6.7.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 179/1


BESCHLUSS (EU) 2022/1158 DES RATES

vom 27. Juni 2022

über die Unterzeichnung — im Namen der Union — und die vorläufige Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 5,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 2. Juni 2022 hat der Rat zur Aufnahme von Verhandlungen mit der Ukraine über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr (im Folgenden „Abkommen“) ermächtigt.

(2)

Die Verhandlungen wurden am 14. Juni 2022 erfolgreich abgeschlossen.

(3)

Da der Angriffskrieg Russlands im Verkehrssektor der Ukraine zu erheblichen Störungen geführt hat, ist es erforderlich, alternative Strecken für den Straßenverkehr zu finden, auf denen die Ukraine Getreide, Brennstoffe und Nahrungsmittel sowie sonstige einschlägige Güter ausführen kann.

(4)

Da die durch das multilaterale Kontingentsystem der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister im Rahmen des Weltverkehrsforums erteilten Genehmigungen und die bestehenden bilateralen Abkommen mit der Ukraine den ukrainischen Güterkraftverkehrsunternehmern nicht die nötige Flexibilität bieten, um ihren Betrieb durch die und mit der Europäischen Union auszuweiten und vorauszuplanen, ist es von entscheidender Bedeutung, den Güterkraftverkehr sowohl für den bilateralen Betrieb als auch für den Transitverkehr zu liberalisieren.

(5)

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine beeinträchtigt die Möglichkeiten vieler ukrainischer Fahrer, die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit Fahrerdokumenten wie Anträgen auf Erteilung einer internationalen Fahrerlaubnis oder für die Ausstellung neuer Dokumente bei Verlust oder Diebstahl von Dokumenten einzuhalten. Es ist daher wichtig, diesen außergewöhnlichen Umständen durch spezifische Maßnahmen Rechnung zu tragen, um die Fahrer von der Pflicht zur Vorlage einer internationalen Fahrerlaubnis zu befreien, die Entscheidungen der Ukraine zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Fahrerdokumenten anzuerkennen und den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien zu erleichtern und auf diese Weise Betrug und Fälschung von Fahrerdokumenten zu bekämpfen.

(6)

Im Hinblick auf die außergewöhnlichen und einzigartigen Umstände, die die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung des Abkommens erfordern und im Einklang mit den Verträgen, ist es angemessen, dass die Union die entsprechende geteilte Zuständigkeit, die ihr die Verträge gewähren, zeitweilig ausübt. Jede Auswirkung dieses Beschlusses auf die Zuständigkeitsaufteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten sollte zeitlich streng begrenzt sein. Die von der Union auf der Grundlage dieses Beschlusses und des Abkommens ausgeübte Zuständigkeit sollte daher nur während der Geltungsdauer des Abkommens ausgeübt werden. Dementsprechend wird die so ausgeübte geteilte Zuständigkeit von der Union nicht mehr ausgeübt, sobald das Abkommen nicht mehr gilt. Unbeschadet anderer Maßnahmen der Union und vorbehaltlich der Befolgung dieser Maßnahmen der Union wird diese Zuständigkeit gemäß Artikel 2 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) danach wieder von den Mitgliedstaaten ausgeübt. Außerdem wird daran erinnert, dass sich gemäß dem dem Vertrag über die Europäische Union und dem AEUV beigefügten Protokoll Nr. 25 über die Ausübung der geteilten Zuständigkeit die Ausübung der Zuständigkeit der Union in diesem Beschluss nur auf die durch diesen Beschluss und das Abkommen geregelten Elemente und nicht auf den gesamten Bereich erstreckt. Die Ausübung der Zuständigkeit der Union durch diesen Beschluss berührt nicht die jeweiligen Zuständigkeiten der Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf laufende oder künftige Verhandlungen über völkerrechtliche Übereinkünfte mit anderen Drittländern in diesem Bereich oder deren Unterzeichnung oder deren Abschluss.

(7)

Das befristete und verlängerbare Abkommen sollte daher — vorbehaltlich eines Beschlusses des mit dem Abkommen eingesetzten Gemischten Ausschusses, der auf die Annahme eines Beschlusses des Rates zur Festlegung des diesbezüglichen Standpunkts der Union folgen sollte — dringend im Namen der Europäischen Union vorbehaltlich seines späteren Abschlusses unterzeichnet werden.

(8)

Damit die positiven Auswirkungen des Abkommens auf die Beförderung von Gütern so bald wie möglich zum Tragen kommen und die Ukraine ihre Erzeugnisse, insbesondere Getreide, ausführen kann, sollte das Abkommen gemäß seinem Artikel 13 vorläufig angewandt werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Union — des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr wird vorbehaltlich seines Abschlusses genehmigt. (1)

Artikel 2

(1)   Die Ausübung der Zuständigkeit der Union gemäß diesem Beschluss und dem Abkommen ist auf die Geltungsdauer des Abkommens begrenzt. Unbeschadet anderer Unionsmaßnahmen und vorbehaltlich der Befolgung dieser Maßnahmen der Union beendet die Union nach Ablauf dieses Zeitraums die Ausübung dieser Zuständigkeit unverzüglich, und die Mitgliedstaaten üben wieder ihre Zuständigkeit gemäß Artikel 2 Absatz 2 AEUV aus.

(2)   Die Ausübung der Zuständigkeit der Union gemäß diesem Beschluss und dem Abkommen lässt die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in Bezug auf laufende oder zukünftige Verhandlungen über völkerrechtliche Übereinkünfte über den Straßengüterverkehr mit jedwedem Drittstaat und mit der Ukraine in Bezug auf die Zeit nach dem Ende der Geltungsdauer des Abkommens unberührt, ebenso wie deren Unterzeichnung oder deren Abschluss.

(3)   Die Ausübung der in Absatz 1 genannten Zuständigkeit durch die Union bezieht sich nur auf die Gegenstände, die durch diesen Beschluss und das Abkommen geregelt sind.

(4)   Dieser Beschluss und das Abkommen berühren nicht die jeweiligen Zuständigkeiten der Union und der Mitgliedstaaten im Bereich des Straßengüterverkehrs für andere als durch diesen Beschluss und das Abkommen geregelten Gegenstände.

Artikel 3

Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person(en) zu benennen, die befugt ist (sind), das Abkommen im Namen der Union zu unterzeichnen.

Artikel 4

Das Abkommen wird gemäß seinem Artikel 13 ab dem Tag seiner Unterzeichnung vorläufig angewandt, bis die für sein Inkrafttreten erforderlichen Verfahren abgeschlossen sind.

Artikel 5

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Luxemburg am 27. Juni 2022

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

A. PANNIER-RUNACHER


(1)  Siehe Seite 4 dieses Amtsblatts.