27.1.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 22/65


EMPFEHLUNG (EU) 2017/146 DER KOMMISSION

vom 21. Dezember 2016

zur Rechtsstaatlichkeit in Polen in Ergänzung zur Empfehlung (EU) 2016/1374

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 27. Juli 2016 nahm die Kommission eine Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit in Polen (1) an, in der sie ihre Bedenken bezüglich der Lage des Verfassungsgerichtshofs darlegte und Empfehlungen zur Ausräumung dieser Bedenken aussprach.

(2)

Die Empfehlung der Kommission wurde innerhalb des Rahmens zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips (2) angenommen. Im Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips wird zum einen dargelegt, wie die Kommission bei klaren Hinweisen auf eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat der Union reagieren wird, und werden zum anderen die sich aus der Rechtsstaatlichkeit ableitenden Grundsätze erläutert. Der Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips enthält Leitlinien für einen Dialog zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat, die die Entstehung einer systemimmanenten Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit verhindern sollen, die sich zu einer „eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung“ ausweiten könnte, was möglicherweise das Verfahren nach Artikel 7 EUV auslösen würde. Gibt es in einem Mitgliedstaat klare Hinweise auf eine systemimmanente Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit, kann die Kommission innerhalb des Rahmens zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips einen Dialog mit dem betreffenden Mitgliedstaat einleiten.

(3)

Die Europäische Union gründet sich auf eine Reihe gemeinsamer Werte, die in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankert sind und zu denen die Achtung der Rechtsstaatlichkeit zählt. Neben ihrer Aufgabe als Hüterin des Unionsrechts obliegt der Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten und dem Rat darüber hinaus auch die Sicherstellung der gemeinsamen Werte der Union.

(4)

Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und die Texte des Europarats, der sich auf diesem Gebiet vor allem auf die Sachkenntnis der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht („Venedig-Kommission“) stützt, liefern eine nicht erschöpfende Aufstellung dieser Grundsätze und definieren das Rechtsstaatsprinzip im Kern als einen gemeinsamen Wert der Union im Sinne von Artikel 2 EUV. Zu diesen Grundsätzen zählen das Rechtmäßigkeitsprinzip, das einen transparenten, auf der Rechenschaftspflicht beruhenden, demokratischen und pluralistischen Gesetzgebungsprozess impliziert, die Rechtssicherheit, das Willkürverbot für die Exekutive, unabhängige und unparteiische Gerichte, eine wirksame richterliche Kontrolle, auch im Hinblick auf die Grundrechte, und die Gleichheit vor dem Gesetz (3). Neben der Wahrung dieser Grundsätze und Werte sind die Staatsorgane auch zur loyalen Zusammenarbeit verpflichtet.

(5)

In ihrer Empfehlung vom 27. Juli 2016 erläuterte die Kommission die Umstände, unter denen sie am 13. Januar 2016 beschlossen hatte, die Lage anhand des Rahmens zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips zu prüfen, und unter denen sie am 1. Juni 2016 eine Stellungnahme zur Rechtsstaatlichkeit in Polen abgegeben hatte. Ferner wurde in der Empfehlung erläutert, dass die Bedenken der Kommission durch den Austausch zwischen der Kommission und der polnischen Regierung nicht ausgeräumt werden konnten.

(6)

Die Kommission gelangte in ihrer Empfehlung zu der Auffassung, dass eine systemimmanente Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in Polen vorliege, und empfahl den polnischen Behörden, dringend geeignete Maßnahmen zu treffen, um dieser Gefährdung entgegenzuwirken.

(7)

Insbesondere empfahl sie den polnischen Behörden, a) die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 3. und 9. Dezember 2015 vollständig umzusetzen, denen zufolge die drei Richter, die im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannt wurden, ihr Amt als Richter am Verfassungsgerichtshof antreten können und die drei Richter, die vom 8. Sejm ohne gültige Rechtsgrundlage benannt wurden, ihr Amt nicht ohne rechtskräftige Wahl antreten dürfen; b) die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 9. März 2016 zu veröffentlichen und vollständig umzusetzen und dafür zu sorgen, dass künftige Urteile systematisch veröffentlicht werden und weder die Exekutive noch die Legislative über ihre Veröffentlichung entscheiden kann; c) sicherzustellen, dass jede Reform des Verfassungsgerichtshofgesetzes im Einklang steht mit den Urteilen des Verfassungsgerichtshofs, darunter den Urteilen vom 3. und 9. Dezember 2015 sowie vom 9. März 2016, und der Stellungnahme der Venedig-Kommission umfassend Rechnung trägt, und sicherzustellen, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Funktion als Garant der Verfassung nicht durch Anforderungen geschwächt wird; d) sicherzustellen, dass der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des am 22. Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof prüfen kann, bevor es in Kraft tritt, und dass das diesbezügliche Urteil des Verfassungsgerichtshofs veröffentlicht und vollständig umgesetzt wird; e) Maßnahmen und öffentliche Erklärungen zu unterlassen, die die Legitimität und Handlungsfähigkeit des Verfassungsgerichtshofs beeinträchtigen könnten.

(8)

Die Kommission forderte die polnischen Behörden auf, die in der Empfehlung festgestellten Probleme innerhalb von drei Monaten zu beheben und der Kommission die hierzu unternommenen Schritte mitzuteilen. Die Kommission wies darauf hin, dass sie weiterhin gewillt sei, den konstruktiven Dialog mit der polnischen Regierung fortzusetzen.

(9)

Am 30. Juli 2016 unterzeichnete der Präsident der Republik das Gesetz vom 22. Juli 2016, das am 1. August 2016 im Amtsblatt veröffentlicht wurde.

(10)

Am 11. August 2016 erließ der Verfassungsgerichtshof ein Urteil zum Gesetz vom 22. Juli 2016 (4). In dem Urteil wurden einige Bestimmungen dieses Gesetzes, die die Kommission in ihrer Empfehlung ebenfalls als Probleme eingestuft hatte, für verfassungswidrig erklärt. Die Gründe für die Verfassungswidrigkeit waren insbesondere die Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der Gewaltenteilung (5), die Unabhängigkeit der Gerichte von anderen Teilen der Staatsgewalt (5), die Unabhängigkeit der Richter (6) und der Grundsatz der Integrität und Effizienz der öffentlichen Institutionen (7). Die polnische Regierung erkannte die Gültigkeit dieses Urteils jedoch nicht an und veröffentlichte es nicht im Amtsblatt.

(11)

Am 16. August 2016 veröffentlichte die polnische Regierung 21 Urteile, die der Verfassungsgerichtshof im Zeitraum vom 6. April 2016 bis zum 19. Juli 2016 erlassen hatte. Die Veröffentlichung dieser Urteile basierte offenbar auf Artikel 89 des Gesetzes vom 22. Juli 2016, in dem es heißt: „Die vor dem 20. Juli 2016 gefällten Urteile des Verfassungsgerichtshofs, die gegen die Bestimmungen des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof vom 25. Juni 2015 verstoßen, werden innerhalb von 30 Tagen ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes veröffentlicht, sofern die Urteile keine Rechtsakte betreffen, die nicht mehr gelten.“ Diese Bestimmung war eine derjenigen, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 11. August 2016 für verfassungswidrig erklärt hatte. Zudem wurden weder die Urteile vom 9. März 2016 und vom 11. August 2016 noch die 16 seit dem 11. August 2016 erlassenen Urteile von der Regierung veröffentlicht.

(12)

Am 18. August 2016 teilte die polnische Staatsanwaltschaft die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs mit, weil dieser den drei Richtern, die im Dezember 2015 von der neuen Volksvertretung ernannt worden waren, den Amtsantritt verwehrt hatte.

(13)

Am 14. September 2016 verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung zur Lage in Polen (8), in der es unter anderem die polnische Regierung aufforderte, mit der Kommission gemäß dem vertraglich verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zu kooperieren, und sie nachdrücklich aufforderte, die drei Monate, die ihr die Kommission eingeräumt hatte, zu nutzen, um alle im Sejm vertretenen Parteien bei der Erarbeitung eines Kompromisses zur Lösung der andauernden Verfassungskrise einzubeziehen und dabei die Stellungnahme der Venedig-Kommission und die Empfehlung der Europäischen Kommission umfassend zu berücksichtigen.

(14)

Am 30. September 2016 legte eine Gruppe von Mitgliedern des Sejms einen neuen Legislativvorschlag über den Status der Richter des Verfassungsgerichtshofs vor. Der Vorschlag enthält Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Richter des Verfassungsgerichtshofs, über die Modalitäten für die Ernennung von Richtern des Verfassungsgerichtshofs, ihr Mandat und die Beendigung ihres Mandats sowie zu Fragen bezüglich der Immunität, der persönlichen Integrität und der disziplinarischen Verantwortung.

(15)

Am 14. Oktober 2016 gab die Venedig-Kommission ihre Stellungnahme zum Gesetz vom 22. Juli 2016 (9) ab. In der Stellungnahme wurde festgestellt, dass im Vergleich zu dem Gesetz vom 22. Dezember 2015, das Gegenstand der Stellungnahme der Venedig-Kommission vom März 2016 gewesen war, einige Verbesserungen an dem Gesetz vorgenommen worden waren. Allerdings verrat die Venedig-Kommission die Auffassung, dass diese Verbesserungen nicht umfangreich genug seien, da andere Bestimmungen des Gesetzes in der verabschiedeten Form die Arbeit des Verfassungsgerichtshofs erheblich verzögern und behindern und möglicherweise ineffektiv machen würden. Zudem würde durch die Ausübung einer übermäßigen legislativen und exekutiven Kontrolle über die Funktionsweise des Gerichtshofs dessen Unabhängigkeit beeinträchtigt. Zu solchen anderen Bestimmungen gehören beispielsweise diejenigen über die Rückstellung von Rechtssachen um bis zu sechs Monate auf Antrag von vier Richtern, über die Möglichkeit des Generalstaatsanwalts, eine Verhandlung durch seine Abwesenheit zu blockieren, oder über die Aussetzung aller institutionellen Verfahren für sechs Monate, gefolgt von einer erneuten Registrierung. Kritisiert wurde in der Stellungnahme ferner das System, nach dem Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs vorgeschlagen werden; dieses könnte dazu führen, dass ein Kandidat ernannt wird, der nicht von einer großen Zahl von Richtern unterstützt wird. Außerdem habe die Kanzlei der Ministerpräsidentin ohne verfassungsmäßige oder rechtliche Grundlage vorgegeben, die Gültigkeit von Urteilen des Gerichtshofs zu kontrollieren, indem sie sich weigerte, seine Urteile zu veröffentlichen. In der Stellungnahme wurde auch hervorgehoben, dass das Problem der Ernennung von Richtern nicht wie empfohlen gelöst wurde und dass die Anwendung der Bestimmung des Gesetzes vom 22. Juli 2016, wonach der Präsident des Gerichtshofs den „Dezember-Richtern“ Rechtssachen zuweisen muss, im Widerspruch zu den Urteilen des Gerichtshofs stünde, die allgemein — und somit auch für alle staatlichen Behörden einschließlich des Gerichtshofs und seines Präsidenten — verbindlich sind. Die Stellungnahme kam zu dem Schluss, dass sich das polnische Parlament durch die Verabschiedung des Gesetzes Befugnisse für Verfassungsänderungen aneignete, die es als normaler Gesetzgeber nicht hatte. Der Stellungnahme zufolge stellten das polnische Parlament und die Regierung weiterhin die Stellung des Gerichtshofs als letzte Instanz in Verfassungsfragen infrage und nahmen diese Autorität für sich selbst in Anspruch: Sie schufen neue Hindernisse für das wirksame Funktionieren des Gerichtshofs und wurden tätig, um seine Unabhängigkeit weiter zu untergraben. Indem sie die Verfassungskrise verlängerten, behinderten sie laut der Stellungnahme den Verfassungsgerichtshof, der seine verfassungsmäßige Rolle als Hüter der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte nicht ausüben kann. Die polnische Regierung beschloss, nicht an der Sitzung der Venedig-Kommission vom 14. Oktober 2016 teilzunehmen, da sie der Ansicht war, die Stellungnahme der Venedig-Kommission sei einseitig und berücksichtige nicht den Standpunkt der Regierung.

(16)

Am 26. Oktober 2016 legte eine Gruppe von Mitgliedern des Sejms einen neuen Legislativvorschlag über die Organisation des Verfassungsgerichtshofs und die Verfahrensweise vor dem Verfassungsgerichtshof vor. Der Vorschlag enthält detaillierte Bestimmungen über die Organisation des Verfassungsgerichtshofs und die Verfahrensweise vor dem Verfassungsgerichtshof, einschließlich neuer Vorschriften für die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs. Der Vorschlag ergänzt den Legislativvorschlag über den Status der Richter des Verfassungsgerichtshofs, der dem Sejm am 30. September 2016 vorgelegt wurde (siehe oben); die beiden Legislativvorschläge sind eng miteinander verbunden und sollen das Gesetz vom 22. Juli 2016 ersetzen.

(17)

Am 27. Oktober 2016, also innerhalb der in der Empfehlung gesetzten Frist von drei Monaten, antwortete die polnische Regierung auf die Empfehlung der Kommission. In der Antwort wurde dem in der Empfehlung dargelegten Standpunkt in allen Punkten widersprochen, und es wurden keine neuen Maßnahmen angekündigt, um die von der Kommission angesprochenen Bedenken bezüglich der Rechtsstaatlichkeit auszuräumen.

(18)

Am 31. Oktober 2016 verabschiedete der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen abschließende Bemerkungen zum siebten periodischen Bericht Polens. Er äußerte sich besorgt über die negativen Auswirkungen der Gesetzesreformen, einschließlich der Änderungen am Verfassungsgerichtshofgesetz vom November und Dezember 2015 und vom Juli 2016, über die Nichtbeachtung der Urteile des Verfassungsgerichtshofs sowie über das Funktionieren und die Unabhängigkeit des Gerichtshofs und die Umsetzung des Paktes. Ferner äußerte der Ausschuss seine Besorgnis über die Weigerung der Ministerpräsidentin, die Urteile des Gerichtshofs vom März und August 2016 zu veröffentlichen, über die Bemühungen der Regierung, die Zusammensetzung des Gerichtshofs in einer Weise zu ändern, die vom Gerichtshof für verfassungswidrig erachtet wurde, und über das Verfahren, das wegen angeblichen Machtmissbrauchs gegen den Präsidenten des Gerichtshofs eingeleitet wurde. Der Ausschuss kam zu dem Schluss, dass Polen die Achtung und den Schutz der Integrität und Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtshofs und seiner Richter sicherstellen und für die Umsetzung aller seiner Urteile sorgen sollte. Der Ausschuss forderte Polen nachdrücklich auf, sämtliche Urteile des Gerichtshofs unverzüglich amtlich zu veröffentlichen, keine Maßnahmen einzuführen, die sein wirksames Funktionieren behindern, und für ein transparentes und unparteiisches Verfahren für die Ernennung seiner Mitglieder und deren Amtssicherheit zu sorgen, das alle Anforderungen der Rechtmäßigkeit nach nationalem und internationalem Recht erfüllt.

(19)

Am 7. November 2016 erließ der Verfassungsgerichtshof ein Urteil über die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juli 2016 bezüglich der Auswahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs (10). Es ist zu beachten, dass sich der Verfassungsgerichtshof aufgrund der Weigerung von drei Richtern des Gerichtshofs, an der Verhandlung der Rechtssache mitzuwirken (11), und angesichts der Tatsache, dass die drei im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannten Richter ihr Amt als Richter am Gerichtshof nicht angetreten hatten, statt aus einem Plenum aus fünf tagenden Richtern zusammensetzte. Seit dem 11. August 2016 ist der Verfassungsgerichtshof nicht in der Lage gewesen, Urteile im Plenum zu erlassen. Am 10. November 2016 musste die Verhandlung einer Rechtssache im Plenum vertagt werden, weil das für die Beschlussfassung notwendige Quorum nicht erreicht werden konnte. Ferner konnte die Generalversammlung am 30. November und am 8. Dezember 2016 keine Entschließung über die Vorstellung von Kandidaten für die Stelle des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs annehmen, da das gesetzlich vorgeschriebene Quorum nicht erreicht werden konnte.

(20)

Am 1. Dezember 2016 verabschiedete der Senat das Gesetz vom 30. November 2016 über den rechtlichen Status der Richter des Verfassungsgerichtshofs („Gesetz über den Status der Richter“).

(21)

Am 2. Dezember 2016 verabschiedete der Senat das Gesetz vom 30. November 2016 über die Organisation des Verfassungsgerichtshofs und die Verfahrensweise vor dem Verfassungsgerichtshof („Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise“).

(22)

Am 14. Dezember 2016 fand im Europäischen Parlament eine Debatte über die Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen statt. In dieser Debatte rief die Kommission die polnischen Behörden nachdrücklich dazu auf, die neuen Gesetze nicht in Kraft zu setzen, bevor der Verfassungsgerichtshof Gelegenheit hatte, ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

(23)

Am 15. Dezember 2016 verabschiedete der Senat das Gesetz vom 13. Dezember 2016 zur Durchführung des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise und des Gesetzes über den Status der Richter („Durchführungsgesetz“).

(24)

Am 19. Dezember 2016 unterzeichnete der Präsident der Republik die drei vorstehend genannten Gesetze, die im Amtsblatt veröffentlicht wurden. Am selben Tag ernannte der Präsident der Republik die Richterin Julia Przyłębska, eine vom neuen Sejm gewählte Richterin, zur kommissarischen Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs.

(25)

Am 20. Dezember 2016 gestattete die Richterin Julia Przyłębska den drei vom 8. Sejm ohne gültige Rechtsgrundlage benannten Richtern, ihren Dienst am Gerichtshof anzutreten, und berief für denselben Tag eine Sitzung der Generalversammlung ein. Wegen der kurzfristigen Einberufung konnte ein Richter nicht teilnehmen und schlug vor, die Sitzung auf den nächsten Tag zu verschieben. Die Richterin Julia Przyłębska lehnte dies ab; sieben weitere Richter waren ebenfalls nicht zugegen. Nur sechs Richter, darunter die drei rechtswidrig benannten Richter, wohnten der Sitzung bei und wählten zwei Kandidaten, Julia Przyłębska und Mariusz Muszyński, die dem Präsidenten der Republik als Kandidaten vorgeschlagen wurden.

(26)

Am 21. Dezember 2016 ernannte der Präsident der Republik die Richterin Julia Przyłębska zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

1.

Die Republik Polen sollte der nachfolgenden Analyse der Kommission gebührend Rechnung tragen und die in Abschnitt 7 dieser Empfehlung genannten Maßnahmen ergreifen, damit die ermittelten Probleme innerhalb der gesetzten Frist gelöst werden.

1.   GEGENSTAND DER EMPFEHLUNG

2.

Die vorliegende Empfehlung ergänzt die Empfehlung vom 27. Juli 2016. Es wird geprüft, welche der in dieser Empfehlung geäußerten Bedenken angegangen wurden, und dargelegt, welche Bedenken weiterhin bestehen; des Weiteren führt die Kommission eine Reihe neuer Bedenken an, die sie hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit in Polen aufgrund neuer Sachverhalte hat. Auf dieser Grundlage formuliert die Kommission Empfehlungen für die polnischen Behörden, wie die Bedenken ausgeräumt werden sollten. Die Bedenken betreffen folgende Punkte:

(1)

die Ernennung der Richter des Verfassungsgerichtshofs und die mangelnde Umsetzung der einschlägigen Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 3. und 9. Dezember 2015 und vom 11. August 2016;

(2)

die fehlende Veröffentlichung und die mangelnde Umsetzung verschiedener Urteile des Verfassungsgerichtshofs seit März 2016, darunter der Urteile vom 9. März und vom 11. August in Bezug auf Rechtsvorschriften über den Verfassungsgerichtshof;

(3)

die Wirksamkeit der Arbeitsweise des Verfassungsgerichtshofs und der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit neuer Rechtsvorschriften, insbesondere mit Blick auf die kürzlich verabschiedeten Rechtsakte über den Verfassungsgerichtshof, insbesondere das Gesetz über den Status der Richter, das Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise sowie das Durchführungsgesetz;

(4)

die im Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise und im Durchführungsgesetz enthaltenden Bestimmungen über die Auswahl der Kandidaten für die Posten des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofs sowie über die Ernennung eines kommissarischen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs.

2.   ERNENNUNG VON RICHTERN DES VERFASSUNGSGERICHTSHOFS

3.

Die Kommission empfahl den polnischen Behörden in ihrer Empfehlung vom 27. Juli 2016 (12), die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 3. und 9. Dezember 2015 vollständig umzusetzen, denen zufolge die drei Richter, die im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannt wurden, ihr Amt als Richter des Verfassungsgerichtshofs antreten können und die drei Richter, die vom 8. Sejm ohne gültige Rechtsgrundlage benannt wurden, ihr Amt nicht antreten dürfen.

4.

Mit Blick auf das Gesetz vom 22. Juli 2016 über den Verfassungsgerichtshof stellte die Kommission fest, dass dieses Gesetz den Urteilen des Verfassungsgerichtshofs vom 3. und 9. Dezember zuwiderläuft. In Artikel 90 (13) ist festgelegt, dass der Präsident des Verfassungsgerichtshofs allen Richtern, die vom Präsidenten der Republik vereidigt wurden, ihre richterliche Tätigkeit aber noch nicht aufgenommen haben, Fälle zuweisen muss. Diese Bestimmung scheint auf die Lage der drei Richter zugeschnitten zu sein, die im Dezember 2015 widerrechtlich vom 8. Sejm benannt wurden. Diesen Richtern würde die Bestimmung den Amtsantritt unter Nutzung der offenen Stellen ermöglichen, für die die vorhergehende Volksvertretung bereits rechtmäßig drei Richter benannt hatte (wie in den Urteilen vom 3. und 9. Dezember 2015 festgestellt wurde).

5.

In seinem Urteil vom 11. August 2016 erklärte der Verfassungsgerichtshof Artikel 90 des Gesetzes vom 22. Juli 2016 für verfassungswidrig, und die Venedig-Kommission bestätigte in ihrer Stellungnahme vom 14. Oktober 2016, dass die Bestimmung keine Lösung darstellt, die mit dem Rechtstaatsprinzip im Einklang steht (14).

6.

Die polnische Regierung weigert sich jedoch weiterhin, die Gültigkeit des Urteils vom 11. August 2016 anzuerkennen und es im Amtsblatt zu veröffentlichen (siehe Abschnitt 3).

7.

Darüber hinaus enthält das neue Gesetz über den Status der Richter wieder eine ähnliche Bestimmung (15) wie Artikel 90 des Gesetzes vom 22. Juli 2016, der mit dem Urteil vom 11. August 2016 für verfassungswidrig erklärt wurde. Bestimmungen mit ähnlicher Wirkung sind außerdem im Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise (16) und im Durchführungsgesetz (17) zu finden.

8.

Die polnische Regierung legte in ihrer Antwort vom 27. Oktober 2016 ihre Auffassung dar, wonach der Gerichtshof in den Urteilen vom 3. und 9. Dezember 2015 nicht präzisiert habe, welche Richter ihr Amt antreten sollten, und wonach die Benennung der fünf Richter im Dezember 2015 durch den neuen Sejms rechtmäßig gewesen sei. Diese Argumentation wirft ernste Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit auf, da den beiden Urteilen vom Dezember jegliche Wirkung aberkannt wird und sie im Widerspruch zur wiederholten Argumentation des Gerichtshofs — auch im Urteil vom 11. August 2016 — steht. Die Antwort impliziert, dass ungeachtet der Urteile des Gerichtshofs ohnehin keine Änderungen vorgenommen werden.

9.

In der Antwort wird eingeräumt, dass im Tenor des Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom 3. Dezember 2015 auf die Pflicht des Präsidenten der Republik verwiesen wird, einen vom Sejm gewählten Verfassungsrichter unverzüglich zu vereidigen. Jedoch wird die Auffassung vertreten, dass dieses Urteil andere staatliche Instanzen nicht dazu verpflichten kann, Bestimmungen in der Art und Weise anzuwenden, die für einen spezifischen Fall festgelegt wurde. Diese Auslegung schränkt die Wirkung der Urteile vom 3. und 9. Dezember 2015 auf die bloße Verpflichtung der Regierung zur Veröffentlichung der Urteile ein, während ihnen jede weitere rechtliche und praktische Wirkung aberkannt wird, insbesondere was die Verpflichtung des Präsidenten der Republik betrifft, die fraglichen Richter zu vereidigen. Diese Auslegung verstößt gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Staatsorganen, die — wie in den Stellungnahmen der Venedig-Kommission betont wird — eine verfassungsmäßige Voraussetzung in einem demokratischen Rechtsstaat darstellt.

10.

Ferner stellt die Kommission fest, dass auch die Venedig-Kommission die Auffassung vertritt, dass eine Lösung des derzeitigen Konflikts über die Zusammensetzung des Verfassungsgerichtshofs auf der Verpflichtung zur Beachtung und vollständigen Umsetzung der Urteile des Verfassungsgerichtshofs beruhen muss, weshalb die Venedig-Kommission alle Staatsorgane und insbesondere den Sejm auffordert, die Urteile vollständig zu beachten und umzusetzen (18).

11.

Zusammenfassend vertritt die Kommission die Auffassung, dass die polnischen Behörden die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 3. und 9. Dezember 2015 beachten und vollständig umsetzen sollten. Diesen Urteilen zufolge müssen die Staatsorgane loyal zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass die drei Richter, die vom 7. Sejm benannt wurden, gemäß dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit ihr Amt als Richter des Verfassungsgerichtshofs antreten können und dass die drei Richter, die vom 8. Sejm ohne gültige Rechtsgrundlage benannt wurden, ihr Amt nicht aufnehmen. Die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juli 2016 über den Verfassungsgerichtshof geben Anlass zu erheblichen Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und wurden durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 11. August 2016 für verfassungswidrig erklärt. Auch dieses Urteil sollte von den polnischen Behörden beachtet, veröffentlicht und umgesetzt werden. Darüber hinaus stehen die ähnlich gelagerten Bestimmungen (19) des Gesetzes über den Status der Richter, des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise und des Durchführungsgesetzes ebenfalls im Widerspruch zu diesen Urteilen und dürfen nicht angewendet werden.

3.   FEHLENDE VERÖFFENTLICHUNG UND MANGELNDE UMSETZUNG DES URTEILS DES VERFASSUNGSGERICHTSHOFS VOM 9. MÄRZ 2016 SOWIE SEINER URTEILE SEIT DEM 9. MÄRZ 2016

12.

Die Kommission empfahl den polnischen Behörden in ihrer Empfehlung vom 27. Juli 2016, das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 9. März 2016 mitsamt den Folgeurteilen zu veröffentlichen und vollständig umzusetzen und dafür zu sorgen, dass künftige Urteile systematisch veröffentlicht werden und weder die Exekutive noch die Legislative über ihre Veröffentlichung entscheiden kann.

13.

Am 16. August 2016 veröffentlichte die polnische Regierung auf der Grundlage von Artikel 89 des Gesetzes vom 22. Juli 2016 21 Urteile des Verfassungsgerichtshofs aus dem Zeitraum vom 6. April 2016 bis zum 19. Juli 2016. Jedoch hat die polnische Regierung die beiden Urteile vom 9. März und vom 11. August 2016 immer noch nicht veröffentlicht, obwohl die Kommission sie in ihrer Empfehlung dazu aufgefordert hatte. Auch von den 16 Urteilen des Verfassungsgerichtshofs, die nach dem 11. August 2016 ergangen sind, wurde bisher noch keines veröffentlicht.

14.

Der Verfassungsgerichtshof erklärte Artikel 89 des Gesetzes vom 22. Juli 2016 in seinem Urteil vom 11. August 2016 wegen Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen der Gewaltenteilung und des Kräftegleichgewichts und mit der Unabhängigkeit der Gerichte von den anderen Staatsgewalten für verfassungswidrig.

15.

Die Antwort der polnischen Regierung vom 27. Oktober bestätigt, dass die Regierung nach wie vor der Auffassung ist, dass sie zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Urteilen des Gerichtshofs befugt sei und dass die systematische Veröffentlichung der Urteile nicht gewährleistet werden könne.

16.

Artikel 114 Absätze 1 und 2 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise sieht vor, dass Gerichtsentscheidungen im Einklang mit den Grundsätzen und den Modalitäten, die in der Verfassung und dem Gesetz vom 20. Juli 2000 über die Veröffentlichung von normativen und bestimmten anderen Rechtsakten festgelegt sind, im entsprechenden Amtsblatt veröffentlicht werden und dass der Präsident des Verfassungsgerichtshofs die Veröffentlichung der Entscheidungen anordnet. Diese Bestimmung als solche ist ein Schritt in die richtige Richtung.

17.

Jedoch sieht Artikel 19 des Durchführungsgesetzes vor, dass Urteile und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs, die unter Verstoß gegen das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof vom 25. Juni 2015 oder das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof vom 22. Juli 2016 und vor Inkrafttreten des in Artikel 1 genannten Gesetzes erlassen wurden, in den einschlägigen Amtsblättern veröffentlicht werden, nachdem ihre Veröffentlichung vom kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs angeordnet wurde — es sei denn, sie betreffen Regelungsinstrumente, die nicht mehr gültig sind. Eine ähnliche Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 11. August 2016 für verfassungswidrig erklärt. Wie in der Empfehlung der Kommission unterstrichen wurde, ist der Hinweis darauf, dass Urteile nicht rechtmäßig erlassen wurden, nicht mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung vereinbar, da es nicht dem Sejm obliegt, über die Rechtmäßigkeit von Urteilen zu befinden (20). Diese Auffassung wurde auch von der Venedig-Kommission in ihren beiden Stellungnahmen (21) vertreten. Im Übrigen werden durch die in Artikel 19 des Durchführungsgesetzes vorgesehene Ausnahme in Bezug auf die Veröffentlichung von Urteilen, die ungültig gewordene Rechtsakte betreffen, gerade die Urteile vom 9. März, 11. August und 7. November 2016 ausgenommen. Solange der Präsident des Verfassungsgerichtshofs nicht ernannt wurde, verhindert diese Bestimmung die vollständige Veröffentlichung aller Urteile. Darüber hinaus wird mit Artikel 114 Absatz 2 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise in keiner Weise gewährleistet, dass der künftige Präsident des Verfassungsgerichtshofs alle vor seiner Amtszeit erlassenen Urteile veröffentlichen wird.

18.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Tatsache, dass sich die polnische Regierung bisher weigert, die Urteile vom 9. März 2016 und 11. August 2016 zu Rechtsakten über den Verfassungsgerichtshof sowie alle weiteren seit dem 11. August 2016 vom Verfassungsgerichtshof erlassenen Urteile zu veröffentlichen, zu Unsicherheit bezüglich der Rechtsgrundlage der Rechtsprechungstätigkeit des Gerichtshofs und bezüglich der rechtlichen Wirkung seiner Entscheidungen führt. Diese Unsicherheit beeinträchtigt die Wirksamkeit der verfassungsgerichtlichen Kontrolle und gibt Anlass zu ernsten Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit. Die Umsetzung rechtskräftiger Urteile ist eine grundlegende Bedingung der Rechtsstaatlichkeit. Die Verweigerung der Veröffentlichung eines verbindlichen und rechtskräftigen Urteils bedeutet, dass dieses seiner automatischen rechtlichen und praktischen Wirkung beraubt wird, und stellt einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtmäßigkeit und der Gewaltenteilung dar.

4.   ÜBERPRÜFUNG DES VERFASSUNGSGERICHTSHOFGESETZES UND WIRKSAMKEIT DER PRÜFUNG DER VERFASSUNGSMÄSSIGKEIT NEUER RECHTSVORSCHRIFTEN

19.

In der Empfehlung der Kommission vom 27. Juli 2016 wurden das Gesetz vom 22. Juli 2016 und seine Auswirkungen eingehend geprüft; dabei wurden die Wirkung, die die Bestimmungen einzeln und im Verhältnis zueinander entfalten, sowie die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und die Stellungnahme der Venedig-Kommission berücksichtigt. Die Kommission empfahl den polnischen Behörden, sicherzustellen, dass jede Reform des Verfassungsgerichtshofgesetzes im Einklang mit den Urteilen des Verfassungsgerichtshofs, darunter den Urteilen vom 3. und 9. Dezember 2015 sowie vom 9. März 2016, steht und der Stellungnahme der Venedig-Kommission vom 11. März 2016 umfassend Rechnung trägt. Insbesondere empfahl die Kommission den polnischen Behörden, sicherzustellen, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Funktion als Garant der Verfassung weder durch einzelne Bestimmungen noch durch das Zusammenwirken mehrerer Bestimmungen geschwächt wird, die unter anderem folgende Aspekte betreffen: für die Beschlussfähigkeit erforderliche Zahl der anwesenden Richter, Bearbeitung der Rechtssachen in chronologischer Reihenfolge, Möglichkeit des Generalstaatsanwalts, die Verhandlung von Rechtssachen zu verhindern, Aussetzung von Beratungen oder Übergangsregelungen für anhängige Fälle.

20.

In ihrer Antwort vom 27. Oktober 2016 räumte die polnische Regierung nicht ein, dass den meisten der von der Kommission und der Venedig-Kommission geäußerten Bedenken im Gesetz vom 22. Juli 2016 nicht Rechnung getragen wurde. In der Antwort wird bestritten, dass der Verfassungsgerichtshof an einer wirksamen verfassungsrechtlichen Prüfung gehindert werde; dabei wurde darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof während der sogenannten Verfassungskrise in der Lage gewesen sei, Entscheidungen zu erlassen. Dieses Argument ist jedoch abwegig, denn der Gerichtshof war gerade deswegen dazu in der Lage, weil er eben nicht die in Rede stehenden Verfahrensvorschriften anwandte (Urteil vom 11. August 2016), wobei die Regierung allerdings die Veröffentlichung der betreffenden Urteile des Gerichtshofs verweigert, um zu verhindern, dass sie rechtswirksam werden.

21.

Die Antwort enthält auch kurze Erläuterungen dazu, inwieweit die erwähnten Rechtsvorschriften im Einklang mit den Grundrechten stehen. Die Kommission stellt fest, dass ungeachtet dieser Erläuterungen der Regierung die Notwendigkeit besteht, eine uneingeschränkt wirksame verfassungsrechtliche Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof zu ermöglichen.

22.

In der Antwort wird ferner die grundlegende Rolle des Verfassungsgerichtshofs für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in Polen bestritten. Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück. Tatsächlich ist der Verfassungsgerichtshof einer der Hauptgaranten der Rechtsstaatlichkeit in Polen, und zwar insbesondere deshalb, weil ihm die Aufgabe obliegt, über die Verfassungsmäßigkeit polnischer Gesetze zu befinden. Aus der polnischen Verfassung ergibt sich eindeutig, dass der Verfassungsgerichtshof befugt ist, Entscheidungen zu erlassen über die Vereinbarkeit der Gesetze und der völkerrechtlichen Verträge mit der Verfassung, über die Vereinbarkeit der Gesetze mit den ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen, deren Ratifizierung eine vorherige Zustimmung durch Gesetz voraussetzt, über die Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften, die von zentralen Staatsorganen erlassen werden, mit der Verfassung, den ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen und den Gesetzen, über die Vereinbarkeit der Ziele oder Tätigkeit der politischen Parteien mit der Verfassung und über Verfassungsbeschwerden (22). Der Verfassungsgerichtshof bescheidet ferner Kompetenzstreitigkeiten zwischen den zentralen verfassungsmäßigen Staatsorganen (23). Die Tatsache, dass sich laut Verfassung der Staatsgerichtshof mit Fällen der Verletzung der Verfassung oder eines Gesetzes durch bestimmte Personen befasst (24), sowie die Tatsache, dass der Präsident der Republik über die Einhaltung der Verfassung wacht (25), ändern nichts an dieser grundlegenden Rolle des Gerichtshofs.

23.

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die folgenden Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juli 2016, gegen die in der Empfehlung Bedenken geäußert wurden, im Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise nicht mehr enthalten sind: Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe g über die Verweisung von Fällen an das Plenum (26), Artikel 38 Absatz 3 über die Bearbeitung der Rechtssachen in chronologischer Reihenfolge (27), Artikel 68 Absätze 5 bis 8 über die Aussetzung von Beratungen (28), Artikel 61 Absatz 6 über die Möglichkeit des Generalstaatsanwalts, die Verhandlung von Rechtssachen zu verhindern (29), sowie die Artikel 83 bis 86 über Übergangsregelungen für anhängige Fälle (30). Die Kommission merkt an, dass die bloße Veröffentlichung des Urteils des Verfassungsgerichts vom 11. August 2016, durch das die genannten Bestimmungen bereits für verfassungswidrig erklärt worden waren, ausgereicht hätte, um die Probleme zu beheben, und dass es keines neuen Gesetzes bedurft hätte.

24.

Trotz dieser Verbesserungen stellt die Kommission fest, dass einige Bedenken nach wie vor nicht ausgeräumt wurden. So erfordert eine Zusammenkunft im Plenum weiterhin die Anwesenheit von elf Richtern, wohingegen nach dem Verfassungsgerichtshofgesetz von 1997 und dem Gesetz vom 25. Juni 2015 lediglich neun Richter zugegen sein mussten. Wie in der Empfehlung dargelegt (31), wird der Entscheidungsprozess des Verfassungsgerichtshofs dadurch beeinträchtigt, erst recht in der aktuellen Situation, in der der Verfassungsgerichtshof nur über zwölf Richter verfügt (da die im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannten drei Richter ihr Amt nicht angetreten haben). Die in der Empfehlung angesprochene Gefahr, dass das Quorum gelegentlich nicht erreicht wird, ist bereits Realität geworden (32).

25.

Darüber hinaus enthalten das Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise, das Gesetz über den Status der Richter und das Durchführungsgesetz noch weitere Bestimmungen, die einige der in der Empfehlung erhobenen Bedenken (siehe Abschnitt 2 zur Ernennung von Richtern und Abschnitt 3 zur Veröffentlichung von Urteilen) noch verstärkt haben oder Anlass zu neuen Bedenken hinsichtlich der Situation der Richter (siehe Abschnitt 4.1) und hinsichtlich der Ernennung des Präsidenten, des Vizepräsidenten und des kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs (siehe Abschnitt 5) geben.

4.1.   Bedenken hinsichtlich der Situation der Richter

4.1.1.   Disziplinarverfahren

26.

Artikel 26 des Gesetzes über den Status der Richter sieht Folgendes vor: „Über ein Fehlverhalten eines Verfassungsrichters im Sinne des Artikels 24 Absatz 1 kann der Präsident des Verfassungsgerichtshofs von … dem Präsidenten der Republik Polen auf Antrag des Generalstaatsanwalts und nach Konsultation des Ersten Präsidenten des Obersten Gerichts unterrichtet werden.“ (33) Artikel 27 Absatz 5 lautet wie folgt: „Sieht der Disziplinarbeauftragte keinen Grund für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens auf Antrag einer dazu befugten Stelle, erlässt er eine Entscheidung, in der die Einleitung eines Verfahrens abgelehnt wird.“ Die Behörde, die den Bericht nach Artikel 26 vorgelegt hat, kann beim Disziplinargericht erster Instanz innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung dieser Entscheidung Beschwerde einlegen. Nach Artikel 27 Absatz 6 prüft das Gericht die Beschwerde spätestens 14 Tage nach dem Tag ihrer Einreichung. Wird die Entscheidung über die Ablehnung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens aufgehoben, sind die Weisungen des Disziplinargerichts bezüglich des weiteren Verfahrens für den Disziplinarbeauftragten bindend.

27.

In ihrer Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit betonte die Kommission in Bezug auf das Gesetz vom 22. Dezember 2015, dass der Präsident der Republik nicht zur Einleitung von Disziplinarverfahren befugt sein sollte, und wertete die Streichung einer entsprechenden Bestimmung im Gesetz vom 22. Juli 2016 als Verbesserung. Die Kommission weist ferner erneut darauf hin, dass die im Gesetz vom 22. Dezember 2015 enthaltene Bestimmung, der zufolge andere Staatsorgane an Disziplinarverfahren gegen Verfassungsrichter beteiligt sein können, vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. März 2016 für verfassungswidrig erklärt und auch von der Venedig-Kommission in ihrer Stellungnahme vom 11. März 2016 beanstandet wurde. Daher ist die Kommission besorgt angesichts der Wiedereinführung einer Bestimmung, die dem Präsidenten der Republik die Befugnis zur Einleitung von Disziplinarverfahren verleiht. Dass ein solches Verfahren von Organen außerhalb der Justiz eingeleitet werden kann und dass die betreffenden Organe beim Disziplinargericht erster Instanz Beschwerde einlegen können, wenn der Disziplinarbeauftragte keinen Grund für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens sieht, könnte die Unabhängigkeit des Gerichtshofs infrage stellen.

4.1.2.   Möglichkeit des vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand

28.

Artikel 10 des Durchführungsgesetzes sieht Folgendes vor: „1. Richter des Gerichtshofs, deren Amtszeit vor Inkrafttreten des [Gesetzes über den Status der Richter] begonnen hat, können beim Präsidenten des Gerichtshofs innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Erklärung darüber einreichen, dass sie aufgrund der während ihrer Amtszeit erfolgten Einführung der neuen — in Artikel 11 Absatz 3, Artikel 13 und Artikel 14 dieses Gesetzes (34) niedergelegten — Vorschriften für die Ausübung des Amts eines Richters des Gerichtshofs in den Ruhestand eintreten. 2. Der Eintritt eines Richters in den Ruhestand nach Absatz 1 wird zum ersten Tag des Monats nach dem Monat, in dem die Erklärung eingereicht wurde, wirksam. Der Eintritt in den Ruhestand wird durch eine Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs bestätigt.“

29.

Mit dieser Bestimmung wird ein Anreiz für einen vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand geschaffen, da sie es Richtern des Gerichtshofs im Wege einer Ausnahmeregelung erlauben würde, in den vollen Genuss der Vorteile, die mit dem Status eines Richters im Ruhestand verbunden sind, einschließlich des Bezugs einer Alterspension, zu kommen, ohne die vorgesehene Amtszeit zurückgelegt zu haben. Für einen Richter, der sein Amt nach den neuen Vorschriften nicht weiter ausüben möchte, wäre ein solcher vorzeitiger Eintritt in den Ruhestand vorteilhafter als eine bloße Amtsniederlegung. Das Anbieten einer derartigen vorteilhaften Regelung stellt einen Eingriff der Legislative in die Unabhängigkeit des Gerichtshofs dar, da das Ziel darin besteht, die derzeitigen Richter des Gerichtshofs dazu zu ermutigen, ihr Amt vor Ablauf ihrer Amtszeit niederzulegen, und sie in ihrer diesbezüglichen Entscheidung zu beeinflussen.

4.1.3.   Sonstige Bestimmungen

30.

Mit dem Gesetz über den Status der Richter werden neue Anforderungen an Richter des Gerichtshofs eingeführt, die Unternehmensbeteiligungen (35), Vermögenserklärungen (36) und Erklärungen zur Tätigkeit des Ehegatten (37) betreffen. Darüber hinaus sieht das Gesetz im Falle einer Nichteinhaltung der Vorschriften weitreichende Konsequenzen vor: Eine Nichterfüllung der betreffenden Verpflichtungen kommt einer Niederlegung des Amts eines Richters des Gerichtshofs gleich. Die betreffenden Bestimmungen könnten Fragen der Verhältnismäßigkeit und, wie vom Obersten Gericht festgestellt, Fragen der Verfassungsmäßigkeit aufwerfen (38). Aus diesen Gründen ist eine wirksame verfassungsgerichtliche Prüfung dieser Bestimmungen von besonderer Bedeutung.

31.

Die Kommission nimmt ferner zur Kenntnis, dass durch das Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise die interne Organisation des Verfassungsgerichtshofs erheblich verändert wird, indem das Büro des Verfassungsgerichtshofs durch zwei neue Einrichtungen ersetzt wird, und zwar durch eine Registratur und ein Büro des Juristischen Dienstes des Gerichtshofs (39). Das Durchführungsgesetz sieht vor, dass das Büro des Verfassungsgerichtshofs zum 31. Dezember 2017 aufgelöst wird (40) und dass die derzeitigen Mitarbeiter keinerlei Garantie für eine Weiterbeschäftigung beim Gerichtshof nach diesem Datum erhalten (41). Im aktuellen Kontext der Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Verfassungsgerichtshof und der in Abschnitt 5 dieser Empfehlung formulierten Vorbehalte bezüglich der Ernennung eines neuen Präsidenten und eines kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs könnte eine solche Reorganisation zu einer weiteren Destabilisierung des Gerichtshofs führen und die Wirksamkeit der verfassungsgerichtlichen Kontrolle infrage stellen.

4.2.   Legisvakanz

32.

Wichtige Bestimmungen des Durchführungsgesetzes treten ohne Legisvakanz am Tag nach der Veröffentlichung des Gesetzes in Kraft (42). Darüber hinaus treten auch wichtige Bestimmungen des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise und über den Status der Richter ohne Legisvakanz am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft, einschließlich der Bestimmungen, durch welche die rechtswidrig ernannten „Dezember-Richter“ ihr Amt antreten können (43). Die Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juli 2016 über den Verfassungsgerichtshof verlieren am Tag nach der Veröffentlichung des Durchführungsgesetzes ihre Gültigkeit (44).

33.

Der Verfassungsgerichtshof wird demzufolge nicht in der Lage sein, die Verfassungsmäßigkeit dieser wichtigen Bestimmungen vor ihrem Inkrafttreten eingehend zu prüfen. Unter solchen Umständen kann die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht länger als wirksam angesehen werden. In diesem Zusammenhang hat die Venedig-Kommission in ihrer Stellungnahme vom 11. März 2016 betont, dass der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit haben muss, ein seine Arbeit regelndes ordentliches Gesetz vor dessen Inkrafttreten zu prüfen.

4.3.   Folgen der mangelnden Wirksamkeit der verfassungsgerichtlichen Kontrolle für neue Gesetze

34.

Eine Reihe besonders sensibler neuer Rechtsvorschriften ist vom Sejm — oftmals im beschleunigten Verfahren — angenommen worden; dazu zählen ein Mediengesetz (45), ein neues Gesetz über den öffentlichen Dienst (46), ein Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes und anderer Gesetze (47) und Gesetze über die Staatsanwaltschaft (48) sowie ein neues Gesetz über den Bürgerbeauftragten (49), mit dem ebenfalls weitere Gesetze geändert wurden. Die Kommission hatte die polnische Regierung mit Schreiben vom 1. Februar 2016 und vom 3. März 2016 um Auskunft über den Stand und den Inhalt dieser Reformgesetzgebung ersucht, bislang aber keine Antwort erhalten. Vom Sejm wurde eine Reihe weiterer sensibler Gesetzesentwürfe verabschiedet, wie das Gesetz über den nationalen Medienrat (50) und ein neues Gesetz zur Terrorismusbekämpfung (51).

35.

Solange der Verfassungsgerichtshof an einer wirksamen verfassungsgerichtlichen Kontrolle gehindert ist, kann nach Auffassung der Kommission keine wirksame verfassungsgerichtliche Prüfung dazu stattfinden, ob Rechtsakte wie die oben genannten mit der Verfassung und insbesondere den Grundrechten vereinbar sind.

36.

Die Kommission stellt unter anderem fest, dass manche neue Rechtsvorschriften (insbesondere die Mediengesetze (52)) Bedenken im Hinblick auf die Freiheit und Vielfalt der Medien aufwerfen. Konkret werden mit den neuen Mediengesetzen die Vorschriften für die Besetzung der Verwaltungs- und Aufsichtsräte der bisher unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geändert, die nun der Regierung (dem Finanzminister) unterstellt sind. Das neue Gesetz sieht auch die sofortige Absetzung der bestehenden Verwaltungs- und Aufsichtsräte vor. Die Kommission hegt diesbezüglich insbesondere Zweifel in Bezug auf die Möglichkeiten von Rechtsbehelfen für die von dem Gesetz Betroffenen. Am 13. Dezember 2016 erließ der Verfassungsgerichtshof mit fünf tagenden Richtern (53) ein Urteil, in dem es einige Bestimmungen des Gesetzes für verfassungswidrig erklärte.

37.

Auch Rechtsvorschriften wie das neue Gesetz über den öffentlichen Dienst (54) haben unter dem Blickwinkel der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte eine besondere Bedeutung. Diesbezüglich hat die Kommission in ihren Schreiben vom 1. Februar und vom 3. März 2016 (55) die polnische Regierung nach möglichen Rechtsbehelfen für die von dem Gesetz Betroffenen gefragt. Bislang hat sie von der polnischen Regierung zu diesem Punkt keine Antwort erhalten.

38.

Auch das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes und anderer Gesetze (56) kann Fragen hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit den Grundrechten (etwa Schutz der Privatsphäre, Datenschutz) aufwerfen. Am 28. und 29. April 2016 besuchte eine Delegation der Venedig-Kommission Warschau, um die Änderungen des Polizeigesetzes und bestimmter anderer Gesetze zu erörtern; in ihrer Sitzung vom 10. und 11. Juni 2016 gab sie eine Stellungnahme (57) ab. Dort hält die Venedig-Kommission u. a. fest, dass die Verfahrensgarantien und materiellrechtlichen Bedingungen im Gesetz weiterhin nicht ausreichen, um seiner unverhältnismäßigen Anwendung und ungerechtfertigten Eingriffen in die Privatsphäre Einzelner vorzubeugen.

39.

Bei den neuen Rechtsvorschriften zur Terrorismusbekämpfung (58), die gerade verfassungsrechtlich überprüft werden, ergeben sich ebenfalls Fragen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten.

40.

Auch das Gesetz vom 13. Dezember zur Änderung des Gesetzes über Versammlungen (59) könnte Fragen hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit den Grundrechten aufwerfen, insbesondere bezüglich des in der Europäischen Menschenrechtskonvention (60) festgeschriebenen Rechts auf Versammlungsfreiheit.

41.

Am 14. Dezember 2016 gab die Pressestelle der Sejmkanzlei eine Erklärung zu den geänderten Bedingungen für die Arbeit von Medienvertretern im Sejm und im Senat ab, die Besorgnis im Hinblick auf die Meinungs- und Informationsfreiheit hervorrief. Am 16. Dezember 2016 wurde das Haushaltsgesetz für 2017 unter umstrittenen Umständen vom Sejm beschlossen; insbesondere bestand der Vorwurf, dass das Quorum nicht erreicht wurde, ein Abgeordneter des Sejms von der Abstimmung ausgeschlossen wurde und dass Medienvertreter daran gehindert wurden, die Abstimmung aufzuzeichnen. Es muss eine wirksame richterliche Kontrolle dieser Maßnahmen und der Bedingungen, unter denen sie angenommen wurden, stattfinden, ggf. einschließlich einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle.

42.

Solange der Verfassungsgerichtshof an einer wirksamen verfassungsrechtlichen Kontrolle gehindert wird, kann demzufolge nach Auffassung der Kommission keine wirksame Prüfung dazu stattfinden, ob Rechtsakte mit den Grundrechten vereinbar sind. Deshalb bestehen erhebliche Zweifel, ob die Rechtsstaatlichkeit gewahrt ist, vor allem da eine Reihe besonders sensibler neuer Rechtsvorschriften vor Kurzem vom Sejm verabschiedet wurden, für die die Möglichkeit einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle bestehen sollte.

5.   ERNENNUNG DES PRÄSIDENTEN, DES VIZEPRÄSIDENTEN UND DES KOMMISSARISCHEN PRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS

43.

Das neue Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise enthält neue Bestimmungen über die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Präsidenten und das Amt des Vizepräsidenten des Gerichtshofs, die dem Präsidenten der Republik von der Generalversammlung vorzuschlagen sind. Auch das neue Durchführungsgesetz enthält Bestimmungen über die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Gerichtshofs sowie Bestimmungen, nach denen der Präsident der Republik einen Richter damit betrauen kann, vorübergehend die Aufgaben des Gerichtshofpräsidenten wahrzunehmen („kommissarischer Präsident des Gerichtshofs“).

44.

Die Kommission weist darauf hin, dass nach Artikel 194 Absatz 2 der Verfassung der Präsident und der Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs vom Präsidenten der Republik „aus der Mitte der Kandidaten berufen [werden], die von der Generalversammlung der Richter des Verfassungsgerichtshofes vorgeschlagen werden“. Die Amtszeit des Präsidenten des Gerichtshofs endete am 19. Dezember 2016. Die Amtszeit des derzeitigen Vizepräsidenten des Gerichtshofs endet am 26. Juni 2017. Die beiden unter der vorstehenden Randnummer genannten Gesetze wurden bereits verabschiedet und vom Präsidenten der Republik unterzeichnet. Darüber hinaus wurden sie außerordentlich schnell (der Entwurf des Durchführungsgesetzes war dem Sejm am 24. November 2016 vorgelegt worden) und ohne eine Legisvakanz erlassen, die eine wirksame verfassungsgerichtliche Prüfung ermöglicht hätte. Zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung hatte der Gerichtshof bereits im Einklang mit dem Gesetz vom 22. Juli 2016 (61) das Verfahren zur Auswahl der dem Präsidenten der Republik vorzuschlagenden Kandidaten für das Amt des Gerichtshofpräsidenten eingeleitet. Die Generalversammlung war jedoch nicht in der Lage, eine Entschließung zu den vorzuschlagenden Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs anzunehmen, da das gesetzlich vorgeschriebene Quorum nicht erreicht werden konnte (62).

5.1.   Auswahlverfahren für den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Gerichtshofs

45.

Das Durchführungsgesetz und das Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise enthalten neue Vorschriften über das Verfahren, nach dem die Kandidaten für das Amt des Präsidenten und das Amt des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vorgeschlagen werden. Das Verfahren nach dem Durchführungsgesetz (63) ist eigens für das derzeitige Verfahren für die Wahl des Präsidenten des Gerichtshofs konzipiert und kommt in den Fällen zur Anwendung, die in Artikel 16 Absatz 1 des Durchführungsgesetzes aufgeführt sind (siehe Abschnitt 5.3). Im Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise (64) ist ein Verfahren vorgesehen, das allgemein in künftigen Fällen für die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Gerichtshofs gelten wird und das im Großen und Ganzen dem Verfahren nach dem Durchführungsgesetz ähnelt.

46.

An dem neuen Verfahren zur Auswahl der Kandidaten für das Amt des Gerichtshofpräsidenten müssen auch die drei „Dezember-Richter“ teilnehmen, die vom neuen Sejm rechtswidrig benannt wurden (65). Nach Auffassung der Kommission führt diese Bestimmung zur Verfassungswidrigkeit des gesamten Auswahlverfahrens (siehe Abschnitt 2). Dass die rechtmäßig gewählten „Oktober-Richter“ nicht an dem Verfahren teilnehmen können, kann sich ebenfalls auf das Ergebnis auswirken, sodass das Verfahren mit Mängeln behaftet ist.

47.

Zudem ist bei dem neuen Verfahren nicht gewährleistet, dass dem Präsidenten der Republik nur Kandidaten vorgeschlagen werden, die von der Mehrheit der Generalversammlung des Gerichtshofs unterstützt werden (66). Nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 7. November 2016 ist Artikel 194 Absatz 2 der Verfassung so zu verstehen, dass der Präsident des Gerichtshofs vom Präsidenten der Republik aus der Mitte der Kandidaten berufen werden muss, die in der Generalversammlung des Gerichtshofs die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnten. Das neue Verfahren ist daher nicht mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 7. November 2016 vereinbar. In ihrer Stellungnahme vom 14. Oktober 2016 hob auch die Venedig-Kommission hervor, wie wichtig es ist, durch das Auswahlverfahren zu gewährleisten, dass dem Präsidenten der Republik nur Kandidaten mit einem starken Rückhalt im Gerichtshof vorgeschlagen werden können (67).

48.

Die gleichen Bedenken betreffen das Verfahren, nach dem die Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten des Gerichtshofs vorgeschlagen werden (68); dieses ist mit dem Verfahren identisch, nach dem gemäß dem Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise die Kandidaten für das Amt des Präsidenten vorgeschlagen werden.

5.2.   Rolle des Vizepräsidenten des Gerichtshofs

49.

Die Kommission nimmt ferner zur Kenntnis, dass das Durchführungsgesetz und das Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise eine Reihe von Bestimmungen enthalten, die die Funktion des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofs negieren. Nach Artikel 12 Absatz 3 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise kann der Präsident des Verfassungsgerichtshofs einen anderen Richter neben dem Vizepräsidenten ermächtigen, bestimmte Befugnisse im Zusammenhang mit der Verwaltung der Arbeit des Gerichtshofs auszuüben. In Artikel 37 ist vorgesehen, dass der Präsident des Gerichtshofs einen anderen Richter bestimmen kann, der an seiner Stelle an Verhandlungen des Plenums teilnimmt (der Vizepräsident wird nicht erwähnt). Ferner werden am Ende der Amtszeit des Gerichtshofpräsidenten bestimmte zentrale Aufgaben vom Richter mit dem „höchsten Gesamtdienstalter“ (Artikel 11 Absatz 2) oder vom „dienstjüngsten“ Richter (Artikel 11 Absatz 4) übernommen, nicht aber vom Vizepräsidenten. Zudem muss nach Artikel 8 Absatz 2 der Präsident des Gerichtshofs in der Generalversammlung anwesend sein, damit diese rechtmäßige Beschlüsse fassen kann (außer im Falle der Wahl eines neuen Gerichtshofpräsidenten; siehe oben), während nach dem Gesetz vom 22. Juli 2016 der Präsident oder der Vizepräsident des Gerichtshofs in der Generalversammlung anwesend sein muss. Darüber hinaus sieht das neue Gesetz anders als das Gesetz vom 22. Juli 2016 nicht mehr vor, dass der Vizepräsident in der Generalversammlung den Vorsitz führen kann. Außerdem ist in Artikel 17 Absatz 1 des Durchführungsgesetzes vorgesehen, dass der Gerichtshof zwischen der Veröffentlichung des Gesetzes und der förmlichen Ernennung seines neuen Präsidenten von dem Richter geleitet wird, den der Präsident der Republik mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten des Gerichtshofs betraut hat (siehe Abschnitt 5.3).

50.

Durch das Zusammenwirken dieser Bestimmungen wird dem Vizepräsidenten seine besondere Stellung als Stellvertreter des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs genommen. Die Stellung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs ist jedoch in der Verfassung anerkannt. Zwar wird die Rolle des Vizepräsidenten in der Verfassung nicht präzisiert, die unter der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmungen schwächen jedoch die Stellung des Vizepräsidenten und werfen möglicherweise die Frage der Verfassungsmäßigkeit auf, die einer wirksamen verfassungsgerichtlichen Prüfung bedarf.

5.3.   Ernennung eines „kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs“

51.

In Artikel 17 Absatz 1 des Durchführungsgesetzes ist Folgendes vorgesehen: „Muss das in Artikel 21 genannte Verfahren, nach dem die Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Gerichtshofs vorgeschlagen werden, zwischen dem Tag, der auf den Tag der Veröffentlichung des Durchführungsgesetzes folgt, und der Ernennung des Präsidenten des Gerichtshofs angewandt werden, so wird der Gerichtshof von demjenigen Richter des Gerichtshofs geleitet, den der Präsident der Republik per Beschluss mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten des Gerichtshofs betraut hat.“ In Artikel 21 ist ein besonderes Verfahren für die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Gerichtshofpräsidenten festgelegt, die dem Präsidenten der Republik von der Generalversammlung vorzuschlagen sind (siehe oben).

52.

Artikel 17 Absatz 2 lautet wie folgt: „Der Präsident der Republik wählt den Richter des Gerichtshofs, der mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten des Gerichtshofs betraut wird, aus der Mitte der Richter des Gerichtshofs aus, die die längste Dienstzeit bei ordentlichen Gerichten oder in mit der Rechtsanwendung verbundenen zentralen Regierungsämtern vorzuweisen haben.“ Nach Artikel 17 Absatz 3 würde das neue Verfahren, das im Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise für die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Gerichtshofpräsidenten festgelegt ist, in diesem Fall nicht angewandt.

53.

Artikel 16 Absatz 1 des Durchführungsgesetzes bestimmt Folgendes: „Falls am Tag der Veröffentlichung dieses Gesetzes die Generalversammlung 1) vom Präsidenten des Gerichtshofs nicht einberufen worden ist oder 2) vom Präsidenten des Gerichtshofs in einer mit dem in Artikel 3 genannten Gesetz unvereinbaren Weise einberufen worden ist oder 3) dem Präsidenten der Republik keine Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Gerichtshofs vorgeschlagen hat oder 4) dem Präsidenten der Republik zwar Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Gerichtshofs vorgeschlagen hat, der Präsident der Republik den Präsidenten des Gerichtshofs aber nicht ernannt hat, oder 5) die Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Gerichtshofs unter Verstoß gegen das in Artikel 3 genannte Gesetz ausgewählt hat, wird das Verfahren, nach dem die Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Gerichtshofs vorgeschlagen werden, im Einklang mit Artikel 21 des vorliegenden Gesetzes durchgeführt.“

54.

Artikel 16 Absatz 2 sieht Folgendes vor: „In den Fällen des Absatzes 1 Nummern 1 bis 5 werden alle Maßnahmen und Instrumente aufgehoben, die im Rahmen des Verfahrens angewandt wurden, nach dem dem Präsidenten der Republik die Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Gerichtshofs vorgeschlagen werden.“

55.

Der kommissarische Präsident des Gerichtshofs verfügt über eine Vielzahl von Befugnissen, solange noch kein neuer Präsident des Gerichtshofs im Amt ist. Insbesondere ist in Artikel 18 des Durchführungsgesetzes vorgesehen, dass der kommissarische Präsident den rechtswidrig gewählten „Dezember-Richtern“ die Ausübung ihres Richteramts ermöglicht (siehe Abschnitt 2), das neue Auswahlverfahren leitet und sämtliche Befugnisse des Gerichtshofpräsidenten ausübt, solange der neue Präsident noch nicht förmlich ernannt ist (69).

56.

Diese Bestimmungen, die es dem Präsidenten der Republik ermöglichen, einen kommissarischen Präsidenten direkt zu ernennen, geben Anlass zu ernsten Bedenken hinsichtlich der Grundsätze der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Justiz, die von der polnischen Verfassung geschützt werden. Insbesondere ist die Funktion eines kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs in der Verfassung nicht vorgesehen. Darüber hinaus dürfte die dem Präsidenten der Republik eingeräumte Befugnis, einen kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs zu ernennen, im Widerspruch zu Artikel 194 Absatz 2 der Verfassung stehen, der vorsieht, dass der Präsident und der Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs vom Präsidenten der Republik „aus der Mitte der Kandidaten berufen [werden], die von der Generalversammlung der Richter des Verfassungsgerichtshofes vorgeschlagen werden“, während das Verfahren nach dem Durchführungsgesetz der Generalversammlung eine solche Rolle aberkennt. Das Urteil des Gerichtshofs vom 7. November 2016 bestätigt, dass die Kandidaten für das Amt des Gerichtshofpräsidenten von der Generalversammlung vorgeschlagen werden müssen.

57.

Zudem erscheinen die Kriterien, anhand deren der Präsident der Republik den kommissarischen Präsidenten auszuwählen hat, willkürlich. Die Auswahl muss unter den Richtern des Gerichtshofs mit der längsten Dienstzeit bei ordentlichen Gerichten oder in zentralen Regierungsämtern getroffen werden. Diese Kriterien erscheinen willkürlich, da jemand, der einschlägige Erfahrungen nicht in der Justiz, sondern nur in der zentralen Regierung gesammelt hat, ausgewählt werden könnte, während jemand, der über langjährige Erfahrungen am Gerichtshof selbst, nicht aber an ordentlichen Gerichten verfügt, nicht ausgewählt werden könnte.

Auch werden nach diesen Bestimmungen frühere Schritte im Auswahlverfahren, die der Gerichtshof vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes unternommen hat, nicht berücksichtigt. Nach Artikel 16 Absatz 3 des Gesetzes vom 22. Juli 2016 musste der Gerichtshof das Verfahren zur Auswahl der Kandidaten zwischen dem 30. und dem 15. Tag vor dem Ende der Amtszeit des scheidenden Präsidenten einleiten. Mit Artikel 16 Absatz 2 des Durchführungsgesetzes werden alle Schritte, die der Gerichtshof zur Erfüllung dieser Verpflichtung unternommen hat, aufgehoben. Ein solcher Eingriff der Legislative in zuvor vom Gerichtshof getroffene Maßnahmen gibt Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz und des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Staatsorganen.

5.4.   Ernennung der Präsidentin des Gerichtshofs am 21. Dezember 2016

58.

Am 19. Dezember 2016 ernannte der Präsident der Republik die Richterin Julia Przyłębska zur kommissarischen Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs. Am 20. Dezember 2016 gestattete die Richterin Julia Przyłębska den drei vom 8. Sejm ohne gültige Rechtsgrundlage benannten Richtern, ihren Dienst am Gerichtshof anzutreten, und berief für denselben Tag eine Sitzung der Generalversammlung ein. Wegen der kurzfristigen Einberufung konnte ein Richter nicht teilnehmen und schlug vor, die Sitzung auf den nächsten Tag zu verschieben. Die Richterin Julia Przyłębska lehnte dies ab; sieben weitere Richter waren ebenfalls nicht zugegen. Nur sechs Richter, darunter die drei rechtswidrig benannten Richter, wohnten der Sitzung bei und wählten zwei Kandidaten, Julia Przyłębska und Mariusz Muszyński, die dem Präsidenten der Republik als Kandidaten vorgeschlagen wurden. Am 21. Dezember 2016 ernannte der Präsident der Republik die Richterin Julia Przyłębska zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs.

59.

Nach Auffassung der Kommission ist dieses Verfahren, das zur Ernennung einer neuen Präsidentin des Verfassungsgerichts geführt hat, aus rechtsstaatlicher Sicht mit grundlegenden Mängeln behaftet. Wie oben erläutert, wurde das Verfahren von einer kommissarischen Präsidentin geleitet, deren Ernennung Anlass zu ernsten Bedenken hinsichtlich der Grundsätze der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Justiz gibt, die von der polnischen Verfassung geschützt werden. Zudem führt die Tatsache, dass die drei vom neuen Sejm rechtswidrig benannten „Dezember-Richter“ an dem Verfahren mitwirken durften, zur Verfassungswidrigkeit des gesamten Auswahlverfahrens (siehe Abschnitt 2). Dass die rechtmäßig gewählten „Oktober-Richter“ nicht an dem Verfahren teilnehmen konnten, hat sich ebenfalls auf das Ergebnis ausgewirkt, sodass das Verfahren mit Mängeln behaftet ist. Darüber hinaus geben die sehr kurzfristige Einberufung der Generalversammlung und die Weigerung, die Sitzung zu verschieben, Anlass zu ernsten Bedenken. Außerdem ist die Wahl der Kandidaten durch nur sechs Richter nicht mit dem Urteil des Gerichtshofs vom 7. November 2016 vereinbar, dem zufolge Artikel 194 Absatz 2 der Verfassung so zu verstehen ist, dass der Präsident des Gerichtshofs vom Präsidenten der Republik aus der Mitte der Kandidaten berufen werden muss, die in der Generalversammlung des Gerichtshofs die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnten.

60.

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass die Bestimmungen über die Ernennung eines kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs und des Präsidenten des Gerichtshofs sowie ihre Anwendung am 19., 20. und 21. Dezember 2016 die Legitimität des Verfassungsgerichtshofs und folglich auch die Wirksamkeit der verfassungsgerichtlichen Kontrolle ernstlich gefährden.

6.   SYSTEMISCHE GEFÄHRDUNG DER RECHTSSTAATLICHKEIT

61.

Aus den genannten Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass zwar einige der Fragen, die Gegenstand ihrer Empfehlung vom 27. Juli 2016 waren, geklärt worden sind, dass andere wichtige Probleme aber noch einer Lösung harren; zudem sind in der Zwischenzeit neue Bedenken aufgetaucht. Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass die in ihrer Empfehlung vom 27. Juli 2016 dargestellte Lage einer systemischen Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in Polen weiterhin besteht. Herauszustellen sind folgende Punkte:

(1)

Was die Zusammensetzung des Verfassungsgerichtshofs anbelangt, so sind die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 3. und 9. Dezember 2015 immer noch nicht umgesetzt; als Folge davon können die drei Richter, die im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannt wurden, ihr Amt als Richter am Verfassungsgerichtshof nicht antreten. Eine Lösung scheint sich alles andere als abzuzeichnen, da die drei neuen Gesetze, die im November und Dezember 2016 (70) erlassen wurden, vorsehen, dass die drei Richter, die vom 8. Sejm ohne gültige Rechtsgrundlage benannt wurden, ihr Amt als Richter antreten. Hinzu kommt, dass das Fehlen der drei im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannten Richter in Verbindung mit den nach wie vor strengen Anwesenheitsanforderungen bei verschiedenen Gelegenheiten die Wirksamkeit des Verfassungsgerichtshofs bedroht haben, weil das Quorum für die Annahme von Entschließungen der Generalversammlung oder für im Plenum zu fällende Urteile fehlte.

(2)

Was die Veröffentlichung von Urteilen anbelangt, so ist das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 9. März 2016 immer noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht. Außerdem weigert sich die polnische Regierung, das Urteil vom 11. August 2016 über das Gesetz vom 22. Juli 2016 über den Verfassungsgerichtshof und alle anderen nach diesem Zeitpunkt ergangenen Urteile zu veröffentlichen, darunter das Urteil vom 7. November 2016 zu den Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juli 2016 betreffend die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs. Die Folge davon ist, dass weiterhin Unsicherheit hinsichtlich der Rechtsgrundlage, auf der der Verfassungsgerichtshof tätig werden muss, und hinsichtlich der rechtlichen Wirkung seiner Urteile herrscht. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass das Gesetz über die Organisation und die Verfahrensweise eine Bestimmung enthält, mit der der Präsident des Verfassungsgerichtshofs ermächtigt wird, die Veröffentlichung der Urteile anzuordnen (71). Das Durchführungsgesetz macht es jedoch nach wie vor unmöglich, bestimmte vom Verfassungsgerichtshof verkündete Urteile, darunter die oben genannten, zu veröffentlichen (72).

(3)

Was die wirksame Normenkontrolle anbelangt, so ist die Kommission der Meinung, dass sich zwar einige Verbesserungen gegenüber dem Gesetz vom 22. Juli 2016 feststellen lassen, dass die drei neuen im Dezember 2016 erlassenen Gesetze jedoch eine Reihe von Bestimmungen enthalten, die frühere Urteile des Verfassungsgerichtshofs missachten und neben den in der Empfehlung vom 27. Juli 2016 dargelegten Bedenken weitere Bedenken aufkommen lassen.

(4)

Diese neuen Bedenken betreffen insbesondere die Disziplinarverfahren, die Möglichkeit der Frühpensionierung, die neuen Anforderungen an die Richter des Verfassungsgerichtshofs, die signifikanten Veränderungen bei den internen Abläufen des Verfassungsgerichtshofs, das Verfahren für die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofs, die Aufgaben des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofs sowie die Ernennung eines kommissarischen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs.

(5)

Insbesondere ist die Kommission der Ansicht, dass die Kombination aus den Bestimmungen zur Ernennung eines kommissarischen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, aus dem Verfahren für die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Präsidenten und aus der Weigerung, die vom 7. Sejm gewählten Richter zu vereidigen, während gleichzeitig der Amtsantritt der drei vom 8. Sejm ohne gültige Rechtsgrundlage benannten Richter vorbereitet wird, die Legitimität des Verfassungsgerichtshofs und folglich auch die Wirksamkeit der Normenkontrolle ernstlich bedroht. Solange die drei Richter, die im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannt wurden, ihr Amt als Richter am Verfassungsgerichtshof nicht antreten können, ist die Kommission der Ansicht, dass das Verfahren zur Auswahl des neuen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs immer noch einen grundlegenden Mangel aufweist.

(6)

Die Kommission stellt ferner fest, dass es dem Verfassungsgerichtshof aufgrund der Terminierung für den Erlass dieser drei Gesetze und aufgrund des Fehlens einer angemessenen Legisvakanz für eine Reihe zentraler Bestimmungen unmöglich gemacht wird, die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetze vor deren Inkrafttreten zu prüfen.

(7)

Darüber hinaus kommt es immer wieder zu Handlungen und zu öffentlichen Äußerungen der polnischen Behörden — unter anderem wurde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs eingeleitet —, die der Legitimität und Effizienz des Verfassungsgerichtshofs abträglich sind. Die Kommission erinnert an den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen staatlichen Organen, die, wie in den Stellungnahmen der Venedig-Kommission betont wird, eine verfassungsmäßige Voraussetzung in einem demokratischen Rechtsstaat darstellt.

62.

Die Kommission ist insbesondere angesichts der Folgen dieser Situation einer systemischen Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit besorgt:

(1)

Dass der Verfassungsgerichtshof an einer vollumfänglichen und wirksamen Normenkontrolle gehindert ist, beeinträchtigt seine Integrität und Stabilität und sein ordnungsgemäßes Funktionieren und damit eine der wichtigsten Sicherheitsgarantien für die Rechtsstaatlichkeit in Polen. In Ländern mit einer Verfassungsgerichtsbarkeit trägt diese entscheidend zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit bei. Unter den gegenwärtigen Umständen kann die Verfassungsmäßigkeit polnischer Gesetze (73) nicht mehr wirksam garantiert werden.

(2)

Das Vertrauen in das polnische Rechtssystem, in seine Integrität und Kohärenz ist durch die Weigerung der polnischen Regierung, die Urteile des Verfassungsgerichtshofs zu veröffentlichen, ernstlich erschüttert. Dies wird dadurch bestätigt, dass es das Oberste Gericht für nötig befunden hat, eine Entschließung anzunehmen (74), in der es heißt, dass die Urteile des Verfassungsgerichtshofs auch dann bindend sind, wenn sie nicht veröffentlicht werden. Ähnliche Erklärungen sind vom Leitenden Rat des Obersten Verwaltungsgerichts (75) und anderen Behörden abgegeben worden, insbesondere vom Nationalen Justizrat (76), von der Obersten Rechtsanwaltskammer (77) und von der Landeskammer der Justiziare (78).

(3)

Die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit ist nicht nur Voraussetzung für den Schutz sämtlicher in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union aufgelisteter Grundwerte. Sie ist auch eine Voraussetzung für die Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten, die sich aus den Verträgen und dem Völkerrecht ergeben, sowie für das Vertrauen der Bürger, Unternehmen und staatlichen Instanzen in die Rechtsordnung der jeweils anderen Mitgliedstaaten.

63.

Die Kommission stellt fest, dass innerhalb eines Jahres sechs aufeinanderfolgende Rechtsakte erlassen worden sind, die den Verfassungsgerichtshof betreffen. Ein solcher gesetzgeberischer Aktivismus ohne angemessene Konsultation aller Beteiligten und nicht im Geiste der zwischen staatlichen Stellen erforderlichen loyalen Zusammenarbeit schadet der Stabilität, der Integrität und dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Verfassungsgerichtshofs.

7.   EMPFEHLUNGEN

64.

Die Kommission empfiehlt den polnischen Behörden, dringend geeignete Maßnahmen zu treffen, um dieser systemischen Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit zu begegnen.

65.

Insbesondere empfiehlt die Kommission den polnischen Behörden, die folgenden Maßnahmen zu treffen, zu denen sie bereits in der Empfehlung vom 27. Juli 2016 aufgefordert worden waren, namentlich

a)

die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 3. und 9. Dezember 2015 vollständig umzusetzen, denen zufolge die drei Richter, die im Oktober 2015 von der vorherigen Volksvertretung rechtmäßig benannt wurden, ihr Amt als Richter am Verfassungsgerichtshof antreten können und die drei Richter, die von der neuen Volksvertretung ohne gültige Rechtsgrundlage benannt wurden, ihr Amt nicht ohne rechtsgültige Wahl antreten dürfen; aus diesem Grund wird der Präsident der Republik aufgefordert, die drei von der vorherigen Volksvertretung gewählten Richter umgehend zu vereidigen;

b)

die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 9. März 2016 und das Urteil vom 11. August 2016 zum Gesetz vom 22. Juli 2016 über den Verfassungsgerichtshof sowie andere danach ergangene und künftige Urteile zu veröffentlichen und vollständig umzusetzen;

c)

sicherzustellen, dass jede Reform des Verfassungsgerichtshofgesetzes mit den Urteilen des Verfassungsgerichtshofs im Einklang steht und den Stellungnahmen der Venedig-Kommission umfassend Rechnung trägt und dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Funktion als Garant der Verfassung nicht geschwächt wird;

d)

Maßnahmen und öffentliche Erklärungen zu unterlassen, die die Legitimität und Handlungsfähigkeit des Verfassungsgerichtshofs beeinträchtigen könnten.

66.

Darüber hinaus empfiehlt die Kommission den polnischen Behörden

e)

sicherzustellen, dass der Verfassungsgerichtshof schnellstmöglich die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes über den Status der Richter, des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise sowie des Durchführungsgesetzes wirksam prüfen kann, bevor diese Gesetze in Kraft treten, und dass die diesbezüglichen Urteile unverzüglich veröffentlicht und vollständig umgesetzt werden;

f)

sicherzustellen, dass keine Ernennung des neuen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs erfolgt, solange die Urteile des Verfassungsgerichtshofs zur Verfassungsmäßigkeit der neuen Gesetze nicht veröffentlicht und vollständig umgesetzt worden sind und solange die drei im Oktober 2015 vom 7. Sejm rechtmäßig benannten Richter nicht ihr Amt als Richter am Verfassungsgerichtshof angetreten haben;

g)

sicherzustellen, dass, solange ein neuer Präsident des Verfassungsgerichtshofs nicht rechtmäßig ernannt worden ist, der Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs und nicht ein kommissarischer Präsident oder die am 21. Dezember 2016 zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs ernannte Person das Präsidentenamt übernimmt.

67.

Die Kommission betont, dass die zwischen Staatsorganen in Fragen der Rechtsstaatlichkeit erforderliche loyale Zusammenarbeit von grundlegender Bedeutung ist, um in der gegenwärtigen Lage eine Lösung zu finden.

68.

Die Kommission fordert die polnischen Behörden auf, die in dieser Empfehlung beschriebenen Probleme innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Empfehlung zu beheben und der Kommission die hierzu unternommenen Schritte mitzuteilen.

69.

Die Kommission weist im Übrigen darauf hin, dass gemäß dem EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips angenommene Empfehlungen nicht ausschließen, dass bei einer plötzlichen Verschlechterung der Lage in einem Mitgliedstaat, die eine energischere Reaktion der EU erfordert, die Verfahren des Artikels 7 EUV direkt in Gang gesetzt werden (79).

70.

Die Kommission ist gewillt, den konstruktiven Dialog mit der polnischen Regierung auf der Grundlage dieser Empfehlung fortzusetzen.

Brüssel, den 21. Dezember 2016

Für die Kommission

Frans TIMMERMANS

Erster Vizepräsident


(1)  Empfehlung (EU) 2016/1374 der Kommission vom 27. Juli 2016 zur Rechtsstaatlichkeit in Polen (ABl. L 217 vom 12.8.2016, S. 53).

(2)  Mitteilung „Ein neuer EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips“, COM(2014) 158 final.

(3)  Vgl. COM(2014) 158 final, Anhang I Abschnitt 2.

(4)  K 39/16.

(5)  Artikel 38 Absätze 3 bis 6, Artikel 61 Absatz 6, Artikel 83 Absatz 2, Artikel 84 bis 87 und 89 des Gesetzes vom 22 Juli 2016.

(6)  Artikel 26 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe g und Artikel 68 Absätze 5 bis 7 des Gesetzes vom 22. Juli 2016.

(7)  Artikel 38 Absätze 3 bis 6, Artikel 61 Absatz 3, Artikel 61 Absatz 6, Artikel 68 Absätze 5 bis 7 und Artikel 83 Absatz 2 des Gesetzes vom 22 Juli 2016.

(8)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. September 2016 zu den jüngsten Entwicklungen in Polen und ihren Auswirkungen auf die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte (2016/2774(RSP)).

(9)  Stellungnahme Nr. 860/2016 — CDL-AD(2016)026.

(10)  K 44/16.

(11)  Siehe die Verordnung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs vom 7. November 2016.

(12)  Abschnitt 2.

(13)  Siehe auch Artikel 6 Absatz 7.

(14)  Stellungnahme Nr. 860/2016 — CDL-AD(2016)026, Randnummer 106.

(15)  Siehe Artikel 5.

(16)  Siehe Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 5.

(17)  Siehe Artikel 18 Absatz 2 und Artikel 21 Absatz 2.

(18)  Stellungnahme Nr. 833/2015, CDL-AD(2016)001, Randnummer 136.

(19)  Siehe Fußnoten zu Randnummer 7.

(20)  Siehe Randnummer 23 der Empfehlung.

(21)  Stellungnahme Nr. 860/2016, Randnummer 101; Stellungnahme Nr. 833/2015, Randnummern 43, 142 und 143.

(22)  Artikel 188 der Verfassung.

(23)  Artikel 189 der Verfassung.

(24)  Artikel 198 der Verfassung bezieht sich auf den Präsidenten der Republik, den Vorsitzenden und die Mitglieder des Ministerrates, den Präsidenten der Polnischen Nationalbank, den Präsidenten der Obersten Kotrollkammer, die Mitglieder des Landesrates für Rundfunk und Fernsehen, Personen, die der Vorsitzende des Ministerrates mit der Leitung eines Ministeriums beauftragt hat, sowie den Obersten Befehlshaber der Streitkräfte.

(25)  Artikel 126 der Verfassung.

(26)  Siehe Abschnitt 4.2.1 der Empfehlung.

(27)  Siehe Abschnitt 4.2.3 der Empfehlung.

(28)  Siehe Abschnitt 4.2.7 der Empfehlung.

(29)  Siehe Abschnitt 4.2.6 der Empfehlung.

(30)  Siehe Abschnitt 4.2.8 der Empfehlung.

(31)  Siehe Randnummer 43 der Empfehlung.

(32)  Siehe Erwägungsgrund 19.

(33)  Artikel 24 Absatz 1 sieht Folgendes vor: „Gegen Verfassungsrichter, die gegen das Gesetz verstoßen, der Würde des Amts eines Verfassungsrichters schaden, den Ethik-Kodex für Richter des Verfassungsgerichtshofs verletzen oder ein unethisches Verhalten an den Tag legen, das das Vertrauen in ihre Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit infrage stellen könnte, wird ein Disziplinarverfahren vor dem Gerichtshof angestrengt.“

(34)  Artikel 11 Absatz 3 des Gesetzes über den Status der Richter betrifft die für Unternehmensbeteiligungen von Richtern des Gerichtshofs geltenden Bestimmungen. Artikel 13 betrifft die Verpflichtung für Richter des Gerichtshofs, eine Erklärung zur Tätigkeit ihres Ehegatten abzugeben. Artikel 14 betrifft die Verpflichtung für Richter des Gerichtshofs, eine Vermögenserklärung abzugeben.

(35)  Artikel 11 Absatz 3.

(36)  Artikel 14.

(37)  Artikel 13.

(38)  Siehe Stellungnahme des Obersten Gerichts zum Gesetzentwurf über den Status der Richter vom 12. Oktober 2016.

(39)  Die Artikel 16 bis 32 enthalten detaillierte Bestimmungen zur Registratur und zum Büro des Juristischen Dienstes des Gerichtshofs.

(40)  Artikel 11.

(41)  Artikel 13.

(42)  In Artikel 23 ist festgeschrieben, dass die folgenden Artikel am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft treten werden: Artikel 1-3, 12 und 16-22. Folgende Artikel treten am 1. Januar 2018 in Kraft: Artikel 4, 5 und 8. Die anderen Artikel des Gesetzesentwurfes treten 14 Tage nach dessen Veröffentlichung in Kraft. Die Artikel, die am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft treten, betreffen unter anderem die Ernennung eines „kommissarischen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs“, die Eingliederung der drei rechtswidrig gewählten „Dezember-Richter“ und das neue Wahlverfahren für Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs.

(43)  Siehe die Artikel 1 und 2 des Durchführungsgesetzes. Die anderen Bestimmungen der beiden Gesetze treten 14 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft. Lediglich die Artikel 16-32 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise werden am 1. Januar 2018 in Kraft treten.

(44)  Siehe Artikel 3 und Artikel 23. Lediglich Artikel 18 Absätze 1, 4 und 5 des am 22. Juli verabschiedeten Gesetzes über die organisatorischen und administrativen Arbeitsbedingungen am Verfassungsgerichtshof und im Büro des Verfassungsgerichtshofs bleiben bis zum 1. Januar 2018 in Kraft.

(45)  Gesetz vom 30. Dezember 2015 zur Änderung des Rundfunkgesetzes, veröffentlicht im Amtsblatt vom 7. Januar 2016, Nummer 25.

(46)  Gesetz vom 30. Dezember 2015 zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Dienst und anderer Rechtsvorschriften, veröffentlicht im Amtsblatt vom 8. Januar 2016, Nummer 34.

(47)  Gesetz vom 15. Januar 2016 zur Änderung des Polizeigesetzes und anderer Gesetze, veröffentlicht im Amtsblatt vom 4. Februar 2016, Nummer 147.

(48)  Gesetz vom 28. Januar 2016 über die Staatsanwaltschaft, veröffentlicht im Amtsblatt vom 15. Februar 2016, Nummer 177; Durchführungsgesetz vom 28. Januar 2016 zum Gesetz über die Staatsanwaltschaft, veröffentlicht im Amtsblatt vom 15. Februar 2016, Nummer 178.

(49)  Gesetz vom 18. März 2016 über den Bürgerbeauftragten und zur Änderung weiterer Gesetze. Dieses Gesetz wurde am 4. Mai 2016 vom Präsidenten der Republik unterzeichnet.

(50)  Gesetz vom 22. Juni 2016 über den nationalen Medienrat. Dieses Gesetz wurde am 27. Juni 2016 vom Präsidenten der Republik unterzeichnet.

(51)  Gesetz vom 10. Juni 2016 zur Terrorismusbekämpfung. Dieses Gesetz wurde am 22. Juni 2016 vom Präsidenten der Republik unterzeichnet. Der Kommission ist ferner bekannt, dass dem Landeszentrum für Gesetzgebung am 5. Mai 2016 vom Justizministerium ein neues Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Landesrichterrat und bestimmter anderer Gesetze vorgelegt wurde.

(52)  Gesetz vom 30. Dezember 2015 zur Änderung des Rundfunkgesetzes, veröffentlicht im Amtsblatt vom 7. Januar 2016, Nummer 25, und Gesetz vom 22. Juni 2016 über den nationalen Medienrat. Dieses Gesetz wurde am 27. Juni 2016 vom Präsidenten der Republik unterzeichnet.

(53)  K13/16.

(54)  Gesetz vom 30. Dezember 2015 zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Dienst und anderer Rechtsvorschriften, veröffentlicht im Amtsblatt vom 8. Januar 2016, Nummer 34.

(55)  Schreiben des Ersten Vizepräsidenten Timmermans an Justizminister Ziobro vom 1. Februar 2016. Schreiben des Ersten Vizepräsidenten Timmermans an Außenminister Waszczykowski vom 3. März 2016.

(56)  Gesetz vom 15. Januar 2016 zur Änderung des Polizeigesetzes und anderer Gesetze, veröffentlicht im Amtsblatt vom 4. Februar 2016, Nummer 147.

(57)  Stellungnahme Nr. 839/2016. CDL-AD(2016)012.

(58)  Gesetz vom 10. Juni 2016 zur Terrorismusbekämpfung. Dieses Gesetz wurde am 22. Juni 2016 vom Präsidenten der Republik unterzeichnet.

(59)  Gesetz vom 13. Dezember 2016 zur Änderung des Gesetzes über Versammlungen; noch nicht vom Präsidenten der Republik unterzeichnet.

(60)  Artikel 11.

(61)  In seinem Urteil vom 7. November 2016 prüfte der Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juli 2016, die die Auswahl der Bewerber für das Amt des Gerichtshofpräsidenten betreffen. Siehe Randnummer 46.

(62)  Siehe Erwägungsgrund 19.

(63)  Artikel 21.

(64)  Artikel 11.

(65)  Artikel 21 Absatz 2 des Durchführungsgesetzes; Artikel 11 Absatz 5 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise.

(66)  Artikel 21 Absätze 7 bis 12 und Artikel 22 des Durchführungsgesetzes; Artikel 11 Absätze 7 bis 15 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise.

(67)  Stellungnahme Nr. CDL-AD(2016)026, Randnummern 30 und 124.

(68)  Artikel 11 Absatz 15 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise.

(69)  Nach Artikel 18 des Durchführungsgesetzes leitet der kommissarische Präsident des Gerichtshofs die Arbeit des Verfassungsgerichtshofs, vertritt den Verfassungsgerichtshof nach außen, weist den vereidigten Richtern des Gerichtshofs Fälle zu, trifft Maßnahmen in Arbeitssachen, an denen Mitarbeiter des Büros des Gerichtshofs beteiligt sind, und nimmt weitere Befugnisse und Aufgaben wahr, die dem Präsidenten oder dem kommissarischen Präsidenten des Gerichtshofs mit dem Durchführungsgesetz übertragen wurden.

(70)  Artikel 5 des Gesetzes über den Status der Richter, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 5 des Gesetzes über die Organisation und die Verfahrensweise, Artikel 18 Absatz 2 und Artikel 21 Absatz 2 des Durchführungsgesetzes.

(71)  Artikel 114 Absatz 2.

(72)  Artikel 19.

(73)  Gemäß Artikel 188 der Verfassung entscheidet der Verfassungsgerichtshof über die Vereinbarkeit der Gesetze und der völkerrechtlichen Verträge mit der Verfassung, über die Vereinbarkeit der Gesetze mit den ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen, deren Ratifizierung eine vorherige Zustimmung durch Gesetz voraussetzt, über die Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften, die von zentralen Staatsorganen erlassen werden, mit der Verfassung, den ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen und den Gesetzen, über die Vereinbarkeit der Ziele oder Tätigkeit der politischen Parteien mit der Verfassung und über Verfassungsbeschwerden. Gemäß Artikel 189 der Verfassung bescheidet der Verfassungsgerichtshof auch Kompetenzstreitigkeiten zwischen den zentralen verfassungsmäßigen Staatsorganen.

(74)  Entschließung der Generalversammlung des Obersten Gerichts von Polen vom 26. April 2016.

(75)  Entschließung des Leitenden Rates des Obersten Verwaltungsgerichts von Polen vom 27. April 2016.

(76)  Erklärung des Nationalen Justizrates von Polen vom 7. April 2016.

(77)  Entschließung der Obersten Rechtsanwaltskammer vom 12. März 2016.

(78)  Erklärung der Landeskammer der Justiziare vom 12. März 2016.

(79)  Abschnitt 4.1 der Mitteilung „Ein neuer EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips“, COM(2014) 158 final.