6.1.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 2/9


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 18. Dezember 2008

über die Bildung gemeinschaftlicher Impfstoffreserven gegen die Pferdepest

(2009/3/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Entscheidung 90/424/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich (1), insbesondere auf Artikel 6 Absätze 2 und 8,

gestützt auf die Richtlinie 92/35/EWG des Rates vom 29. April 1992 zur Festlegung von Kontrollregeln und Maßnahmen zur Bekämpfung der Pferdepest (2), insbesondere auf Artikel 12,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Pferdepest ist eine durch Arthropoden übertragene Equidenseuche, die hauptsächlich in Afrika südlich der Sahara auftritt. Gelegentlich hat sich die Seuche außerhalb von Afrika bis nach Indien verbreitet, allerdings auch nach Nordafrika und auf die Iberische Halbinsel sowie zwischen den beiden. Die Seuche wird von einem Orbivirus, ähnlich dem Erreger der Blauzungenkrankheit, verursacht. Anders als die Blauzungenkrankheit bei Schafen und Rindern ist die Pferdepest jedoch für Pferde fast immer tödlich.

(2)

Durch Virusneutralisierung wurden neun antigenetisch verschiedene Serotypen des Pferdepestvirus ermittelt, aber zwischen den Serotypen 1 und 2, 3 und 7, 5 und 8 sowie 6 und 9 wurden einige Kreuzreaktionen festgestellt, die zur Impfstoffherstellung verwendet werden.

(3)

Die anhaltende Zirkulation des Blauzungenvirus in einigen Mitgliedstaaten ist ausreichender Beweis dafür, dass in den betreffenden Gebieten fast ununterbrochen geeignete Vektoren vorhanden sind. Das Pferdepestvirus und das Blauzungenvirus werden durch den gleichen Vektor Culicoides übertragen; daher ist das Risiko der Viruseinschleppung in die Mitgliedstaaten nicht zu vernachlässigen. Die von der Blauzungenkrankheit betroffenen Teile der Gemeinschaft sind auch Kernzuchtgebiete für wertvolle Pferdepopulationen, die somit durch die Pferdepest besonders gefährdet sind.

(4)

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 92/35/EWG sieht für den Fall eines Ausbruchs der Pferdepest den frühzeitigen Impfstoffeinsatz vor. Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der genannten Richtlinie kann die Kommission entscheiden, systematische Impfungen von Equiden gegen die Pferdepest durchzuführen; allerdings wird derzeit kein Pferdepestimpfstoff von der pharmazeutischen Industrie in den Mitgliedstaaten produziert, in Europa ist auch keiner von einem internationalen Hersteller registriert worden.

(5)

Der Ausbruch von 1987—1991 in Spanien, Portugal und später auch Marokko wurde mit erheblicher Unterstützung der Gemeinschaft in diesem Ökosystem getilgt, und seit 1993 erfüllen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Bedingungen für pferdepestfreie Länder nach den Kriterien der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften.

(6)

Kapitel 12.1 des Gesundheitskodex für Landtiere („Kodex“) des Internationalen Tierseuchenamts (OIE) (3) legt unter anderem die Standards für die Verbringung geimpfter oder seropositiver Equiden fest und enthält die Leitlinien für die Erhaltung oder Wiedererlangung des Seuchenfreiheitsstatus nach einem Ausbruch.

(7)

Solange eine spezifische Monographie für Impfstoffe gegen die Pferdepest im Europäischen Arzneibuch fehlt, ist der einzige verfügbare und maßgebliche Standard für attenuierten Lebendimpfstoff gegen die Pferdepest die Beschreibung des von Onderstepoort Biological Products Ltd (OBP) in Südafrika produzierten Impfstoffs in Kapitel 2.5.1 des Handbuchs der Diagnosetests und Impfstoffe für Landtiere (4).

(8)

Angesichts der Erfahrungen mit der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit in den Mitgliedstaaten zur Verhinderung der Einschleppung bislang unentdeckter Serotypen in ein Ökosystem ist es notwendig, Reserven anzulegen, um im Notfall auf monovalente Impfstoffe zurückgreifen zu können, die nur den bereits vorhandenen oder die Region direkt gefährdenden Serotyp enthalten. Das Unternehmen OBP verfügt über die Technologie, geeignete monovalente attenuierte Impfstoffe aus den sieben Serotypen herzustellen, die zu den routinemäßig produzierten drei- und vierwertigen attenuierten Lebendimpfstoffen zur kombinierten aufeinanderfolgenden Verwendung in endemischen Settings gehören, welche gegen alle neun Serotypen des Pferdepestvirus wirksam ist.

(9)

Somit ist OBP der einzige potenzielle Vertragspartner, der über die nötigen Kapazitäten verfügt, um wirksame Impfstoffe gegen die Pferdepest herzustellen, die den international anerkannten Standards entsprechen, im Sinne des Artikels 123 Absatz 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (5).

(10)

Das OIE-Handbuch gibt einen verlängerten Stabilitätszeitraum im Fall der Lagerung des lyophilisierten Impfstoffs bei 4-8 °C an; die im Handel garantierte Haltbarkeitsdauer ist jedoch auf zwei Jahre festgesetzt. Daher sollte angesichts der epidemiologischen Situation und der möglichen Entwicklung neuer Impfstoffe rechtzeitig vor Ablauf der Haltbarkeitsdauer eine Entscheidung über die Erneuerung der Impfstoffvorräte getroffen werden.

(11)

Aufgrund der Erfahrungen mit anderen gemeinschaftlichen Impfstoffreserven und angesichts der Tatsache, dass im Falle der Pferdepest eine vollständige Erstimpfung aus der ersten Impfstoffverabreichung und einer Auffrischungsimpfung besteht, wäre eine Gesamtzahl von 100 000 Dosen jedes der sieben attenuierten Serotypen ausreichend für eine erste Notfallreaktion.

(12)

Zum Schutz empfänglicher Equiden ist es daher sinnvoll, gemeinschaftliche Impfstoffreserven gegen die Pferdepest zu bilden und sie für den Einsatz im Notfall in den Mitgliedstaaten oder in epidemiologisch relevanten benachbarten Drittländern, die ein besonderes Pferdepestrisiko für sie darstellen, bereitzustellen.

(13)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit —

BESCHLIESST:

Artikel 1

(1)   Die Gemeinschaft trifft Vorkehrungen zum Ankauf von 100 000 Dosen lyophilisierter monovalenter attenuierter Lebendimpfstoffe, einschließlich der notwendigen Lösungen, gegen die Pferdepest jedes der Serotypen 1, 2, 3, 4, 6, 7 und 8.

(2)   Die Vorkehrungen gemäß Absatz 1 umfassen die Bereitstellung und die Lagerung von insgesamt 700 000 Dosen lyophilisierter Impfstoffe und die unverzügliche Verbringung der genannten Impfstoffe an einen im Notfall von der Kommission benannten Ort in der Europäischen Union oder in ihrer epidemiologisch relevanten direkten Nachbarschaft.

Artikel 2

Die Kosten für die Maßnahmen gemäß Artikel 1 dürfen in einem Zeitraum von zwei Jahren 500 000 EUR nicht übersteigen.

Artikel 3

Um die Ziele von Artikel 1 und 2 zu erreichen, schließt die Kommission für 2009 und 2010 einen Liefervertrag mit Onderstepoort Biological Products Ltd (OBP) in Südafrika über Folgendes ab:

Bereitstellung und Lagerung der in Artikel 1 Absatz 1 beschriebenen Impfstoffe,

Lieferung der Impfstoffe zusammen mit den Lösungen gemäß Artikel 1 Absatz 2 und

Einzelheiten der Entsorgung der abgelaufenen Impfstoffe.

Brüssel, den 18. Dezember 2008

Für die Kommission

Androulla VASSILIOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 19.

(2)  ABl. L 157 vom 10.6.1992, S. 19.

(3)  http://www.oie.int/eng/normes/mcode/en_chapitre_1.12.1.htm

(4)  http://www.oie.int/eng/normes/mmanual/2008/pdf/2.05.01_AHS.pdf

(5)  ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1.