31998L0041

Richtlinie 98/41/EG des Rates vom 18. Juni 1998 über die Registrierung der an Bord von Fahrgastschiffen im Verkehr nach oder von einem Hafen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft befindlichen Personen

Amtsblatt Nr. L 188 vom 02/07/1998 S. 0035 - 0039


RICHTLINIE 98/41/EG DES RATES vom 18. Juni 1998 über die Registrierung der an Bord von Fahrgastschiffen im Verkehr nach oder von einem Hafen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft befindlichen Personen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 84 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 189c des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit im Seeverkehr zu erhöhen.

(2) Die Gemeinschaft ist ernstlich besorgt über die Unfälle, von denen Fahrgastschiffe betroffen waren und die eine Vielzahl von Menschenleben gekostet haben, insbesondere über das Unglück der "Herald of Free Enterprise" und der "Estonia". Wer in der Gemeinschaft Fahrgastschiffe oder Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge benutzt, kann mit Recht einen angemessenen Sicherheitsstandard und ein ausreichendes Informationssystem zur Erleichterung von Such- und Rettungsmaßnahmen und die effiziente Organisation der weiteren Abwicklung nach einem eventuellen Unfall erwarten und muß sich auf sie verlassen können.

(3) Es muß sichergestellt werden, daß die Zahl der Fahrgäste an Bord eines Fahrgastschiffes nicht höher ist als die Zahl, für die das Schiff und seine Sicherheitsausrüstung zugelassen sind. Die Gesellschaften sollten den Such- und Rettungsdiensten Angaben über die Zahl der von einem möglichen Unfall betroffenen Personen machen können.

(4) Angaben über Fahrgäste und Besatzung werden zur leichteren Suche und Rettung sowie zur effizienten Organisation der weiteren Abwicklung nach einem Unfall benötigt, z.B. zur Identifizierung der beteiligten Personen, zur Klärung der damit zusammenhängenden rechtlichen Fragen und für eine gezieltere medizinische Betreuung der Geretteten. Solche Angaben könnten unnötige Ängste von Angehörigen und sonstigen Betroffenen um Personen an Bord eines havarierten Fahrgastschiffs in einem Seegebiet mildern, in dem ein Mitgliedstaat nach dem Internationalen Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst die Verantwortung trägt.

(5) Die Fahrgäste sollten deshalb vor der Abfahrt des Schiffes gezählt und registriert werden.

(6) Kapitel III des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS-Übereinkommen) sieht die Zählung und Registrierung aller Personen an Bord von Fahrgastschiffen auf internationalen Fahrten ab dem 1. Juli 1997 bzw. ab dem 1. Januar 1999 vor; die Verwaltungen können jedoch Fahrgastschiffe in geschützten Gewässern von diesen Vorschriften sowie von der Registrierungsvorschrift freistellen, wenn die Erfassung entsprechender Daten wegen des Linienbetriebs dieser Schiffe undurchführbar ist. Kapitel III des SOLAS-Übereinkommens gilt nicht für Inlandsfahrten und überläßt die Interpretation in wesentlichen Punkten dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten.

(7) Diese Richtlinie steht im Einklang mit dem Recht der Mitgliedstaaten, für Fahrgastschiffe, die einen ihrer Häfen anlaufen oder aus ihm auslaufen, Vorschriften zu erlassen, die strenger sind als die Vorschriften des SOLAS-Übereinkommens.

(8) Wegen des Binnenmarktbezugs der Fahrgastbeförderung im Seeverkehr ist eine Maßnahme der Gemeinschaft der effizienteste Weg, um bei Schiffen in der ganzen Gemeinschaft für einen einheitlichen Mindestsicherheitsstandard zu sorgen.

(9) Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stellt eine Richtlinie des Rates das geeignete Rechtsinstrument dar, da sie einen Rahmen für eine einheitliche und bindende Anwendung der Sicherheitsnormen durch die Mitgliedstaaten bildet, gleichzeitig aber jedem einzelnen Mitgliedstaat die Entscheidung darüber überlassen wird, welche Form der Umsetzung seiner innerstaatlichen Rechtsordnung am besten entspricht.

(10) Die Mitgliedstaaten können dafür sorgen, daß unter ihrer Flagge fahrende Fahrgastschiffe und deren Betreiber die geltenden Sicherheitsvorschriften erfuellen. Diese Vorschriften sollten nicht auf Schiffe Anwendung finden, die zwischen Häfen in Drittländern verkehren. Für diese Routen gelten die SOLAS-Vorschriften.

(11) Die Mitgliedstaaten können die Sicherheit und die effiziente Organisation der weiteren Abwicklung nach einem möglichen Unfall bei allen Fahrgastschiffen unabhängig davon, welche Flagge diese führen, die einen ihrer Häfen verlassen oder dies zu tun beabsichtigen, nur dadurch sicherstellen, daß sie als Bedingung für das Auslaufen aus ihren Häfen die Erfuellung der einschlägigen Sicherheitsvorschriften verlangen. Die Gewährung einer Befreiung von diesen Vorschriften darf nicht allein dem Flaggenstaat überlassen werden, da nur der Hafenstaat die Bedingungen für die bestmöglichen Such- und Rettungsarbeiten für Fahrgastschiffe, die einen Hafen anlaufen oder aus ihm auslaufen, festlegen kann.

(12) Im Hinblick auf die Harmonisierung der Sicherheitsbestimmungen und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollten die Mitgliedstaaten bei Fahrten von oder zu einem Gemeinschaftshafen nicht aus anderen als den in dieser Richtlinie genannten Gründen Abweichungen oder Ausnahmen von den SOLAS-Bestimmungen für die "Angaben über Fahrgäste" gewähren.

(13) Aus praktischen Gründen und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen muß ein einheitliches Konzept festgelegt werden, nach dem sich ermitteln läßt, für welche Fahrten die Pflicht zur Registrierung aller Fahrgäste gilt. Mit der 20-Seemeilen-Grenze wurden allgemeine Grundsätze und besondere Anliegen aller Mitgliedstaaten berücksichtigt.

(14) Aus bestimmten praktischen Gründen kann das Zählen von Personen auf Fahrgastschiffen, die die Straße von Messina überqueren, während eines begrenzten Zeitraums in einer einfacheren Form erfolgen als der der Einzelzählung. Die Mitgliedstaaten sollten im Hinblick auf die Verpflichtung zur Übermittlung der Personenzahl an die Küste einen gewissen Spielraum haben, sofern es um Fahrgastschiffe geht, die, wie in der Richtlinie festgelegt, ausschließlich in geschützten Seegebieten im Linienverkehr mit kurzer Fahrzeit eingesetzt sind. Da das Risiko bei Fahrgastschiffen, die ausschließlich in geschützten Seegebieten verkehren, geringer ist, sollte für diese Schiffe eine Freistellung möglich sein. Da eine Registrierung der Personen an Bord unter bestimmten Umständen für die Reederei fast nicht durchführbar ist, sollte unter bestimmten Umständen und zu genau festgelegten Bedingungen eine Abweichung von der Registrierungspflicht gewährt werden können.

(15) Die Daten der einzelnen Personen müssen nach den in der Richtlinie 95/46/EG (4) verankerten Datenschutzgrundsätzen erfaßt und verarbeitet werden. Insbesondere sollten die einzelnen Personen zum Zeitpunkt der Erfassung vollständig über die Zwecke, für die die Daten benötigt werden, unterrichtet und die Daten nur kurze Zeit, auf keinen Fall aber länger als für die Zwecke dieser Richtlinie erforderlich, aufbewahrt werden.

(16) Die Kommission muß zur wirksamen Anwendung der Richtlinie durch einen Ausschuß unterstützt werden, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Diese Aufgabe kann der nach Artikel 12 der Richtlinie 93/75/EWG (5) eingesetzte Ausschuß übernehmen.

(17) Gewisse Bestimmungen dieser Richtlinie können über diesen Ausschuß geändert werden, um künftigen Änderungen des SOLAS-Übereinkommens nach ihrem Inkrafttreten Rechnung zu tragen -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Diese Richtlinie soll die Sicherheit und die Möglichkeit der Rettung von Fahrgästen und Besatzungsmitgliedern, die sich an Bord von Fahrgastschiffen im Verkehr nach oder von einem Hafen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft befinden, verbessern und dafür sorgen, daß Such- und Rettungsmaßnahmen und die weitere Abwicklung nach einem eventuellen Unfall wirksamer durchgeführt werden können.

Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

- "Personen" alle an Bord befindlichen Personen unabhängig von ihrem Alter;

- "Fahrgastschiff" ein Seeschiff oder ein seetüchtiges Hochgeschwindigkeitsfahrzeug, das mehr als zwölf Fahrgäste befördert;

- "Hochgeschwindigkeitsfahrzeug" ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug im Sinne von Kapitel X Regel 1 des SOLAS-Übereinkommens von 1974 in der bei Erlaß dieser Richtlinie geltenden Fassung;

- "Gesellschaft" den Eigentümer des Fahrgastschiffes oder ein anderes Unternehmen oder eine andere Person wie den Betreiber oder den Bareboat-Charterer, das bzw. die von dem Eigentümer die Verantwortung für den Betrieb des Fahrgastschiffes übernommen hat;

- "ISM-Code" den internationalen Kodex für Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs und zur Verhütung der Meeresverschmutzung, den die Internationale Seeschiffahrtsorganisation (IMO) als Entschließung A.741 (18) vom 4. November 1993 angenommen hat;

- "Fahrgastregisterführer" die an Land befindliche Person, die von einer Gesellschaft als verantwortlich für die Erfuellung der Verpflichtungen aus dem ISM-Kodex benannt ist, oder eine an Land befindliche Person, die von der Gesellschaft als verantwortlich für die Aufbewahrung von Angaben über die auf einem Fahrgastschiff der Gesellschaft befindlichen Personen benannt ist;

- "benannte Behörde" die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, die für die Such- und Rettungsmaßnahmen verantwortlich ist oder mit der Abwicklung nach einem Unfall befaßt ist;

- "eine Seemeile" 1 852 Meter;

- "geschütztes Seegebiet" ein Seegebiet, in dem nicht die Verhältnisse der offenen See herrschen und in dem ein Schiff zu keinem Zeitpunkt mehr als 6 Seemeilen von einem Zufluchtspunkt entfernt ist, wo Schiffbrüchige anlanden können und wo Such- und Rettungseinrichtungen in der Nähe zur Verfügung stehen;

- "Linienverkehr" eine Abfolge von Schiffahrten, durch die dieselben beiden oder mehr Häfen miteinander verbunden werden, und zwar

a) entweder nach einem veröffentlichten Fahrplan oder

b) so regelmäßig oder häufig, daß eine systematische Abfolge erkennbar ist;

- "Drittland" ein Land, das nicht zu den Mitgliedstaaten zählt.

Artikel 3

Diese Richtlinie gilt für Fahrgastschiffe mit Ausnahme von

- Kriegsschiffen und Truppentransportschiffen sowie

- Sportfahrzeugen, sofern sie nicht über eine Besatzung verfügen oder verfügen sollen und zu kommerziellen Zwecken mehr als zwölf Fahrgäste befördern.

Artikel 4

(1) Alle Personen an Bord eines aus einem Hafen eines Mitgliedstaates auslaufenden Fahrgastschiffes sind vor der Abfahrt des Schiffes zu zählen.

(2) Die Zahl der Personen an Bord ist vor der Abfahrt dem Kapitän des Fahrgastschiffes sowie dem Fahrgastregisterführer der Gesellschaft oder einem an Land befindlichen System der Gesellschaft, das demselben Zweck dient, zu melden.

Artikel 5

(1) Bei allen Fahrgastschiffen, die aus einem Hafen eines Mitgliedstaates auslaufen und eine Fahrt von mehr als 20 Seemeilen ab ihrem Ausgangspunkt unternehmen, sind folgende Angaben zu registrieren:

- Familiennamen der an Bord befindlichen Personen,

- Vornamen oder deren Anfangsbuchstaben,

- Geschlecht,

- Altersgruppe (Erwachsener, Kind oder Kleinkind), der die Person angehört, oder Alter oder Geburtsjahr,

- auf Wunsch des Fahrgastes: im Notfall benötigte besondere Betreuung oder Hilfe.

(2) Diese Angaben sind vor der Abfahrt des Fahrgastschiffes zu erheben und spätestens 30 Minuten nach dessen Abfahrt dem Fahrgastregisterführer der Gesellschaft oder einem an Land befindlichen System der Gesellschaft, das demselben Zweck dient, zu übermitteln.

Artikel 6

(1) Jeder Mitgliedstaat verlangt bei Fahrgastschiffen, die seine eigene Flagge führen und die von einem außergemeinschaftlichen Hafen aus einen innergemeinschaftlichen Hafen anlaufen, von der Gesellschaft, daß die in Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 5 Absatz 1 genannten Angaben in der in Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 5 Absatz 2 vorgesehenen Weise zur Verfügung gestellt werden.

(2) Jeder Mitgliedstaat muß bei Fahrgastschiffen, die die Flagge eines Drittlandes führen und die von einem außergemeinschaftlichen Hafen aus einen innergemeinschaftlichen Hafen anlaufen, von der Gesellschaft verlangen, daß die in Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 5 Absatz 1 genannten Angaben erhoben und bereitgehalten werden, so daß sie erforderlichenfalls der benannten Behörde für Such- und Rettungszwecke und zur weiteren Abwicklung nach einem Unfall zur Verfügung gestellt werden können.

(3) Ein Mitgliedstaat kann Schiffe, die seine Flagge führen und die von einem außergemeinschaftlichen Hafen aus einen innergemeinschaftlichen Hafen anlaufen, von der Verpflichtung zur Registrierung der Fahrgäste nach den einschlägigen SOLAS-Bestimmungen nur unter den Bedingungen befreien bzw. ihnen eine Abweichung von dieser Verpflichtung nur unter den Bedingungen zugestehen, die in dieser Richtlinie für Freistellungen und Abweichungen festgelegt sind.

Artikel 7

Der Kapitän stellt vor der Abfahrt sicher, daß die Zahl der Personen, die sich an Bord eines aus dem Hafen eines Mitgliedstaates auslaufenden Fahrgastschiffes befinden, die Zahl der Personen, die von dem Schiff befördert werden dürfen, nicht überschreitet.

Artikel 8

Alle Gesellschaften, die die Verantwortung für den Betrieb eines Fahrgastschiffes tragen, haben, sofern dies nach den Artikeln 4 und 5 vorgeschrieben ist,

- ein System für die Registrierung der Angaben zu den Fahrgästen zu schaffen. Das System muß die in Artikel 11 genannten Kriterien erfuellen;

- einen Fahrgastregisterführer zu benennen, der für die Aufbewahrung und in einem Notfall oder zur Abwicklung nach einem Unfall für die Weiterleitung dieser Angaben verantwortlich ist.

Die Gesellschaft sorgt dafür, daß die nach dieser Richtlinie vorgeschriebenen Angaben jederzeit zur Übermittlung an die benannte Behörde für Such- und Rettungszwecke in einem Notfall oder zur Abwicklung nach einem Unfall leicht verfügbar sind.

Nach Artikel 5 erhobene personenbezogene Daten werden nicht länger als für die Zwecke dieser Richtlinie erforderlich aufbewahrt.

Die Gesellschaft sorgt dafür, daß die Angaben zu Personen, die Bedarf an besonderer Hilfe oder Fürsorge im Notfall angemeldet haben, ordnungsgemäß registriert und dem Kapitän vor Abfahrt des Fahrgastschiffes übermittelt werden.

Artikel 9

(1) Ein Mitgliedstaat, aus dessen Hafen ein Fahrgastschiff ausläuft, kann die in Artikel 5 genannte Grenze von 20 Seemeilen herabsetzen.

Entscheidungen zur Herabsetzung der 20-Seemeilen-Grenze für Fahrten zwischen zwei Häfen in verschiedenen Mitgliedstaaten werden von den betreffenden beiden Mitgliedstaaten gemeinsam getroffen.

(2) a) Bei der Umsetzung des Artikels 4 Absatz 1 kann die Italienische Republik für den Linienverkehr über die Straße von Messina Vorschriften für die Feststellung der zulässigen Hoechstzahl der Personen an Bord eines Fahrgastschiffes erlassen, das Eisenbahn-Personenwagen und Straßenfahrzeuge geladen hat, und sich dabei auf die zulässige Hoechstzahl an Reisenden für Eisenbahn-Personenwagen bzw. Insassen für alle anderen an Bord befindlichen Fahrzeuge stützen, sofern die Einzelzählung der Fahrgäste aus praktischen Gründen nicht möglich ist. Die Gültigkeit dieser Bestimmung ist auf vier Jahre begrenzt. Über eine Verlängerung dieser Frist wird unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrung in Übereinstimmung mit Absatz 3 entschieden.

b) Ein Mitgliedstaat, aus dessen Hafen ein Schiff ausläuft, kann Fahrgastschiffe, die ausschließlich in einem geschützten Seegebiet im Linienverkehr mit einer Fahrzeit von weniger als einer Stunde zwischen den Anlegehäfen eingesetzt sind, von der in Artikel 4 Absatz 2 festgelegten Verpflichtung befreien, dem Fahrgastregisterführer oder einem an Land befindlichen System der Gesellschaft, das demselben Zweck dient, die Zahl der an Bord befindlichen Personen zu melden.

c) Ein Mitgliedstaat kann Fahrgastschiffe, die ausschließlich in geschützten Seegebieten bei Fahrten zwischen zwei Häfen bzw. bei Fahrten von und zu ein und demselben Hafen ohne Zwischenstopps eingesetzt werden, von den Verpflichtungen des Artikels 5 befreien.

(3) Für die in Absatz 2 genannten Fälle ist folgendes Verfahren anzuwenden:

a) Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission unverzüglich unter Angabe hinreichender Gründe von seinem Beschluß, eine Freistellung bzw. Ausnahme von den einschlägigen Bestimmungen der Artikel 4 und 5 zu erteilen.

b) Gelangt die Kommission innerhalb von sechs Monaten nach der Unterrichtung zu der Auffassung, daß dieser Beschluß nicht gerechtfertigt ist oder sich nachteilig auf den Wettbewerb auswirken könnte, so kann sie nach dem Verfahren des Artikels 13 den Mitgliedstaat auffordern, seinen Beschluß abzuändern oder zu widerrufen.

(4) Für regelmäßige Verkehre in einem Gebiet, in dem die Wahrscheinlichkeit, eine 2 Meter überschreitende signifikante Wellenhöhe anzutreffen, im Jahresdurchschnitt unter 10 % liegt, und

- falls sich das Schiff nicht mehr als ungefähr 30 Seemeilen vom Ausgangspunkt entfernt oder

- vorrangig regelmäßige Verkehrsverbindungen für Gemeinschaften in abgelegenen Gebieten, die diese Verbindungen gewohnheitsmäßig benutzen, hergestellt werden sollen,

kann ein Mitgliedstaat, aus dessen Hafen Fahrgastschiffe zu einer Inlandfahrt auslaufen, oder können zwei Mitgliedstaaten, zwischen deren Häfen Fahrgastschiffe verkehren, bei der Kommission beantragen, Gesellschaften ganz oder teilweise von der Verpflichtung zur Registrierung der Angaben gemäß Artikel 5 Absatz 1 zu befreien, wenn diese ihrer Ansicht nach für diese Gesellschaften undurchführbar ist.

Für die Undurchführbarkeit muß ein Nachweis erbracht werden. Zusätzlich ist nachzuweisen, daß in dem Einsatzgebiet dieser Schiffe landseitige Navigationshilfen und verläßliche Wettervorhersagen bereitstehen und daß geeignete und ausreichende Such- und Rettungseinrichtungen verfügbar sind. Ausnahmeregelungen gemäß diesem Absatz dürfen sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb auswirken.

Die entsprechenden Beschlüsse sind nach dem Verfahren des Artikels 13 zu fassen.

(5) Ein Mitgliedstaat darf für aus seinen Häfen auslaufende Fahrgastschiffe, die die Flagge eines Drittlandes führen, das Vertragspartei des SOLAS-Übereinkommens ist, nicht unter Berufung auf diese Richtlinie eine Freistellung erteilen oder eine Ausnahmeregelung gewähren, wenn sie nach den einschlägigen SOLAS-Bestimmungen für eine Anwendung solcher Befreiungen nicht in Frage kommen.

Artikel 10

Die gemäß Artikel 8 eingerichteten Registrierungssysteme müssen von den Mitgliedstaaten genehmigt werden.

Die Mitgliedstaaten prüfen zumindest durch Stichproben, ob das gemäß dieser Richtlinie in ihrem Hoheitsgebiet eingerichtete Registrierungssystem ordnungsgemäß funktioniert.

Jeder Mitgliedstaat benennt die Behörde, der die in Artikel 8 bezeichneten Gesellschaften die nach dieser Richtlinie vorgeschriebenen Angaben zu übermitteln haben.

Artikel 11

(1) Die Registrierungssysteme müssen für die Zwecke dieser Richtlinie folgende Funktionskriterien erfuellen:

i) Lesbarkeit:

Die vorgeschriebenen Daten müssen in einem leicht lesbaren Format abgefaßt sein.

ii) Verfügbarkeit:

Die vorgeschriebenen Daten müssen für die benannten Behörden, für die die in dem System enthaltenen Angaben wichtig sind, leicht verfügbar sein.

iii) Reibungslosigkeit:

Das System muß so konzipiert sein, daß für die Fahrgäste beim Ein- und/oder Ausschiffen keine unnötigen Verzögerungen entstehen.

iv) Sicherheit:

Die Daten sollten in geeigneter Weise gegen versehentliche oder widerrechtliche Vernichtung und Verlust und gegen unbefugte Veränderung oder Weitergabe sowie unbefugten Zugang geschützt sein.

(2) Es ist zu vermeiden, daß auf denselben oder ähnlichen Routen mehrere Systeme nebeneinander bestehen.

Artikel 12

Unbeschadet der Verfahren zur Änderung des SOLAS-Übereinkommens kann diese Richtlinie nach dem Verfahren des Artikels 13 geändert werden, damit sichergestellt wird, daß für die Zwecke dieser Richtlinie und ohne Erweiterung ihres Anwendungsbereichs nach Erlaß dieser Richtlinie in Kraft getretene Änderungen des SOLAS-Übereinkommens in bezug auf die Registrierungssysteme angewandt werden.

Artikel 13

Die Kommission wird von dem gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 93/75/EG eingesetzten Ausschuß unterstützt. Der Ausschuß wird nach dem Verfahren der Absätze 2 und 3 des genannten Artikels 12 tätig.

Artikel 14

Die Mitgliedstaaten legen Sanktionssysteme für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß diese Sanktionen angewendet werden. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein.

Artikel 15

(1) Die Mitgliedstaaten setzen spätestens am 1. Januar 1999 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen; sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Artikel 5 wird spätestens ab 1. Januar 2000 angewandt.

(2) Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(3) Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission unverzüglich über alle innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Die Kommission setzt die übrigen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis.

Artikel 16

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Artikel 17

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 18. Juni 1998.

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. STRANG

(1) ABl. C 31 vom 31. 1. 1997, S. 5, und ABl. C 275 vom 11. 9. 1997, S. 7.

(2) ABl. C 206 vom 7. 7. 1997, S. 111.

(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 29. Mai 1997 (ABl. C 138 vom 16. 6. 1998, S. 31), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 11. Dezember 1997 (ABl. C 23 vom 23. 1. 1998, S. 17) und Beschluß des Europäischen Parlaments vom 11. März 1998 (ABl. C 104 vom 6. 4. 1998).

(4) ABl. L 281 vom 23. 11. 1995, S. 31.

(5) ABl. L 247 vom 5. 10. 1993, S. 19.