30.7.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 201/8


VERORDNUNG (EG) Nr. 734/2008 DES RATES

vom 15. Juli 2008

zum Schutz empfindlicher Tiefseeökosysteme vor den schädlichen Auswirkungen von Grundfanggeräten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 37,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Gemeinschaft ist Vertragspartei des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen und des Übereinkommens zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung von gebietsübergreifenden Fischbeständen und weit wandernden Fischbeständen. Nach diesen internationalen Rechtsinstrumenten sind die Vertragsstaaten verpflichtet, bei der Erhaltung lebender Ressourcen der Hohen See zusammenzuarbeiten, und sie schreiben vor, dass diese Zusammenarbeit von den Staaten direkt oder über geeignete subregionale oder regionale Fischereiorganisationen oder im Rahmen von Fischereivereinbarungen geregelt wird.

(2)

Das Fehlen einer regionalen Fischereiorganisation oder Fischereivereinbarung entbindet die Staaten nicht von ihrer seerechtlichen Verpflichtung, in Bezug auf ihre Staatsangehörigen die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sein können, um lebende Ressourcen der Hohen See zu erhalten und auch empfindliche marine Ökosysteme vor den schädlichen Auswirkungen von Fischereitätigkeiten zu schützen.

(3)

Gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik (2) wendet die Gemeinschaft im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik den Vorsorgeansatz an, indem sie Maßnahmen ergreift, die die Auswirkungen der Fischerei auf die marinen Ökosysteme auf ein Mindestmaß begrenzen sollen. Nach Artikel 7 derselben Verordnung kann die Kommission auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus Sofortmaßnahmen beschließen, wenn die Erhaltung von lebenden aquatischen Ressourcen oder des marinen Ökosystems infolge von Fischereitätigkeiten nachweislich ernsthaft gefährdet wird und sofortiges Handeln erforderlich ist.

(4)

Die Gemeinschaft ist bestrebt, marine Ökosysteme wie Riffe, Seeberge, Tiefseekorallen, hydrothermale Quellen und Schwammriffe zu erhalten. Zahlreiche wissenschaftliche Informationen belegen, dass die Unversehrtheit dieser Ökosysteme durch Fischereitätigkeiten, bei denen Grundfanggeräte zum Einsatz kommen, gefährdet ist. Die Gemeinschaft hat bereits Maßnahmen zur Sperrung von Grundfanggebieten in Gemeinschaftsgewässern erlassen, in denen derartige Ökosysteme vorkommen. Sie war auch maßgeblich an der Festlegung ähnlicher Maßnahmen für Gebiete der Hohen See beteiligt, die in die Zuständigkeit der bestehenden regionalen Fischereiorganisationen fallen, die zur Regelung der Grundfischerei befugt sind. Sie hat ferner aktiv an der Schaffung neuer Organisationen bzw. Vereinbarungen mitgewirkt mit dem Ziel, alle Weltmeere durch angemessene regionale Regelungen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände zu erfassen. Es gibt jedoch bestimmte Gebiete der Hohen See, bei denen die Schaffung einer solchen Fischereiorganisation bzw. -vereinbarung auf große Schwierigkeiten stößt.

(5)

In der Resolution 61/105 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 8. Dezember 2006 hat sich die internationale Staatengemeinschaft darauf geeinigt, dass Maßnahmen zum Schutz empfindlicher mariner Ökosysteme vor den destruktiven Auswirkungen der Grundfischerei dringend erforderlich sind und dass dies durch eine strenge Regulierung dieser Tätigkeiten durch regionale Fischereiorganisationen oder -vereinbarungen oder im Fall von Schiffen, die in Gebieten Fischfang betreiben, für die es keine derartigen Organisationen oder Vereinbarungen gibt, durch die jeweiligen Flaggenstaaten erreicht werden sollte.

Die Generalversammlung hat Empfehlungen über die Art der zu diesem Zweck festzulegenden Maßnahmen abgegeben. Die Arbeiten innerhalb der FAO über die Ausarbeitung internationaler Leitlinien für die Bewirtschaftung dieser Fischereitätigkeiten im Rahmen des Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei sind ebenfalls von großer Bedeutung für die Konzeption und Annahme solcher Maßnahmen sowie deren Umsetzung durch die Mitgliedstaaten.

(6)

Die Gemeinschaft verfügt über eine umfangreiche Fangflotte, die in Gebieten Grundfischerei betreibt, die nicht unter eine regionale Fischereiorganisation oder -vereinbarung mit Regelungskompetenz für diese Aktivitäten fallen; für diese Gebiete ist die Schaffung einer solchen Organisation oder Vereinbarung in nächster Zeit nicht zu erwarten. Unbeschadet der stetigen Bemühungen zur Schließung dieser räumlichen Lücken im internationalen Ordnungsrahmen für die Fischerei muss die Gemeinschaft ihren seerechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf die Erhaltung der in diesen Gebieten lebenden Meeresressourcen nachkommen und daher zweckdienliche Maßnahmen für diese Fangflotten erlassen. Dabei muss die Gemeinschaft im Einklang mit den Empfehlungen der Resolution 61/105 der Generalversammlung handeln.

(7)

Ein Kernbestandteil der Empfehlungen der Generalversammlung sind Maßnahmen, die durchgeführt werden sollen, „… um auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen festzustellen, ob individuelle Grundfischereitätigkeiten erhebliche nachteilige Auswirkungen auf empfindliche Meeresökosysteme haben könnten und, wenn ja, sicherzustellen, dass solche Tätigkeiten dergestalt reguliert werden, dass derartige Auswirkungen verhindert werden, oder dass sie untersagt werden“.

(8)

Die Umsetzung dieser Empfehlung setzt voraus, dass die betreffenden Fischereifahrzeuge im Rahmen einer besonderen Fangerlaubnis, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1627/94 des Rates vom 27. Juni 1994 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen über die speziellen Fangerlaubnisse (3) und der Verordnung (EG) Nr. 2943/95 der Kommission vom 20. Dezember 1995 mit Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EG) Nr. 1627/94 des Rates (4) erteilt wird, für den Fischfang zugelassen sind. Darüber hinaus müssen Erteilung und Gültigkeit dieser Fangerlaubnis von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig gemacht werden, die gewährleisten, dass die Auswirkungen der zugelassenen Fischereitätigkeiten ordnungsgemäß geprüft wurden und die Fangtätigkeit als solche mit den Ergebnissen dieser Prüfung im Einklang ist.

(9)

Die Umsetzung der Empfehlungen der Generalversammlung setzt ferner voraus, dass maßgebliche Überwachungsmaßnahmen festgelegt werden, die die Einhaltung der Bedingungen für eine Fangerlaubnis gewährleisten. Diese Maßnahmen umfassen den Einsatz von Beobachtern an Bord sowie eine Sonderregelung für die Satellitenüberwachung von Fischereifahrzeugen (VMS-Systeme) für den Fall eines technischen Systemausfalls oder einer Systempanne, die über die Regelung der Verordnung (EG) Nr. 2244/2003 der Kommission vom 18. Dezember 2003 mit Durchführungsbestimmungen für satellitengestützte Schiffsüberwachungssysteme (5) hinausgeht.

(10)

Die Identifizierung empfindlicher mariner Ökosysteme in Gebieten, die nicht in die Regelungszuständigkeit einer regionalen Fischereiorganisation fallen, ist derzeit in Arbeit, und es liegen relativ geringe wissenschaftliche Informationen hierüber vor. Deshalb ist es im Hinblick auf die Risiken erheblicher nachteiliger Auswirkungen, die solche Fischereitätigkeiten auf empfindliche marine Ökosysteme haben könnten, zwingend geboten, den Einsatz von Grundfanggeräten in Gebieten zu verbieten, in denen keine ordnungsgemäße wissenschaftliche Prüfung durchgeführt wurden.

(11)

Der Verstoß gegen spezifische Bedingungen wie diejenigen, die ungeprüfte Gebiete betreffen, den Einsatz eines VMS-Systems und die räumliche Verlagerung von Tätigkeiten, wenn Fischereifahrzeuge unvorhergesehen auf ein empfindliches marines Ökosystem stoßen, kann eine irreversible Schädigung dieser Ökosysteme nach sich ziehen und sollte daher in die Liste schwerer Verstöße im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1447/1999 des Rates vom 24. Juni 1999 zur Aufstellung einer Liste von Verhaltensweisen, die einen schweren Verstoß gegen die Vorschriften der gemeinsamen Fischereipolitik darstellen (6), aufgenommen werden.

(12)

Der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist in der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (7) geregelt, die auf die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung uneingeschränkt anwendbar ist, insbesondere was die Rechte der betroffenen Personen auf Zugang zu Daten sowie Berichtigung, Sperrung und Löschen von Daten und die betreffende Mitteilung an Dritte anbelangt, weswegen die vorliegende Verordnung diese Rechte nicht weiter ausführt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Geltungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für Fischereifahrzeuge der Gemeinschaft, die auf Hoher See Fischereitätigkeiten mit Grundfanggeräten ausüben.

(2)   Diese Verordnung gilt nicht für Fischereifahrzeuge der Gemeinschaft, deren Fanggründe in Gebieten liegen,

a)

die unter die Regelungszuständigkeit einer regionalen Fischereiorganisation oder unter eine Fischereivereinbarung mit Regelungskompetenz fallen;

b)

für die zurzeit eine regionale Fischereiorganisation errichtet wird, deren Teilnehmer übereingekommen sind, vorläufige Maßnahmen zu treffen, um empfindliche marine Ökosysteme vor den destruktiven Auswirkungen von Grundfanggeräten zu schützen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

a)

„marines Ökosystem“ ein komplexes dynamisches Wirkungsgefüge von Pflanzen-, Tier- und Mikroorganismengemeinschaften und ihrer abiotischen Umwelt, die eine funktionelle Einheit bilden;

b)

„empfindliches marines Ökosystem“ ein marines Ökosystem, dessen Unversehrtheit (d. h. dessen Struktur und Funktion) nach bestem wissenschaftlichem Kenntnisstand und unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips durch erhebliche schädliche Auswirkungen infolge der physischen Einwirkung von im Rahmen der normalen Fischereitätigkeit eingesetzten Grundfanggeräten gefährdet ist; zu diesen Systemen gehören unter anderem Riffe, Seeberge, hydrothermale Quellen, Kaltwasserkorallen und Tiefsee-Schwammriffe. Die empfindlichsten Ökosysteme sind diejenigen, die zum einen sehr empfindlich auf Störungen reagieren und sich zum anderen nur sehr langsam oder möglicherweise überhaupt nicht mehr erholen;

c)

„erhebliche schädliche Auswirkungen“ Auswirkungen, die (einzeln, in Verbindung mit anderen Auswirkungen oder kumulativ) die Unversehrtheit des Ökosystems in einer Weise schädigen, die die Reproduktionsfähigkeit der betroffenen Populationen beeinträchtigt und langfristig die natürliche Produktivität der Lebensräume verringert oder erhebliche Verluste in Bezug auf Artenreichtum, Lebensräume und Gemeinschaftsarten verursacht, die nicht nur vorübergehender Natur sind;

d)

„Grundfanggeräte“ Geräte, die bei ihrem Einsatz im Rahmen der normalen Fischereitätigkeit physisch auf den Meeresboden einwirken, einschließlich Grundschleppnetzen, Dredschen, Stellnetzen, Grundleinen, Reusen und Fallen.

Artikel 3

Spezielle Fangerlaubnis

(1)   Zur Ausführung der Fischereitätigkeiten im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 benötigen Fischereifahrzeuge der Gemeinschaft eine spezielle Fangerlaubnis.

(2)   Die spezielle Fangerlaubnis wird nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1627/94 erteilt und ist an die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen gebunden.

Artikel 4

Bedingungen für die Erteilung der Fangerlaubnis

(1)   Anträge auf Erteilung einer speziellen Fangerlaubnis gemäß Artikel 3 Absatz 1 müssen von einem detaillierten Fangplan begleitet sein, der insbesondere folgende Angaben enthält:

a)

das voraussichtliche Fanggebiet,

b)

die Zielart(en),

c)

die Art der Fanggeräte und die Tiefe, in der sie eingesetzt werden, und

d)

die Konfiguration des bathymetrischen Profils des Meeresbodens in den voraussichtlichen Fanggründen, sofern diese Informationen den zuständigen Behörden des betreffenden Flaggenstaats noch nicht vorliegen.

(2)   Die zuständigen Behörden erteilen eine spezielle Fangerlaubnis, sofern die Prüfung der potenziellen Auswirkungen der geplanten Fischereitätigkeiten des Fischereifahrzeugs ergeben hat, dass die Fischereitätigkeiten wahrscheinlich keine erheblichen schädlichen Auswirkungen auf empfindliche marine Ökosysteme haben werden.

(3)   Für die Prüfung gemäß Absatz 2 stützen sich die zuständigen Behörden auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Informationen über die Lage empfindlicher mariner Ökosysteme in den Gebieten, in denen die betreffenden Fischereifahrzeuge zu fischen beabsichtigen. Diese Informationen umfassen, soweit vorhanden, wissenschaftliche Daten, auf deren Grundlage die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens derartiger Ökosysteme eingeschätzt werden kann. Diese Prüfung beinhaltet auch geeignete Elemente einer unabhängigen wissenschaftlichen Peer-Bewertung.

(4)   Bei der Bewertung des Risikos erheblicher schädlicher Auswirkungen auf empfindliche marine Ökosysteme, die im Rahmen der Prüfung nach Absatz 2 erfolgt, sollten, soweit angemessen, die unterschiedlichen Voraussetzungen in Gebieten, in denen Fischereitätigkeiten mit Grundfanggeräten üblich sind und in Gebieten, in denen solche Fischereitätigkeiten nicht oder nur gelegentlich ausgeübt werden, berücksichtigt werden.

(5)   Die zuständigen Behörden legen für die Prüfung gemäß Absatz 2 das Vorsorgeprinzip zugrunde. Wenn Zweifel daran bestehen, ob die schädlichen Auswirkungen erheblich sind oder nicht, gehen die Behörden davon aus, dass die wahrscheinlichen schädlichen Auswirkungen, wie sie aus den vorgelegten wissenschaftlichen Informationen hervorgehen, erheblich sind.

(6)   Ergibt die Prüfung, dass nach dem vorgelegten Fangplan durchgeführte Tätigkeiten erhebliche schädliche Auswirkungen auf empfindliche marine Ökosysteme haben könnten, so beschreiben die zuständigen Behörden die bewerteten Risiken und gestatten es den Antragstellern, den Fangplan dahingehend zu ändern, dass diese Risiken vermieden werden. Wird der Plan nicht geändert, so gibt die zuständige Behörde dem Antrag auf spezielle Fangerlaubnis nicht statt.

Artikel 5

Gültigkeitskriterien

(1)   Die spezielle Fangerlaubnis gemäß Artikel 3 Absatz 1 sieht ausdrücklich vor, dass die Fischereitätigkeiten im Rahmen dieser Fangerlaubnis stets im Einklang mit dem Fangplan gemäß Artikel 4 Absatz 1 ausgeübt werden müssen.

(2)   Machen Umstände, die außerhalb der Kontrolle der für die Fischereitätigkeiten des Fischereifahrzeugs verantwortlichen Person liegen, eine Änderung der vorgelegten Pläne erforderlich, so teilt diese Person dies den zuständigen Behörden unter Angabe der vorgesehenen Änderungen des ursprünglichen Plans unverzüglich mit. Die zuständigen Behörden prüfen diese Änderungen; falls die Änderungen eine Verlagerung der Fischereitätigkeiten in Gebiete nach sich ziehen, in denen empfindliche marine Ökosysteme vorkommen oder wahrscheinlich vorkommen, genehmigen sie diese nicht.

(3)   Bei Verstoß gegen den Fangplan gemäß Artikel 4 Absatz 1 unter anderen als den in Absatz 2 dieses Artikels genannten Umständen entzieht der Flaggenstaat die für das betreffende Fischereifahrzeug erteilte spezielle Fangerlaubnis.

Artikel 6

Ungeprüfte Gebiete

(1)   In Gebieten, in denen keine ordnungsgemäße wissenschaftliche Prüfung durchgeführt und keine entsprechenden Ergebnisse vorgelegt wurden, ist der Einsatz von Grundfanggeräten verboten. Dieses Verbot unterliegt der in Artikel 13 vorgesehenen Überprüfung dieser Verordnung.

(2)   Die Grundfischerei ist nach Maßgabe dieser Verordnung in den Gebieten zulässig, in denen einer solchen wissenschaftlichen Prüfung zufolge empfindliche marine Ökosysteme nicht gefährdet werden.

Artikel 7

Unvorhergesehenes Treffen auf empfindliche marine Ökosysteme

(1)   Trifft ein Fischereifahrzeug im Zuge seiner Fischereitätigkeiten auf ein empfindliches marines Ökosystem, so stellt es die Fischereitätigkeit unverzüglich ein bzw. nimmt sie an der betreffenden Position erst gar nicht auf. Die Fischereitätigkeiten werden erst wieder aufgenommen, wenn das Fahrzeug eine alternative Position erreicht hat, die mindestens fünf Seemeilen von dem Ort, an dem es auf das empfindliche marine Ökosystem gestoßen ist, entfernt ist, jedoch nach wie vor in dem im Fangplan gemäß Artikel 4 Absatz 1 vorgesehenen Gebiet liegt.

(2)   Trifft das Fischereifahrzeug an dem alternativen Standort gemäß Absatz 1 erneut auf ein empfindliches marines Ökosystem, so ändert es entsprechend den Vorschriften von Absatz 1 so lange seine Position, bis ein Standort gefunden wurde, an dem keine empfindlichen marinen Ökosysteme vorkommen.

(3)   Das Fischereifahrzeug teilt der zuständigen Behörde jedes Treffen auf empfindliche marine Ökosysteme unverzüglich mit und macht dabei genaue Angaben zu Art, Lage, Zeitpunkt und anderen maßgeblichen Umständen des Vorfalls.

Artikel 8

Gebietssperrungen

(1)   Auf Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen über das Vorkommen bzw. die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens empfindlicher mariner Ökosysteme in der Region, in der ihre Fischereifahrzeuge tätig sind, legen die Mitgliedstaaten Gebiete fest, die für die Fischerei mit Grundfanggeräten gesperrt werden. Sie setzen diese Sperrungen in Bezug auf ihre nationalen Fischereifahrzeuge unverzüglich um und melden der Kommission diese Sperrungen umgehend. Die Kommission leitet diese Meldung unverzüglich an alle Mitgliedstaaten weiter.

(2)   Unbeschadet des Artikels 7 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 legt die Kommission dem Rat soweit angemessen entweder auf der Grundlage von Informationen der Mitgliedstaaten oder von sich aus gemäß Artikel 37 des Vertrags Vorschläge für gemeinschaftliche Maßnahmen zur Anwendung von Gebietssperrungen zur Annahme vor.

Artikel 9

Schiffsüberwachungssystem

(1)   Unbeschadet des Artikels 11 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2244/2003 teilt der Schiffskapitän bei technischem Versagen oder Ausfall der Satellitenanlage an Bord eines Fischereifahrzeugs dem Flaggenmitgliedstaat die genaue Schiffsposition alle zwei Stunden mit.

(2)   Nach der Rückkehr von der Fangreise darf das Fischereifahrzeug den Hafen erst wieder verlassen, wenn die Satellitenanlage zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden funktioniert.

Artikel 10

Schwere Verstöße

(1)   Fischereitätigkeiten, die nach dem Zeitpunkt ausgeführt werden, an dem das Fischereifahrzeug unter anderen als den in Artikel 5 Absatz 2 genannten Umständen von seinen Fangplänen abgewichen ist, gelten als Fischerei ohne Fangerlaubnis und daher als ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften der gemeinsamen Fischereipolitik.

(2)   Wiederholte Verstöße gegen die Bestimmungen der Artikel 6, 7 und 9 gelten als ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften der gemeinsamen Fischereipolitik.

Artikel 11

Beobachter

(1)   An Bord aller Fischereifahrzeuge, für die eine spezielle Fangerlaubnis im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 erteilt wurde, befinden sich Beobachter. Sie beobachten die Fischereitätigkeiten des Schiffes während der gesamten Laufzeit des Fangplans gemäß Artikel 4 Absatz 1.

Die Anzahl der für die Fischereitätigkeiten in einem Fanggebiet zuständigen Beobachter wird 30. Juli 2009 überprüft.

(2)   Der Beobachter

a)

trägt die Angaben über die Fänge gemäß Artikel 6 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 (8) des Rates vom 12. Oktober 1993 zur Einführung einer Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik unabhängig und in demselben Format ein, das auch im Logbuch des Fischereifahrzeugs verwendet wird.

b)

hält jede Änderung des Fangplans gemäß Artikel 5 Absatz 2 fest;

c)

dokumentiert jedes unvorhergesehene Treffen auf empfindliche marine Ökosysteme im Sinne von Artikel 7 und sammelt Informationen, die zum Schutz des Standorts nützlich sein können;

d)

hält fest, in welchen Tiefen Fanggeräte eingesetzt werden;

e)

erstattet den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats innerhalb von 20 Tagen nach Ablauf des Beobachtungszeitraums Bericht. Eine Abschrift dieses Berichts wird der Kommission innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt eines schriftlichen Antrags zugeleitet.

(3)   Der Beobachter

a)

darf nicht Verwandter des Kapitäns oder eines anderen Offiziers an Bord des Schiffes sein, dem er zugeteilt ist;

b)

darf nicht Angestellter des Kapitäns des Schiffes sein, dem er zugeteilt ist;

c)

darf nicht Angestellter des Vertreters des Kapitäns sein;

d)

darf nicht Angestellter eines der Kontrolle des Kapitäns oder seines Vertreters unterstehenden Betriebes sein;

e)

darf nicht Verwandter des Vertreters des Kapitäns sein.

Artikel 12

Berichterstattung

(1)   Sofern Fischereifahrzeuge, die unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahren, in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, legt dieser Mitgliedstaat der Kommission für jedes Kalenderhalbjahr innerhalb von drei Monaten nach Ablauf dieses Halbjahrs einen Bericht mit folgenden Angaben vor:

a)

zusätzlich zu den Angaben gemäß Artikel 18 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 des Rates: Angaben über die Fänge der Fischereifahrzeuge gemäß Artikel 1, wie anhand der Angaben in den Logbüchern ermittelt, einschließlich umfassender Aufzeichnungen über die Tage auf See und der Berichte der Beobachter, aufgeschlüsselt nach Quartalen, Arten der Fanggeräte und Fischarten;

b)

Angaben über die Einhaltung der Fangpläne und der Vorschriften der Artikel 6, 7 und 8 durch die Fischereifahrzeuge gemäß Artikel 1 Absatz 1 und über die Maßnahmen, die getroffen wurden, um Vorschriftswidrigkeiten und schwere Verstöße im Sinne von Artikel 10 zu beheben und zu ahnden;

c)

Angaben über die Umsetzung von Artikel 8 durch den Mitgliedstaat.

(2)   Den nach Absatz 1 vorgelegten Berichten werden die Ergebnisse sämtlicher Prüfungen der potenziellen Auswirkungen beigefügt, die der betreffende Mitgliedstaat gemäß Artikel 4 Absatz 2 während des sechsmonatigen Berichtszeitraums vorgenommen hat.

(3)   Die Kommission macht die ihr gemäß den Artikeln 1 und 2 vorgelegten Angaben öffentlich zugänglich, unter anderem über die FAO, und leitet sie außerdem auf Anfrage unverzüglich an die maßgeblichen wissenschaftlichen Stellen sowie an die Mitgliedstaaten weiter.

Artikel 13

Überprüfung

Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. Juni 2010 einen Bericht über die Umsetzung dieser Verordnung. Dem Bericht liegen erforderlichenfalls Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung bei.

Artikel 14

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am dreißigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 15. Juli 2008.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. BARNIER


(1)  Stellungnahme vom 4. Juni 2008 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 59. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 865/2007 (ABl. L 192 vom 24.7.2007, S. 1).

(3)  ABl. L 171 vom 6.7.1994, S. 7.

(4)  ABl. L 308 vom 21.12.1995, S. 15.

(5)  ABl. L 333 vom 20.12.2003, S. 17.

(6)  ABl. L 167 vom 2.7.1999, S. 5.

(7)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(8)  ABl. L 261 vom 20.10.1993, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 (ABl. L 409 vom 30.12.2006, S. 11). Berichtigte Fassung im ABl. L 36 vom 8.2.2007, S. 6.