14.9.2017 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 236/14 |
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2017/1542 DER KOMMISSION
vom 8. Juni 2017
zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 in Bezug auf die Berechnung der gesetzlichen Kapitalanforderungen für verschiedene von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gehaltene Anlageklassen (Infrastrukturunternehmen)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (1), insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 111 Absatz 1 Buchstaben b, c und m,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Der Schwerpunkt der Investitionsoffensive für Europa liegt auf der Beseitigung von Investitionshindernissen, der Unterstützung von Investitionsvorhaben durch Öffentlichkeitsarbeit und technische Hilfe sowie der intelligenteren Nutzung neuer und bestehender finanzieller Ressourcen. Die dritte Säule der Investitionsoffensive zielt insbesondere darauf ab, Investitionshemmnisse zu beseitigen und den Regelungsrahmen vorhersehbarer zu machen, damit Europa auch weiterhin für Investitionen attraktiv ist. |
(2) |
Eines der Ziele der Kapitalmarktunion besteht darin, in Europa Kapital zu mobilisieren und unter anderem in Infrastrukturprojekte zu lenken, die auf dieses Kapital angewiesen sind, um zu expandieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Versicherungsunternehmen, insbesondere Lebensversicherer, zählen zu den größten institutionellen Anlegern in Europa und können sowohl Beteiligungs- als auch Fremdfinanzierungsmittel für langfristige Infrastruktur bereitstellen. |
(3) |
Am 2. April 2016 trat die Delegierte Verordnung (EU) 2016/467 (2) der Kommission zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission (3) in Kraft, die zu Risikokalibrierungszwecken eine eigene Anlageklasse für Infrastrukturprojekte einrichtete. |
(4) |
Auf Ersuchen der Kommission erteilte die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) weitere fachliche Empfehlungen hinsichtlich der Kriterien und Kalibrierung einer neuen Anlageklasse für Infrastrukturunternehmen. In diesen fachlichen Empfehlungen wurden auch einige Änderungen an den mit der Delegierten Verordnung (EU) 2016/467 eingeführten Kriterien für qualifizierte Investitionen in Infrastrukturprojekte befürwortet. |
(5) |
Um strukturierten Projektfinanzierungen Rechnung zu tragen, an denen mehrere Gesellschaften einer Unternehmensgruppe beteiligt sind, sollte der Begriff der „Infrastrukturprojektgesellschaft“ ersetzt und erweitert werden, um sowohl einzelne Gesellschaften als auch Unternehmensgruppen einzubeziehen. Um Gesellschaften zu berücksichtigen, die einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen durch Infrastrukturtätigkeiten erzielen, sollte der Wortlaut der die Einnahmen betreffenden Kriterien geändert werden. Zur Bewertung der Einnahmequellen einer Infrastrukturgesellschaft sollten das letzte Geschäftsjahr, soweit verfügbar, oder ein Finanzierungsvorschlag wie ein Anleiheprospekt oder Finanzprognosen in einem Kreditantrag herangezogen werden. Die Begriffsbestimmung der „Infrastrukturvermögenswerte“ sollte auch Sachwerte beinhalten, damit sich die relevanten Infrastrukturgesellschaften qualifizieren können. |
(6) |
Damit Infrastrukturgesellschaften, die aus rechtlichen oder eigentumsrelevanten Gründen nicht imstande sind, den Kreditgebern Sicherheit auf sämtliche Vermögenswerte zu verschaffen, nicht direkt ausgeschlossen werden, sollten Mechanismen vorgesehen werden, die andere Sicherheitsvereinbarungen zugunsten der Fremdkapitalgeber ermöglichen. |
(7) |
Um Situationen Rechnung zu tragen, bei denen eine Zuweisung vor einem Ausfall nach einzelstaatlichem Recht eventuell nicht zulässig ist, sollte die Anforderung, dass den Fremdkapitalgebern Eigenkapital als Sicherheit zugewiesen wird, nun in anderen Sicherheitsvereinbarungen enthalten sein. |
(8) |
Ergibt sich die Zustimmung der vorhandenen Fremdkapitalgeber implizit aus den Bedingungen des relevanten Dokuments, z. B. aufgrund einer Höchstverschuldungsgrenze, sollte die Emission weiterer Schuldtitel durch eine bestehende Infrastrukturgesellschaft oder Unternehmensgruppe für qualifizierte Infrastrukturinvestitionen gestattet sein. |
(9) |
Die Kalibrierungen in der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 sollten in angemessenem Verhältnis zum jeweiligen Risiko stehen. |
(10) |
Auf der Grundlage der fachlichen Empfehlungen der EIOPA hinsichtlich der Änderung der bestehenden Behandlung qualifizierter Investitionen in Infrastrukturprojekte sollten die bestehenden Vorschriften für Infrastrukturprojekte geändert werden. |
(11) |
Die fachlichen Empfehlungen der EIOPA sowie die zusätzlichen Belege bestätigen, dass qualifizierte Investitionen in Infrastrukturunternehmen sicherer sein können als Investitionen in Nicht-Infrastrukturprojekte. Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 sollte entsprechend geändert werden, um die neuen Risikokalibrierungen für Fremdkapitalinvestitionen in qualifizierte Infrastrukturunternehmen aufzunehmen und diese Investitionen so von Investitionen in Nicht-Infrastrukturprojekte zu unterscheiden. |
(12) |
Angemessene Begriffsbestimmungen und qualifizierende Kriterien sollten ein vorsichtiges Investitionsverhalten der Versicherungsunternehmen gewährleisten. Diese Begriffsbestimmungen und Kriterien sollten sicherstellen, dass nur sicherere Investitionen von den geringeren Kalibrierungen profitieren. |
(13) |
Die Diversifizierung der Einnahmen ist für bestimmte Infrastrukturgesellschaften, die für andere Infrastrukturunternehmen grundlegende Infrastrukturvermögenswerte oder -dienstleistungen bereitstellen, unter Umständen nicht immer möglich. In diesen Fällen sollten bei der Bewertung der Vorhersehbarkeit der Einnahmen Verträge mit unbedingten Zahlungsverpflichtungen zugelassen werden. |
(14) |
Bei den im Rahmen des Investitionsrisikomanagements durchzuführenden Stresstests sollten die aus Nicht-Infrastrukturtätigkeiten erwachsenden Risiken berücksichtigt werden. Um das Investitionsrisiko vorsichtig zu bewerten, sollten die durch diese Tätigkeiten erzielten Einnahmen bei der Feststellung, ob die finanziellen Verpflichtungen erfüllt werden können, jedoch keine Berücksichtigung finden. |
(15) |
Nach der Einführung der neuen Anlageklasse qualifizierte Infrastrukturunternehmen sollten die anderen Vorschriften der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 entsprechend angepasst werden, wie die Formel für die Solvenzkapitalanforderung und die Due-Diligence-Anforderungen, die für vorsichtige Investitionsentscheidungen von Versicherungsunternehmen von wesentlicher Bedeutung sind. |
(16) |
Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 sollte daher entsprechend geändert werden. |
(17) |
Um sofortige Investitionen in diese langfristige Infrastruktur-Anlageklasse zu ermöglichen, sollte gewährleistet werden, dass diese Verordnung so schnell wie möglich, d. h. am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, in Kraft tritt — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 wird wie folgt geändert:
1. |
Artikel 1 Nummer 55a und Nummer 55b erhält folgende Fassung:
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2. |
Artikel 164a Absatz 1 erhält folgende Fassung: „(1) Für die Zwecke dieser Verordnung ist eine qualifizierte Infrastrukturinvestition eine Investition in eine Infrastrukturgesellschaft, die die folgenden Kriterien erfüllt:
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3. |
Folgender Artikel 164b wird eingefügt: „Artikel 164b Qualifizierte Investitionen in Infrastrukturunternehmen Für die Zwecke dieser Verordnung ist eine qualifizierte Investition in ein Infrastrukturunternehmen eine Investition in eine Infrastrukturgesellschaft, die die folgenden Kriterien erfüllt:
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4. |
Artikel 168 wird wie folgt geändert:
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5. |
In Artikel 169 wird folgender Absatz 4 angefügt: „(4) Die Kapitalanforderung für qualifizierte Eigenkapitalinvestitionen in Infrastrukturunternehmen nach Artikel 168 dieser Verordnung entspricht dem Verlust an Basiseigenmitteln, der sich aus folgenden unmittelbaren Rückgängen ergäbe:
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6. |
In Artikel 170 wird folgender Absatz 4 angefügt: „(4) Hat ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen die aufsichtliche Genehmigung zur Anwendung der Vorschriften des Artikels 304 der Richtlinie 2009/138/EG erhalten, so entspricht die Kapitalanforderung für qualifizierte Eigenkapitalinvestitionen in Infrastrukturunternehmen dem Verlust an Basiseigenmitteln, der sich aus folgenden unmittelbaren Rückgängen ergäbe:
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7. |
In Artikel 171 erhält der einleitende Satz folgende Fassung: „Für die Zwecke des Artikels 169 Absatz 1 Buchstabe a, Absatz 2 Buchstabe a, Absatz 3 Buchstabe a und Absatz 4 Buchstabe a sowie des Artikels 170 Absatz 1 Buchstabe b, Absatz 2 Buchstabe b, Absatz 3 Buchstabe b und Absatz 4 Buchstabe b handelt es sich bei Aktien- bzw. Eigenkapitalinvestitionen strategischer Natur um Aktien- bzw. Eigenkapitalinvestitionen, für die das beteiligte Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen Folgendes nachweist:“. |
8. |
Dem Artikel 180 werden folgende Absätze 14, 15 und 16 angefügt: „(14) Risikoexponierungen in Form von Anleihen oder Darlehen, die die Kriterien in Absatz 15 erfüllen, wird in Abhängigkeit von der Bonitätseinstufung und der Duration der Risikoexponierung im Einklang mit der folgenden Tabelle ein Risikofaktor stressi zugeordnet:
(15) Für die Risikoexponierungen, denen im Einklang mit Absatz 14 ein Risikofaktor zugeordnet wird, gelten die folgenden Kriterien:
(16) Risikoexponierungen in Form von Anleihen oder Darlehen, die die Kriterien in Absatz 15 Buchstaben a und b, aber nicht die Kriterien in Absatz 15 Buchstabe c erfüllen, wird ein Risikofaktor stressi zugeordnet, der der Bonitätseinstufung 3 und der Duration der Risikoexponierung nach der Tabelle in Absatz 14 entspricht.“ |
9. |
Artikel 181 Buchstabe b Absatz 2 erhält folgende Fassung: „Für Vermögenswerte in dem zugeordneten Portfolio, für die keine Bonitätsbewertung einer benannten ECAI verfügbar ist, sowie für qualifizierte Infrastrukturvermögenswerte und für qualifizierte Vermögenswerte von Infrastrukturunternehmen, die eine Bonitätseinstufung von 3 erhalten haben, entspricht der Reduktionsfaktor 100 %.“ |
10. |
Artikel 261a erhält folgende Fassung: „Artikel 261a Risikomanagement für qualifizierte Infrastrukturinvestitionen oder qualifizierte Investitionen in Infrastrukturunternehmen (1) Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen führen, bevor sie eine qualifizierte Infrastrukturinvestition oder eine qualifizierte Investition in ein Infrastrukturunternehmen tätigen, angemessene Due-Diligence-Prüfungen durch, die alles Folgende beinhalten:
(2) Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die qualifizierte Infrastrukturinvestitionen oder qualifizierte Investitionen in Infrastrukturunternehmen halten, unterziehen die Cashflows und die Sicherheiten, mit denen die Infrastrukturgesellschaft unterlegt ist, einer regelmäßigen Überwachung und führen einschlägige Stresstests durch. Die Stresstests sind der Art, dem Umfang und der Komplexität des dem Infrastrukturprojekt inhärenten Risikos angemessen. (3) Bei den Stresstests werden die aus Nicht-Infrastrukturtätigkeiten erwachsenden Risiken berücksichtigt, jedoch finden die durch diese Tätigkeiten erzielten Einnahmen bei der Feststellung, ob die Infrastrukturgesellschaft ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann, keine Berücksichtigung. (4) Halten Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen wesentliche qualifizierte Infrastrukturinvestitionen oder qualifizierte Investitionen in Infrastrukturunternehmen, so nehmen sie in die schriftlich festgelegten Leitlinien nach Artikel 41 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG Bestimmungen auf, die eine aktive Überwachung dieser Investitionen während der Bauphase und eine Maximierung des im Falle einer Abwicklung aus diesen Investitionen wiedergewonnenen Betrags vorsehen. (5) Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die qualifizierte Infrastrukturinvestitionen oder qualifizierte Investitionen in Infrastrukturunternehmen in Anleihen oder Darlehen halten, gestalten ihr Aktiv-Passiv-Management in einer Weise, die dauerhaft gewährleistet, dass sie die Investition bis zur Fälligkeit halten können.“. |
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am 8. Juni 2017
Für die Kommission
Der Präsident
Jean-Claude JUNCKER
(1) ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1.
(2) Delegierte Verordnung (EU) 2016/467 der Kommission vom 30. September 2015 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 in Bezug auf die Berechnung der gesetzlichen Kapitalanforderungen für verschiedene von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gehaltene Anlageklassen (ABl. L 85 vom 1.4.2016, S. 6).
(3) Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 12 vom 17.1.2015, S. 1).