besitzstands in denjenigen Mitgliedstaaten erfüllt sind, zu denen noch kein Beschluss des Rates zur vollständigen oder teilweisen Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands erlassen wurde; ausgenommen sind die Mitgliedstaaten, deren Evaluierung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits abgeschlossen ist.

(2)   Die Überprüfung gemäß Nummer Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels lässt Artikel 23 Absatz 2 in Bezug auf Mitgliedstaaten, in denen die Evaluierungsverfahren am 26. November 2013 bereits begonnen hatten, unberührt.

(3)   Sachverständige aus denjenigen Mitgliedstaaten, die gemäß der jeweiligen Beitrittsakte den Schengen-Besitzstand noch nicht vollständig anwenden, beteiligen sich jedoch an der Evaluierung aller Teile des Schengen-Besitzstands.

Artikel 2

Begriffsbestimmung

Für die Zwecke dieser Verordnung bedeutet „Schengen-Besitzstand“ die Bestimmungen, die durch das dem EUV und dem AEUV beigefügte Protokoll Nr. 19 in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen sind, sowie die darauf aufbauenden oder sonst damit zusammenhängenden Rechtsakte.

Artikel 3

Zuständigkeiten

(1)   Den Mitgliedstaaten und der Kommission obliegt es gemeinsam, mit Unterstützung der Einrichtungen und Stellen der Union, die an der Durchführung des Schengen-Besitzstands beteiligt sind, den Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus gemäß dieser Verordnung umzusetzen.

(2)   Die Kommission nimmt eine allgemeine Koordinierungsfunktion in Bezug auf die Erstellung der jährlichen und mehrjährigen Programme, der Fragebögen und der Zeitpläne für die Besichtigungen, die Durchführung der Besichtigungen und die Abfassung der Evaluierungsberichte und der Empfehlungen wahr. Sie sorgt ferner für die Folgemaßnahmen zu den Evaluierungsberichten und Empfehlungen und deren Überwachung gemäß Artikel 16.

(3)   Die Mitgliedstaaten und die Kommission arbeiten in allen Phasen der Evaluierungen uneingeschränkt zusammen, um die ihnen durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

Artikel 4

Evaluierungen

(1)   Die Evaluierungen können sich auf alle Aspekte des Schengen-Besitzstands einschließlich der wirksamen und effizienten Anwendung von Begleitmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten in den Bereichen Außengrenzen, Visumpolitik, Schengener Informationssystem, Datenschutz, polizeiliche Zusammenarbeit, justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Binnengrenzen ohne Kontrollen erstrecken. Bei allen Evaluierungen sollte das Funktionieren der Behörden, die die in diesem Absatz genannten einschlägigen Teile des Schengen-Besitzstands anwenden, berücksichtigt werden.

(2)   Die Evaluierungen können mit Hilfe von Fragebögen oder durch Ortsbesichtigungen, die angekündigt oder unangekündigt erfolgen können, vorgenommen werden. Vor einer angekündigten Ortsbesichtigung wird ein Fragebogen vorgelegt. Bei der Evaluierung bestimmter Mitgliedstaaten und/oder Bereiche können Ortsbesichtigungen und die Evaluierung anhand von Fragebögen gegebenenfalls unabhängig voneinander oder miteinander kombiniert durchgeführt werden.

(3)   Sowohl Ortsbesichtigungen als auch die Evaluierungen anhand von Fragebögen kann der evaluierte Mitgliedstaat durch weitere Erläuterungen zu dem evaluierten Bereich ergänzen.

Artikel 5

Mehrjähriges Evaluierungsprogramm

(1)   Die Kommission erarbeitet — gegebenenfalls nach Konsultierung von Frontex und Europol — ein mehrjähriges Evaluierungsprogramm mit einer Laufzeit von fünf Jahren, das spätestens sechs Monate vor Beginn des folgenden Fünfjahreszeitraums fertiggestellt sein muss. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 erlassen. Die Kommission übermittelt das mehrjährige Evaluierungsprogramm dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(2)   Jeder Mitgliedstaat wird in jedem Fünfjahreszeitraum, für den jeweils ein mehrjähriges Evaluierungsprogramm gilt, evaluiert. Im mehrjährigen Evaluierungsprogramm wird die Reihenfolge der in jedem Jahr zu evaluierenden Mitgliedstaaten aufgeführt. Bei der Reihenfolge, in der die Mitgliedstaaten evaluiert werden, werden der Zeitraum seit der letzten Evaluierung und die Häufigkeit der Evaluierung der einzelnen Teile des Schengen-Besitzstands berücksichtigt.

(3)   Das mehrjährige Evaluierungsprogramm kann bei Bedarf gemäß dem Verfahren, auf das in Absatz 1 Bezug genommen wird, angepasst werden.

(4)   Das mehrjährige Evaluierungsprogramm kann eine Bezugnahme auf thematische Evaluierungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b enthalten.

(5)   Das erste mehrjährige Evaluierungsprogramm wird bis 27. Mai 2014 fertiggestellt. Das Programm beginnt am 27. November 2014 und endet am 31. Dezember 2019.

Artikel 6

Jährliches Evaluierungsprogramm

(1)   Die Kommission erstellt ein jährliches Evaluierungsprogramm bis zum 31. Oktober des Jahres, das dem Jahr vorausgeht, auf das sich das Programm bezieht; dabei trägt sie insbesondere der von Frontex gemäß Artikel 7 erstellten Risikoanalyse und gegebenenfalls den von Europol oder anderen Einrichtungen und Stellen der Union insbesondere gemäß Artikel 8 bereitgestellten Informationen Rechnung.

Das jährliche Evaluierungsprogramm enthält Vorschläge für die Evaluierung folgender Aspekte:

a)

Anwendung des Schengen-Besitzstands oder von Teilen davon in einem Mitgliedstaat entsprechend den Vorgaben des mehrjährigen Evaluierungsprogramms und

b)

gegebenenfalls Anwendung bestimmter Teile des Schengen-Besitzstands in mehreren Mitgliedstaaten (thematische Evaluierung).

(2)   Die Kommission erstellt im Wege von Durchführungsrechtsakten den ersten Teil des jährlichen Evaluierungsprogramms, das einen vorläufigen Zeitplan der Ortsbesichtigungen enthält. In diesem Teil werden die Mitgliedstaaten aufgeführt, die im folgenden Jahr gemäß dem mehrjährigen Evaluierungsprogramm Gegenstand einer Evaluierung sein sollen, die zu evaluierenden Gebiete und die Ortsbesichtigungen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 erlassen. Die Kommission übermittelt das mehrjährige Evaluierungsprogramm dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(3)   Der zweite Teil des jährlichen Evaluierungsprogramms wird von der Kommission erstellt und angenommen. Der zweite Teil enthält eine Liste der unangekündigten Ortsbesichtigungen des folgenden Jahres. Er wird vertraulich behandelt und nicht weitergeleitet.

(4)   Das jährliche Evaluierungsprogramm kann bei Bedarf gemäß den Absätzen 2 und 3 angepasst werden.

(5)   Das erste mehrjährige Evaluierungsprogramm wird bis zum 27. Mai 2014 fertiggestellt. Das Programm beginnt am 27. November 2014 und endet am 31. Dezember 2014.

Artikel 7

Risikoanalyse von Frontex

(1)   Bis zum 31. August eines jeden Jahres unterbreitet Frontex der Kommission und den Mitgliedstaaten eine Risikoanalyse gemäß ihrem Mandat. Diese Risikoanalyse, berücksichtigt unter anderem die illegale Einwanderung und erhebliche Veränderungen der operativen Gegebenheiten an den Außengrenzen und enthält Empfehlungen für vorrangige Evaluierungen im folgenden Jahr. In den Empfehlungen werden die Abschnitte an den Außengrenzen und die Grenzübergangsstellen genannt, die im folgenden Jahr im Rahmen des mehrjährigen Evaluierungsprogramms evaluiert werden sollen. Die Kommission leitet die Risikoanalyse unverzüglich dem Europäischen Parlament und dem Rat zu.

(2)   Bis zum 31. August eines jeden Jahres unterbreitet Frontex der Kommission zudem eine gesonderte Risikoanalyse, die von der in Absatz 1 genannten Risikoanalyse verschieden ist und die Empfehlungen für vorrangige Evaluierungen im darauffolgenden Jahr in Form unangekündigter Ortsbesichtigungen enthält, und zwar unabhängig von der Reihenfolge, in der die Mitgliedstaaten in jedem Jahr gemäß dem Mehrjahresprogramm nach Artikel 5 Absatz 2 zu evaluieren sind. Die Empfehlungen können sich auf eine beliebige Region oder ein beliebiges Gebiet beziehen, müssen jedoch eine Liste von mindestens zehn bestimmten Abschnitten der Außengrenzen und mindestens zehn bestimmten Grenzübergangsstellen enthalten. Die Kommission kann Frontex jederzeit auffordern, eine Risikoanalyse mit Empfehlungen für Evaluierungen in Form unangekündigter Ortsbesichtigungen vorzulegen.

(3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannte, von Frontex zu erstellende Risikoanalyse wird der Kommission erstmals bis spätestens 27. Februar 2014 vorgelegt.

Artikel 8

Risikoanalysen anderer Einrichtungen und sonstiger Stellen der Union

Die Kommission ersucht gegebenenfalls andere Einrichtungen und sonstige Stellen der Union, die an der Durchführung des Schengen-Besitzstands beteiligt sind, um Risikoanalysen, einschließlich Risikoanalysen betreffend Korruption und organisierte Kriminalität, insoweit diese Korruption und organisierte Kriminalität die Anwendung des Schengen-Besitzstands durch die Mitgliedstaaten untergraben könnte. Diese Analysen können für die Ausarbeitung der jährlichen Evaluierungsprogramme verwendet werden.

Artikel 9

Fragebogen

(1)   Die Kommission erstellt und aktualisiert im Wege von Durchführungsrechtsakten einen Standard-Fragebogen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Frontex und Europol können zum Entwurf des Standard-Fragebogens gehört werden. Der Standard-Fragebogen deckt die einschlägigen Rechtsvorschriften, gemeinsam vereinbarten Empfehlungen und bewährten Vorgehensweisen ab, insbesondere wie sie in den Schengen-Katalogen aufgeführt sind, sowie die organisatorischen Vorkehrungen und technischen Mittel für die Anwendung des Schengen-Besitzstands und die vorhandenen nach Evaluierungsbereichen aufgeschlüsselten statistischen Daten. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 erlassen.

(2)   Bis zum 1. Juli eines jeden Jahres übermittelt die Kommission den Standard-Fragebogen den im darauffolgenden Jahr zu evaluierenden Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die Antworten auf den Fragebogen spätestens acht Wochen nach Erhalt des Fragebogens. Die Kommission stellt die Antworten den anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung und unterrichtet das Europäische Parlament über die Antworten. Wird dies vom Europäischen Parlament, insbesondere aufgrund der Ernsthaftigkeit der Problematik, beantragt, so informiert die Kommission im Einzelfall und im Einklang mit den geltenden Vorschriften über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission das Europäische Parlament auch über den Inhalt einer bestimmten Antwort.

Artikel 10

Ortsbesichtigungsteams

(1)   Die für die Ortsbesichtigungen zuständigen Teams (im Folgenden „Ortsbesichtigungsteams“) setzen sich aus von den Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen und Vertretern der Kommission zusammen.

(2)   Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, Sachverständige zu benennen, die für die Teilnahme an den jeweiligen Ortsbesichtigungen zur Verfügung stehen, und deren Fachgebiet anzugeben.

Bei angekündigten Ortsbesichtigungen fordert die Kommission die Mitgliedstaaten spätestens drei Monate vor der anberaumten Ortsbesichtigung auf, Sachverständige zu benennen. Die Mitgliedstaaten benennen innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieser Aufforderung Sachverständige.

Bei unangekündigten Ortsbesichtigungen fordert die Kommission die Mitgliedstaaten spätestens zwei Wochen vor der anberaumten Ortsbesichtigung auf, Sachverständige zu benennen. Die Mitgliedstaaten benennen innerhalb von 72 Stunden nach Erhalt dieser Aufforderung Sachverständige.

(3)   Die Zahl der an Ortsbesichtigungen teilnehmenden Vertreter der Kommission darf zwei Personen nicht überschreiten. Die Zahl der an Ortsbesichtigungen teilnehmenden Sachverständigen der Mitgliedstaaten darf acht Personen bei angekündigten und sechs Personen bei unangekündigten Ortsbesichtigungen nicht überschreiten.

Überschreitet die Zahl der von den Mitgliedstaaten benannten Sachverständige die in Absatz 1 festgelegte Höchstzahl, so ernennt die Kommission nach Rücksprache mit den betreffenden Mitgliedstaaten die Mitglieder des Teams auf der Grundlage einer in geografischer Hinsicht ausgewogenen Zusammensetzung und der Fachkompetenzen der Sachverständigen.

(4)   Die Sachverständigen der Mitgliedstaaten dürfen nicht an einer Evaluierungsmission teilnehmen, die eine Ortsbesichtigung in dem Mitgliedstaat einschließt, in dem sie angestellt sind.

(5)   Die Kommission kann Frontex, Europol oder andere Einrichtungen und sonstige Stellen der Union, die an der Durchführung des Schengen-Besitzstands beteiligt sind, auffordern, einen Vertreter als Beobachter bei einer Ortsbesichtigung zu benennen, die ein durch ihr Mandat gedecktes Gebiet betrifft.

(6)   Die führenden Sachverständigen eines Ortsbesichtigungsteams sind ein Vertreter der Kommission und ein Sachverständiger aus einem Mitgliedstaat, die von den Mitgliedern des Teams so bald wie möglich nach der Einsetzung des Teams einvernehmlich benannt werden. Die führenden Sachverständigen werden rechtzeitig benannt, bevor das detaillierte Programm nach Artikel 13 Absatz 2 festgelegt wird.

Artikel 11

Teams für Evaluierungen anhand eines Fragebogens

(1)   Wird ein Fragebogen einzeln verwendet, d. h. ohne dass auf den Fragebogen eine Ortsbesichtigung gemäß Artikel 4 Absatz 2 folgt, so setzt sich das Team für die Bewertung der Antworten auf den Fragebogen (im Folgenden „Fragebogenteam“) aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten und Vertretern der Kommission zusammen.

(2)   Wenn die Kommission den Fragebogen an den zu evaluierenden Mitgliedstaat übermittelt, fordert sie die Mitgliedstaaten auf, Sachverständige zu benennen, die für die Teilnahme an der Evaluierung zur Verfügung stehen, und deren Fachgebiet anzugeben. Die Mitgliedstaaten benennen innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieser Aufforderung Sachverständige. Die Benennung der Sachverständigen erfolgt gemäß den Verfahren nach Artikel 10 Absätze 3 und 4.

Artikel 12

Sachverständige

Die an den Evaluierungen teilnehmenden Sachverständigen müssen eine entsprechende Eignung aufweisen, d. h. über solide theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen in den für die Evaluierung relevanten Bereichen verfügen, mit den Grundsätzen, Verfahren und Methoden der Evaluierung vertraut sein und in der Lage sein, sich in einer gemeinsamen Sprache zu verständigen. Die Mitgliedstaaten und die Kommission stellen in Zusammenarbeit mit den zuständigen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sicher, dass die Sachverständigen hierfür geeignete Fortbildungsmaßnahmen erhalten, auch in Bezug auf die Achtung der Grundrechte.

Artikel 13

Durchführung der Ortsbesichtigungen

(1)   Die Ortsbesichtigungsteams treffen alle im Vorfeld erforderlichen Maßnahmen, um die Effizienz, Präzision und Kohärenz der Ortsbesichtigungen zu gewährleisten.

(2)   Das detaillierte Programm für angekündigte Ortsbesichtigungen wird von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den führenden Sachverständigen und den betroffenen Mitgliedstaaten erstellt. Die Mitgliedstaaten werden über das detaillierte Programm unterrichtet. Das detaillierte Programm für unangekündigte Ortsbesichtigungen wird von der Kommission erstellt.

Der betroffene Mitgliedstaat wird wie folgt gehört und über den Zeitplan und das detaillierte Programm unterrichtet:

a)

mindestens sechs Wochen vor einer angekündigten Ortsbesichtigung;

b)

mindestens 24 Stunden vor einer unangekündigten Ortsbesichtigung.

Unangekündigte Ortsbesichtigungen an den Binnengrenzen werden ohne vorherige Benachrichtigung des betreffenden Mitgliedstaats/der betreffenden Mitgliedstaaten durchgeführt. Allgemeine Leitlinien mit Durchführungsvorschriften für solche Besuche werden von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten festgelegt.

(3)   Die Mitglieder des Ortsbesichtigungsteams tragen Ausweise bei sich, mit denen sie ihre Berechtigung zur Durchführung von Ortsbesichtigungen gemäß dieser Verordnung nachweisen können.

(4)   Der zu evaluierende Mitgliedstaat stellt sicher, dass das Team seinen Auftrag zur Überprüfung der Tätigkeiten in den zu evaluierenden Bereichen erfüllen kann. Er stellt insbesondere sicher, dass das Ortsbesichtigungsteam direkten Kontakt zu Personen, die für seine Zwecke von Interesse sind, und Zugang zu allen Gebieten, Räumlichkeiten und Unterlagen erhält, die für die Evaluierung erforderlich sind.

(5)   Der zu evaluierende Mitgliedstaat unterstützt das Ortsbesichtigungsteam bei der Durchführung seines Auftrags mit allen ihm im Rahmen seiner rechtlichen Befugnisse zu Gebote stehenden Mitteln.

(6)   Bei angekündigten Ortsbesichtigungen übermittelt die Kommission dem zu evaluierenden Mitgliedstaat im Voraus die Namen der dem Ortsbesichtigungsteam angehörenden Sachverständigen. Dieser Mitgliedstaat benennt eine Kontaktstelle, die die Durchführung der Ortsbesichtigung regelt.

(7)   Die Kommission und die Mitgliedstaaten regeln für ihre jeweiligen Sachverständigen, die zum Ortsbesichtigungsteam gehören, die Anreise zum zu evaluierenden Mitgliedstaat bzw. zu den zu evaluierenden Mitgliedstaaten und die Rückreise vom zu evaluierenden Mitgliedstaat bzw. von den zu evaluierenden Mitgliedstaaten. Die Reise- und Aufenthaltskosten der Sachverständigen, die eine Ortsbesichtigung vornehmen, werden von der Kommission erstattet.

Die zu evaluierenden Mitgliedstaaten sorgen für die Unterbringung der Sachverständigen und für deren erforderliche Beförderung vor Ort. Im Falle unangekündigter Besuche übernimmt die Kommission die Unterbringung der Sachverständigen.

Artikel 14

Evaluierungsberichte

(1)   Nach jeder Evaluierung wird ein Evaluierungsbericht verfasst. Der Evaluierungsbericht stützt sich auf die Ergebnisse der Ortsbesichtigung und/oder den ausgewerteten Fragebogen. Bei Ortsbesichtigungen wird der Evaluierungsbericht während der Ortsbesichtigung vom Team verfasst.

Hauptverantwortlich für die Erstellung des Evaluierungsberichts sowie für dessen Vollständigkeit und Güte sind die Sachverständigen der Mitgliedstaaten und die Vertreter der Kommission. Bei Unstimmigkeiten bemüht sich das Ortsbesichtigungs- bzw. Fragebogenteam um einen Kompromiss.

(2)   Der Evaluierungsbericht analysiert die einschlägigen qualitativen, quantitativen, operativen, administrativen und organisatorischen Aspekte und listet die bei der Evaluierung festgestellten Mängel auf.

(3)   Jedes im Evaluierungsbericht festgehaltene Ergebnis wird einer der folgenden drei Bewertungskategorien zugeordnet:

a)

konform;

b)

konform, Verbesserungen jedoch erforderlich;

c)

nicht konform.

(4)   Die Kommission übermittelt innerhalb von sechs Wochen nach der Ortsbesichtigung bzw. nach Erhalt der Antworten auf den Fragebogen dem zu evaluierenden Mitgliedstaat den Entwurf des Evaluierungsberichts. Der evaluierte Mitgliedstaat nimmt innerhalb von zwei Wochen nach dessen Erhalt zu dem Entwurf des Evaluierungsberichts Stellung. Auf Ersuchen des evaluierten Mitgliedstaats findet eine Redaktionssitzung statt. Die Stellungnahme des evaluierten Mitgliedstaats kann in den Entwurf des Evaluierungsberichts einfließen.

(5)   Die Kommission übermittelt den Entwurf des Evaluierungsberichts und die Stellungnahme des evaluierten Mitgliedstaats den anderen Mitgliedstaaten, die aufgefordert werden, zu den Antworten auf den Fragebogen, dem Entwurf des Evaluierungsberichts und der Stellungnahme des evaluierten Mitgliedstaats Stellung zu nehmen.

Die Kommission nimmt den Entwurf des Evaluierungsberichts auf dieser Grundlage im Wege eines Durchführungsrechtsakts an, nachdem sie ihn erforderlichenfalls abgeändert hat. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 21 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Die Kommission übermittelt den Evaluierungsbericht dem Europäischen Parlament.

Artikel 15

Empfehlungen

(1)   Bei der Erstellung des Evaluierungsberichts geben die Sachverständigen der Mitgliedstaaten und die Vertreter der Kommission auf der Grundlage der Ergebnisse des Evaluierungsberichts und der darin enthaltenen Bewertungen Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen ab, die auf die Beseitigung der während der Evaluierung festgestellten Mängel abzielen, und geben die Prioritäten für deren Durchführung und gegebenenfalls Beispiele für bewährte Vorgehensweisen an.

(2)   Die Kommission unterbreitet dem Rat einen Vorschlag zur Annahme der in Absatz 1 genannten Empfehlungen.

(3)   Der Rat nimmt die in Absatz 1 genannten Empfehlungen an und übermittelt sie dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten.

Artikel 16

Folgemaßnahmen und Überwachung

(1)   Innerhalb von drei Monaten nach der Annahme der in Artikel 15 genannten Empfehlungen legt der evaluierte Mitgliedstaat der Kommission und dem Rat einen Aktionsplan zur Beseitigung jeglicher in dem Evaluierungsbericht festgestellter Mängel vor. Wird in den Empfehlungen festgestellt, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Verpflichtungen in schwerwiegender Weise vernachlässigt, so legt dieser Mitgliedstaat seinen Aktionsplan innerhalb eines Monats nach Annahme der Empfehlungen vor. Die Kommission übermittelt solche Aktionspläne dem Europäischen Parlament.

(2)   Nach der Konsultation des Ortsbesichtigungsteams bzw. des Fragebogenteams legt die Kommission dem Rat innerhalb eines Monats nach Erhalt des Aktionsplans des evaluierten Mitgliedstaats ihre Bewertung der Angemessenheit des Aktionsplans vor. Die anderen Mitgliedstaaten werden aufgefordert, zu dem Aktionsplan Stellung zu nehmen.

(3)   Der evaluierte Mitgliedstaat berichtet der Kommission binnen sechs Monaten nach Annahme der Empfehlung über die Durchführung seines Aktionsplans und erstattet ihr anschließend alle drei Monate Bericht, bis der Aktionsplan vollständig durchgeführt ist.

(4)   Wurde in den Empfehlungen festgestellt, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Verpflichtungen in schwerwiegender Weise vernachlässigt, so ist dieser evaluierte Mitgliedstaat ungeachtet der Frist von sechs Monaten für die Berichterstattung über die Umsetzung seines Aktionsplans nach Absatz 3 verpflichtet, innerhalb von drei Monaten nach Annahme der Empfehlungen seinen Bericht über die Umsetzung des Aktionsplans vorzulegen.

(5)   Je nach Ernsthaftigkeit der ermittelten Mängel und den getroffenen Abhilfemaßnahmen kann die Kommission angekündigte erneute Ortsbesichtigungen zur Überprüfung der Durchführung des Aktionsplans festlegen. Die Kommission fordert mindestens vier der Sachverständigen, die an der Ortsbesichtigung teilgenommen haben, zur Teilnahme an der erneuten Ortsbesichtigung auf. Die Kommission kann Beobachter zur Teilnahme an der Besichtigung einladen. Die Kommission legt das Programm der erneuten Ortsbesichtigung fest. Der evaluierte Mitgliedstaat wird mindestens einen Monat vor der erneuten Ortsbesichtigung über das Programm unterrichtet. Die Kommission kann auch unangekündigte erneute Ortsbesichtigungen ansetzen.

(6)   Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über die Umsetzung der Aktionspläne oder Verbesserungsmaßnahmen nach diesem Artikel.

(7)   Wird bei einer Ortsbesichtigung ein ernsthafter Mangel festgestellt, der eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen darstellt, so setzt die Kommission das Europäische Parlament und den Rat auf eigene Initiative oder auf Antrag des Europäische Parlaments oder eines Mitgliedstaats so rasch wie möglich hiervon in Kenntnis.

(8)   Wurde ein Mitgliedstaat als konform eingestuft, enthalten die Empfehlungen jedoch Angaben zu etwaigen weiteren Verbesserungen gemäß Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe b, so übermittelt der evaluierte Mitgliedstaat der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Annahme der Empfehlungen seine Bewertung einer möglichen Umsetzung dieser Empfehlungen.

Artikel 17

Vertraulichkeit

Die Mitglieder des Ortsbesichtigungs- bzw. des Fragebogenteams behandeln sämtliche Informationen, die sie in Erfüllung ihrer Pflicht erhalten, vertraulich. Die im Anschluss an Ortsbesichtigungen verfassten Evaluierungsberichte werden gemäß den geltenden Geheimschutzvorschriften als EU RESTRICTED/RESTREIN UE eingestuft. Die Einstufung schließt nicht aus, dass die Informationen dem Europäischen Parlament zur Verfügung gestellt werden. Die Übermittlung und Behandlung der dem Europäischen Parlament nach dieser Verordnung übermittelten Informationen und Dokumente erfolgt unter Einhaltung den Regeln für die Übermittlung und Behandlung von Verschlusssachen, die zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission gelten. Die Kommission entscheidet nach Rücksprache mit dem betreffenden Mitgliedstaat, welche Teile des Evaluierungsberichts veröffentlicht werden dürfen.

Artikel 18

Bedingungen für eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs und Irlands

(1)   Sachverständige des Vereinigten Königreichs und Irlands beteiligen sich nur an der Evaluierung jenes Teils des Schengen-Besitzstands, für den diesen Mitgliedstaaten eine Beteiligung gestattet wurde.

(2)   Die in Artikel 4 Absatz 1 beschriebenen Evaluierungen betreffen ausschließlich die wirksame und effiziente Anwendung jenes Teils des Schengen-Besitzstands durch das Vereinigte Königreich und Irland, für den diesen Mitgliedstaaten eine Beteiligung gestattet wurde.

(3)   Das Vereinigte Königreich und Irland beteiligen sich nur insoweit an der in Artikel 15 Absatz 3 festgelegten Annahme der Empfehlungen durch den Rat, als der Teil des Besitzstands betroffen ist, für den diesen Mitgliedstaaten eine Beteiligung gestattet wurde.

Artikel 19

Unterrichtung der nationalen Parlamente

Die Kommission unterrichtet die nationalen Parlamente über den Inhalt und die Ergebnisse der gemäß dieser Verordnung durchgeführten Evaluierung.

Artikel 20

Bericht an das Europäische Parlament und den Rat

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen umfassenden Bericht über die auf der Grundlage dieser Verordnung vorgenommenen Evaluierungen vor. Der Bericht wird veröffentlicht und enthält Informationen über die im Vorjahr durchgeführten Evaluierungen, die Schlussfolgerungen jeder Evaluierung und den Stand der Abhilfemaßnahmen. Die Kommission übermittelt diesen Bericht den nationalen Parlamenten.

Artikel 21

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dabei handelt es sich um einen Ausschuss nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.

Artikel 22

Überprüfung

Die Kommission überprüft innerhalb von sechs Monaten nach der Annahme aller Berichte über die Evaluierungen, die vom ersten mehrjährigen Evaluierungsprogramm gemäß Artikel 5 Absatz 5 erfasst werden, die Durchführung dieser Verordnung und legt dem Rat einen entsprechenden Bericht vor. In die Überprüfung werden alle Aspekte der Verordnung einbezogen, einschließlich des Funktionierens der Verfahren für die Annahme von Rechtsakten im Rahmen des Mechanismus. Die Kommission übermittelt den Bericht dem Europäischen Parlament.

Artikel 23

Übergangsbestimmungen und Aufhebung

Unbeschadet der Unterabsätze 2 und 3 dieses Artikels wird der Beschluss vom 16. September 1998 mit Wirkung vom 26. November 2013 aufgehoben.

Teil I des in Unterabsatz 1 genannten Beschlusses gilt bis zum 1. Januar 2016 weiterhin für die Evaluierungsverfahren von Mitgliedstaaten, die bereits am 26. November 2013 begonnen hatten.

Teil II des in Unterabsatz 1 genannten Beschlusses gilt bis zum 27. November 2014 weiterhin für die Evaluierungsverfahren von Mitgliedstaaten, die bereits am 26. November 2013 begonnen hatten.

Artikel 24

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Luxemburg am 7. Oktober 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. BERNATONIS


(1)  Stellungnahme vom 12. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 138.

(3)  ABl. C 53 vom 3.3.2005, S. 1.

(4)  ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 1.

(5)  Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1).

(6)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(7)  Beschluss 2009/371/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) (ABl. L 121 vom 15.5.2009, S. 37).

(8)  Beschluss 2002/187/JI des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (ABl. L 63 vom 6.3.2002, S. 1).

(9)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(10)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(11)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(12)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

(13)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

(14)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1.

(15)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.

(16)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19.


Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission begrüßen die Annahme der Verordnung zur Änderung des Schengener Grenzkodex zwecks Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen und die Annahme der Verordnung zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands. Sie glauben, dass mit diesen neuen Mechanismen der Forderung des Europäischen Rates in geeigneter Weise Rechnung getragen wird, der in seinen Schlussfolgerungen vom 24. Juni 2011 erklärt hatte, dass die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten im Schengen-Raum gestärkt und ein wirksames und zuverlässiges Überwachungs- und Bewertungssystem geschaffen werden müssten, um die Durchsetzung der gemeinsamen Vorschriften und die Stärkung, Anpassung und Ausweitung der Kriterien auf der Grundlage des Besitzstands der EU sicherzustellen, wobei er erneut darauf hingewiesen hatte, dass die Außengrenzen Europas auf der Grundlage gemeinsamer Verantwortung, Solidarität und stärkerer Zusammenarbeit in der Praxis wirksam und einheitlich geschützt werden müssen.

Sie geben an, dass diese Änderung des Schengener Grenzkodexes die Koordinierung und Zusammenarbeit auf Unionsebene einerseits durch die Festlegung von Kriterien für jegliche Art der Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch die Mitgliedstaaten sowie andererseits durch die Schaffung eines EU-basierten Mechanismus zur Reaktion auf wirklich kritische Situationen, in denen die Funktionsweise des Raumes insgesamt ohne interne Grenzkontrollen bedroht ist, verbessern wird.

Sie betonen, dass es sich bei diesem neuen Bewertungssystem um einen EU-gestützten Mechanismus handelt, der sich auf alle Aspekte des Schengen-Besitzstands erstrecken und Experten der Mitgliedstaaten, der Kommission und der einschlägigen EU-Ämter und -Agenturen einbeziehen wird.

Sie gehen davon aus, dass zu etwaigen künftigen Vorschlägen der Kommission zur Änderung dieses Bewertungssystems das Europäische Parlament gehört wird, so dass seinem Standpunkt vor der Annahme eines endgültigen Textes möglichst umfassend Rechnung getragen werden kann.