27.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 331/6


BESCHLUSS (EU) 2022/2572 DES RATES

vom 19. Dezember 2022

mit dem Ersuchen an die Kommission, eine Studie zur Ergänzung der Folgenabschätzung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vorzulegen, und gegebenenfalls im Hinblick auf die Ergebnisse der Studie Folgemaßnahmen vorzuschlagen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 241,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In seinen Schlussfolgerungen zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ vom 19. Oktober 2020 hat der Rat die in der Strategie festgelegten Reduktionsziele für Pestizide zur Kenntnis genommen und hervorgehoben, dass zur Verwirklichung dieses Ziels Anstrengungen der Mitgliedstaaten und sämtlicher Interessenträger sowie eine intensive Zusammenarbeit und Abstimmung erforderlich sind.

(2)

Der Rat begrüßte ferner das Ziel der Kommission, die schädlichen Auswirkungen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln auf die Umwelt zu verringern, indem beispielsweise die Entwicklung umfassenderer Pflanzenschutzkonzepte auf der Grundlage der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes unterstützt wird, und betonte in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, angemessene und wissenschaftlich fundierte Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes und die Förderung des Einsatzes nachhaltiger alternativer Pflanzenschutzmittel und -methoden sicherzustellen.

(3)

Darüber hinaus verwies er auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (1) und forderte die Kommission auf, ihre Gesetzgebungsvorschläge auf gründliche Folgenabschätzungen zu stützen. Er erachtete es für notwendig, für Einheitlichkeit und Kohärenz zwischen den in der Strategie geplanten Maßnahmen und anderen damit zusammenhängenden politischen Maßnahmen und Strategien der Union zu sorgen. Der Rat unterstrich ferner, dass im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele und Maßnahmen, die in der Strategie vorgeschlagen werden, den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Aspekten nachhaltiger Lebensmittelsysteme angemessene Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, auch im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft der Union und der mit ihr zusammenhängenden Branchen.

(4)

Die Kommission hat dem Europäischen Parlament und dem Rat am 22. Juni 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) vorgelegt. Mit dem Vorschlag soll ein ehrgeiziger Ansatz verfolgt werden, um den wachsenden gesellschaftlichen Bedenken im Zusammenhang mit der Verwendung und dem Risiko von Pestiziden und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit Rechnung zu tragen. Er enthält neue Bestimmungen über die Verwendung von Pestiziden, alternativen nichtchemischen Schädlingsbekämpfungsmethoden und integriertem Pflanzenschutz. Mit dem Vorschlag werden rechtsverbindliche Reduktionsziele der Union von 50 % für die Verwendung von Pestiziden und das von ihnen ausgehende Risiko eingeführt, während die Mitgliedstaaten gleichzeitig verpflichtet werden, nationale Reduktionsziele festzulegen, um dieses Gesamtziel zu erreichen. Diese nationalen Ziele dürfen nur innerhalb der Parameter einer verbindlichen Formel von den 50%-Zielen der Union abweichen.

(5)

Der Rat ist besorgt darüber, dass in der Folgenabschätzung, die dem Vorschlag beigefügt ist, die möglichen langfristigen Auswirkungen der vorgeschlagenen Verordnung auf die Ernährungssicherheit in der Union nicht berücksichtigt werden. Die Tatsache, dass die Folgenabschätzung vor dem Krieg in der Ukraine und der Energie-, Düngemittel- und Nahrungsmittelpreiskrise abgeschlossen wurde, bestätigt diese Bedenken weiter. Der Rat ist daher der Auffassung, dass zu einer Reihe von Indikatoren zusätzliche quantitative Analysen durchgeführt werden müssen, um festzustellen, ob die Bewertung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Vorschlags angepasst werden muss. Insbesondere ist der Rat der Auffassung, dass eine zusätzliche Analyse durchgeführt werden sollte, die die landwirtschaftliche Erzeugung in der Union, den erwarteten Rückgang der Erträge in der Union infolge der Verringerung und Beschränkung der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und die potenzielle Abhängigkeit von Lebens- und Futtermitteleinfuhren widerspiegelt. Der Rat ist ferner der Auffassung, dass eine eingehendere Analyse der Lage der kleinen und mittleren Betriebe und der Rentabilität entlang ihrer Lieferkette erforderlich wäre.

(6)

Der Rat nimmt Kenntnis von dem Non-Paper der Kommission über die Begriffsbestimmungen und den Anwendungsbereich der Bestimmungen zu empfindlichen Gebieten im Vorschlag für eine Verordnung vom 15. November 2022 über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und ihrem Vorschlag, das Ausmaß dieser Gebiete zu verringern, um die Durchführbarkeit eines Verbots oder eines Teilverbots der Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel in diesen Gebieten sicherzustellen, und insbesondere von dem Vorschlag, nitratempfindliche Gebiete von der Definition empfindlicher Gebiete auszunehmen. Der Rat ist jedoch der Auffassung, dass weitere Daten und eine Analyse der Auswirkungen solcher Maßnahmen in den Gebieten, die als sensibel eingestuft werden könnten, sowie in Waldgebieten nach wie vor erforderlich wären.

(7)

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des Wunsches, die Prüfung verschiedener fachlicher Aspekte des Vorschlags ohne unnötige Verzögerungen fortzusetzen, ist der Rat der Auffassung, dass eine Studie erforderlich ist, um die bestehende Folgenabschätzung zu dem Vorschlag im Einklang mit der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung, insbesondere den Nummern 12, 13 und 16 sowie Nummer 10 über die Anwendung von Artikel 241 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, zu ergänzen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Der Rat ersucht die Kommission, zur Erleichterung des laufenden Gesetzgebungsverfahrens so bald wie möglich, spätestens jedoch bis zum 28. Juni 2023 eine Studie vorzulegen, die die bestehende Folgenabschätzung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/2115 im Hinblick auf folgende Aspekte ergänzt:

a)

die quantitativen Auswirkungen des Kommissionsvorschlags auf die Lebensmittelerzeugung in der Union, insbesondere durch Quantifizierung der Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Erträge für die wichtigsten Arten relevanter Kulturen und Pflanzenerzeugnisse im Einzelnen, unter Berücksichtigung — im Zusammenhang mit der Festlegung der nationalen Reduktionsziele — der spezifischen Bedingungen in den Mitgliedstaaten, einschließlich verschiedener Klimaregionen;

b)

die Analyse der Auswirkungen des Kommissionsvorschlags auf die Verfügbarkeit von Lebens- und Futtermitteln in der Union, bewertet auf der Grundlage der wichtigsten Arten von grundlegenden Lebens- und Futtermitteln, der Möglichkeit einer verstärkten Abhängigkeit von Lebens- und Futtermitteleinfuhren für die wichtigsten Kulturpflanzenarten und der Auswirkungen auf die Ausfuhr von Lebens- und Futtermitteln aus der Union;

c)

die potenziellen Auswirkungen auf die Lebens- und Futtermittelpreise im Allgemeinen und insbesondere auf die Preise für Grundnahrungsmittel im Zusammenhang mit den unter Buchstabe a genannten Auswirkungen;

d)

die quantifizierten Auswirkungen des erhöhten Verwaltungsaufwands auf die Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe;

e)

die Verfügbarkeit von Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln und das potenzielle erhöhte Risiko der Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen in der Union aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit alternativer Mittel zur Eindämmung dieses Risikos;

f)

Quantifizierung der Auswirkungen des Verbots der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in den sensiblen Gebieten im Sinne von Artikel 3 Nummer 16 des Vorschlags, insbesondere in von der Allgemeinheit genutzten Gebieten und in menschlichen Siedlungen;

g)

Quantifizierung der Auswirkungen der vorgeschlagenen Beschränkung in Bezug auf die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Waldbestände und die von Wäldern abhängige biologische Vielfalt.

(2)   Der Rat ersucht die Kommission, Folgemaßnahmen vorzuschlagen, die angesichts der Ergebnisse der Studie gerechtfertigt sind.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 19. Dezember 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. SÍKELA


(1)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1).