32004L0072

Richtlinie 2004/72/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates — Zulässige Marktpraktiken, Definition von Insider-Informationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insider-Verzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen […] (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. L 162 vom 30/04/2004 S. 0070 - 0075


Richtlinie 2004/72/EG der Kommission

vom 29. April 2004

zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates - Zulässige Marktpraktiken, Definition von Insider-Informationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insider-Verzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen [...]

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch)(1), insbesondere auf Artikel 1 Nummer 1 Absatz 2 und Nummer 2 Buchstabe a) sowie auf Artikel 6 Absatz 10, vierter, fünfter und siebter Gedankenstrich,

nach fachlicher Stellungnahme des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (CESR)(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Um ein normales Funktionieren des Marktes zu ermöglichen und die Integrität des Marktes zu schützen, ist faires und effizientes Handeln seitens der Marktteilnehmer erforderlich. Insbesondere Marktpraktiken, die das freie Spiel von Angebot und Nachfrage dadurch beeinträchtigen, dass die Möglichkeiten anderer Marktteilnehmer auf Geschäfte zu reagieren eingeschränkt werden, können die Marktintegrität ernsthaft gefährden. Ihre Anerkennung durch die zuständigen Behörden ist daher eher unwahrscheinlich. Demgegenüber werden Marktpraktiken, die zu einer Erhöhung der Liquidität führen, eher anerkannt als solche, die die Liquidität verringern. Marktpraktiken, die Marktmissbrauchsbestimmungen oder geltende Verhaltensregeln verletzen, haben nur eine geringe Aussicht auf Anerkennung durch die zuständigen Behörden. Da sich die Marktpraktiken den Bedürfnissen der Anleger entsprechend rasch verändern, haben die zuständigen Behörden besonders auf neu entstehende Marktpraktiken zu achten.

(2) Ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung und Anerkennung von Marktpraktiken durch die zuständigen Behörden ist die von den Marktteilnehmern in diesem Punkt geübte Transparenz. Je weniger transparent eine Marktpraxis ist, desto unwahrscheinlicher ist ihre Anerkennung. Allerdings sind die Praktiken auf nichtgeregelten Märkten strukturbedingt möglicherweise weniger transparent als vergleichbare Praktiken auf geregelten Märkten. Die zuständigen Behörden sollten diese aber nicht per se als unzulässig einstufen.

(3) Einzelne Marktpraktiken eines bestimmten Marktes dürfen keine Gefahr für die Marktintegrität anderer, direkt oder indirekt verbundener Märkte in der Gemeinschaft darstellen, unabhängig davon, ob es sich um geregelte Märkte handelt oder nicht. Je höher also das Risiko für die Marktintegrität eines verbundenen Marktes innerhalb der Gemeinschaft ist, desto weniger Aussicht besteht auf eine Anerkennung der Marktpraktiken durch die zuständigen Behörden.

(4) Die zuständigen Behörden sollten bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Marktpraxis andere zuständige Behörden zu Rate ziehen, insbesondere wenn Märkte vorhanden sind, die mit dem zu beurteilenden Markt vergleichbar sind. In bestimmten Fällen kann eine Marktpraxis in der Gemeinschaft auf einem Markt als zulässig, auf einem anderen vergleichbaren Markt jedoch als unzulässig angesehen werden. Bei unterschiedlicher Handhabung von Marktpraktiken, die in bestimmten Mitgliedstaaten anerkannt werden, in anderen aber nicht zulässig sind, können im Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden diskutiert werden, um eine Lösung zu finden. Bei ihren Entscheidungen über die Zulässigkeit sollten die zuständigen Behörden die Marktteilnehmer und Verbraucher umfassend konsultieren und ihnen gegenüber ein hohes Maß an Transparenz gewährleisten.

(5) Auf Derivatemärkten, denen keine Finanzinstrumente zugrunde liegen, müssen die Marktteilnehmer unbedingt mehr Rechtssicherheit darüber erhalten, was unter den Begriff der Insider-Information fällt.

(6) Emittenten von Finanzinstrumenten oder in deren Auftrag oder für deren Rechnung handelnde Personen müssen Verzeichnisse der mit einem Arbeitsvertrag oder anderweitig für sie arbeitenden Personen erstellen, die Zugang zu Insider-Informationen mit direktem oder indirektem Bezug zum Emittenten haben. Eine solche Maßnahme ist ein wirksames Mittel zum Schutz der Integrität des Marktes. Anhand solcher Verzeichnisse können Emittenten oder die genannten Personen den Fluss dieser Insider-Informationen überwachen und damit ihre Geheimhaltungspflichten in den Griff bekommen. Außerdem können diese Verzeichnisse den zuständigen Behörden eine wertvolle Hilfe bei der Überwachung der Anwendung der Marktmissbrauchsbestimmungen sein. Sowohl die Emittenten als auch die zuständigen Behörden müssen die Insider-Informationen, zu denen die einzelnen Insider Zugang haben, sowie den Zeitpunkt, zu dem diese Zugang erhalten haben, ermitteln können. Die in solchen Listen geführten Personen, die Zugang zu Insider-Informationen mit direktem oder indirektem Bezug zum Emittenten haben, müssen weiterhin von jeglichem Insider-Geschäft im Sinne der Richtlinie 2003/6/EG absehen.

(7) Die Meldung von Geschäften auf eigene Rechnung, die von Personen, die bei einem Emittenten Führungsaufgaben wahrnehmen, durchgeführt werden oder die von Personen ausgeführt werden, die in enger Beziehung zu diesen stehen, liefert nicht nur wertvolle Informationen für andere Marktteilnehmer, sondern bietet den zuständigen Behörden eine zusätzliche Möglichkeit zur Überwachung der Märkte. Ungeachtet ihrer Verpflichtung zur Meldung von Geschäften müssen geschäftsführende Führungskräfte von jeglichem Insider-Geschäft im Sinne der Richtlinie 2003/6/EG absehen.

(8) Die Meldung von Geschäften muss gemäß den Bestimmungen für die Übermittlung personenbezogener Daten der Richtlinie 95/46/EG(3) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr erfolgen.

(9) Für die Meldung verdächtiger Geschäfte bei den zuständigen Behörden durch Personen, die beruflich Geschäfte mit Finanzinstrumenten tätigen, sind ausreichende Indizien für deren marktmissbräuchlichen Charakter erforderlich, d. h. es muss ein begründeter Verdacht für das Vorliegen eines Insider-Geschäfts oder einer Marktmanipulation bestehen. Bestimmte Geschäfte können für sich genommen völlig unverdächtig erscheinen, jedoch die Vermutung auf Marktmissbrauch nahe legen, wenn sie zu anderen Geschäften, bestimmten Verhaltensweisen oder anderen Informationen in Bezug gesetzt werden.

(10) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und mit Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannt wurden.

(11) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Für die Anwendung von Artikel 6 Absatz 10 der Richtlinie 2003/6/EG gelten folgende Definitionen:

1. Eine "Person, die bei einem Emittenten Führungsaufgaben wahrnimmt" ist eine Person,

a) die einem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Emittenten angehört,

b) die als geschäftsführende Führungskraft zwar keinem der unter Buchstabe a) genannten Organe angehört, aber regelmäßig Zugang zu Insider-Informationen mit direktem oder indirektem Bezug zum Emittenten hat und befugt ist, unternehmerische Entscheidungen über zukünftige Entwicklungen und Geschäftsperspektiven dieses Emittenten zu treffen.

2. Eine "Person, die in enger Beziehung zu einer Person steht, die bei einem Emittenten von Finanzinstrumenten Führungsaufgaben wahrnimmt" ist

a) der Ehegatte der Person, die diese Führungsaufgaben wahrnimmt, oder ein sonstiger Lebensgefährte, der nach einzelstaatlichem Recht einem Ehegatten gleichgestellt ist,

b) ein nach einzelstaatlichem Recht unterhaltsberechtigtes Kind der Person, die diese Führungsaufgaben wahrnimmt,

c) ein sonstiges Familienmitglied der Person, die diese Führungsaufgaben wahrnimmt, das vor dem betreffenden Geschäft für die Dauer von mindestens einem Jahr mit diesem in einem Haushalt gelebt hat,

d) eine juristische Person, treuhänderisch tätige Einrichtung oder Personengesellschaft, deren Führungsaufgaben durch eine Person nach Nummer 1 dieses Artikels oder nach den Buchstaben a), b) bzw. c) dieser Nummer wahrgenommen werden, die direkt oder indirekt von einer solchen Person kontrolliert wird, die zugunsten einer solchen Person gegründet wurde oder deren wirtschaftliche Interessen weitgehend denen einer solchen Person entsprechen.

3. Der Begriff "Personen, die beruflich Geschäfte mit Finanzinstrumenten tätigen" umfasst zumindest Wertpapierfirmen und Kreditinstitute.

4. Eine "Wertpapierfirma" ist eine juristische Person im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates(4).

5. Ein "Kreditinstitut" ist ein Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(5).

6. Eine "zuständige Behörde" ist eine zuständige Behörde im Sinne von Artikel 1 Nummer 7 der Richtlinie 2003/6/EG.

Artikel 2

Bei der Beurteilung von Marktpraktiken zu berücksichtigende Faktoren

(1) Für die Anwendung von Artikel 1 Nummer 1 Absatz 2 und Nummer 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2003/6/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Behörden unbeschadet der Zusammenarbeit mit anderen Behörden bei der Entscheidung über die Zulässigkeit einer bestimmten Marktpraxis unter anderem berücksichtigen,

a) wie transparent die betreffende Marktpraxis für den Markt insgesamt ist,

b) ob sie das Funktionieren der Marktkräfte und das freie Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage gewährleistet,

c) in welchem Maße sich die betreffende Marktpraxis auf die Marktliquidität und -effizienz auswirkt,

d) inwieweit die betreffende Marktpraxis dem Handelsmechanismus des betreffenden Marktes Rechnung trägt und den Marktteilnehmern erlaubt, angemessen und rechtzeitig auf die durch die Marktpraxis entstehende neue Marktsituation zu reagieren,

e) welches Risiko die betreffende Marktpraxis für die Marktintegrität anderer, direkt oder indirekt verbundener, geregelter oder nicht geregelter Märkte für dieses Finanzinstrument innerhalb der Gemeinschaft darstellt,

f) zu welchem Ergebnis die zuständigen Behörden bzw. anderen in Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 2003/6/EG genannten Behörden bei ihren Ermittlungen zu der betreffenden Marktpraxis kamen, insbesondere ob sie eine Verletzung der Marktmissbrauchsbestimmungen oder der geltenden Verhaltensregeln auf dem betreffenden Markt oder auf anderen direkt oder indirekt verbundenen Märkten in der Gemeinschaft festgestellt haben,

g) welche Strukturmerkmale der betreffende Markt aufweist, z. B. ob es sich um einen geregelten Markt handelt oder nicht, welche Finanzinstrumente gehandelt werden, welche Marktteilnehmer vertreten sind und welcher Anteil am Handel auf Privatanleger entfällt.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden bei der Beurteilung, ob die unter Buchstabe b) genannten Voraussetzungen erfuellt sind, insbesondere die Auswirkungen der betreffenden Marktpraxis auf die wichtigsten Marktparameter, wie die vor der Einführung der betreffenden Marktpraxis herrschenden besonderen Marktbedingungen, den gewichteten Durchschnittskurs eines Handelstages oder die tägliche Schlussnotierung analysieren.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden Marktpraktiken und insbesondere neue oder sich entwickelnde Marktpraktiken nicht deshalb für unzulässig erklären, weil diese zuvor noch nicht ausdrücklich anerkannt wurden.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden die von ihnen anerkannten Marktpraktiken regelmäßig überprüfen und dabei insbesondere wesentliche Änderungen im Handelsumfeld des betreffenden Marktes, wie geänderte Handelsregeln oder Infrastruktur des Marktes, berücksichtigen.

Artikel 3

Konsultationsverfahren und Bekanntgabe der Entscheidungen

(1) Für die Anwendung von Artikel 1 Nummer 1 Absatz 2 und Nummer 2 Buchstabe a) der Richtlinie 2003/6/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Behörden bei der Entscheidung über die erstmalige Anerkennung oder weitere Zulässigkeit einer bestimmten Marktpraxis nach den Verfahren der folgenden Absätze 2 und 3 vorgehen.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen nach Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 2003/6/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Behörden vor einer Entscheidung über die Zulässigkeit einer Marktpraxis einschlägige Gremien, wie Vertreter von Emittenten, Finanzdienstleistungserbringern, Verbrauchern, anderen Behörden und Marktbetreibern konsultieren.

Im Rahmen des Konsultationsverfahrens werden auch andere zuständige Behörden gehört, insbesondere wenn vergleichbare Märkte (mit ähnlichen Strukturen, Geschäftsvolumen, Transaktionen) existieren.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden ihre Entscheidung über die Zulässigkeit der betreffenden Marktpraxis öffentlich bekannt geben und eine angemessene Beschreibung der Marktpraxis beifügen. Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass die zuständigen Behörden ihre Entscheidungen schnellstmöglich dem Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden mitteilen, der diese umgehend auf seiner Website veröffentlicht.

Dabei gehen sie auch auf die bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der betreffenden Marktpraxis berücksichtigten Faktoren ein, insbesondere wenn die Zulässigkeit ein und derselben Marktpraxis auf verschiedenen Märkten der Mitgliedstaaten unterschiedlich bewertet wurde.

(4) Haben die Überprüfungen im Einzelfall bereits begonnen, können die in den Absätzen 1 bis 3 erwähnten Konsultationsverfahren bis zum Ende einer solchen Überprüfung und der möglicherweise verhängten Sanktionen aufgeschoben werden.

(5) Eine Marktpraxis, die im Zuge der Konsultationsverfahren nach den Absätzen 1 bis 3 anerkannt wurde, kann nur im Wege derselben Konsultationsverfahren geändert werden.

Artikel 4

Insider-Informationen in Bezug auf Warenderivate

Gemäß Artikel 1 Nummer 1 Absatz 2 der Richtlinie 2003/6/EG dürfen Teilnehmer auf Märkten, auf denen Warenderivate gehandelt werden, erwarten, dass die Informationen, die direkt oder indirekt ein oder mehrere solcher Derivate betreffen,

a) den Teilnehmern auf solchen Märkten üblicherweise zur Verfügung gestellt werden oder

b) in Anwendung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Handelsregeln, Verträgen oder Regeln, die auf dem Markt, auf dem die Warenderivate gehandelt werden, bzw. auf der jeweils zugrunde liegenden Warenbörse üblich sind, öffentlich bekannt gegeben werden müssen.

Artikel 5

Insider-Verzeichnisse

(1) Für die Anwendung von Artikel 6 Absatz 3 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2003/6/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass sämtliche von diesem Artikel betroffenen Personen, die regelmäßig oder anlassbezogen Zugang zu Insider-Informationen mit direktem oder indirektem Bezug zum Emittenten haben, in Insider-Verzeichnissen erfasst sind.

(2) Die Insider-Verzeichnisse enthalten mindestens folgende Angaben:

a) die Personalien all derjenigen, die Zugang zu Insider-Informationen haben,

b) den Grund für die Erfassung dieser Personen im Verzeichnis,

c) das Erstellungs- und Aktualisierungsdatum des Insider-Verzeichnisses.

(3) Die Insider-Verzeichnisse werden unverzüglich aktualisiert,

a) wenn sich der Grund für die Erfassung bereits erfasster Personen ändert,

b) wenn neue Personen zum Verzeichnis hinzugefügt werden müssen,

c) wenn im Verzeichnis erfasste Personen keinen Zugang zu Insider-Informationen mehr haben. In diesem Fall ist anzugeben, ab welchem Zeitpunkt dies gilt.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Insider-Verzeichnisse nach ihrer Erstellung bzw. Aktualisierung mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt werden.

(5) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zur Erstellung von Insider-Verzeichnissen verpflichteten Personen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass jede in einem solchen Verzeichnis erfasste Person, die Zugang zu Insider-Informationen hat, die aus den Rechts- und Verwaltungsvorschriften erwachsenden Pflichten anerkennt und sich der Sanktionen bewusst ist, die bei einer missbräuchlichen Verwendung bzw. einer nicht ordnungsgemäßen Verbreitung derartiger Informationen verhängt werden.

Artikel 6

Geschäfte von Personen mit Führungsaufgaben

(1) Für die Anwendung von Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie 2003/6/EG und unbeschadet des Rechts der Mitgliedstaaten, über diesen Artikel hinausgehende Meldepflichten festzulegen, tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass die unter Artikel 1 Nummer 1 und 2 der vorliegenden Richtlinie genannten Personen den zuständigen Behörden sämtliche von ihnen getätigte Geschäfte auf eigene Rechnung mit zum Handel auf geregelten Märkten zugelassenen Aktien oder mit sich darauf beziehenden Derivaten oder sonstigen Finanzinstrumenten melden. Für diese Meldungen gelten die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Emittent registriert ist. Der Vorgang wird der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Tag des Abschlusses mitgeteilt. Ist der Emittent nicht in einem Mitgliedstaat registriert, wird der Vorgang der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats gemeldet, in dem dieser jährlich ein Dokument nach Artikel 10 der Richtlinie 2003/71/EG vorlegen muss.

(2) Solange die Gesamtsumme der Geschäfte einen Betrag von fünftausend Euro bis zum Ende des Kalenderjahres nicht erreicht, können die Mitgliedstaaten beschließen, dass keine Meldung erforderlich ist oder die Meldung bis zum 31. Januar des Folgejahres verzögert werden darf. Die Gesamt-Abschlusssumme der Geschäfte ergibt sich aus der Summe der Geschäfte auf eigene Rechnung der unter Artikel 1 Nummer 1 genannten Personen und der Geschäfte auf eigene Rechnung der unter Artikel 1 Nummer 2 genannten Personen.

(3) Die Meldung muss folgende Angaben enthalten:

a) Name der Person, die bei einem Emittenten von Finanzinstrumenten Führungsaufgaben wahrnimmt, bzw. Name der Person, die zu einer solchen Person in enger Beziehung steht,

b) Grund für die Meldepflicht,

c) Bezeichnung des betreffenden Emittenten,

d) Beschreibung des Finanzinstruments,

e) Art des Geschäfts (z. B. An- oder Verkauf),

f) Datum und Ort des Geschäftsabschlusses,

g) Preis und Geschäftsvolumen.

Artikel 7

Meldepflicht bei verdächtigen Geschäften

Für die Anwendung von Artikel 6 Absatz 9 der Richtlinie 2003/6/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die in Artikel 1 Nummer 3 der vorliegenden Richtlinie genannten Personen jeweils von Fall zu Fall entscheiden, ob bei einer Transaktion ein begründeter Verdacht für das Vorliegen eines Insider-Geschäfts oder einer Marktmanipulation besteht, und dabei die Merkmale eines Insider-Geschäfts bzw. einer Marktmanipulation gemäß den Artikeln 1 bis 5 der Richtlinie 2003/6/EG, gemäß der Richtlinie 2003/124/EG der Kommission(6) zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation und gemäß Artikel 4 der vorliegenden Richtlinie zugrunde legen. Unbeschadet des Artikels 10 der Richtlinie 2003/6/EG gelten für die Meldungen von Personen, die beruflich Geschäfte mit Finanzinstrumenten tätigen, die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem sie zugelassen sind oder in dem sie ihre Hauptniederlassung haben oder, bei Zweigniederlassungen, die Vorschriften des Mitgliedstaates ihrer Zweigniederlassung. Die Meldung erfolgt bei der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden, denen verdächtige Geschäfte gemeldet werden, dies unverzüglich den für die betreffenden geregelten Märkte zuständigen Behörden mitteilen.

Artikel 8

Meldefrist

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Artikel 1 Nummer 3 genannten Personen, denen Fakten oder Informationen zur Kenntnis gelangen, die für eine Transaktion einen begründeten Verdacht nahe legen, diese unverzüglich melden.

Artikel 9

Inhalt der Meldung

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die der Meldepflicht unterliegenden Personen den zuständigen Behörden die folgenden Angaben übermitteln:

a) Beschreibung der Geschäfte einschließlich der Art des Auftrags (z. B. Limitauftrag, Bestens-Auftrag oder sonstige Auftragsmerkmale) und Art des Handels (z. B. Pakethandel),

b) Gründe für den Verdacht auf Marktmissbrauch,

c) Angaben zum Zwecke der Identifizierung der Personen, in deren Auftrag die Geschäfte ausgeführt wurden, sowie sonstiger an diesen Geschäften beteiligter Personen,

d) Funktion, in der die der Meldepflicht unterliegende Person handelt (z. B. in eigenem Namen oder im Auftrag Dritter),

e) sonstige Angaben, die für die Prüfung der verdächtigen Transaktionen von Belang sein können.

(2) Sollten diese Angaben zum Zeitpunkt der Meldung nicht verfügbar sein, so sind zumindest die Gründe anzugeben, die die Meldung erstattende Person zu der Vermutung veranlassen, es könne sich bei den Geschäften um Insider-Geschäfte oder um eine Marktmanipulation handeln. Die übrigen Angaben werden der zuständigen Behörde mitgeteilt, sobald sie vorliegen.

Artikel 10

Übermittlung der Angaben

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden auf postalischem oder elektronischem Wege, per Telefax oder telefonisch unterrichtet werden können, wobei im Falle einer telefonischen Mitteilung auf Verlangen der zuständigen Behörde eine schriftliche Bestätigung nachzureichen ist.

Artikel 11

Haftung und Berufsgeheimnis

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Personen, die nach den Artikeln 7 bis 10 eine Meldung bei der zuständigen Behörde erstatten, niemand anderen, insbesondere nicht die Personen, in deren Auftrag die Transaktionen ausgeführt wurden, oder Personen, die mit letzteren in Beziehung stehen, über die erfolgte Meldung unterrichten, es sei denn, dies geschieht aufgrund gesetzlicher Bestimmung. Die Erfuellung dieser Verpflichtung darf für die Person, die die Meldung erstattet hat, keinerlei Haftung nach sich ziehen, sofern sie in gutem Glauben handelt.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden den Namen der Person, die diese Transaktionen gemeldet hat, niemand anderem mitteilen, wenn dies der meldenden Person schaden würde oder könnte. Diese Bestimmung gilt unbeschadet der in der Richtlinie 2003/6/EG festgelegten Vorschriften für die Durchsetzung und für Sanktionen sowie der Bestimmungen für die Übermittlung personenbezogener Daten nach der Richtlinie 95/46/EG.

(3) Eine nach den Bestimmungen der Artikel 7 bis 10 in gutem Glauben erfolgende Meldung bei der zuständigen Behörde kann nicht als Verletzung etwaiger vertraglich oder durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelter Einschränkung der Offenlegung von Informationen angesehen werden und hat keine diesbezügliche Haftung der Person, die die Meldung erstattet hat, zur Folge.

Artikel 12

Umsetzung

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie bis spätestens 12. Oktober 2004 nachzukommen. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie eine Entsprechungstabelle zwischen den Vorschriften und dieser Richtlinie.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten Bestimmungen der nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 13

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 14

Adressaten

Diese Richtlinie ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 29. April 2004

Für die Kommission

Frederik Bolkestein

Mitglied der Kommission

(1) ABl. L 96 vom 12.4.2003, S. 16.

(2) Der Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden wurde durch Kommissionsbeschluss 2001/527/EG vom 6. Juni 2001 (ABl. L 191 vom 13.7.2001, S. 43) eingesetzt.

(3) ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

(4) ABl. L 141 vom 11.6.1993, S. 27.

(5) ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1.

(6) ABl. L 339 vom 24.12.2003, S. 70.