17.5.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 138/30


EMPFEHLUNG (EU) 2022/758 DER KOMMISSION

vom 27. April 2022.

zum Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern, die sich öffentlich beteiligen, vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren („Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung“)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union sind die Werte, auf die sich die Union gründet, die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.

(2)

Gemäß Artikel 10 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union haben alle Bürgerinnen und Bürger der Union das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden die „Charta“) sind unter anderem das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 7), das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten (Artikel 8), das Recht auf die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Achtung der Freiheit der Medien und ihrer Pluralität (Artikel 11), und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47) vorgesehen.

(3)

Das in Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierte Recht auf die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Zwar handelt es sich nicht um ein absolutes Recht, doch müssen etwaige Einschränkungen dieses Rechts gesetzlich vorgesehen sein, den Wesensgehalt des Rechts achten und dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen (Artikel 52 Absatz 1 der Charta).

(4)

Im Einklang mit Artikel 52 Absatz 3 der Charta und den Erläuterungen zur Charta sollte Artikel 11 der Charta der Bedeutung und dem Geltungsbereich von Artikel 10 über die Freiheit der Meinungs- und Informationsfreiheit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden „Europäische Menschenrechtskonvention“) in der Auslegung des Gerichtshofs für Menschenrechte gleichgesetzt werden. Mit Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention werden die Freiheit der Meinungsäußerung und die Freiheit, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben, geschützt. Innerhalb des Geltungsbereichs der Europäischen Menschenrechtskonvention muss jede Einschränkung gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein und zur Verfolgung der berechtigten Zwecke nach Artikel 10 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention erfolgen.

(5)

In der Europäischen Menschenrechtskonvention wird den Vertragsstaaten auch eine positive Verpflichtung auferlegt, die Freiheit und den Pluralismus der Medien zu schützen und ein günstiges Umfeld für die Beteiligung an der öffentlichen Debatte zu schaffen. (1) In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heißt es weiter, dass das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft ist und nicht nur für Informationen oder Ideen gilt, die positiv aufgenommen oder als harmlos oder gleichgültig angesehen werden, sondern auch für solche, die für den Staat oder eine Gruppe der Bevölkerung beleidigend, schockierend oder störend sind. (2) Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass in einer demokratischen Gesellschaft auch kleine und informelle Kampagnengruppen in der Lage sein müssen, ihre Tätigkeiten wirksam auszuüben, und dass ein starkes öffentliches Interesse daran besteht, dass solche Gruppen und Einzelpersonen außerhalb der allgemeinen öffentlichen Meinung einen Beitrag zur öffentlichen Debatte leisten können, indem sie Informationen und Ideen zu Angelegenheiten von allgemeinem Interesse verbreiten. (3)

(6)

Journalisten leisten einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Debatte und zur Vermittlung und Aufnahme von Informationen, Meinungen und Ideen. (4) Daher müssen sie den nötigen Raum haben, um zu einer offenen, freien und gerechten Debatte beizutragen und Desinformation und sonstigen manipulativen Eingriffen, darunter auch seitens Akteuren aus Drittländern, entgegenzuwirken. Journalisten sollten in der Lage sein, ihre Tätigkeit wirksam auszuüben, um dafür Sorge zu tragen, dass die Bürgerinnen und Bürger in den europäischen Demokratien Zugang zu einer Vielzahl von Meinungen haben.

(7)

Menschenrechtsverteidiger spielen in den Demokratien Europas ebenfalls eine wichtige Rolle, insbesondere bei der Wahrung der Grundrechte, der demokratischen Werte, der sozialen Inklusion, des Umweltschutzes und der Rechtsstaatlichkeit. Sie sollten in der Lage sein, sich aktiv am öffentlichen Leben zu beteiligen und sich in politischen Fragen und bei der Entscheidungsfindung Gehör zu verschaffen, ohne Angst vor Einschüchterung haben zu müssen. Menschenrechtsverteidiger sind Einzelpersonen oder Organisationen, die sich für die Verteidigung der Grundrechte und einer Vielzahl anderer Rechte einsetzen, einschließlich Umwelt- und Klimarechten, Frauenrechten, Rechten von LGBTIQ-Personen, Rechten von Angehörigen einer rassischen oder ethnischen Minderheit, Arbeitsrechten oder religiösen Freiheiten.

(8)

Eine gesunde und lebendige Demokratie setzt voraus, dass die Menschen sich aktiv an der öffentlichen Debatte beteiligen können. Um eine sinnvolle Beteiligung sicherzustellen, müssen die Menschen Zugang zu verlässlichen Informationen haben, die sie in die Lage versetzen, sich eine eigene Meinung zu bilden und ihr eigenes Urteil in einem öffentlichen Raum zu fällen, in dem unterschiedliche Meinungen frei geäußert werden können.

(9)

Um dieses Umfeld zu fördern, müssen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger vor offenkundig unbegründeten und missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung (gemeinhin als „SLAPP-Klagen“ (strategic lawsuits against public participation) bezeichnet) geschützt werden. Bei diesen Gerichtsverfahren handelt es sich entweder um offenkundig unbegründete oder ganz oder teilweise unbegründete Verfahren, die Elemente des Missbrauchs enthalten, die die Annahme rechtfertigen, dass der Hauptzweck des Gerichtsverfahrens darin besteht, die öffentliche Beteiligung zu verhindern, einzuschränken oder zu sanktionieren. Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch sind die Unverhältnismäßigkeit, Maßlosigkeit oder Unangemessenheit der Forderung oder eines Teils davon, das Vorhandensein mehrerer Klagen, die vom Kläger in ähnlichen Angelegenheiten vorgebracht wurden, oder Einschüchterungen, Belästigungen oder Drohungen von Seiten des Klägers oder seinen Vertretern vor der Einleitung eines offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahrens. Diese Verfahren stellen einen Missbrauch von Gerichtsverfahren und eine unnötige Belastung der Gerichte dar, da ihr Zweck nicht darin besteht, Zugang zur Justiz zu erhalten, sondern die Beklagten zu schikanieren und zum Schweigen zu bringen. Langwierige Verfahren belasten die nationalen Gerichtssysteme.

(10)

Bei offenkundig unbegründeten und missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung kann eine Fülle von Rechtsmissbräuchen zum Einsatz kommen, vor allem in Zivil- oder Strafsachen, aber auch in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten, oder sie können auf verschiedenen Gründen beruhen.

(11)

Solche Gerichtsverfahren werden häufig von einflussreichen Einzelpersonen oder Einrichtungen (z. B. Lobbygruppen, Unternehmen oder staatliche Organen) angestrengt, um die öffentliche Debatte zum Schweigen zu bringen. Dabei besteht häufig ein Machtungleichgewicht zwischen den Parteien, bei dem der Kläger eine mächtigere Position einnimmt als der Beklagte, zum Beispiel in finanzieller oder politischer Hinsicht. Ein Machtungleichgewicht ist zwar kein unverzichtbarer Bestandteil von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren, aber wenn es vorhanden ist, verstärkt es die schädlichen Auswirkungen und die abschreckende Wirkung von Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung erheblich.

(12)

Offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung können sich negativ auf die Glaubwürdigkeit und den Ruf insbesondere von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern auswirken und ihre finanziellen und sonstigen Ressourcen erschöpfen. Sie können negative psychologische Folgen für die Betroffenen und ihre Familienangehörigen haben. Offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung gefährden die Fähigkeit von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern, ihre Tätigkeiten auszuüben. Infolge derartiger Verfahren kann die Veröffentlichung von Informationen über eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse verzögert oder gänzlich verhindert werden. Das Vorhandensein solcher Verfahren kann insbesondere auf die Arbeit von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern allgemein abschreckend wirken, da sie in Erwartung möglicher künftiger Gerichtsverfahren zur Selbstzensur führen, wodurch die öffentliche Debatte zum Nachteil der gesamten Gesellschaft erschwert wird. Die Dauer der Verfahren, der finanzielle Druck und die Androhung strafrechtlicher Sanktionen sind mächtige Instrumente, um kritische Stimmen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen.

(13)

Gegen Personen, die eine Partei von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung sind, können gleichzeitig mehrere Gerichtsverfahren in mehreren Rechtsordnungen anhängig sein. Gerichtsverfahren, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gegen eine Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat angestrengt werden, sind für den Beklagten in der Regel komplexer und kostspieliger. Kläger in offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung können auch verfahrenstechnische Instrumente nutzen, um die Dauer der Verfahren zu verlängern und die Kosten in die Höhe zu treiben, und Fälle vor ein Gericht in einem Rechtsraum bringen, der ihrer Ansicht nach für ihren Fall günstig ist, anstelle vor das Gericht, das am besten in der Lage wäre, über den Fall zu entscheiden.

(14)

Offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung sind in der Europäischen Union auf dem Vormarsch. Jüngsten Studien (5) zufolge werden solche Verfahren in den Mitgliedstaaten immer häufiger eingesetzt.

(15)

In seiner Entschließung vom 25. November 2020 (6) verurteilte das Europäische Parlament den Einsatz von SLAPP-Klagen, um Enthüllungsjournalisten und Medien zum Schweigen zu bringen oder einzuschüchtern und ein Klima der Angst rund um ihre Berichterstattung über bestimmte Themen zu schüren, und forderte die Kommission auf, einen Vorschlag mit dem Ziel vorzulegen, diese Klagen zu bekämpfen. In seiner Entschließung (7) vom 11. November 2021 zur Stärkung der Demokratie, der Medienfreiheit und des Medienpluralismus in der EU in Anbetracht des unrechtmäßigen Rückgriffs auf zivil- und strafrechtliche Verfahren zur Einschüchterung von Journalisten, nichtstaatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft hob das Europäische Parlament erneut hervor, dass dieses Phänomen sehr häufig vorkommt und dass es notwendig ist, wirksame Schutzmaßnahmen für die Opfer in der gesamten Union zu ergreifen.

(16)

Nach Angaben der Plattform des Europarates zur Förderung des Schutzes des Journalismus und der Sicherheit der Journalisten (Platform to Promote the Protection of Journalism and Safety of Journalists) (8) häufen sich die Meldungen über ernsthafte Bedrohungen der Sicherheit von Journalisten und der Medienfreiheit in Europa, einschließlich mehrerer Fälle von Einschüchterung durch die Justiz. Im Jahresbericht 2021 der Partnerorganisationen der Plattform des Europarates zur Förderung des Schutzes des Journalismus und der Sicherheit von Journalisten wird hervorgehoben, dass die Zahl der im Jahr 2020 gemeldeten Warnmeldungen im Zusammenhang mit SLAPP-Klagen im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen ist, und zwar sowohl in Bezug auf die Zahl der Warnmeldungen als auch auf die Gerichtsbarkeit der betroffenen Mitgliedstaaten des Europarates. (9) In seiner Empfehlung vom 13. April 2016 zum Schutz des Journalismus und zur Sicherheit von Journalisten und anderen Medienschaffenden (Recommendation on the protection of journalism and safety of journalists and other media actors) (10) hat der Europarat seinen Mitgliedstaaten empfohlen, die erforderlichen gesetzgeberischen und/oder sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die unseriöse, schikanöse oder bösgläubige Anwendung von Gesetzen und rechtlichen Verfahren, mit denen Journalisten und andere Medienschaffende eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden sollen, zu verhindern.

(17)

In den Berichten der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit von 2020 (11) und 2021 (12) wird hervorgehoben, dass Journalisten und andere Personen, die sich für den Schutz des öffentlichen Interesses einsetzen, in einer Reihe von Mitgliedstaaten zunehmend Drohungen und Angriffen im Zusammenhang mit ihren Veröffentlichungen ausgesetzt sind, wobei verschiedene Formen von Gefahren und Angriffen erkennbar sind, darunter auch SLAPP-Klagen.

(18)

Ein eindeutiges Beispiel für den Einsatz von Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung in der Union ist der Fall der Journalistin Daphne Caruana Galizia, die sich zum Zeitpunkt ihrer Ermordung über 40 zivil- und strafrechtlichen Verleumdungs- und Diffamierungsklagen im Zusammenhang mit ihren Investigativtätigkeiten gegenübersah.

(19)

In dem von der Kommission am 3. Dezember 2020 vorgelegten Europäischen Aktionsplan für Demokratie (13) wird die wichtige Rolle freier und pluralistischer Medien in Demokratien sowie die Bedeutung der Zivilgesellschaft hervorgehoben. Darin wird unter anderem herausgestellt, dass unabhängige und pluralistische Medien eine wichtige Rolle dabei spielen, die Bürgerinnen und Bürger zu befähigen, fundierte Entscheidungen zu treffen, aber auch im Kampf gegen Informationsmanipulation und Einmischung in den Informationsraum, einschließlich Desinformation, unerlässlich sind. In diesem Zusammenhang hat die Kommission bereits die Empfehlung (EU) 2021/1534 zur Gewährleistung des Schutzes, der Sicherheit und der Handlungskompetenz von Journalisten und anderen Medienschaffenden in der Europäischen Union (14) angenommen. Ziel dieser Empfehlung ist es, sicherere Arbeitsbedingungen für alle im Medienbereich Tätigen zu gewährleisten, frei von Angst und Einschüchterung, online ebenso wie offline. Angesichts der zunehmenden Bedrohung der Medienfreiheit und der öffentlichen Beteiligung durch offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung sollte die Union einen kohärenten und wirksamen Ansatz ausarbeiten, um solchen Verfahren entgegenzuwirken. Diese Empfehlung ergänzt die Empfehlung (EU) 2021/1534, denn sie enthält spezifische Empfehlungen zu offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung. Sie geht über den Schutz von Journalisten und anderen Medienschaffenden hinaus und schließt auch Menschenrechtsverteidiger mit ein. Diese Empfehlung sollte auf die besondere Bedrohung ausgerichtet sein, die von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung ausgeht; dadurch sollte das ordnungsgemäße Funktionieren der Gewaltenteilung in einer gesunden Demokratie unterstützt werden. Sie sollte Leitlinien für die Mitgliedstaaten enthalten, damit sie wirksame, geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen treffen können, um gegen solche Verfahren vorzugehen und in diesem Zusammenhang insbesondere den Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern sicherzustellen. Es wird empfohlen, Maßnahmen zur Sensibilisierung und zum Aufbau von Fachwissen zu ergreifen, insbesondere bei Angehörigen der Rechtsberufe und den Betroffenen von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, um dafür Sorge zu tragen, dass die Betroffenen solcher Verfahren Unterstützung erhalten, und um eine verstärkte Überwachung sicherzustellen.

(20)

Um einen wirksamen Schutz vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung sicherzustellen und zu verhindern, dass dieses Phänomen in der Union Schule macht, sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass ihr jeweiliger Rechtsrahmen für Zivil-, Straf-, Handels- und Verwaltungsverfahren die erforderlichen Schutzmaßnahmen bietet, um gegen solche Gerichtsverfahren unter uneingeschränkter Achtung der demokratischen Werte und Grundrechte, einschließlich des Rechts auf ein unparteiisches Gericht und des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung, vorzugehen. Um einen konsequenten und wirksamen Schutz vor offenkundig unbegründeten Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung zu bieten, sollten die Mitgliedstaaten darauf hinwirken, dass eine vorzeitige Einstellung des Verfahrens möglich ist. Sie sollten auch bestrebt sein, andere Rechtsbehelfe gegen missbräuchliche Gerichtsverfahren vorzusehen, vor allem die Erstattung von Kosten, sodass einem Kläger, der ein missbräuchliches Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung angestrengt hat, die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt werden können, die Entschädigung einer natürlichen oder juristischen Person, die durch ein missbräuchliches Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung geschädigt wurde, sowie die Möglichkeit, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen die Partei zu verhängen, die ein missbräuchliches Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung angestrengt hat. Mit der Möglichkeit für die Gerichte, Sanktionen zu verhängen, wird das Ziel verfolgt, potenzielle Kläger davon abzuhalten, missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung anzustrengen. Solche Sanktionen sollten in einem angemessenen Verhältnis zu den festgestellten Missbrauchsmerkmalen stehen. Bei der Festsetzung der Sanktionen könnten die Gerichte die potenziell schädliche oder abschreckende Wirkung des Verfahrens auf die öffentliche Beteiligung berücksichtigen, einschließlich der Art des Anspruchs und der Frage, ob der Kläger mehrere oder abgestimmte Verfahren in ähnlichen Angelegenheiten angestrengt hat oder ob es Versuche gab, den Beklagten einzuschüchtern, zu belästigen oder ihm zu drohen.

(21)

Die Mitgliedstaaten sollten danach trachten, ähnliche Schutzmaßnahmen für einzelstaatliche Fälle, wie sie in den Rechtsinstrumenten der Union vorgesehen sind, in ihr nationales Recht aufzunehmen, mit denen gegen offenkundig unbegründete und missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug vorgegangen werden soll. Dies würde einen kohärenten und wirksamen Schutz gegen solche Gerichtsverfahren bieten und dazu beitragen, dass sich das Phänomen in der Union nicht weiter ausbreitet.

(22)

Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere ihre rechtlichen Rahmenbedingungen für den Tatbestand der Verleumdung überprüfen, um dafür Sorge zu tragen, dass die bestehenden Konzepte und Begriffsbestimmungen nicht von Klägern gegen Journalisten und Menschenrechtsverteidiger im Rahmen von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung eingesetzt werden können.

(23)

Damit die öffentliche Debatte nicht beeinträchtigt wird, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Sanktionen gegen Verleumdung nicht übermäßig und unverhältnismäßig sind. Den Leitlinien und Empfehlungen des Europarates (15), in denen die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Tatbestand der Verleumdung, insbesondere das Strafrecht, behandelt werden, sollten dabei besonders berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Haftstrafen wegen Verleumdung aus ihrem Rechtsrahmen zu beseitigen. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat in ihrer Entschließung 1577 (2007) (16) die Mitgliedstaaten, die immer noch Haftstrafen wegen Verleumdung vorsehen, selbst wenn sie tatsächlich nicht verhängt werden, aufgefordert, diese unverzüglich abzuschaffen. Ferner wird es den Mitgliedstaaten nahegelegt, in Verleumdungsfällen bevorzugt auf das Verwaltungs- oder Zivilrecht zurückzugreifen, sofern diese Bestimmungen eine weniger sanktionierende Wirkung haben als diejenigen des Strafrechts. (17)

(24)

Die strafrechtliche Verfolgung von Verleumdungsfällen sollte nur als letztes Mittel eingesetzt werden; stattdessen sollten verwaltungs- oder zivilrechtliche Maßnahmen bevorzugt werden, wie dies auch von internationalen Organisationen empfohlen wird. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen (18) und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (19) haben empfohlen, den Tatbestand der Verleumdung aus den Strafgesetzen zu streichen. Auch der Europarat hat in diesem Zusammenhang Vorbehalte (20) geäußert.

(25)

Das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten wird in der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (21) weiter präzisiert. Das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten ist kein uneingeschränktes Recht. In Artikel 85 DSGVO heißt es, dass die Mitgliedstaaten durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang bringen.

(26)

Die Mitgliedstaaten sollten Gremien zur Selbstkontrolle und Verbände von Angehörigen der Rechtsberufe dazu anhalten, ihre berufsethischen Standards, einschließlich der Verhaltenskodizes, erforderlichenfalls an diese Empfehlung anzupassen. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem sicherstellen, dass die berufsethischen Standards — mit denen das Ziel verfolgt wird, Angehörige der Rechtsberufe von Verhaltensweisen abzuhalten, die einen Verfahrensmissbrauch oder einen Missbrauch ihrer sonstigen beruflichen Pflichten gegenüber der Integrität des Gerichtsverfahrens darstellen könnten, oder ihnen diese zu untersagen — sowie die entsprechenden Disziplinarstrafen auch für offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung gelten. Dies sollte mit entsprechenden Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen einhergehen, um das Wissen um und die Wirksamkeit der bestehenden berufsethischen Standards zu verbessern, die für offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung von Bedeutung sind.

(27)

Angehörige der Rechtsberufe sind wichtige Akteure in offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, indem sie entweder die Parteien vertreten, Einzelpersonen strafrechtlich verfolgen oder über Streitigkeiten entscheiden. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie über die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Die Mitgliedstaaten sollten diese Angehörigen der Rechtsberufe unterstützen und ihnen Schulungsmöglichkeiten anbieten. Schulungen können wesentlich dazu beitragen, ihr Wissen und ihre Fähigkeit zu verbessern, offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, einschließlich solcher Verfahren mit Bezug zu Drittländern, zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Diese Schulungen sollten sich an die Justiz und die Justizbediensteten auf allen Gerichtsebenen richten, einschließlich Richtern, Staatsanwälten, Gerichtsbediensteten und Bediensteten der Staatsanwaltschaft sowie allen anderen Angehörigen der Rechtsberufe, die mit der Justiz in Verbindung stehen oder anderweitig an der Rechtspflege mitwirken, unabhängig von der Bestimmung im nationalen Recht, dem Rechtsstatus oder der internen Organisation, auf regionaler und lokaler Ebene, wo offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung in erster Instanz auftreten können. Solche Schulungen sollten sich auch an andere Angehörige der Rechtsberufe wie qualifizierte Anwälte richten. Der Aufbau von Schulungskapazitäten vor Ort kann zur langfristigen Nachhaltigkeit der Ausbildung beitragen.

(28)

Durch die Ausweitung der Schulungen auf Journalisten, Presseratsmitglieder, Medienschaffende und Menschenrechtsverteidiger könnten diese besser erkennen, wann sie mit solchen Gerichtsverfahren konfrontiert sind, und es könnten ihnen wichtige juristische Kenntnisse vermittelt werden, um ihr Risiko zu verringern, offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung ausgesetzt zu sein, oder sie könnten besser dagegen vorgehen. Dadurch könnten sie auch in die Lage versetzt werden, zuverlässig über SLAPP-Klagen zu berichten. Bei der Schulung von Journalisten sollte auch auf die ethischen Standards und Leitlinien der nationalen Presse- oder Medienräte hingewiesen werden. An solchen Schulungen könnten als Beitrag zum allgemeinen Kapazitätsausbau und zur Stärkung der institutionellen Reaktion auf offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung auch Datenschutzbehörden, nationale Menschenrechtsinstitutionen, Ombudsstellen und staatliche Medienaufsichtsbehörden teilnehmen.

(29)

Anbieter von juristischen Schulungen und Verbände von Angehörigen der Rechtsberufe sind sehr gut in der Lage, Schulungen zu offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung zu vermitteln, die Ziele einer solchen Schulung festzulegen und die am besten geeignete Schulungsmethode zu bewerten. Schulungen, die von Angehörigen der Rechtsberufe für andere Angehörige der Rechtsberufe durchgeführt werden, ermöglichen es allen, als Gruppe zu lernen, Erfahrungen besser auszutauschen und das gegenseitige Vertrauen aufzubauen und zu stärken. Der Austausch einschlägiger Verfahren auf europäischer Ebene sollte gefördert werden, auch mit Unterstützung der Kommission und unter Einbeziehung des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN). Die Beteiligung von Angehörigen der Rechtsberufe und ihren Berufsverbänden — von der Erstellung von Bedarfsanalysen bis zur Bewertung der Ergebnisse — ist für die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Schulungsmaßnahmen von zentraler Bedeutung.

(30)

In den Schulungen sollten das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung, das Recht auf Information und andere Grundrechte gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie die nationalen Rechtsvorschriften behandelt werden und praktische Anleitungen zur Anwendung der einschlägigen Rechtsprechung, zu Einschränkungen der Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung, zu Verfahrensgarantien sowie zu anderen einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts gegeben werden. Das Handbuch des Europarates für Angehörige der Rechtsberufe zum Schutz des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (Protecting the right to freedom of expression under the European Convention on Human Rights — A handbook for legal practitioners) (22) sollte gebührend berücksichtigt werden.

(31)

In den Schulungen sollte unter anderem der Schutz personenbezogener Daten thematisiert werden, da sie dazu verwendet werden können, offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung einzuleiten. Außerdem sollten Informationsmanipulationen und Einmischung, einschließlich Desinformation, behandelt werden.

(32)

Der nationale Rechtsrahmen und der nationale Kontext sollten bei den Schulungen berücksichtigt werden. Werden sie in strukturierter und kohärenter Weise mit den vom Europarat entwickelten Leitlinien, Erfahrungsberichten von Betroffenen von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung oder bewährten Verfahren aus anderen Mitgliedstaaten kombiniert, könnten sie dazu beitragen, die Lernziele im Zusammenhang mit Schulungen zu offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren erfolgreich zu erreichen. Schulungen können auch dazu genutzt werden, den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.

(33)

Um eine größere Zielgruppe zu erreichen und die Unterstützung zu fördern, sollten bei Schulungen zu offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung auch die neuen Technologien, einschließlich Online-Schulungen, optimal genutzt werden. Der Zugang zu elektronischen Ressourcen, aktuellem Material und eigenständigen Lerninstrumenten zu sachdienlichen Gesetzen und Leitlinien würde den Nutzen solcher Schulungsmaßnahmen erhöhen.

(34)

Um Synergien mit ähnlichen Initiativen zur Schulung von Angehörigen der Rechtsberufe zu fördern, könnten Schulungsmodule über offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung in Schulungen zu verwandten Themen wie Meinungsfreiheit und Rechtsethik aufgenommen werden. Der Einsatz bestehender Materialien und Schulungspraktiken, wie z. B. der auf dem Europäischen Justizportal angebotenen Materialien, des Global Toolkit for Judicial Actors der Unesco (23) und der Online-Kurse des Europarates zu Menschenrechten für Angehörige der Rechtsberufe (HELP — Human Rights Education for Legal Professionals) (24), sollte gefördert werden.

(35)

Werden offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung in die Lehrpläne für Rechtswissenschaften und Journalismus aufgenommen, könnte dies dazu beitragen, Angehörige der Rechtsberufe und Journalisten das Wissen zu vermitteln, um solche Verfahren zu erkennen, und sie mit spezifischen Kenntnissen auszustatten, um entsprechend zu reagieren. Zudem würde die Entwicklung von Fachwissen und beruflichen Kompetenzen bei den Dozenten unterstützt. Dieses Wissen könnte von den Hochschulen in ergänzenden Kursen oder Seminaren während der letzten Jahre eines Studiengangs vermittelt werden, zum Beispiel an Studierende der Rechtswissenschaften und des Journalismus.

(36)

Die Mitgliedstaaten sollten Sensibilisierungskampagnen in Bezug auf offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung fördern, die unter anderem von nationalen Einrichtungen, einschließlich nationaler Menschenrechtsinstitutionen und Organisationen der Zivilgesellschaft, organisiert werden.

(37)

Kommunikationsmaßnahmen zu offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung könnten in Form von Veröffentlichungen, Mitteilungen, öffentlichen Sitzungen, Konferenzen, Workshops oder Webinaren erfolgen.

(38)

Die Betroffenen von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung haben oftmals Schwierigkeiten, Informationen über verfügbare Ressourcen zu ihrer Unterstützung zu finden. Damit es leichter ist, Stellen oder Einrichtungen zu ermitteln, die bei offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren Unterstützung leisten können, und die Wirksamkeit der Unterstützung bei solchen Verfahren gewährleistet ist, sollten die Informationen an einer einzigen Stelle erhoben und bereitgestellt werden, entgeltfrei und leicht zugänglich sein. Zu diesem Zweck sollte jeder Mitgliedstaat eine nationale Anlaufstelle einrichten, die Informationen über verfügbare Ressourcen sammelt und weitergibt.

(39)

Ein grundlegendes Ziel von Sensibilisierungsmaßnahmen zu offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung sollte darin bestehen, das Bewusstsein für die Bedeutung eines öffentlichen Raums zu fördern, der die demokratische Teilhabe ermöglicht und den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu einer Vielzahl von Meinungen und verlässlichen Informationen ohne Voreingenommenheit erlaubt.

(40)

Sensibilisierungskampagnen sollten mit nationalen Anlaufstellen und anderen zuständigen Behörden koordiniert werden, um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten. Es sollten auch Synergien mit Sensibilisierungskampagnen zu kompatiblen Themen angestrebt werden, z. B. solchen, die auf die Förderung einer offenen, freien und gerechten Debatte und den Schutz des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung ausgerichtet sind, und sie sollten bei Sensibilisierungskampagnen berücksichtigt werden, mit denen eine aktive Bürgerbeteiligung, der Meinungspluralismus und der Zugang zu zuverlässigen Informationen gefördert werden. Außerdem sollten gegebenenfalls Synergien mit den Themen Stärkung der Medienkompetenz und der Informationskompetenz, journalistische Standards und Überprüfung von Fakten im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation, Informationsmanipulation und Einmischung, auch aus dem Ausland, angestrebt werden. Zur Zielgruppe könnten unter anderem bestimmte Gruppen gehören, wie Medienschaffende, Angehörige der Rechtsberufe, Mitglieder von Organisationen der Zivilgesellschaft, Kommunikationsexperten, Wissenschaftler, Denkfabriken, Politiker, Beamte, Behörden und private Unternehmen.

(41)

Die Mitgliedstaaten sollten mit allen Mitteln, die sie für angemessen halten, die Verfügbarkeit von Informationen über die Verfahrensgarantien und andere Schutzmaßnahmen im Rahmen ihres nationalen Rechtsrahmens gewährleisten, einschließlich Informationen über die Einrichtungen oder Stellen, die kontaktiert werden können, um Unterstützung bei offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung zu erhalten.

(42)

Dazu gehören Anwaltskanzleien, die die Betroffenen von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung kostenfrei verteidigen, Rechtskliniken („legal advice clinics“) von Hochschulen, die solche Unterstützung leisten, Organisationen, die SLAPP-Klagen registrieren und darüber berichten, und Organisationen, die den Betroffenen offenkundig unbegründeter oder missbräuchlicher Gerichtsverfahren finanzielle und sonstige Unterstützung bieten.

(43)

Die Betroffenen von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung müssen ausreichend gegen solche Verfahren gewappnet sein. Daher ist es notwendig, die Kapazitäten in den Mitgliedstaaten auszubauen, um denjenigen, die von solchen Verfahren betroffen sind, Unterstützung zu bieten. Die Mitgliedstaaten sollten Organisationen, die Betroffene von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren beraten und unterstützen, Finanzmittel zur Verfügung stellen und die Finanzierungsmöglichkeiten auf Unionsebene besser bekannt machen.

(44)

Es ist eine systematischere Überwachung von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung erforderlich, um das Phänomen besser zu bekämpfen. Die erhobenen Daten sollten ausreichende Informationen für Behörden und andere einschlägige Interessenträger umfassen, damit sie quantifiziert werden können und besser verständlich sind, auch im Hinblick auf die Bereitstellung der notwendigen Unterstützung für die Betroffenen. Die Mitgliedstaaten sollten unter Berücksichtigung ihrer institutionellen Regelungen für Justizstatistiken (25) eine oder mehrere Behörden damit beauftragen, Daten über offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, die vor nationalen Gerichten angestrengt wurden, zu erheben und zu aggregieren. Diese Behörden können die Daten von mehreren Interessenträgern erheben. Für eine vereinfachte Datenerhebung können die mit der Datenerhebung betrauten Behörden Anlaufstellen einrichten, damit Justizbehörden, Berufsverbände, nichtstaatliche Organisationen, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und andere Interessenträger Daten über offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren austauschen können. Die Mitgliedstaaten sollten eine dieser Behörden damit beauftragen, die Informationen zu koordinieren und die auf nationaler Ebene gesammelten aggregierten Daten ab Ende 2023 jährlich an die Kommission zu melden. Die Mitgliedstaaten sollten die Verlässlichkeit der erhobenen Daten sicherstellen. Zu diesem Zweck sollten sie sicherstellen, dass die Datenerhebung nach geltenden Standards erfolgt und dass die mit der Datenerhebung und -statistik betrauten Behörden über ausreichend Autonomie verfügen. Die Datenschutzanforderungen sollten eingehalten werden.

(45)

Beauftragen die Mitgliedstaaten Behörden mit der Datenerhebung und Berichterstattung, könnten sie Synergien mit den einschlägigen Instrumenten im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte in Betracht ziehen. Nationale Menschenrechtsinstitutionen, falls vorhanden, können eine wichtige Rolle spielen, ebenso wie andere Einrichtungen wie Ombudsstellen, Gleichstellungsstellen oder zuständige Behörden, wie die gemäß der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates (26) benannten, ebenfalls von Bedeutung sein können. Nationale Anlaufstellen, die einen Überblick über die Ressourcen zur Unterstützung bieten, und die mit der Datenerhebung und der Berichterstattung über die Daten betrauten Stellen oder Behörden könnten in derselben Organisation angesiedelt sein, wobei die in dieser Empfehlung beschriebenen Anforderungen und Kriterien zu berücksichtigen sind.

(46)

Die mit der Datenerhebung betrauten Behörden sollten Informationen über offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung in barrierefreien Formaten auf ihren Websites und gegebenenfalls über andere geeignete Instrumente veröffentlichen. Dabei sollten sie sicherstellen, dass die Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Privatsphäre und auf Schutz personenbezogener Daten von Personen, die Streitpartei eines offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahrens gegen öffentliche Beteiligung sind, uneingeschränkt gewahrt werden.

(47)

Um die Dauer von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren zu ermitteln, sollten, wann immer möglich, genaue Informationen über die Ereignisse, Handlungen oder Tätigkeiten, durch die solche Verfahren eingeleitet und abgeschlossen wurden, sowie die Daten, an denen sie stattfanden, erhoben werden. Die erhobenen Daten sollten gegebenenfalls auch Informationen über den Hintergrund eines Falles enthalten, z. B. wenn in der Vergangenheit wiederholt Gerichtsverfahren gegen denselben Beklagten oder durch denselben Kläger stattgefunden haben.

(48)

Die von der Kommission eingesetzte EU-Expertengruppe für SLAPP-Klagen (27) könnte bei Bedarf die Entwicklung vergleichbarer Kriterien in allen Mitgliedstaaten unterstützen, die von den Behörden, die mit der Erhebung und Meldung von Daten über offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung betraut sind, leicht angewandt werden können.

(49)

Die Expertengruppe für SLAPP-Klagen der Union unterstützt den Austausch und die Verbreitung von bewährten Verfahren und Wissen im Zusammenhang mit SLAPP-Klagen unter Angehörigen der Rechtsberufe. Sie könnte die Behörden unter anderem bei der Einrichtung von Anlaufstellen, der Entwicklung von Schulungsmaterial und der Organisation von Rechtshilfe technisch unterstützen.

(50)

Das Programm „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ (CERV), das mit der Verordnung (EU) 2021/692 des Europäischen Parlaments und des Rates (28) eingerichtet wurde, hat den Schutz und die Förderung der in den Verträgen und in der Charta verankerten Rechte und Werte zum Ziel. Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung demokratischer, auf Rechtsstaatlichkeit beruhender Gesellschaften ist im Rahmen des CERV-Programms unter anderem die Möglichkeit vorgesehen, Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Aufbau von Kapazitäten und der Sensibilisierung für die Charta, einschließlich des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung, zu finanzieren. Bei dem mit der Verordnung (EU) 2021/692 eingerichteten Programm „Justiz“ (29) ist unter anderem die Möglichkeit vorgesehen, Maßnahmen im Zusammenhang mit der justiziellen Aus- und Weiterbildung mit Blick auf die Herausbildung einer gemeinsamen Kultur des Rechts und der Justiz sowie einer Kultur, die auf Rechtsstaatlichkeit beruht, und die Unterstützung und Förderung der einheitlichen und wirksamen Umsetzung der für das Programm relevanten Rechtsinstrumente der Union zu finanzieren —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

GEGENSTAND

(1)

Diese Empfehlung enthält Leitlinien für die Mitgliedstaaten, um wirksame, angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zu ergreifen, um gegen offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung vorzugehen und insbesondere Journalisten und Menschenrechtsverteidiger vor solchen Verfahren zu schützen, wobei die demokratischen Werte und Grundrechte uneingeschränkt zu achten sind.

GELTENDE RECHTSRAHMEN

(2)

Die Mitgliedstaaten sollten generell dafür sorgen, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen in ihren geltenden Rechtsrahmen vorgesehen sind, um gegen offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung vorzugehen, wobei die demokratischen Werte und Grundrechte, einschließlich des Rechts auf ein unparteiisches Gericht und des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung, uneingeschränkt zu achten sind.

(3)

Die Mitgliedstaaten sollten darauf hinwirken, dass Verfahrensgarantien zur Verfügung stehen, die eine vorzeitige Einstellung von offenkundig unbegründeten Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung ermöglichen. Sie sollten auch bestrebt sein, andere Rechtsbehelfe gegen missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung vorzusehen, vor allem die Erstattung von Kosten, sodass einem Kläger, der ein missbräuchliches Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung eingeleitet hat, die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt werden können, die Entschädigung einer natürlichen oder juristischen Person, die durch ein missbräuchliches Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung geschädigt wurde, und die Möglichkeit, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen die Partei zu verhängen, die ein missbräuchliches Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung eingeleitet hat.

(4)

Die Mitgliedstaaten sollten danach trachten, ähnliche Schutzmaßnahmen für einzelstaatliche Fälle, wie sie in den Rechtsinstrumenten der Union vorgesehen sind, in ihr nationales Recht aufzunehmen, mit denen gegen offenkundig unbegründete und missbräuchliche Klagen gegen öffentliche Beteiligung in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug vorgegangen werden soll.

(5)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass ihre Rechtsvorschriften in Bezug auf Verleumdung keine ungerechtfertigten Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit, das Bestehen eines offenen, freien und pluralistischen Medienumfelds und auf die öffentliche Beteiligung haben.

(6)

Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass ihre auf den Tatbestand der Verleumdung anwendbaren Vorschriften, einschließlich ihrer Begriffe, hinreichend klar sind, um das Risiko zu verringern, dass sie missbräuchlich verwendet oder ausgenutzt werden.

(7)

Die Mitgliedstaaten sollten ferner sicherstellen, dass die Sanktionen gegen Verleumdung nicht übermäßig und unverhältnismäßig sind. Die Mitgliedstaaten sollten den Leitlinien und Empfehlungen des Europarates (30) in Bezug auf den Rechtsrahmen für Verleumdung und insbesondere das Strafrecht bestmöglich Rechnung tragen. In diesem Zusammenhang werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Haftstrafen wegen Verleumdung aus ihrem Rechtsrahmen zu beseitigen. Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt, in Verleumdungsfällen bevorzugt auf das Verwaltungs- oder Zivilrecht (31) zurückzugreifen, sofern diese Bestimmungen eine weniger sanktionierende Wirkung haben als diejenigen des Strafrechts.

(8)

Die Mitgliedstaaten sollten sich darum bemühen, das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten von der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in ihren Rechtsvorschriften angemessen abzugrenzen, um diese beiden Rechte miteinander in Einklang zu bringen, wie dies in Artikel 85 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 gefordert wird.

(9)

Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Maßnahmen ergreifen, um dafür Sorge zu tragen, dass die berufsethischen Standards, mit denen das Verhalten von Angehörigen der Rechtsberufe geregelt wird, und die Disziplinarstrafen bei Verstößen gegen diese Vorschriften geeignete Maßnahmen umfassen, die abschreckend in Bezug auf die Einleitung offenkundig unbegründeter oder missbräuchlicher Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung wirken. Die Mitgliedstaaten sollten Gremien zur Selbstkontrolle und Verbände von Angehörigen der Rechtsberufe dazu anhalten, ihre berufsethischen Standards, einschließlich ihrer Verhaltenskodizes, an diese Empfehlung anzupassen. Eine angemessene Sensibilisierung und Schulung werden auch empfohlen.

SCHULUNG

(10)

Die Mitgliedstaaten sollten Schulungsmöglichkeiten zu offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung für Angehörige von Rechtsberufen wie Richter und Justizbedienstete auf allen Gerichtsebenen, für qualifizierte Rechtsanwälte sowie für potenzielle Betroffene solcher Gerichtsverfahren fördern. Der Schwerpunkt der Schulungen sollte auf dem Aufbau von Fachwissen liegen, um solche Verfahren zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.

(11)

Die Mitgliedstaaten sollten Verbände von Angehörigen der Rechtsberufe und Anbieter von juristischen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen anhalten, Schulungen zum Umgang mit offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung anzubieten. Die Kommission wird Anbieter von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen auf europäischer Ebene, zum Beispiel über das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN), dabei unterstützen, solche Schulungen anzubieten. Die Angehörigen der Rechtsberufe und ihre Berufsverbände sollten in die Entwicklung, Organisation, Durchführung und Bewertung der Schulungsmaßnahmen einbezogen werden.

(12)

Die Schulungen sollten die einschlägigen Aspekte der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Menschenrechtskonvention abdecken. Sie sollten praktische Anleitungen zur Anwendung des Unionsrechts, der nationalen Rechtsprechung, der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, zur Feststellung, ob Einschränkungen der Ausübung des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung den Anforderungen nach Artikel 52 der Charta bzw. nach Artikel 10 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention gerecht werden, sowie zur Vereinbarkeit des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung mit der Informationsfreiheit und anderen Grundrechten enthalten.

(13)

Im Rahmen der Schulungen sollten auch die Verfahrensgarantien gegen offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, sofern vorhanden, sowie die Zuständigkeit und das einschlägige anwendbare Recht in Grundrechts-, Straf-, Verwaltungs-, Zivil- und Handelssachen behandelt werden.

(14)

Bei den Schulungen sollte ferner auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 eingegangen werden, das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit dem Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit im Gesetz in Einklang zu bringen. Sie sollten sich auf die von den Mitgliedstaaten zu diesem Zweck erlassenen Vorschriften und die spezifischen Ausnahmen oder Abweichungen von der Verordnung (EU) 2016/679 erstrecken, die für die Datenverarbeitung zu journalistischen oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgen (32). Die im Anhang dieser Empfehlung aufgeführten Elemente sollten gebührend berücksichtigt werden.

(15)

Die Mitgliedstaaten sollten in Erwägung ziehen, solche Schulungen in Schulungen zum Thema Meinungsäußerung und Rechtsethik einzubetten.

(16)

Durch Schulungen sollten Journalisten, andere Medienschaffende und Menschenrechtsverteidiger in die Lage versetzt werden, offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung zu bewältigen. Sie sollten darin geschult werden, offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung zu erkennen, und es sollte die Frage behandelt werden, wie damit umzugehen ist, wenn man zum Ziel solcher Gerichtsverfahren wird. Zudem sollten die Akteure über ihre Rechte und Pflichten informiert werden, damit sie in der Lage sind, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um sich gegen solche Verfahren zu schützen. Bei der Schulung von Journalisten sollte auch auf die ethischen Standards und Leitlinien der nationalen Presse- oder Medienräte eingegangen werden.

(17)

Die Mitgliedstaaten könnten Hochschuleinrichtungen dazu anhalten, Kenntnisse darüber, wie sich offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung erkennen lassen, in ihre Lehrpläne aufzunehmen, insbesondere für Studiengänge der Rechtswissenschaften und des Journalismus.

(18)

Im Rahmen der Schulungen könnten auch Zeugenaussagen von Betroffenen von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung berücksichtigt werden. Die Schulungen könnten auch den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fördern, indem das im Rahmen der Expertengruppe für SLAPP-Klagen der Union entwickelte Wissen optimal angewendet wird.

SENSIBILISIERUNG

(19)

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Initiativen zu unterstützen, einschließlich derjenigen der nationalen Menschenrechtsinstitutionen und der Organisationen der Zivilgesellschaft, mit denen das Ziel verfolgt wird, das Wissen über offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung zu vertiefen und Informationen darüber zu verbreiten. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf den Umgang mit potenziellen Betroffenen solcher Verfahren gelegt werden.

(20)

Mit Sensibilisierungsmaßnahmen sollte das Ziel verfolgt werden, das Problem offenkundig unbegründeter oder missbräuchlicher Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung auf einfache und zugängliche Weise zu erläutern, damit solche Verfahren leicht erkannt werden.

(21)

Im Rahmen von Sensibilisierungsmaßnahmen sollten Informationen über bestehende Strukturen zur Unterstützung geliefert werden, einschließlich Hinweisen auf nationale Anlaufstellen, die Informationen über verfügbare Ressourcen erheben und weitergeben. Außerdem muss ein klarer Überblick über die rechtlichen Verteidigungsmöglichkeiten im Rahmen der Maßnahmen gegeben werden, die im Falle eines offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahrens gegen öffentliche Beteiligung zur Verfügung stehen, und wie diese wirksam genutzt werden können.

(22)

Mit Sensibilisierungskampagnen zur Bekämpfung negativer Einstellungen, Stereotypen und Vorteile könnten auch offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung angegangen werden.

(23)

Im Rahmen von Sensibilisierungsmaßnahmen zum Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung, die sich an bestimmte Gruppen wie Medienschaffende, Angehörige von Rechtsberufen, Mitglieder von Organisationen der Zivilgesellschaft, Wissenschaftler, Denkfabriken, Kommunikationsexperten, Beamte, Politiker, Behörden und private Unternehmen richten, sollte ein besseres Verständnis der Art und des Ausmaßes der Auswirkungen offenkundig unbegründeter oder missbräuchlicher Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung gefördert werden.

UNTERSTÜTZUNGSMECHANISMEN

(24)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Betroffene von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung Zugang zu individueller und unabhängiger Unterstützung haben. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten Organisationen ermitteln und unterstützen, die Hilfestellungen und Unterstützung für solche Betroffene bieten. Zu diesen Organisationen können Verbände von Angehörigen der Rechtsberufe, Medien- und Presseräte, Dachverbände für Menschenrechtsverteidiger, Verbände auf Unions- und nationaler Ebene, Anwaltskanzleien, die Betroffene von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung kostenfrei verteidigen, Rechtskliniken von Hochschulen und andere nichtstaatliche Organisationen gehören.

(25)

Jeder Mitgliedstaat sollte eine Anlaufstelle einrichten, die Informationen über alle Organisationen erhebt und weitergibt und die Beratung und Unterstützung für Betroffene von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung anbietet.

(26)

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die auf nationaler und Unionsebene zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um Organisationen, die Betroffene von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung beraten und ihnen Hilfe leisten, finanziell zu unterstützen und zu fördern, insbesondere um sicherzustellen, dass sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um schnell gegen solche Verfahren vorzugehen.

(27)

Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass den Beklagten von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung Rechtsbeistand, der erschwinglich und leicht zugänglich ist, zur Verfügung steht.

(28)

Die Mitgliedstaaten sollten den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen Organisationen, die Beratung und Unterstützung für Betroffene von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung anbieten, erleichtern.

DATENERHEBUNG, BERICHTERSTATTUNG UND MONITORING

(29)

Die Mitgliedstaaten sollten unter Berücksichtigung ihrer institutionellen Regelungen für Justizstatistiken eine oder mehrere Behörden damit beauftragen, Daten über offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, die in ihrem Zuständigkeitsbereich angestrengt wurden, unter uneingeschränkter Einhaltung der Datenschutzanforderungen zu erheben und zu aggregieren. Die Mitgliedstaaten sollten eine Behörde damit beauftragen, die Informationen zu koordinieren und die auf nationaler Ebene erhobenen aggregierten Daten ab Ende 2023 jährlich unter uneingeschränkter Einhaltung der Datenschutzanforderungen an die Kommission zu melden. Die Kommission wird jedes Jahr eine Zusammenfassung der eingegangenen Beiträge veröffentlichen.

(30)

Bei Bedarf könnte die Expertengruppe für SLAPP-Klagen der Union die Entwicklung und optimale Anwendung von Standards und Vorlagen für die Datenerhebung unterstützen.

(31)

Die in Nummer 29 genannten Daten sollten Folgendes umfassen:

a)

die Anzahl der offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, die in dem betreffenden Jahr eingeleitet wurden,

b)

die Anzahl der offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung, die in dem betreffenden Jahr ab 2022 vorzeitig eingestellt wurden, und zwar sowohl in der Sache als auch aus verfahrensrechtlichen Gründen,

c)

die Anzahl der Gerichtsverfahren, aufgeschlüsselt nach der Art des Beklagten (z. B. Journalist, Menschenrechtsverteidiger, Pressestelle),

d)

die Anzahl der Gerichtsverfahren, aufgeschlüsselt nach der Art des Klägers (z. B. Politiker, Privatperson, Unternehmen und ob es sich bei dem Kläger um eine ausländische Einrichtung handelt),

e)

Daten über Handlungen der öffentlichen Beteiligung, aufgrund derer Gerichtsverfahren eingeleitet wurden,

f)

Daten über die geschätzte Höhe des von den Klägern geforderten ursprünglichen Schadenersatzes,

g)

Beschreibung der verschiedenen Rechtsgrundlagen, die von den Klägern herangezogen wurden, und entsprechende Daten,

h)

Angaben zur Dauer des Verfahrens, einschließlich aller Instanzen,

i)

Angaben zu grenzüberschreitenden Elementen, und

j)

soweit verfügbar, weitere Angaben, u. a. zu den Kosten von Gerichtsverfahren und, soweit relevant und angemessen, einschlägige Angaben zum historischen Hintergrund der Fälle.

(32)

Die in Nummer 29 genannte Behörde, die die Koordinierung sicherstellt, sollte die Daten in einem zugänglichen Format auf ihrer Website und gegebenenfalls über andere geeignete Instrumente veröffentlichen und gleichzeitig die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um den Schutz der Rechte derjenigen zu gewährleisten, die an offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung als Streitpartei beteiligt sind.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

(33)

Die Mitgliedstaaten sollten die auf Unionsebene verfügbare finanzielle Unterstützung für die Umsetzung der spezifischen Bestimmungen dieser Empfehlung in vollem Umfang nutzen und die Finanzierungsmöglichkeiten für öffentliche und private Einrichtungen, einschließlich Organisationen der Zivilgesellschaft, insbesondere im Rahmen des Programms „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ (CERV) und des Programms „Justiz“, fördern.

(34)

Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission bis Ende 2023 und danach auf Ersuchen unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften einen Bericht über die Umsetzung dieser Empfehlung übermitteln, der auf der Ebene der Mitgliedstaaten konsolidierte, aggregierte Daten enthält. Die Kommission wird erforderlichenfalls mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern in den einschlägigen Gremien Gespräche über die Maßnahmen und Schritte zur Umsetzung der Empfehlung führen.

(35)

Die Kommission wird spätestens fünf Jahre nach dem Tag der Annahme dieser Empfehlung ihre Auswirkungen auf die Entwicklung von offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung in der Europäischen Union evaluieren. Auf dieser Grundlage wird die Kommission entscheiden, ob weitere Schritte erforderlich sind, um den angemessenen Schutz der Betroffenen solcher Verfahren zu gewährleisten, und dabei den Ergebnissen der Berichte über die Rechtsstaatlichkeit der Kommission und anderen einschlägigen Informationen, einschließlich externer Daten, Rechnung tragen.

Brüssel, den 27. April 2022

Für die Kommission

Didier REYNDERS

Mitglied der Kommission


(1)  Siehe z. B. Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14. September 2010, Dink/Türkei (Beschwerde-Nr. 2668/07, 6102/08, 30079/08, 7072/09 und 7124/09), Rn. 137. Siehe auch zu den positiven Verpflichtungen nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention den Bericht der Forschungsabteilung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, abrufbar unter https://www.echr.coe.int/documents/research_report_article_10_eng.pdf.

(2)  Siehe das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 7. Dezember 1976, Handyside/Vereinigtes Königreich (Beschwerde-Nr. 5493/72), Rn. 49.

(3)  Siehe das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 15. Februar 2005, Steel und Morris/Vereinigtes Königreich (Beschwerde-Nr. 68416/01), Rn. 89.

(4)  In der Empfehlung CM/Rec(2022)4 des Ministerkomitees des Europarates zur Förderung eines günstigen Umfelds für Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter (Recommendation CM/Rec(2022)4 of the Committee of Ministers of the Council of Europe on promoting a favourable environment for quality journalism in the digital age) heißt es, dass mit dem Qualitätsjournalismus, der auf berufsethischen Standards beruht und je nach geografischem, rechtlichem und gesellschaftlichem Kontext unterschiedliche Formen annimmt, das doppelte Ziel verfolgt wird, in demokratischen Gesellschaften als öffentlicher Wächter zu fungieren und zur Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit beizutragen (siehe https://search.coe.int/cm/pages/result_details.aspx?objectid=0900001680a5ddd0). In der von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates verabschiedeten Entschließung 2213 (2018) zur Stellung von Journalisten in Europa (Resolution 2213 (2018) on the status of journalists in Europe) wird in Bezug auf professionelle Journalisten auf den Auftrag, die Öffentlichkeit so verantwortungsvoll und objektiv wie möglich über allgemeine oder spezielle Themen von Interesse zu informieren, verwiesen. https://search.coe.int/cm/pages/result_details.aspx?objectid=0900001680a5ddd0.

(5)  Academic network on European citizenship rights, Ad hoc request — SLAPP in the EU context (Ad-hoc-Antrag — SLAPP-Klagen im Kontext der EU), 29. Mai 2020, abrufbar unter https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/ad-hoc-literature-review-analysis-key-elements-slapp_en.pdf, S. 4, und Academic network on European citizenship rights, Strategic Lawsuits Against Public Participation (SLAPP) in the European Union: A comparative study (strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPP-Klagen) in der Europäischen Union: eine vergleichende Studie), 30. Juni 2021, abrufbar unter https://ec.europa.eu/info/files/strategic-lawsuits-against-public-participation-slapp-european-union-comparative-study_en.

(6)  P9_TA(2020)0320. In dieser Entschließung bekräftigte das Parlament auch den Wortlaut seiner Entschließung vom 28. März 2019 (P8_TA(2019)0328).

(7)  P9_TA(2021)0451.

(8)  Die Plattform des Europarats unterstützt seit 2015 die Zusammenstellung und Verbreitung von Informationen über ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Medienfreiheit und der Sicherheit von Journalisten in den Mitgliedstaaten des Europarates. Die Partnerorganisationen, zu denen internationale nichtstaatliche Organisationen und Journalistenverbände gehören, geben Warnmeldungen über Verstöße gegen die Medienfreiheit heraus und veröffentlichen Jahresberichte über den Stand der Medienfreiheit und die Sicherheit von Journalisten in Europa. Von den Mitgliedstaaten des Europarates wird erwartet, dass sie tätig werden und die Mängel beheben und ferner die Plattform über die Maßnahmen, die als Reaktion auf die Warnmeldungen ergriffen wurden, informieren. Die niedrige Antwortrate der Mitgliedstaaten des Europarates, zu denen auch Mitgliedstaaten der EU gehören, zeigt, dass weiterer Handlungsbedarf besteht. https://www.coe.int/en/web/media-freedom.

(9)  Im Jahr 2021 wurden 282 Warnmeldungen auf der Plattform zur Förderung des Schutzes und der Sicherheit von Journalisten (coe.int) veröffentlicht, darunter mehrere Fälle von Einschüchterung durch die Justiz, d. h. die opportunistische, willkürliche oder schikanöse Anwendung von Gesetzen, einschließlich Gesetzen über Verleumdung, Terrorismusbekämpfung, nationale Sicherheit, Hooliganismus oder Extremismusbekämpfung. Im Jahresbericht 2021 der Partnerorganisationen der Plattform des Europarates zur Förderung des Schutzes des Journalismus und der Sicherheit von Journalisten wird gezeigt, dass die Zahl der Warnmeldungen und der betroffenen Mitgliedstaaten des Europarates im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist — 1680a2440e (coe.int).

(10)  Recommendation CM/Rec(2016)4 of the Committee of Ministers to Member States on the protection of journalism and safety of journalists and other media actors (Empfehlung CM/Rec(2016)4 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten zum Schutz des Journalismus und zur Sicherheit von Journalisten und anderen Medienakteuren), abrufbar unter https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806415d9#_ftn1.

(11)  COM(2020) 580 final vom 30. September 2020.

(12)  (COM(2021) 700 final vom 20. Juli 2021.

(13)  COM(2020) 790 final vom 3. Dezember 2020.

(14)  Empfehlung (EU) 2021/1534 der Kommission vom 16. September 2021 zur Gewährleistung des Schutzes, der Sicherheit und der Handlungskompetenz von Journalisten und anderen Medienschaffenden in der Europäischen Union (ABl. L 331 vom 20.9.2021, S. 8).

(15)  Siehe unter anderem die Entschließung 1577 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Entkriminalisierung der Diffamierung (Towards decriminalisation of defamation) (2007), abrufbar unter https://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=17588&lang=en, die Empfehlung 1814 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Entkriminalisierung der Diffamierung (Towards decriminalisation of defamation) (2007), abrufbar unter https://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=17587&lang=en, die Studie des Generalsekretariats des Europarates über die Freiheit der Meinungsäußerung und Verleumdung: Eine Studie zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Freedom of expression and defamation. A study of the case-law of the European Court of Human Rights) (2012), abrufbar unter https://rm.coe.int/study-on-the-alignment-of-laws-and-practices-concerning-alignment-of-l/16804915c5, und schließlich die Studie des Europarates zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Bereich Freiheit der Meinungsäußerung und Verleumdung (Freedom of expression and defamation. A study of the case-law of the European Court of Human Rights) (2016), abrufbar unter https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=09000016806ac95b.

(16)  Resolution 1577 (2007) of Parliamentary Assembly of the Council of Europe of 4 October 2007 on towards descriminalisation of defamation, https://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=17588&lang=en.

(17)  Siehe auch die Allgemeine Bemerkung Nr. 34 des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen zu Artikel 19: Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung (Freedoms of opinion and expression) vom 12. September 2011, abrufbar unter https://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/docs/gc34.pdf, und den Sonderbericht des Beauftragten für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa über Rechtsschikanen und den Missbrauch des Justizsystems gegenüber Medien (Special report — legal harassment and abuse of the judicial system against the media) vom 23. November 2021, abrufbar unter https://www.osce.org/files/f/documents/c/f/505075_0.pdf.

(18)  Allgemeine Bemerkung Nr. 34 des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen zu Artikel 19: Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung (Freedoms of opinion and expression) vom 12. September 2011, abrufbar unter https://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/docs/gc34.pdf.

(19)  Beauftragter für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Special report — legal harassment and abuse of the judicial system against the media (Sonderbericht über Rechtsschikanen und den Missbrauch des Justizsystems gegenüber Medien) vom 23. November 2021, abrufbar unter https://www.osce.org/files/f/documents/c/f/505075_0.pdf.

(20)  Recommendation CM/Rec(2016)4 of the Committee of Ministers to Member States on the protection of journalism and safety of journalists and other media actors (Empfehlung CM/Rec(2016)4 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten zum Schutz des Journalismus und zur Sicherheit von Journalisten und anderen Medienakteuren), Nummer 6.

(21)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(22)  Handbuch des Europarates mit dem Titel „Protecting the right to freedom of expression under the European Convention on Human Rights — A handbook for legal practitioners“ (Schutz des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung nach der Europäischen Menschenrechtskonvention — ein Handbuch für Angehörige der Rechtsberufe) (2017), abrufbar unter https://rm.coe.int/handbook-freedom-of-expression-eng/1680732814.

(23)  Global Toolkit for Judicial Actors: international legal standards on freedom of expression, access to information and safety of journalists (allgemeines Toolkit für Angehörige der Rechtsberufe: internationale rechtliche Standards für die Freiheit der Meinungsäußerung, den Zugang zu Informationen und die Sicherheit von Journalisten) (2021), abrufbar unter https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000378755.

(24)  https://www.coe.int/en/web/help/home

(25)  Siehe die Leitlinien zur Justizstatistik der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) des Europarates (CEPEJ Guidelines on judicial statistics), die bei der 12. Plenarsitzung (Straßburg, 10.–11. Dezember 2008) angenommen wurden, abrufbar unter CEPEJ-GT-EVAL (coe.int).

(26)  Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).

(27)  Register der Expertengruppen der Kommission und anderer ähnlicher Einrichtungen (europa.eu).

(28)  Verordnung (EU) 2021/692 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 zur Einrichtung des Programms „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1381/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 390/2014 des Rates (ABl. L 156 vom 5.5.2021, S. 1).

(29)  Die Verordnung (EU) 2021/692 zielt darauf ab, einen Beitrag zur Entwicklung eines europäischen Rechtsraumes zu leisten und die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Grundrechte zu stärken.

(30)  Siehe unter anderem die Entschließung 1577 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Entkriminalisierung der Diffamierung (Towards decriminalisation of defamation) (2007), abrufbar unter https://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=17588&lang=en, die Empfehlung 1814 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Entkriminalisierung der Diffamierung (Towards decriminalisation of defamation) (2007), abrufbar unter https://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=17587&lang=en, die Studie des Generalsekretariats des Europarates über die Freiheit der Meinungsäußerung und Verleumdung: Eine Studie zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Freedom of expression and defamation. A study of the case-law of the European Court of Human Rights) (2012), abrufbar unter https://rm.coe.int/study-on-the-alignment-of-laws-and-practices-concerning-alignment-of-l/16804915c5, und schließlich die Studie des Europarates zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Bereich Freiheit der Meinungsäußerung und Verleumdung (Freedom of expression and defamation. A study of the case-law of the European Court of Human Rights) (2016), abrufbar unter https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=09000016806ac95b.

(31)  Abgesehen vom Europarat (siehe vorherige Fußnote) gibt es auf internationaler Ebene zunehmend die Forderung nach einer Entkriminalisierung der Verleumdung. Siehe die Allgemeine Bemerkung Nr. 34 des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen zu Artikel 19: Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung (Freedoms of opinion and expression) vom 12. September 2011, abrufbar unter https://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/docs/gc34.pdf, und den Sonderbericht des Beauftragten für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa über Rechtsschikanen und den Missbrauch des Justizsystems gegenüber Medien (Special report — legal harassment and abuse of the judicial system against the media) vom 23. November 2021, abrufbar unter https://www.osce.org/files/f/documents/c/f/505075_0.pdf.

(32)  Weitere Informationen zur Umsetzung von Artikel 85 DSGVO sind in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen (S. 26) enthalten.


ANHANG

Elemente, die Bestandteil der Schulungen zu Datenschutzklagen im Zusammenhang mit offensichtlich unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren gegen öffentliche Beteiligung (gemeinhin als „SLAPP-Klagen“ (strategic lawsuit against public participation) bezeichnet) sein könnten:

von den Mitgliedstaaten erlassene Rechtsvorschriften, um das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf die Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen, welche Ausnahmen oder Abweichungen von den in Artikel 85 Absatz 2 der Datenschutzgrundverordnung (im Folgenden „DSGVO“) aufgeführten Bestimmungen über die Verarbeitung, die zu journalistischen oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, enthalten, sofern diese erforderlich sind, um diese beiden Rechte miteinander in Einklang zu bringen.

Für die Ausübung der Rechte der betroffenen Person nach der DSGVO ist in Artikel 12 Absatz 5 DSGVO festgelegt, dass offenkundig unbegründete oder exzessive Anträge abgelehnt werden können (oder ein angemessenes Entgelt dafür verlangt werden kann).

Das Recht auf Berichtigung nach Artikel 16 DSGVO betrifft lediglich Fälle, in denen personenbezogene Daten unrichtig sind. Außerdem ist das Recht auf die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten kein automatisches Recht und hängt vom Zweck der Verarbeitung ab.

Für die Ausübung des Rechts auf Vergessenwerden ist in der DSGVO vorgesehen, dass dieses Recht nicht gilt, soweit die Verarbeitung zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich ist (Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe a DSGVO).

Als Hindernis für die Wahl des günstigsten Gerichtsstands ist in Artikel 79 Absatz 2 DSGVO vorgesehen, dass bei Klagen gegen einen Verantwortlichen oder gegen einen Auftragsverarbeiter — z. B. Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, zivilgesellschaftliche Akteure, Medienunternehmen usw. — die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dem der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter eine Niederlassung hat, es sei denn, es handelt sich bei dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter um eine Behörde eines Mitgliedstaats, die in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse dort tätig geworden ist, wo die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Bestimmung lässt keinen Spielraum für Klagen wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutzvorschriften vor anderen Gerichten ohne Bezug zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten, zur Niederlassung des Journalisten oder der Medien oder zum gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers, auch nicht für Schadenersatz.