32000D0642

Beschluss des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen

Amtsblatt Nr. L 271 vom 24/10/2000 S. 0004 - 0006


Beschluss des Rates

vom 17. Oktober 2000

über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen

(2000/642/JI)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c),

auf Initiative der Republik Finnland,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung am 16./17. Juni 1997 in Amsterdam den Aktionsplan zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität(1) genehmigt. Nach der Empfehlung 26 Buchstabe e) des Aktionsplans soll die Zusammenarbeit zwischen den Kontaktstellen verbessert werden, die befugt sind, Meldungen über verdächtige Transaktionen gemäß der Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche(2) entgegenzunehmen.

(2) Alle Mitgliedstaaten haben zentrale Meldestellen (Financial Intelligence Units - FIU) eingerichtet, welche die von ihnen gemäß der Richtlinie 91/308/EWG entgegengenommenen Informationen zu sammeln und zu analysieren haben, damit zum Zwecke der Verhinderung und Bekämpfung der Geldwäsche Zusammenhänge zwischen verdächtigen Finanztransaktionen und zugrunde liegenden kriminellen Tätigkeiten hergestellt werden können.

(3) Die Verbesserung der Mechanismen für den Informationsaustausch zwischen den zentralen Meldestellen stellt eines der Ziele dar, die von der im Rahmen der multidisziplinären Gruppe "Organisierte Kriminalität" eingesetzten Sachverständigengruppe "Geldwäsche" festgelegt worden sind; gleichzeitig soll der Informationsaustausch zwischen den zentralen Meldestellen und den Ermittlungsbehörden in den Mitgliedstaaten und die multidisziplinäre Organisation der zentralen Meldestellen verbessert werden, so dass Erkenntnisse aus dem Finanz-, Strafverfolgungs- und Gerichtsbereich ausgetauscht werden können.

(4) Der Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom März 1995 betont, dass die Stärkung der Systeme zur Bekämpfung der Geldwäsche von einer engeren Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen an der Bekämpfung der Geldwäsche beteiligten Behörden abhängt.

(5) Die Kommission hat in ihrem zweiten Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die Durchführung der Richtlinie 91/308/EWG auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche der Mitteilung und dem Austausch von Informationen zwischen bestimmten Stellen mit unterschiedlichem Rechtsstatus offenbar noch immer entgegenstehen.

(6) Die an der Bekämpfung der Geldwäsche beteiligten Behörden der Mitgliedstaaten müssen eng zusammenarbeiten, und es muss für eine direkte Kommunikation zwischen diesen Behörden gesorgt werden.

(7) Die Mitgliedstaaten haben bereits mit Erfolg diesbezügliche Vorkehrungen getroffen, die im Wesentlichen auf den Grundsätzen der Mustervereinbarung beruhen, die von dem informellen weltweiten Netz der zentralen Meldestellen - der so genannten Egmont-Gruppe - vorgeschlagen wurde.

(8) Die Mitgliedstaaten müssen die zentralen Meldestellen so einrichten, dass sichergestellt ist, dass Informationen und Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist übermittelt werden.

(9) Abkommen oder Vereinbarungen über Rechtshilfe in Strafsachen zwischen Justizbehörden bleiben von diesem Beschluss unberührt -

BESCHLIESST:

Artikel 1

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zentralen Meldestellen, die zur Entgegennahme von Finanzinformationen zum Zwecke der Bekämpfung der Geldwäsche eingerichtet oder benannt werden, bei der Zusammenstellung, Analyse und Prüfung einschlägiger Informationen innerhalb der zentralen Meldestellen über alle Tatsachen, die ein Indiz für eine Geldwäsche sein könnten, entsprechend ihren nationalen Befugnissen zusammenarbeiten.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die zentralen Meldestellen unaufgefordert oder auf Ersuchen und entweder gemäß diesem Beschluss oder gemäß bereits geschlossenen oder künftigen Vereinbarungen alle verfügbaren Informationen austauschen, die für die zentralen Meldestellen bei der Verarbeitung oder Analyse von Informationen oder bei Ermittlungen, die Finanztransaktionen im Zusammenhang mit Geldwäsche und die beteiligten natürlichen oder juristischen Personen betreffen, von Belang sein können.

(3) Hat ein Mitgliedstaat eine Polizeibehörde als seine zentrale Meldestelle benannt, so kann er vorsehen, dass die bei dieser zentralen Meldestelle verfügbaren Informationen an eine Behörde des empfangenden Mitgliedstaats, die zu diesem Zweck benannt wurde und die in den in Absatz 1 genannten Bereichen zuständig ist, gemäß diesem Beschluss übermittelt werden.

Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zentralen Meldestellen für die Zwecke dieses Beschlusses in jedem Mitgliedstaat als eine einzige Stelle eingerichtet werden und der folgenden Definition entsprechen:"Eine zentrale nationale Stelle mit der Aufgabe, zum Zwecke der Bekämpfung der Geldwäsche Finanzinformationen, die mutmaßliche Erträge aus Straftaten betreffen oder aufgrund nationaler Vorschriften oder Regelungen erforderlich sind, entgegenzunehmen (und, soweit zulässig, um solche Informationen zu ersuchen), sie zu analysieren und sie an die zuständigen Behörden weiterzugeben."

(2) Im Zusammenhang mit Absatz 1 steht es einem Mitgliedstaat frei, eine zentrale Stelle einzurichten, die Informationen dezentraler Stellen entgegennimmt oder diesen Stellen Informationen übermittelt.

(3) Die Mitgliedstaaten geben an, welche Stelle als zentrale Meldestelle im Sinne dieses Artikels gilt. Sie teilen dies dem Generalsekretariat des Rates schriftlich mit. Derzeitige Kooperationsbeziehungen zwischen den zentralen Meldestellen bleiben von dieser Mitteilung unberührt.

Artikel 3

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Wahrnehmung der Aufgaben der zentralen Meldestellen gemäß diesem Beschluss nicht durch deren internen Status beeinträchtigt wird, gleich, ob es sich um Verwaltungs-, Strafverfolgungs- oder Justizbehörden handelt.

Artikel 4

(1) Jedem gemäß diesem Beschluss gestellten Ersuchen wird eine kurze Beschreibung des Sachverhalts beigefügt, der der ersuchenden zentralen Meldestelle bekannt ist. Die zentrale Meldestelle hat in dem Ersuchen genau anzugeben, wie die erbetenen Informationen verwendet werden sollen.

(2) Wurde ein Ersuchen gemäß diesem Beschluss gestellt, so stellt die ersuchte zentrale Meldestelle alle einschlägigen Informationen, einschließlich der verfügbaren Finanzinformationen und der erbetenen Daten der Ermittlungsbehörden zur Verfügung, ohne dass ein förmliches Ersuchen gemäß den geltenden Übereinkommen oder Abkommen zwischen Mitgliedstaaten gestellt werden muss.

(3) Eine zentrale Meldestelle ist nicht verpflichtet, Informationen weiterzugeben, wenn dies laufende strafrechtliche Ermittlungen im ersuchten Mitgliedstaat stören könnte, oder in Ausnahmefällen, wenn die Weitergabe der Informationen eindeutig in einem Missverhältnis zu den legitimen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person oder des betreffenden Mitgliedstaates stuende oder in anderer Weise nicht mit den Grundprinzipien innerstaatlichen Rechts vereinbar wäre. Eine solche Ablehnung ist der ersuchenden zentralen Meldestelle angemessen zu erläutern.

Artikel 5

(1) Informationen oder Unterlagen, die aufgrund dieses Beschlusses übermittelt worden sind, sind für die Zwecke des Artikels 1 Absatz 1 bestimmt.

(2) Bei der Übermittlung von Informationen oder Unterlagen nach diesem Beschluss können die zentralen Meldestellen Einschränkungen und Auflagen für die Verwendung der Informationen für andere als in Absatz 1 genannte Zwecke festlegen. Die entgegennehmende Meldestelle beachtet diese Einschränkungen und Auflagen.

(3) Will ein Mitgliedstaat übermittelte Informationen oder Unterlagen für strafrechtliche Ermittlungen oder die Strafverfolgung für Zwecke des Artikels 1 Absatz 1 verwenden, darf der übermittelnde Mitgliedstaat seine Zustimmung zu dieser Verwendung nur aufgrund von Einschränkungen gemäß seinem innerstaatlichen Recht oder der in Artikel 4 Absatz 3 genannten Bedingungen verweigern. Eine Verweigerung der Zustimmung ist angemessen zu begründen.

(4) Die zentralen Meldestellen ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich Sicherheitsvorkehrungen, um zu gewährleisten, dass die aufgrund dieses Beschlusses übermittelten Informationen anderen Behörden, Dienststellen oder Abteilungen nicht zugänglich sind.

(5) Für die übermittelten Informationen gelten in Bezug auf die Vertraulichkeit und den Schutz personenbezogener Daten in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen des Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und unter Beachtung der Empfehlung R (87) 15 des Europarates vom 15. September 1987 über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich mindestens dieselben Regeln wie die, die gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die ersuchende zentrale Meldestelle gelten.

Artikel 6

(1) Die zentralen Meldestellen können einschlägige Informationen in den Grenzen des geltenden innerstaatlichen Rechts ohne ein diesbezügliches Ersuchen untereinander austauschen.

(2) Artikel 5 ist auf Informationen, die gemäß dem vorliegenden Artikel übermittelt werden, anzuwenden.

Artikel 7

Die Mitgliedstaaten sorgen für angemessene und gesicherte Meldewege zwischen den zentralen Meldestellen und treffen hierfür entsprechende Vereinbarungen.

Artikel 8

Dieser Beschluss wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gegenüber Europol, die im Europol-Übereinkommen festgelegt sind, durchgeführt.

Artikel 9

(1) Soweit der Umfang der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen, der in zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten bereits geschlossenen oder zu schließenden Vereinbarungen vorgesehen ist, mit diesem Beschluss vereinbar ist oder weiter als dessen Bestimmungen geht, bleibt er von diesem Beschluss unberührt. Gehen die Bestimmungen dieses Beschlusses weiter als die Bestimmungen einer zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten geschlossenen Vereinbarung, so tritt dieser Beschluss zwei Jahre nach Wirksamwerden dieses Beschlusses an deren Stelle.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sie spätestens drei Jahre nach Wirksamwerden dieses Beschlusses in vollem Umfang gemäß diesem Beschluss zusammenarbeiten können.

(3) Der Rat prüft binnen vier Jahren nach dem Wirksamwerden dieses Beschlusses, ob die Mitgliedstaaten diesem Beschluss nachgekommen sind; er kann beschließen, solche Prüfungen in regelmäßigen Abständen zu wiederholen.

Artikel 10

Dieser Beschluss gilt für Gibraltar. Ungeachtet des Artikels 2 kann das Vereinigte Königreich dem Generalsekretariat des Rates zu diesem Zweck eine zentrale Meldestelle in Gibraltar notifizieren.

Artikel 11

Dieser Beschluss wird am 17. Oktober 2000 wirksam.

Geschehen zu Luxemburg am 17. Oktober 2000.

Im Namen des Rates

Der Präsident

É. Guigou

(1) ABl. C 251 vom 15.8.1997, S. 1.

(2) ABl. L 166 vom 28.6.1991, S. 77.