17.12.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 320/28


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2018/1993 DES RATES

vom 11. Dezember 2018

über die Integrierte EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf den Beschluss 2014/415/EU des Rates vom 24. Juni 2014 über die Vorkehrungen für die Anwendung der Solidaritätsklausel durch die Union (1), insbesondere Artikel 9 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Dieser Beschluss betrifft die Anpassung der Integrierten EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (im Folgenden „IPCR“ (Integrated Political Crisis Response)), die der Rat am 25. Juni 2013 gebilligt hat und auf die in Artikel 1 Absatz 2 des Beschlusses 2014/415/EU Bezug genommen wird. Die IPCR sollte im Fall von Krisen mit weitreichenden Auswirkungen oder von großer politischer Bedeutung eine frühzeitige Koordinierung und Reaktion auf politischer Ebene der Union ermöglichen, unabhängig davon, ob die Krise ihren Ursprung innerhalb oder außerhalb der Union hat.

(2)

Die IPCR sollte die Vorkehrungen für die Anwendung der Solidaritätsklausel unterstützen. Wie im Beschluss 2014/415/EU festgestellt wird, kann die IPCR vor der Geltendmachung der Solidaritätsklausel und nach dem Auslaufen der Reaktion angewendet werden. Die IPCR sollte deshalb so konzipiert sein, dass sie sowohl im Falle einer Geltendmachung der Solidaritätsklausel als auch unabhängig davon von Belang ist.

(3)

Die Wirksamkeit der Vorkehrungen für eine Reaktion auf Unionsebene sollte verbessert werden, und zwar im Wege einer verstärkten Koordinierung, die sich auf die bestehenden Instrumente stützt und bei der sowohl die Befugnisse der Institutionen als auch die Zuständigkeiten und die Verantwortlichkeiten der Mitgliedstaaten geachtet werden.

(4)

Der Rat ist gemäß Artikel 16 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) das Unionsorgan mit politikgestaltenden und koordinierenden Aufgaben und sollte deshalb mit der IPCR betraut werden, da diese Regelung die Koordinierung und die Reaktion auf der politischen Ebene der Union betrifft. Nach Artikel 222 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist der Rat das Organ, in dem sich die die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Anwendung der Solidaritätsklausel durch die Union und durch die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 1 Absatz 2 des Beschlusses 2014/415/EU absprechen.

(5)

Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (im Folgenden „AStV“), eingesetzt durch Artikel 240 AEUV, ist gemäß dem EUV und AEUV sowie der Geschäftsordnung des Rates für die Vorbereitung der Arbeiten aller Tagungen des Rates zuständig und hat auf die Kohärenz der Politiken und Maßnahmen der Union zu achten.

Der AStV ist für alle Bereiche der Unionspolitik zuständig und kann nicht nur schnell, sondern auch auf hoher politischer Ebene handeln, weshalb ihm bei den Tätigkeiten des IPCR im Rat eine zentrale Stellung zukommen sollte. Da der jeweilige Vorsitz während seiner Amtszeit die politische Gesamtverantwortung trägt, sollte die Leitung des IPCR-Prozesses beim Vorsitz auf AStV-Ebene liegen.

(6)

Der Ständige Ausschuss für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit, eingesetzt durch Artikel 71 AEUV, sorgt dafür, dass innerhalb der Union die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit gefördert und verstärkt wird. Er fördert unbeschadet des Artikels 240 die Koordinierung der Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten.

(7)

Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (im Folgenden „PSK“), eingesetzt durch Artikel 38 EUV, verfolgt die internationale Lage in den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und trägt — unbeschadet der Rolle des AStV — durch an den Rat gerichtete Stellungnahmen zur Festlegung der Politiken bei. Im Falle einer Krise, die Bereiche der GASP berührt, müssen sich die Vorsitzenden des AStV und des PSK eng abstimmen.

(8)

Die Kommission ist das Organ, das die allgemeinen Interessen der Union fördert und zu diesem Zweck geeignete Initiativen ergreift; ferner sorgt sie für die Anwendung der Verträge und der von den Organen erlassenen Maßnahmen nach Artikel 17 EUV; deshalb kommt ihr eine wichtige Rolle zu, wann immer sie sich an der IPCR beteiligt.

(9)

Dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden „Hoher Vertreter“) und dem Europäischen Auswärtigen Dienst (im Folgenden „EAD“) stehen Strukturen mit militärischem Sachverstand und Erfahrung mit der Informationsgewinnung sowie das Netz der Delegationen zur Verfügung, die bei Krisen mit externer Dimension einen Beitrag leisten können. Je nach Art der Krise sollten gegebenenfalls sonstige Strukturen und Stellen der Union im Bereich GASP oder Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts Beiträge leisten.

(10)

Jede Krise kann unterschiedliche Merkmale aufweisen, mit denen der Rat sich auf angemessene Weise befassen muss. Die IPCR ist flexibel und skalierbar konzipiert, sodass die Einbeziehung der politischen Ebene und die erforderliche Unterstützung bedarfsgerecht auf die Krise zugeschnitten werden können. Die Flexibilität wird dadurch erreicht, dass zwei Aktivierungsmodi — der „Informationsaustausch-Modus“ und der „Modus der vollständigen Aktivierung“ — bestehen und die jeweils relevanten Akteure einbezogen werden können. Die Skalierbarkeit bezieht sich auf die Ebene der politischen Beschlussfassung.

(11)

Die Kommission und die Hohe Vertreterin haben 2013 aktiv zur Gestaltung und Schaffung der IPCR beigetragen. Seit der Einrichtung der IPCR haben beide die IPCR konsequent unterstützt und immer wieder zu ihrer Durchführung beigetragen. Der Beitrag der Kommission und der Hohen Vertreterin zur IPCR sollte auch in diesen Beschluss aufgenommen werden, wobei beider Zuständigkeiten uneingeschränkt berücksichtigt werden sollten.

(12)

Die IPCR-Regelung wurde in hohem Maße genutzt, um den Informationsaustausch über komplexe Krisen (Überwachungsseiten zu Syrien/Irak, Jemen, Ebola, Ukraine, Nepal usw.) und den Informationsaustausch im Bereich der Krisenkommunikation (bewährte Verfahren und Kommunikationsstrategien), der humanitären Hilfe und der Terrorismusbekämpfung zu unterstützen. Sie wurde im Oktober 2015 für die Flüchtlings- und Migrationskrise erstmals vollständig aktiviert. Seither hat sie durch die Berichterstattung an den AStV, den Rat und den Europäischen Rat wesentlich zur Überwachung und Unterstützung der Krisenreaktion beigetragen. Außerdem wurde sie zur Beübung der Reaktion der Union auf größere Krisen aufgrund von Cyber-Angriffen, Naturkatastrophen oder hybriden Bedrohungen genutzt.

(13)

Die bereits im Rahmen der geltenden IPCR-Regelung bestehenden IPCR-Standard-Einsatzverfahren (im Folgenden „IPCR-SOP“ (SOP — Standing Operating Procedures)), die in einem gesonderten Dokument ausführlich dargelegt sind, sollten bei Bedarf weiterentwickelt und aktualisiert werden, damit die Verfahren eindeutig festgelegt sind und Klarheit darüber besteht, welche Maßnahmen von jedem einzelnen am IPCR-Prozess beteiligten Akteur erwartet werden.

(14)

In den von der Kommission und vom EAD im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten im Einklang mit den IPCR-SOP entwickelten Standard-Einsatzverfahren für die Integrierte Lageeinschätzung und -auswertung (im Folgenden „ISAA“ (Integrated Situational Awareness and Analysis)) sollte insbesondere im Einzelnen beschrieben werden, wie die ISAA zu erstellen und wie die von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen dabei einzubeziehen sind. Bei der Erstellung von ISAA wird es äußerst wichtig sein, mögliche Synergien zwischen den Akteuren und zwischen den vorhandenen Mitteln, Strukturen und Fähigkeiten auf Unionsebene voll auszunutzen, wobei eine Duplizierung bestehender Strukturen und die Schaffung neuer ständiger Strukturen zu vermeiden sind.

(15)

Ein informelles IPCR-Krisenkommunikationsnetz (im Folgenden „CCN“ (Crisis Communication Network)), bestehend aus Kommunikationsexperten der Mitgliedstaaten und der zuständigen Unionseinrichtungen, wurde geschaffen, das insbesondere durch den Austausch bewährter Verfahren und gewonnener Erkenntnisse zur Krisenvorsorge beitragen soll.

(16)

Nach Artikel 346 Absatz 1 Buchstabe a AEUV ist ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seines Erachtens seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen widerspricht. Verschlusssachen sind gemäß dem Beschluss 2013/488/EU des Rates (2) —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   In diesem Beschluss wird die integrierte EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (im Folgenden „IPCR“) festgelegt. Die IPCR ermöglicht im Fall von Krisen mit weitreichenden Auswirkungen oder von großer politischer Bedeutung eine frühzeitige Koordinierung und Reaktion auf politischer Ebene der Union, unabhängig davon, ob die Krise ihren Ursprung innerhalb oder außerhalb der Union hat.

(2)   Mit der IPCR erhält der Rat die erforderlichen Instrumente und die notwendige Flexibilität, um über das Vorgehen in Bezug auf die Reaktion der Union, einschließlich beschleunigter Konsultationen und etwaiger Handlungsvorschläge, zu entscheiden. Die politische Aufsicht und die strategische Leitung liegen in allen Phasen des IPCR-Prozesses beim Vorsitz des Rates, der dabei die jeweiligen Zuständigkeiten der Kommission und des Hohen Vertreters vollständig berücksichtigt.

(3)   Bei der IPCR handelt es sich um eine einheitliche Regelung, die sicherstellt, dass die Union auf politischer Ebene kohärent, wirksam und rasch auf Krisen reagiert. Der Rat greift auf die IPCR zurück, um die Reaktion auf die Geltendmachung der Solidaritätsklausel gemäß Artikel 1 Absatz 2 des Beschlusses 2014/415/EU aufgrund von Artikel 222 Absatz 3 AEUV auf politischer Ebene zu koordinieren.

(4)   Mit dieser Regelung werden bestehende Unionsmechanismen oder -regelungen weder ersetzt noch dupliziert.

Artikel 2

Struktur der IPCR

(1)   Es gibt zwei IPCR-Aktivierungsmodi, über die der Vorsitz je nach Schwere der Krise und Reaktionsbedarf entscheidet:

a)

der Informationsaustausch-Modus, der dazu dient, ein klares Bild von der Lage zu erlangen und die Voraussetzung für eine eventuelle vollständige Aktivierung zu schaffen;

b)

der Modus der vollständigen Aktivierung, der die Vorbereitung von Reaktionsmaßnahmen einschließt.

(2)   Die IPCR umfasst die unterstützenden Komponenten, die wesentlich sind, um eine Beschlussfassung in Kenntnis der Sachlage im Rat und eine wirksame politische Koordinierung auf Unionsebene sicherzustellen. Dabei handelt es sich um folgende Komponenten:

a)

informelle Gespräche am runden Tisch, zu denen der Vorsitz, der vom Generalsekretariat des Rates unterstützt und beraten wird, einlädt, gemäß Artikel 7,

b)

die Unterstützungsfähigkeit „Integrierte Lageeinschätzung und -auswertung“ (im Folgenden „ISAA“ (integrated situational awareness and analysis)), die von der Kommission und dem EAD im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten entwickelt wird, gemäß Artikel 8,

c)

die spezielle geschützte Internet-Plattform, die Eigentum des Rates ist und dem raschen Informationsaustausch dient, gemäß Artikel 9 und

d)

eine täglich rund um die Uhr besetzte zentrale Anlaufstelle auf Unionsebene für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die weiteren Akteure, die vom Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen der Europäischen Kommission betrieben wird, gemäß Artikel 10.

(3)   Zur Verbesserung der Beschlussfassung auf der politischen Ebene der Union gilt für die unterstützenden Komponenten gemäß Absatz 2 Buchstaben a bis c Folgendes:

a)

Sie sind auf die Bedürfnisse der politischen Beschlussfassungsebene zugeschnitten und stehen nach der Aktivierung der IPCR unter der Leitung des Vorsitzes, der sich mit den Kommissionsdienststellen und dem EAD abstimmt;

b)

sie decken sämtliche der von der Krise betroffenen wichtigsten Sektoren ab;

c)

sie sind integriert, sodass die verschiedenen Dimensionen einer Krise kohärent zusammenfasst werden;

d)

sie sind hinreichend detailliert und

e)

sie werden frühzeitig bereitgestellt, sodass noch ausreichend Zeit für förmliche Erörterungen bleibt.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck

a)

„Krise“ eine Situation von so großer Tragweite oder politischer Bedeutung, dass eine zügige Koordinierung der Politik und der Reaktion auf der politischen Ebene der Union erforderlich ist;

b)

„Reaktion“ jede Maßnahme, die im Falle einer Krise zur Bekämpfung der unmittelbaren schädlichen Auswirkungen getroffen wird.

Artikel 4

Aktivierung

(1)   Im Falle einer Krise beschließt der Vorsitz die Aktivierung der IPCR. Jeder Mitgliedstaat kann den Vorsitz darum ersuchen.

(2)   Wurde die Solidaritätsklausel geltend gemacht, aktiviert der Vorsitz die IPCR unverzüglich vollständig im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 des Beschlusses 2014/415/EU, sofern sie noch nicht Anwendung findet.

(3)   Wurde die Solidaritätsklausel nicht geltend gemacht, konsultiert der Vorsitz in geeigneter Weise die betroffenen Mitgliedstaaten sowie die Kommission und den Hohen Vertreter, bevor er über die Aktivierung entscheidet.

(4)   Der Vorsitz wird vom Generalsekretariat des Rates beraten und unterstützt. Der Vorsitz kann zudem bei den Kommissionsdienststellen und beim EAD — im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten — sowie bei den einschlägigen Unionsagenturen, den Mitgliedstaaten und relevanten Akteuren oder Organisationen fachlichen Rat einholen.

(5)   Der Beschluss, die IPCR im Informationsaustausch-Modus zu aktivieren, kann auch einvernehmlich vom Generalsekretariat des Rates, den Kommissionsdienststellen und dem EAD in Konsultation mit dem Vorsitz gefasst werden.

(6)   Je nach dem Verlauf der Krise und den politischen Notwendigkeiten kann der Vorsitz jederzeit beschließen, die Operation von einem Aktivierungsmodus in den anderen hoch- oder herabzustufen. Solange die Geltendmachung der Solidaritätsklausel aufrechterhalten wird, bleibt die IPCR vollständig aktiviert.

(7)   Der Vorsitz informiert das Generalsekretariat des Rates über den Beschluss, die IPCR zu aktivieren. Das Generalsekretariat des Rates informiert unverzüglich die Kommission und den Hohen Vertreter sowie das Kabinett des Präsidenten des Europäischen Rates.

Artikel 5

Deaktivierung

Der Beschluss zur Deaktivierung des IPCR wird vom Vorsitz gefasst, nachdem sich dieser in geeigneter Weise mit den betroffenen Mitgliedstaaten sowie mit der Kommission und dem Hohen Vertreter abgestimmt hat. Die IPCR wird nicht deaktiviert, solange die Geltendmachung der Solidaritätsklausel aufrechterhalten wird.

Artikel 6

Ebene des AStV

(1)   Zur Gewährleistung der Kohärenz der Politik und der Maßnahmen der Union ist der AStV die Ebene, der die Aufsicht über die Ausführung der IPCR obliegt. Der Vorsitz informiert den AStV unverzüglich über die wichtigsten Aspekte der Krise und das geplante Vorgehen.

(2)   Unter Berücksichtigung der Merkmale der Krise und der damit zusammenhängenden politischen Notwendigkeiten im Rahmen der Reaktion entscheidet der Vorsitz, ob die Angelegenheit in den zuständigen Vorbereitungsgremien des Rates erörtert werden muss; er handelt dabei im Einklang mit der Geschäftsordnung des Rates. Gegebenenfalls stimmt sich der halbjährliche Vorsitz mit den Vertretern des Hohen Vertreters, die den Vorsitz in den einschlägigen Vorbereitungsgremien des Rates führen, sowie gegebenenfalls mit dem Vorsitzenden des Militärausschusses ab, denen die Einberufung dieser Gremien obliegt.

Artikel 7

Gespräche am runden Tisch

(1)   Die Gespräche am runden Tisch dienen dazu, die Krisensituation genau zu bestimmen und zu untersuchen, sodass eine politische Beschlussfassung in Kenntnis der Sachlage möglich ist.

(2)   Die Gespräche am runden Tisch werden auf Initiative des Vorsitzes einberufen, der dabei vom Generalsekretariat des Rates unterstützt und beraten wird.

(3)   Der Vorsitz entscheidet über die Zusammensetzung der Gespräche am runden Tisch. Die Kommissionsdienststellen und der EAD werden eingeladen und um Beiträge in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen ersucht. Das Kabinett des Präsidenten des Europäischen Rates wird ebenfalls eingeladen. Soweit erforderlich, werden die betroffenen Mitgliedstaaten und weitere relevante Akteure und Experten für bestimmte Fragen, einschließlich Vertreter von Drittstaaten und internationalen Organisationen, sowie der Koordinator der Union für die Terrorismusbekämpfung eingeladen.

(4)   Im Informationsaustausch-Modus dienen vom Vorsitz einberufene Gespräche am runden Tisch hauptsächlich dazu, die Lage zu beobachten, den Informationsbedarf zu evaluieren und zu beurteilen, ob eine vollständige Aktivierung erforderlich ist. Im Falle der vollständigen Aktivierung haben die Teilnehmer der Gespräche am runden Tisch die Aufgabe, unter der Leitung des Vorsitzes erforderlichenfalls Maßnahmenvorschläge vorzubereiten, auszuarbeiten und auf dem neuesten Stand zu halten, die dem Rat auf Verlangen zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen sind.

Artikel 8

Integrierte Lageeinschätzung und -auswertung

(1)   Eine Unterstützungsfähigkeit „ISAA“ erstellt Berichte, die bei den Gesprächen am runden Tisch, auf den Tagungen des Rates, in den Sitzungen seiner Vorbereitungsgremien und auf den Tagungen des Europäischen Rates sachlich fundierte Beratungen ermöglichen.

(2)   Die ISAA-Berichte werden auf die vom Vorsitz des Rates festgelegten Bedürfnisse der politischen Ebene der Union zugeschnitten. Der Vorsitz erstellt hierzu nach Konsultation der Kommissionsdienststellen und des EAD politische und strategische Leitlinien, die er bei Bedarf aktualisiert.

(3)   Die ISAA-Unterstützungsfähigkeit ermöglicht

a)

die Sammlung und den Austausch von Informationen über die aktuelle Lage, über Analysen der Union und der Mitgliedstaaten, über von den relevanten Akteuren getroffene oder zu treffende Entscheidungen und Maßnahmen sowie über den von ihnen geäußerten Bedarf an politischer Koordinierung auf Unionsebene;

b)

die Verarbeitung der Informationen gemäß Buchstabe a und die Erstellung eines integrierten Lagebildes; und

c)

die Erstellung einer integrierten Lageauswertung, einschließlich etwaiger Entwicklungen und Konsequenzen.

Hierfür sind die Mitgliedstaaten und die zuständigen Unionsagenturen bestrebt, diese Arbeit zu unterstützen und zügig relevante Informationen beizusteuern.

(4)   Die ISAA ist ein Instrument für die gemeinsame Nutzung von Informationen, das Beiträge für die Mitgliedstaaten liefern und die Kommission und den Hohen Vertreter bei ihren Tätigkeiten unterstützen wird.

(5)   Die ISAA wird von den Kommissionsdienststellen und vom EAD im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten sowie im Rahmen ihrer vorhandenen Mittel und Fähigkeiten entwickelt. Die ISAA basiert auch auf relevanten Informationen und Auswertungen, die von den Mitgliedstaaten (z. B. den einschlägigen nationalen Krisenzentren) insbesondere über die Internet-Plattform und von Unionsagenturen bereitgestellt werden.

(6)   Diese Unterstützungsfähigkeit steht nach der Aktivierung der IPCR bis zu deren Desaktivierung ständig zur Verfügung. Sie wird dem Vorsitz und dem Rat umgehend für die gesamte Dauer der Krise bereitgestellt, sodass ein proaktives Krisenmanagement möglich ist. Je nach dem Verlauf der Krise kann der Vorsitz beschließen, dass die Unterstützung durch die ISAA verstärkt oder verringert wird. Die regelmäßige Beobachtung seitens der sektoralen Quellen der Union wird fortgesetzt.

(7)   Je nach Art der Krise können Drittstaaten und internationale Partner, wie beispielsweise die assoziierten Schengen-Länder, vom AStV autorisiert werden, auf die ISAA-Berichte zu einer bestimmten Krise zuzugreifen.

Artikel 9

Internet-Plattform

(1)   Eine spezielle Internet-Plattform, die vom Generalsekretariat des Rates entwickelt und verwaltet wird, dient als wichtigstes Instrument der IPCR und als elektronische Verbindungsstelle zwischen den relevanten Akteuren.

(2)   Der Zugang zu dieser Plattform ist auf die Personen beschränkt, die von den relevanten Akteuren, namentlich vom Generalsekretariat des Rates (für den Rat und den Europäischen Rat), den Mitgliedstaaten, der Kommission, dem EAD (für den Hohen Vertreter) und den relevanten Unionsagenturen, benannt wurden.

(3)   Um den Austausch und insbesondere den Austausch sensibler Informationen über die Internet-Plattform zu fördern, werden Informationen nicht an Parteien weitergegeben, die nicht zu den relevanten Akteuren gemäß Absatz 2 zählen, es sei denn, der AStV hätte dies ausdrücklich genehmigt. Das Generalsekretariat des Rates in Verbindung mit dem Vorsitz wird bei der Beantwortung von Informationsersuchen solcher Parteien einbezogen.

(4)   Um Doppelarbeit zu vermeiden, wird die Internet-Plattform keines der vorhandenen sektoriellen Internet-Tools der Union ersetzen und wird auch durch keines dieser Tools ersetzt. Informationen, die höher als RESTREINT UE/EU RESTRICTED eingestuft sind, werden über die relevanten dafür zugelassenen Kanäle ausgetauscht.

(5)   Die Internet-Plattform steht insbesondere für relevante Hintergrundinformationen, Übungen, die Erfahrungsauswertung und Schulungsmaßnahmen sowie für die IPCR-Anlaufstellen auch dann zur Verfügung, wenn die IPCR nicht aktiviert wurde. Bei jeder Aktivierung des IPCR wird eine Krisenwebsite erstellt.

(6)   Im Falle einer Krise, bei der die IPCR nicht aktiviert wird, kann das Generalsekretariat des Rates im Einvernehmen mit dem Vorsitz gegebenenfalls auf Antrag eines betroffenen Mitgliedstaats, der Kommissionsdienststellen oder des EAD eine „Beobachtungswebsite“ erstellen. Diese Website erleichtert den Informationsaustausch und dient als Archiv für leicht verfügbare Berichte und Lagebilder. Die Schaffung einer Beobachtungswebsite zieht nicht die Erstellung von ISAA-Berichten nach sich.

(7)   Die IPCR-Internet-Plattform enthält außerdem spezielle thematische Foren oder „Knotenpunkte“, die insbesondere in den Nicht-Krisen-Zeiten für die Zwecke der Vernetzung, des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit genutzt werden, um zur Vorsorge für die Krisenbewältigung beizutragen.

(8)   Das Generalsekretariat des Rates konsultiert den Vorsitz und die Delegationen im Rat, wenn es strukturelle Änderungen an der Plattform plant.

Artikel 10

Täglich rund um die Uhr besetzte zentrale Anlaufstelle

Die täglich rund um die Uhr besetzte zentrale Anlaufstelle ist bei Aktivierung des IPCR einsatzbereit, unbeschadet der Aufteilung der Zuständigkeiten innerhalb der Kommissionsdienststellen und des EAD und unbeschadet bestehender Informationsnetze.

Artikel 11

Standard-Einsatzverfahren

(1)   Der Vorsitz, der dabei vom Generalsekretariat des Rates unterstützt wird, entwickelt die bereits bestehenden IPCR-Standard-Einsatzverfahren (IPCR-SOP (SOP — Standard Operating Procedures)) bei Bedarf weiter und aktualisiert sie, damit die Verfahren eindeutig festgelegt sind und Klarheit darüber besteht, welche Maßnahmen von jedem einzelnen am IPCR-Prozess beteiligten Akteur erwartet werden. Die Mitgliedstaaten, die Kommissionsdienststellen und der EAD werden um Beiträge ersucht. Jede neue Fassung der IPCR-SOP wird dem AStV zur Billigung vorgelegt.

(2)   Entsprechend ihren jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten entwickeln die Europäische Kommission und der EAD im Einklang mit den IPCR-SOP die Standard-Einsatzverfahren für die Integrierte Lageeinschätzung und -auswertung, in denen im Einzelnen beschrieben wird, wie die ISAA zu erstellen und wie die von Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen dabei einzubeziehen sind.

Artikel 12

Krisenvorsorge

(1)   Damit die Union besser in der Lage ist, auf politischer Ebene rasch auf Krisen zu reagieren, werden Krisenvorsorgemaßnahmen und ein Rahmen für eine Kommunikationsstrategie entwickelt. Diese Maßnahmen richten sich nach den Bereichen, die im Hinblick auf eine mögliche Aktivierung der IPCR am stärksten Anlass zu Sorge geben, und werden von einer IPCR-Krisenvorsorgestrategie und einem zugehörigen Programm flankiert, die zum Ziel haben, alle Komponenten der IPCR-Fähigkeit zu verbessern.

(2)   Die Krisenvorsorgestrategie wird dem Rat zur Billigung vorgelegt. Das Krisenvorsorgeprogramm wird dem AStV vorgelegt.

(3)   Um die Sachkenntnis und den Bereitschaftsgrad aller relevanten Akteure zu verbessern, werden bedarfsgerechte Schulungen zu den Verfahren und Instrumenten durchgeführt, die im Krisenfall zum Einsatz kommen und eine Koordinierung auf der politischen Ebene der Union erfordern.

(4)   In der IPCR-Krisenvorsorgestrategie sind sektorenübergreifende Übungen vorgesehen; ferner werden darin die Verfahren und Modalitäten für die Planung von Übungen unter Einbeziehung der IPCR festgelegt. Der Vorsitz, der dabei vom Generalsekretariat des Rates unterstützt wird, veranstaltet IPCR-Übungen, an denen sich die Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis beteiligen können. Die Kommission und der Hohe Vertreter werden dabei eng einbezogen und gegebenenfalls um Beiträge ersucht. Bei Übungen unter Einbeziehung der IPCR wird die IPCR-Krisenvorsorgestrategie berücksichtigt.

(5)   Die IPCR-Krisenvorsorgestrategie trägt auch zur Verbesserung der Kommunikation mit der Öffentlichkeit und zur Verbesserung der Kohärenz der Verlautbarungen in Krisenzeiten bei. Das informelle Krisenkommunikationsnetz („CCN“) kann diese Arbeit unterstützen.

(6)   Anhand der Übungen und der praktischen Aktivierungen der IPCR-Regelung wird der Verbesserungsbedarf festgestellt. Es wird ein strukturierter Prozess der Erfahrungsauswertung eingeführt.

Artikel 13

Europäischer Rat

Je nach Art der Krise können frühzeitig Konsultationen oder Beschlüsse auf Ebene des Europäischen Rates erforderlich sein. Zu diesem Zweck wird das Kabinett des Präsidenten des Europäischen Rates ebenfalls eingeladen, sich in vollem Umfang an der IPCR ab dem Zeitpunkt ihrer Aktivierung und an Krisenvorsorgemaßnahmen zu beteiligen.

Artikel 14

Information und Kommunikation

(1)   Der Vorsitz setzt das Europäische Parlament unverzüglich von der Aktivierung der IPCR in Kenntnis.

(2)   Zu den Reaktionsmaßnahmen, die im Falle einer Aktivierung der IPCR vorzusehen sind, gehört eine kohärente Kommunikationsstrategie, die unter anderem auch gemeinsame Verlautbarungen einschließt.

Artikel 15

Überprüfung

(1)   Die Regelung im Rahmen dieses Beschlusses wird anhand festgestellter Bedürfnisse und in jedem Fall spätestens innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Deaktivierung überprüft, um sicherzustellen, dass einschlägige Lehren gezogen und berücksichtigt werden. Diese Überprüfung erfolgt im Rat anhand der von den Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Hohen Vertreter vorgelegten Beiträge.

(2)   Gemäß Artikel 9 Absatz 3 des Beschlusses 2014/415/EU kann der vorliegende Beschluss gegebenenfalls überarbeitet werden, um insbesondere den Bedürfnissen, die der Rat bei der Überprüfung festgestellt hat, Rechnung zu tragen.

Artikel 16

Inkrafttreten

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 11. Dezember 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. BLÜMEL


(1)  ABl. L 192 vom 1.7.2014, S. 53.

(2)  Beschluss 2013/488/EU des Rates vom 23. September 2013 über die Sicherheitsvorschriften für den Schutz von EU-Verschlusssachen (ABl. L 274 vom 15.10.2013, S. 1).