13.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 158/53


EMPFEHLUNG (EU) 2022/915 DES RATES

vom 9. Juni 2022

zur operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 87 Absatz 3 und Artikel 89 in Verbindung mit Artikel 292,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung ist von entscheidender Bedeutung, um Sicherheitsbedrohungen im Schengen-Raum zu begegnen und sein reibungsloses Funktionieren zu gewährleisten. Es muss unbedingt verhindert werden, dass sich Personen den Strafverfolgungsbehörden einfach dadurch entziehen, dass sie sich von einem Mitgliedstaat in einen anderen bewegen. Eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zwischen allen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten wird dazu beitragen, die Prävention, Aufdeckung und Untersuchung von Straftaten in der Union zu verbessern. Diese verstärkte Zusammenarbeit umfasst grenzüberschreitende Maßnahmen zwischen zwei oder mehr benachbarten Mitgliedstaaten, wie beispielsweise grenzüberschreitende Nacheile und grenzüberschreitende Observation, sowie länderübergreifende Maßnahmen wie beispielsweise gemeinsame Einsatzformen, die den Einsatz von Strafverfolgungsbeamten in anderen Mitgliedstaaten umfassen.

(2)

Grenzüberschreitende Nacheile und grenzüberschreitende Observation sind unverzichtbare operative Instrumente der Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung, ohne die Personen den Strafverfolgungsbehörden entkommen können, indem sie eine Grenze überschreiten um die dadurch geänderte gerichtliche Zuständigkeit und die fehlende Kontinuität der Strafverfolgungsmaßnahmen ausnutzen. Es sollte den Mitgliedstaaten empfohlen werden, die bestehenden Beschränkungen, die einige von ihnen eingeführt haben, anzugehen, da sie die Durchführung solcher Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet behindern. Außerdem müssen – unter Achtung der Zuständigkeiten der Strafbehörden jedes Mitgliedstaats – bestimmte Einsatzregeln für grenzüberschreitende Strafverfolgungseinsätze angepasst werden, damit Personen im Zuge von grenzüberschreitender Observation, grenzüberschreitender Nacheile und während gemeinsamer Einsatzformen überwacht und festgenommen werden können.

(3)

Die Einrichtung dauerhafter gemeinsamer Streifen und sonstiger gemeinsamer Einsatzformen ist notwendig, um den kriminellen Aktivitäten und Herausforderungen für die operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu begegnen, die die dauerhafte und zunehmende Mobilität von Personen, Waren und Dienstleistungen innerhalb der Union mit sich bringt. Durch den Informationsaustausch spielen bestehende Strukturen wie die Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Die Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll sollten gegebenenfalls in der Lage sein, gemeinsame Streifen und sonstige gemeinsame Einsatzformen auf der Grundlage gemeinsamer Risiko- und Bedarfsanalysen im Einklang mit den geltenden rechtlichen Anforderungen zu unterstützen, um grenzüberschreitende Kriminalität in Grenzgebieten innerhalb der Union zu verhindern und aufzudecken und Ermittlungen grenzüberschreitender Kriminalität zu unterstützen.

(4)

Damit die Mitgliedstaaten, der Rat und die Kommission sich ein genaues Bild darüber machen können, wie viele der Maßnahmen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung bereits in der Union umgesetzt wurden, sollte den Mitgliedstaaten empfohlen werden, jährlich Daten zu sammeln und Statistiken über ihre operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu erheben und diese Statistiken zu melden. Diese Statistiken können genaue Kenntnisse und ein umfassenderes Verständnis liefern, welche Bedürfnisse der Mitgliedstaaten und potenziellen Probleme auf Ebene der Union angegangen werden müssen.

(5)

Kriminelle Netzwerke nutzen das Fehlen von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der Union für ihre kriminellen Tätigkeiten aus. Gemeinsame Streifen und sonstige gemeinsame Einsatzformen sind wertvolle Instrumente zur Bekämpfung aller Arten grenzüberschreitender Kriminalität.

(6)

Die Mitgliedstaaten sollten – soweit angezeigt und angemessen – die Empfehlungen zur grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung im Rahmen der Europäischen multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen umsetzen können, um die festgestellten und vorrangigen Bedrohungen durch schwere und organisierte internationale Kriminalität zu bekämpfen. Gezielte gemeinsame Streifen sind beispielsweise ein flexibles Instrument, das auf erkenntnisgestützter Polizeiarbeit basiert und das die zuständigen Strafverfolgungsbehörden initiieren können. Gezielte gemeinsame Streifen könnten von den Mitgliedstaaten neben anderen in den operativen Aktionsplänen der Europäischen multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen enthaltenen operativen Maßnahmen genutzt werden, um spezifische vorrangige Kriminalitätsbereiche anzugehen.

(7)

Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Strafverfolgungsbeamten, die die Mitgliedstaaten ins Ausland entsenden können, und der fehlenden Koordinierung von Einsätzen auf der Grundlage vorhergehender gemeinsamer Analysen können Strafverfolgungseinsätze in anderen Mitgliedstaaten unwirksam sein. Um die administrative und logistische Verwaltung gemeinsamer Streifen und sonstiger gemeinsamer Einsatzformen zu vereinfachen, sollte empfohlen werden, dass eine europaweite Unterstützungsplattform eingerichtet wird. Mit dieser Unterstützungsplattform könnten die Mitgliedstaaten Informationen über ihre Bedürfnisse austauschen und eine effiziente und wirksame Durchführung gemeinsamer Streifen und sonstiger gemeinsamer Einsatzformen erleichtern, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufrechtzuerhalten und zu verbessern, Kriminalität zu verhindern und dazu beizutragen, spezifische Kriminalitätswellen an wichtigen Orten, zu bestimmten Zeiten und in spezifischen Situationen zu bekämpfen. Die Unterstützungsplattform könnte gegebenenfalls Unionsmittel sowie administrative und logistische Unterstützung von der mit der Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) eingerichteten Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) erhalten.

(8)

Kommunikation und Zugang zu verfügbaren Informationen sind für eine erfolgreiche grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung von entscheidender Bedeutung. Es sollte den Mitgliedstaaten empfohlen werden, den Strafverfolgungsbeamten, die in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden, über mobile Lösungen wie tragbare Geräte oder im Fahrzeug installierte Computer für die Strafverfolgung über das Europäische Suchportal (ESP) Echtzeitzugang zu den in den Informationssystemen der Union gespeicherten Informationen und zu ihren einschlägigen nationalen Datenbanken zu gewähren, und zwar im Einklang mit den geltenden Zugangsrechten und dem geltenden Unionsrecht und nationalen Recht. Es sollte empfohlen werden, dass die von den Strafverfolgungsbehörden in einem anderen Mitgliedstaat bereitgestellten Informationen sich auf die Wahrnehmung der Aufgaben der Strafverfolgungsbeamten im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung beschränken. Außerdem sollte empfohlen werden, dass die Strafverfolgungsbeamten, die in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden, mit zuverlässigen und sicheren vernetzten mobilen Kommunikationsmitteln, wie etwa Sofortnachrichtendienste, ausgestattet werden, die eine Kommunikation in Echtzeit ermöglichen und grenzüberschreitend funktionieren, um direkt mit ihren Behörden und den Behörden des Einsatzmitgliedstaats kommunizieren zu können. Es ist notwendig, die Vernetzung sicherer Kommunikationsmittel über Grenzen hinweg sicherzustellen, die während eines grenzüberschreitenden Strafverfolgungseinsatzes mindestens die sichere Nutzung mobiler Kommunikationsmittel in Echtzeit sowie die Geolokalisierung der Strafverfolgungsfahrzeuge der Strafverfolgungsbeamten ermöglicht, z. B. durch GPS-Tracking oder Drohnen.

Daher sollte den Mitgliedstaaten empfohlen werden, entsprechend ihren spezifischen Bedürfnissen die technischen Lösungen in Anspruch zu nehmen, die zum Beispiel von Europol – insbesondere auf Rat seines Innovationslabors beziehungsweise aufbauend auf entsprechenden Arbeiten und Projekten des europäischen Innovationszentrums für innere Sicherheit –, von speziellen Expertengruppen wie der Kerngruppe für sichere Kommunikation und dem Europäischen Netz technischer Dienste für die Strafverfolgung sowie von Projekten wie beispielsweise dem Breitband-Projekt (BroadWay) bereitgestellt werden. Die Mitgliedstaaten können diese Vernetzung auch durch die Verknüpfung bestehender Systeme mit benachbarten Mitgliedstaaten sicherstellen.

(9)

Eine wirksame grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung erfordert den Übergang zu einer gemeinsamen unionsweiten Strafverfolgungskultur. Die Einrichtung von gemeinsamen Erstausbildungsprogrammen, wie die von Spanien und Frankreich eingerichteten Programme in Valdemoro, von Austauschprogrammen zwischen Strafverfolgungsauszubildenden in Bezug auf eine entsprechende Zusammenarbeit und von kontinuierlicher Fortbildungen für Strafverfolgungsbeamte und strafrechtliche Ermittler in den entsprechenden Bereichen sind für den Aufbau von Fähigkeiten, Kenntnissen und Vertrauen entscheidend. Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Erstausbildungsprogramme für Strafverfolgungsauszubildende, die Möglichkeit eines Kurses über die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung vorsehen. Außerdem ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL), die mit der Verordnung (EU) 2015/2219 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) eingerichtet wurde, danach streben, die Kurse über die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu konzipieren oder anzupassen, und dass die Mitgliedstaaten Sprachkurse für die nationale Fortbildung von Beamten anbieten.

Für Auszubildende und Beamte im Bereich der Strafverfolgung, die diese Aus- und Fortbildungen absolvieren, könnten bestimmte berufliche Laufbahnen vorgesehen werden. Es sollte empfohlen werden, dass die Mitgliedstaaten CEPOL bestmöglich nutzen, indem sie CEPOL ihren Aus- und Fortbildungsbedarf mitteilen, die Tätigkeiten CEPOL unterstützen und dazu beitragen, ihr Aus- und Fortbildungsportfolio an die Prioritäten im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung anzupassen, die in der Bewertung des strategischen Schulungsbedarfs auf EU-Ebene festgelegt sind. Es sollte den Mitgliedstaaten empfohlen werden, darüber nachzudenken, umfassende und langfristige gemeinsame europaweite Aus- und Fortbildungsprogramme sowie Austauschprogramme für Auszubildende und Beamte im Bereich der Strafverfolgung auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu schaffen.

(10)

Angesichts der Bedeutung, die die Koordinierung und Zusammenarbeit in Bezug auf die in dieser Empfehlung behandelten Fragen und insbesondere die Umsetzung der Empfehlung haben, sollte es in der zuständigen Arbeitsgruppe des Rates einen ständigen Diskussionspunkt zur grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung geben. Diese Arbeitsgruppe könnte den Mitgliedstaaten als ständiges Forum dienen, um diese Fragen zu erörtern, einschließlich der Konvergenz der Vorschriften und Vereinbarungen der Mitgliedstaaten, sonstiger Maßnahmen zur Beseitigung von Hindernissen für die Wirksamkeit und Effizienz grenzüberschreitender Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung, der Berichterstattung über die erzielten Fortschritte sowie Fragen im Zusammenhang mit den erforderlichen Leitlinien und bewährten Verfahren.

(11)

Es sollte empfohlen werden, dieser Empfehlung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens Wirkung zu verleihen. Ferner sollte empfohlen werden, dass die Mitgliedstaaten so bald wie nach vernünftigem Ermessen möglich – und soweit angezeigt und angemessen – ein Verfahren zur Prüfung ihrer nationalen Vorschriften und ihrer bilateralen und multilateralen Übereinkünften mit anderen Mitgliedstaaten einleiten, um dieser Empfehlung Wirkung zu verleihen.

(12)

Diese Empfehlung berührt nicht die Vorschriften über das Tragen und den Gebrauch von Dienstwaffen – auch in Situationen der Verteidigung anderer –, die Ausübung von Sonderrechten für den Straßenverkehr, den Einsatz technischer Mittel für die Durchführung grenzüberschreitender Observation, die Durchführung von Identitätsfeststellungen und das Abfangen von Personen, die versuchen, sich solchen Feststellungen zu entziehen. Ebenso sollten Vorschriften, die regeln, was unter die justizielle Zusammenarbeit fällt oder was einer Genehmigung durch eine Justizbehörde bedarf, unberührt bleiben.

(13)

Um Kohärenz zu gewährleisten, sollten sich die Begriffsbestimmungen und Garantien in dieser Empfehlung gegebenenfalls auf geltendes Unionsrecht, insbesondere das Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (3) (SDÜ), insbesondere der Artikel 39 bis 46, und die Beschlüsse 2008/615/JI (4) und 2008/616/JI (5) des Rates (im Folgenden „Prümer Beschlüsse“), insbesondere der Artikel 17 bis 19 des Beschlusses 2008/615/JI, stützen und im Einklang mit ihnen ausgelegt werden. Gleiches gilt für die Notwendigkeit, das nationale Recht zu beachten, wenn im Unionsrecht bereits auf nationale Normen Bezug genommen wird.

(14)

Die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung sollten nach Ablauf einer bestimmten Frist überprüft werden. Daher sollte die Kommission spätestens zwei Jahre nach der Annahme dieser Empfehlung die gemachten Fortschritte bewerten und nach Konsultation des jeweiligen Mitgliedstaats einen Bericht vorlegen. Dieser Bericht sollte im Rat erörtert werden, damit die Kommission unter anderem rechtsverbindliche Rechtsakte der Union im Bereich der operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung vorschlagen kann, falls solche Rechtsakte erforderlich sind.

(15)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Empfehlung und ist weder durch diese Empfehlung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Da diese Empfehlung den Schengen-Besitzstand ergänzt, sollte Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat die Empfehlung angenommen hat, entscheiden, ob es sie in nationales Recht umsetzt.

(16)

Diese Empfehlung stellt mit Ausnahme der Abschnitte 2.1, 2.2 und 2.3 eine Entwicklung derjenigen Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß Artikel 5 Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 19 über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand sowie Artikel 6 Absatz 2 des Beschlusses 2002/192/EG des Rates (6) beteiligt; Irland beteiligt sich daher an der Annahme dieser Empfehlung.

(17)

Für Island und Norwegen stellt diese Empfehlung eine Entwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (7) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe H des Beschlusses 1999/437/EG des Rates (8) genannten Bereich gehören.

(18)

Für die Schweiz stellt diese Empfehlung eine Entwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (9) dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe H des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (10) und mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/149/JI des Rates (11) genannten Bereich fallen.

(19)

Für Liechtenstein stellt diese Empfehlung eine Entwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (12) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe H des Beschlusses 1999/437/EG des Rates in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates (13) und mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/349/EU (14) genannten Bereich gehören.

(20)

Für Zypern stellen Abschnitt 2.1 und 2.2 dieser Empfehlung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003 dar.

(21)

Für Bulgarien und Rumänien stellen Abschnitt 2.1 und 2.2 dieser Empfehlung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 dar.

(22)

Für Kroatien stellen Abschnitt 2.1 und 2.2 dieser Empfehlung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2011 dar —

EMPFIEHLT:

ALLGEMEINER RAHMEN

a)

Da diese Empfehlung nicht rechtsverbindlich ist, wird den Mitgliedstaaten empfohlen, den darin festgelegten Maßnahmen im Einklang mit den geltenden – und insbesondere den rechtsverbindlichen – Rechtsakten der Union Wirkung zu verleihen;

b)

Diese Empfehlung sollte nicht so verstanden werden, dass sie nationale Vorschriften zu Befugnissen, Rollen, Kompetenzen, Beschränkungen, Garantien und Bedingungen beeinträchtigt, die in dieser Empfehlung nicht im Speziellen behandelt werden und die für die einschlägigen grenzüberschreitenden operativen Kooperationsmaßnahmen im Bereich der Strafverfolgung gemäß rechtsverbindlichen Rechtsakten der Union, einschließlich des SDÜ und der Prümer Beschlüsse, und nationalem Recht im Einklang mit dem Unionsrecht gelten;

c)

Diese Empfehlung steht im Einklang mit der Verpflichtung, die Grundrechte und Rechtsgrundsätze gemäß Artikel 6 EUV, einschließlich des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein unparteiisches Gericht, sowie die hohen Datenschutzstandards, die im Unionsrecht, insbesondere in der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates (15) verankert sind, zu wahren;

d)

Die Mitgliedstaaten können Regeln beibehalten oder beschließen und Vereinbarungen schließen, die eine engere Zusammenarbeit vorsehen als die in dieser Empfehlung vorgesehenen Maßnahmen;

e)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, dieser Empfehlung unbeschadet des Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit der Zollverwaltungen (16) (Neapel-II) Wirkung zu verleihen.

ZWECK UND ANWENDUNGSBEREICH

Ziel dieser Empfehlung ist es, die operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zwischen den Strafverfolgungsbehörden zu stärken.

Die operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung erstreckt sich auf Situationen, in denen die Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen grenzüberschreitender und anderer länderübergreifender Maßnahmen zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten tätig sind, z. B. während einer grenzüberschreitenden Nacheile, grenzüberschreitenden Observation, gemeinsamen Streifen oder anderen gemeinsamen Einsatzformen oder in Verbindung mit der Tourismussaison oder einer Massenveranstaltung.

1.   BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Für die Zwecke dieser Empfehlung bezeichnet der Ausdruck

a)

„Strafverfolgungsbehörde“ die zuständige Behörde im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 AEUV;

b)

„grenzüberschreitende Nacheile“ einen Strafverfolgungseinsatz, bei dem Beamte einer Strafverfolgungsbehörde eines Mitgliedstaats in diesem Mitgliedstaat eine oder mehrere Personen verfolgen und bei dieser Nacheile die Grenze zu einem anderen Mitgliedstaat überschreiten und diese Nacheile im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten fortsetzen, nachdem die Person(en) die Grenze überschritten haben;

c)

„grenzüberschreitende Observation“ einen Strafverfolgungseinsatz, bei dem Beamte einer Strafverfolgungsbehörde eines Mitgliedstaats eine oder mehrere Personen im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen in diesem Mitgliedstaat observieren und die Beamten diese Observation im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten fortsetzen, nachdem die Person(en) die Grenze zu anderen Mitgliedstaaten überschritten haben;

d)

„gemeinsame Einsatzformen“ Strafverfolgungseinsätze, einschließlich gemeinsamer Streifen und sonstiger gemeinsamer Einsatzformen im Bereich der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit und der Verhütung von Kriminalität, die gemeinsam von Beamten der Strafverfolgungsbehörden von zwei oder mehr Mitgliedstaaten durchgeführt werden, wobei Beamte eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats tätig werden;

e)

„zentrale Kontaktstelle“ die zentrale nationale Stelle, die für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung in voller Übereinstimmung mit dem Teil „Allgemeiner Rahmen“ dieser Empfehlung benannt wurde;

f)

„Zentrum für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll“ eine gemeinsame Struktur für die Strafverfolgung, über die Informationen ausgetauscht und andere Strafverfolgungsmaßnahmen in Grenzgebieten innerhalb der Union unterstützt werden, die ein Mitgliedstaat auf der Grundlage einer bilateralen oder multilateralen Übereinkunft mit einem oder mehreren benachbarten Mitgliedstaaten eingerichtet hat und die sich in unmittelbarer Nähe der Grenze zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten befindet;

g)

„Statistiken“ die nicht personenbezogenen Daten, die von den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Maßnahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung gemäß Abschnitt 2 gesammelt und dem Rat und der Kommission gemeldet werden.

2.   BESEITIGUNG VON HINDERNISSEN FÜR DIE OPERATIVE ZUSAMMENARBEIT IM BEREICH DER STRAFVERFOLGUNG, WENN STRAFVERFOLGUNGSBEAMTE IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT TÄTIG WERDEN

2.1.   Grenzüberschreitende Nacheile:

a)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen,

i)

sicherzustellen, dass die Arten von Straftaten, für die eine grenzüberschreitende Nacheile in ihrem Hoheitsgebiet in Betracht kommt, die im Anhang aufgeführten Straftaten sowie andere Straftaten, die zu einer Auslieferung oder Überstellung führen können, sowie – sofern dies mit nationalem Recht vereinbar ist – auch die Umgehung von Kontrollen durch Strafverfolgungsbehörden umfassen;

ii)

die Durchführung grenzüberschreitender Nacheile in ihrem Hoheitsgebiet über Land-, Fluss-, See- und Luftgrenzen hinweg zu ermöglichen;

iii)

die grenzüberschreitende Nacheile ohne geografische oder zeitliche Begrenzung in ihrem Hoheitsgebiet bis zur Ankunft der Beamten ihrer Strafverfolgungsbehörde zu ermöglichen;

iv)

jährlich Daten zu sammeln und Statistiken über die von ihren Strafverfolgungsbehörden durchgeführten grenzüberschreitenden Nacheilen zu erheben und diese Statistiken dem Rat und der Kommission zu melden; diese jährlichen Statistiken sollten Folgendes umfassen:

die Anzahl der durchgeführten grenzüberschreitenden Nacheilen;

die Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet die grenzüberschreitenden Nacheilen durchgeführt wurden.

b)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, Beamten der Strafverfolgungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats, die eine grenzüberschreitende Nacheile in ihrem Hoheitsgebiet durchführen, zu gestatten,

i)

ihre Dienstwaffe und Munition sowie weitere Dienstausrüstung mit sich zu führen;

ii)

ihre Dienstwaffe zur Notwehr und zur Verteidigung anderer im Einklang mit dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats zu benutzen;

iii)

die in den Mitgliedstaaten, in denen die grenzüberschreitende Nacheile stattfindet, geltenden Sonderrechte für den Straßenverkehr auszuüben;

iv)

im Einklang mit dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats ihre GPS-Systeme zu nutzen, um die Fahrzeuge der Beamten, die die grenzüberschreitende Nacheile durchführen, von der Strafverfolgungsbehörde des anderen Mitgliedstaats orten und verfolgen zu lassen;

v)

sichere Kommunikationsmittel in Echtzeit über Grenzen hinweg zu benutzen.

c)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, zu erwägen, es den Beamten der Strafverfolgungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats, die eine grenzüberschreitende Nacheile in ihrem Hoheitsgebiet durchführen, zu gestatten, die verfolgte Person – im Einklang mit den im nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats festgelegten Verfahren – auch durch Zwang und körperlichen Einsatz anzuhalten und vorläufig festzunehmen und eine Sicherheitsdurchsuchung durchzuführen, bis die Beamten der Strafverfolgungsbehörde des Einsatzmitgliedstaats eintreffen.

2.2.   Grenzüberschreitende Observation

a)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen,

i)

die Durchführung einer grenzüberschreitenden Observation in ihrem Hoheitsgebiet zu ermöglichen in Bezug auf Personen, die verdächtigt werden, eine oder mehrere der Straftaten, die im Anhang aufgelistet sind sowie andere Straftaten, die zu einer Auslieferung oder Überstellung führen können, vorbereitet oder begangen zu haben oder daran beteiligt gewesen zu sein, aber auch in Bezug auf Personen, die zur Identifizierung oder zur Aufspürung solcher verdächtiger Personen beitragen können;

ii)

sicherzustellen, dass eine grenzüberschreitende Observation durchgeführt werden kann, um festzustellen, ob konkrete Straftaten begangen wurden oder vorbereitet werden;

iii)

die Durchführung grenzüberschreitender Observation in ihrem Hoheitsgebiet über Land-, Meeres-, Fluss-, See- und Luftgrenzen hinweg zu ermöglichen;

iv)

auf der Grundlage gemeinsam vereinbarter Verfahren die Bündelung von Material zu ermöglichen und zu erleichtern, damit grenzüberschreitende Observation effizienter durchgeführt werden können;

v)

eine zentrale Behörde oder Behörden zu benennen, die für die Koordinierung der ein- und ausgehenden grenzüberschreitenden Observation zuständig ist/sind, die Teil der zentralen Kontaktstelle ist oder sind oder eng mit ihr zusammenarbeitet/zusammenarbeiten und in der Lage ist/sind, Anträge auf Genehmigung rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche zu bearbeiten.

b)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, Beamten der Strafverfolgungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats, die eine grenzüberschreitende Observation in ihrem Hoheitsgebiet durchführen, zu gestatten,

i)

ihre Dienstwaffe und Munition sowie weitere Dienstausrüstung mit sich zu führen;

ii)

ihre Dienstwaffe zur Notwehr und zur Verteidigung anderer im Einklang mit dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats zu benutzen;

iii)

im Einklang mit dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats alle technischen Mittel einzusetzen, die für die Durchführung grenzüberschreitender Observation erforderlich sind, einschließlich GPS-Trackern, Drohnen, Audio- und Videoausrüstung;

iv)

sichere Kommunikationsmittel in Echtzeit über Grenzen hinweg zu benutzen.

2.3.   Gemeinsame Einsatzformen

a)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, den Beamten der Strafverfolgungsbehörden eines anderen Mitgliedstaats, die an gemeinsamen Einsatzformen in ihrem Hoheitsgebiet beteiligt sind, zumindest Folgendes zu gestatten – sofern die Beamten ihrer eigenen Strafverfolgungsbehörden ähnliche Befugnisse haben und ihnen eine ähnliche Ausrüstung, einschließlich Uniformen, zur Verfügung steht –:

i)

Identitätsfeststellungen durchzuführen und Personen, die versuchen, sich einer Identitätsfeststellung zu entziehen, vorläufig festzunehmen;

ii)

ihre Uniform zu tragen und ihre Dienstwaffen und Munition sowie weitere Dienstausrüstung mit sich zu führen;

iii)

ihre Dienstwaffe zur Notwehr und zur Verteidigung anderer einzusetzen;

iv)

sichere Kommunikationsmittel in Echtzeit über Grenzen hinweg zu benutzen oder andere Möglichkeiten für die grenzüberschreitende Kommunikation zur Verfügung zu stellen; zu diesem Zweck sollten die notwendigen technischen Voraussetzungen für eine sichere Echtzeit-Kommunikation geschaffen werden;

b)

den Mitgliedstaaten wird empfohlen, gemeinsame Einsatzformen zu koordinieren, wenn mehrere Operationen von ihren Strafverfolgungsbehörden durchgeführt werden.

c)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, jährlich Daten zu sammeln und Statistiken über die von ihren Strafverfolgungsbehörden im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten durchgeführten gemeinsamen Streifen und anderen gemeinsamen Einsatzformen zu erheben und diese Statistiken dem Rat und der Kommission zu melden; diese jährlichen Statistiken umfassen Folgendes:

i)

die Anzahl der durchgeführten gemeinsamen Streifen und anderer gemeinsamer Einsatzformen;

ii)

die Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet gemeinsame Streifen oder andere gemeinsame Einsatzformen durchgeführt wurden.

3.   ZENTREN FÜR DIE ZUSAMMENARBEIT VON POLIZEI UND ZOLL

a)

Den Mitgliedstaaten, die ein Zentrum für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll beherbergen oder daran teilnehmen, wird empfohlen, sicherzustellen, dass diese Zentren zusätzlich zu ihrem bestehenden Schwerpunkt des Informationsaustauschs die folgenden Aufgaben wahrnehmen:

i)

gemeinsame Streifen und sonstige gemeinsame Einsatzformen in Grenzgebieten innerhalb der Union erleichtern, unterstützen und gegebenenfalls koordinieren;

ii)

zu gemeinsamen Analysen zu grenzüberschreitender Kriminalität, die für ihr Grenzgebiet innerhalb der Union spezifisch ist, beitragen bzw. diese erstellen und diese Analysen gegebenenfalls über die nationale zentrale Kontaktstelle mit den einschlägigen nationalen Behörden, anderen Mitgliedstaaten und den zuständigen Agenturen und Einrichtungen der Union wie Europol, die mit der Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates (17) eingerichtete integrierte europäische Grenzverwaltung und dem mit dem Beschluss 1999/352/EG der Kommission (18) eingerichteten Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) austauschen;

iii)

Ermittlungen zu grenzüberschreitender Kriminalität in den Grenzgebieten innerhalb der Union unterstützen.

b)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu verstärken und bewährte Verfahren für eine solche Zusammenarbeit mit ihren Nachbarstaaten auf bilateraler oder multilateraler Ebene, unter anderem durch gemeinsame Polizeistationen und Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll, zu übernehmen.

4.   EINE UNTERSTÜTZUNGSPLATTFORM FÜR GEMEINSAME STREIFEN UND ANDERE GEMEINSAME EINSATZFORMEN

a)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, eine Unterstützungsplattform einzurichten, die es ermöglicht, den Bedarf jedes Mitgliedstaats an gemeinsamen Streifen oder anderen gemeinsamen Einsatzformen ohne Weitergabe personenbezogener Daten zu ermitteln und zu zentralisieren:

i)

an Orten, die für die Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität von besonderer Bedeutung sind, wie z. B. wichtige Kriminalitätsschwerpunktgebiete oder touristische Gebiete, die von Touristen aus anderen Mitgliedstaaten besucht werden,

ii)

bei Massen- und Großveranstaltungen, die Besucher aus anderen Mitgliedstaaten anziehen könnten, wie z. B. große Sportveranstaltungen oder internationale Gipfeltreffen,

iii)

im Falle von Katastrophen oder schweren Unglücksfällen in Abstimmung mit dem Katastrophenschutzverfahren der Union, insbesondere mit dem Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (19);

b)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen,

i)

der Unterstützungsplattform Informationen über ihren Bedarf und die Umstände des Ersuchens zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von Straftaten zur Verfügung zu stellen;

ii)

je nach Art der gemeinsame Einsatzformen eine angemessene Kontaktstelle als nationale Kontaktstelle für derartige gemeinsame Streifen und andere gemeinsame Einsatzformen und die Übermittlung relevanter Informationen zu benennen.

5.   GEWÄHRLEISTUNG EINES WIRKSAMEN ZUGANGS ZU INFORMATIONEN UND KOMMUNIKATIONSMITTELN

a)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, sicherzustellen, dass Beamte ihrer Strafverfolgungsbehörden, die an der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung im Sinne dieser Empfehlung beteiligt sind und im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats tätig werden,

i)

im Einklang mit dem Unionsrecht und ihrem nationalen Recht sicheren Fernzugang zu ihren eigenen nationalen Datenbanken sowie über das ESP Zugang zu Unions- und internationalen Datenbanken haben, damit sie im Rahmen der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ihre Strafverfolgungsaufgaben wahrnehmen können, wie etwa die Durchführung von Identitätsfeststellungen;

ii)

sichere Kommunikationsmittel verwenden können, die eine Kommunikation in Echtzeit ermöglichen, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats funktionieren und die es den Beamten ermöglichen, direkt mit der Strafverfolgungsbehörde ihres Mitgliedstaats und mit den Beamten der Strafverfolgungsbehörden des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder der anderen betroffenen Mitgliedstaaten zu kommunizieren.

b)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, sichere Kommunikation in Echtzeit über die Grenzen hinweg sicherzustellen, indem sie entweder die technischen Lösungen, die zum Beispiel von Europol, speziellen Expertengruppen und von der Union finanzierten Projekten bereitgestellt werden, nutzen, oder indem sie bestehende Systeme mit benachbarten Mitgliedstaaten verknüpfen.

6.   GEMEINSAME AUS- UND FORTBILDUNG UND BERUFLICHE WEITERBILDUNG IM BEREICH DER GRENZÜBERSCHREITENDEN OPERATIVEN ZUSAMMENARBEIT IM BEREICH DER STRAFVERFOLGUNG

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen,

a)

die Möglichkeit eines Kurses über die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung in die Erstausbildungsprogramme aufzunehmen, um Auszubildende mit der europäischen Kultur der Strafverfolgung vertraut zu machen;

b)

zusammen mit benachbarten Mitgliedstaaten gemeinsame Erstausbildungs- und Austauschprogramme zur grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung für Auszubildende einzurichten, sofern dies innerhalb der nationalen Strukturen angemessen durchführbar ist;

c)

in Zusammenarbeit mit CEPOL auf Ersuchen der Mitgliedstaaten ihre nationalen Kurse über die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu konzipieren oder anzupassen, damit sie für die nationale Fortbildung von Beamten auf dem Gebiet der Strafverfolgung verwendet werden können;

d)

gemeinsame Fortbildungen und Initiativen für Strafverfolgungsbeamte zu schaffen, um Fähigkeiten und Kenntnisse im Bereich der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu vermitteln, insbesondere in Bezug auf einschlägiges Recht, Einsatzregeln, Instrumente, Techniken, Mechanismen, Verfahren und bewährte Verfahren;

e)

Laufbahnen für Strafverfolgungsbeamte, die gemeinsame Erstausbildungs- oder Austauschprogramme oder spezielle Kurse für die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung absolviert haben, zu konzipieren und anzubieten;

f)

Sprachkurse und Schulungen über operative Verfahren, Verwaltungs- und Strafrecht, Strafverfahren anderer Mitgliedstaaten und die Behörden, die in anderen Mitgliedstaaten zu kontaktieren sind, für Beamte der Strafverfolgungsbehörden anzubieten, die wahrscheinlich an grenzüberschreitender operativer Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung beteiligt sein werden;

g)

unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Mitgliedstaaten eine Anpassung ihres Aus- und Fortbildungsportfolio an die Prioritäten für die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung anzustreben, die in der Bewertung des strategischen Schulungsbedarfs auf EU-Ebene festgelegt sind;

h)

CEPOL über ihren Schulungsbedarf im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu unterrichten und einschlägige CEPOL-Tätigkeiten zu unterstützen, damit CEPOL zu der Aus- und Fortbildung von Strafverfolgungsbeamten beitragen kann;

i)

zu erwägen, umfassende und langfristige gemeinsame europaweite Aus- und Fortbildungsprogramme sowie Austauschprogramme für Auszubildende und Beamte zur grenzüberschreitenden operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung zu schaffen.

7.   SCHLUSSBESTIMMUNGEN

a)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die in dieser Empfehlung behandelten Punkte, insbesondere die Punkte im Zusammenhang mit der Umsetzung der Empfehlung, zu erörtern und anzugehen.

b)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die finanzielle Unterstützung aus dem mit der Verordnung (EU) Nr. 513/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (20) geschaffenen Instrument für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements (Fonds für die innere Sicherheit – Polizei) in vollem Umfang zu nutzen, um die grenzüberschreitende operative Zusammenarbeit zu verbessern und zu intensivieren;

c)

Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, bei der Umsetzung dieser Empfehlung so bald wie vernünftigerweise nach Annahme dieser Empfehlung möglich und soweit erforderlich eine Überprüfung ihrer nationalen Vorschriften sowie der bilateralen und multilateralen Übereinkünfte über die operative Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung mit anderen Mitgliedstaaten einzuleiten;

d)

Der Kommission wird empfohlen, spätestens zwei Jahre nach Annahme dieser Empfehlung die Umsetzung dieser Empfehlung durch die Mitgliedstaaten zu bewerten und nach Konsultation der Mitgliedstaaten einen Bericht zu veröffentlichen und ihn dem Rat vorzulegen.

Geschehen zu Luxemburg am 9. Juni 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

É. DUPOND-MORETTI


(1)  Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (ABl. L 135 vom 24.5.2016, S. 53).

(2)  Verordnung (EU) 2015/2219 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (EPA) und zur Ersetzung sowie Aufhebung des Beschlusses 2005/681/JI des Rates (ABl. L 319 vom 4.12.2015, S. 1).

(3)  ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19.

(4)  Beschluss 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 1).

(5)  Beschluss 2008/616/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 12).

(6)  Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20).

(7)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(8)  Beschluss 1999/437/EG des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31).

(9)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

(10)  Beschluss 2008/146/EG des Rates vom 28. Januar 2008 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1).

(11)  Beschluss 2008/149/JI des Rates vom 28. Januar 2008 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 50).

(12)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.

(13)  Beschluss 2011/350/EU des Rates vom 7. März 2011 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands in Bezug auf die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen und den freien Personenverkehr (ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19).

(14)  Beschluss 2011/349/EU des Rates vom 7. März 2011 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands, insbesondere in Bezug auf die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die polizeiliche Zusammenarbeit (ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 1).

(15)  Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).

(16)  ABl. C 24 vom 23.1.1998, S. 2.

(17)  Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624 (ABl. L 295 vom 14.11.2019, S. 1).

(18)  Beschluss 1999/352/EG der Kommission vom 28. April 1999 zur Errichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 20).

(19)  Bei Krisen und Notfällen (hauptsächlich im Zusammenhang mit Katastrophen oder schweren Unglücksfällen) kann jeder betroffene Mitgliedstaat oder jedes betroffene Drittland im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union Katastrophenschutz oder humanitäre Hilfe anfordern. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen koordiniert, erleichtert und kofinanziert dann die Reaktion der Mitgliedstaaten auf das Ersuchen um Hilfe.

(20)  Verordnung (EU) Nr. 513/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Schaffung eines Instruments für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit und zur Aufhebung des Beschlusses 2007/125/JI des Rates (ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 93).


ANHANG

Liste der in Unterabschnitt 2.1 und 2.2 genannten schweren Straftaten:

Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung,

Terrorismus,

Menschenhandel,

sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,

illegaler Handel mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen,

illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,

Korruption, einschließlich Bestechung,

Betrug, einschließlich gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteter Betrug im Sinne der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates (1),

Wäsche von Erträgen aus Straftaten,

Geldfälschung einschließlich der Euro-Fälschung,

Computerkriminalität,

Umweltkriminalität, einschließlich des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten oder mit bedrohten Pflanzen- und Baumarten,

Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt,

Mord und schwere Körperverletzung,

illegaler Handel mit menschlichen Organen und menschlichem Gewebe,

Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit,

organisierter oder bewaffneter Raub,

illegaler Handel mit Kulturgütern, einschließlich Antiquitäten und Kunstgegenständen,

Betrug,

Erpressung und Schutzgelderpressung,

betrügerische Nachahmung und Produktpiraterie,

Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit,

Fälschung von Zahlungsmitteln,

illegaler Handel mit Hormonen und anderen Wachstumsförderern,

illegaler Handel mit nuklearen und radioaktiven Substanzen,

Handel mit gestohlenen Fahrzeugen,

Vergewaltigung,

vorsätzliche Brandstiftung,

Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen,

widerrechtliche Inbesitznahme von Flugzeugen/Schiffen, Raumfahrzeugen,

Sabotage.


(1)  Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 29).