10.8.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 287/2


BESCHLUSS (EU) 2021/1312 DES RATES

vom 19. Juli 2021

zur Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-Interpol)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 16 Absatz 2, Artikel 82 Absatz 1 und Artikel 87 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 218 Absätze 3 und 4,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Es sollten Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses eines Kooperationsabkommens (im Folgenden „Abkommen“) zwischen der Union und der Kriminalpolizeilichen Organisation (im Folgenden „Interpol“) aufgenommen werden. Das Abkommen soll die Zusammenarbeit zwischen der Union und Interpol im Bereich der Strafverfolgung, der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und im Bereich der Grenzsicherheit (als Teil des Grenzmanagements) regeln.

(2)

Das Abkommen sollte die Schutzvorkehrungen und Garantien vorsehen, die erforderlich sind, um den Mitgliedstaaten und den Agenturen der Union entsprechend ihren Zugangsrechten den kontrollierten Zugang zur Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (Stolen and Lost Travel Documents, im Folgenden „SLTD“) und Interpol-Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (Travel Document Associated With Notices, im Folgenden „TDAWN“) über das Europäische Suchportal (im Folgenden „ESP“) zu genehmigen, soweit das für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3)

Nach Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2019/818 des Europäischen Parlaments und des Rates (1), müssen Abfragen der Interpol-Datenbanken so erfolgen, dass dem für die Interpol-Ausschreibung Verantwortlichen keine Informationen preisgegeben werden.

(4)

Das Abkommen sollte die Zusammenarbeit zwischen der durch die Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) errichteten Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (im Folgenden „Europol“) und Interpol unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen bei der Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden und transnationalen schweren organisierten Kriminalität, der derzeitigen operativen Erfordernisse sowie des Mandats von Europol regeln.

(5)

Das Abkommen sollte den Aufbau und die Regelung der Zusammenarbeit zwischen der durch die Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates (3) errichteten Europäischen Staatsanwaltschaft (im Folgenden „EUStA“) und Interpol erleichtern.

(6)

Das Abkommen sollte die Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Europol, der durch die Verordnung (EU) 2018/1727 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) errichteten Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (im Folgenden „Eurojust“) und der EUStA zum Zugriff auf einschlägige Interpol-Datenbanken für die Erfüllung ihrer Aufgaben bilden.

(7)

Das Abkommen sollte die Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Eurojust und der EUStA zum Austausch operativer Informationen mit Interpol bilden.

(8)

Artikel 23 Absätze 1, 2 und 5 der Verordnung (EU) 2016/794 sehen den Austausch personenbezogener Daten zwischen Europol und internationalen Organisationen vor, soweit das für die Erfüllung der Aufgaben von Europol im Sinne von Artikel 4 der genannten Verordnung erforderlich ist.

(9)

In den Artikeln 80, 99 und 104 der Verordnung (EU) 2017/1939 sind die Beziehungen zwischen der EUStA und ihren Partnern im Einzelnen geregelt und ist der Informationsaustausch zwischen der EUStA und internationalen Organisationen vorgesehen.

(10)

In Anbetracht der Informationen in Erwägungsgrund 33 der Verordnung (EU) 2016/794 und des Erwägungsgrunds 46 der Verordnung (EU) 2018/1727 sollte die Zusammenarbeit zwischen Europol und Interpol bzw. zwischen Eurojust und Interpol gestärkt werden, indem der effiziente Austausch personenbezogener Daten gefördert wird.

(11)

In Artikel 47 Absätze 1, 5 und 6 und in den Artikeln 52 und 56 der Verordnung (EU) 2018/1727 sind die Beziehungen zwischen Eurojust und seinen Partnern im Einzelnen geregelt und ist der Austausch personenbezogener Daten zwischen Eurojust und internationalen Organisationen vorgesehen.

(12)

Die mit der Verordnung (EU) 2018/1726 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) errichtete Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA) sollte die technische Umsetzung des Zugangs zu den Interpol-Datenbanken im Rahmen der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008 (6), (EU) 2018/1240 (7) und (EU) 2019/817 (8) des Europäischen Parlaments und des Rates nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2018/1726 unterstützen.

(13)

In Anbetracht der Informationen in Erwägungsgrund 96 der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates sollte die Zusammenarbeit zwischen der Union und Interpol gestärkt werden, indem ein effizienter Austausch personenbezogener Daten gefördert wird.

(14)

In Artikel 94 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) sind die Bedingungen für die Übermittlung von operativen personenbezogenen Daten an internationale Organisationen festgelegt.

(15)

Das Abkommen sollte mit den Datenschutzbestimmungender Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (10), der Verordnung (EU) 2018/1725 und der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) uneingeschränkt vereinbar sein.

(16)

Das Abkommen sollte die Grundrechte uneingeschränkt wahren und die Grundsätze der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) achten, namentlich das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Artikel 7 der Charta, das Recht auf Schutz personenbezogener Daten nach Artikel 8 der Charta und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein faires Verfahren nach Artikel 47 der Charta. Das Abkommen sollte im Einklang mit allen in der Charta verankerten Rechten und Grundsätzen angewendet werden.

(17)

Das Abkommen sollte die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Beziehungen zu Interpol, die von dem Abkommen nicht erfasst werden, unberührt lassen.

(18)

Nach den Artikeln 1, 2 und 2a des dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

(19)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

(20)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 41 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2018/1725 angehört und hat am 25. Mai 2021 eine Stellungnahme (12) abgegeben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Kommission wird ermächtigt, im Namen der Europäischen Union Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-Interpol) aufzunehmen.

(2)   Die Verhandlungen werden auf der Grundlage der Verhandlungsrichtlinien des Rates im Addendum zu diesem Beschluss geführt.

Artikel 2

Die Kommission wird als Verhandlungsführer der Union benannt.

Artikel 3

Die Verhandlungen werden im Einvernehmen mit der Gruppe „Informationsaustausch im JI-Bereich“ (Gruppe IXIM) vorbehaltlich etwaiger Leitlinien, die der Rat der Kommission eventuell zu einem späteren Zeitpunkt vorgibt, geführt.

Die Kommission erstattet dem Rat sowohl regelmäßig als auch auf dessen Ersuchen Bericht über den Verlauf und das Ergebnis der Verhandlungen. Gegebenenfalls oder auf Ersuchen des Rates legt die Kommission einen schriftlichen Bericht vor.

Artikel 4

Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 19. Juli 2021

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. PODGORŠEK


(1)  Verordnung (EU) 2019/818 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration) und zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1726, (EU) 2018/1862 und (EU) 2019/816 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85).

(2)  Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (ABl. L 135 vom 24.5.2016, S. 53).

(3)  Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1).

(4)  Verordnung (EU) 2018/1727 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 betreffend die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) und zur Ersetzung und Aufhebung des Beschlusses 2002/187/JI des Rates (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 138).

(5)  Verordnung (EU) 2018/1726 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über die Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA), zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und des Beschlusses 2007/533/JI des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 99).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung) (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 60).

(7)  Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/1624 und (EU) 2017/2226, ABl. L 236 vom 19.9.2018, S. 1.

(8)  Verordnung (EU) 2019/817 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen in den Bereichen Grenzen und Visa und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2016/399, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1726 und (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Entscheidung 2004/512/EG des Rates und des Beschlusses 2008/633/JI des Rates (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 27).

(9)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(10)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(11)  Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).

(12)  ABl. C 251 vom 28.6.2021, S. 7.