29.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 335/1


VERORDNUNG (EU) 2022/2576 DES RATES

vom 19. Dezember 2022

über mehr Solidarität durch eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, zuverlässige Preis-Referenzwerte und den grenzüberschreitenden Austausch von Gas

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 122 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der grundlose und ungerechtfertigte Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und die beispiellose Reduzierung der Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation in die Mitgliedstaaten gefährden die Versorgungssicherheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten. Gleichzeitig haben der Einsatz der Gasversorgung als Waffe und die Manipulation der Märkte durch vorsätzliche Unterbrechungen der Gasflüsse durch die Russische Föderation zu sprunghaft ansteigenden Energiepreisen in der Union geführt, was nicht nur die Wirtschaft der Union gefährdet, sondern auch die Versorgungssicherheit ernsthaft beeinträchtigt.

(2)

Dies erfordert eine entschlossene und koordinierte Reaktion der Union, um ihre Bürgerinnen und Bürger und ihre Wirtschaft vor überhöhten und manipulierten Marktpreisen zu schützen und sicherzustellen, dass Gas grenzüberschreitend an alle Verbraucher fließt, die es benötigen — auch bei Gasknappheit. Um die Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation zu verringern und überhöhte Preise zu senken, ist es von entscheidender Bedeutung, Gaseinkäufe bei externen Lieferanten besser zu koordinieren.

(3)

Gemäß Artikel 122 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kann der Rat auf Vorschlag der Kommission und im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten über die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen beschließen, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren, vor allem im Energiebereich, auftreten. Das hohe Risiko einer vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen und der extreme Anstieg der Energiepreise, der die Wirtschaft der Union gefährdet, stellen solche gravierenden Schwierigkeiten dar.

(4)

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 18. Mai 2022 mit dem Titel „REPowerEU-Plan“ angekündigt, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine Energiebeschaffungsplattform der EU für die gemeinsame Beschaffung von Gas, Flüssigerdgas (LNG) und Wasserstoff einzurichten. Diese Ankündigung wurde vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 30. und 31. Mai 2022 gebilligt. Im Rahmen des REPowerEU-Plans legte die Kommission auch die Strategie für das auswärtige Engagement der EU im Energiebereich vor, in der erläutert wird, wie die Union einen weltweiten gerechten Übergang zu grüner Energie unterstützt, um nachhaltige, sichere und erschwingliche Energie zu gewährleisten — auch durch Diversifizierung der Energieversorgung der Union — indem insbesondere politische Verpflichtungen mit bestehenden oder neuen Gaslieferanten ausgehandelt werden, um die Gaslieferungen nach Europa zu erhöhen und so die russischen Gaslieferungen nach Europa zu ersetzen.

(5)

Die Energiebeschaffungsplattform der EU kann eine entscheidende Rolle bei der Suche nach für beide Seiten vorteilhaften Partnerschaften spielen, die zur Versorgungssicherheit beitragen, und zu niedrigeren Einfuhrpreisen für Gas aus Drittländern führen, indem das kollektive Gewicht der Union in vollem Umfang genutzt wird. Eine verstärkte internationale Kontaktaufnahme zu Gaslieferanten (sowohl von Pipelinegas als auch von LNG) sowie zu den künftigen Lieferanten von grünem Wasserstoff ist hierfür von entscheidender Bedeutung. Insbesondere eine wesentlich stärkere Koordinierung mit und zwischen den Mitgliedstaaten gegenüber Drittländern im Rahmen der Energiebeschaffungsplattform der EU würde sicherstellen, dass das kollektive Gewicht der Union mehr zum Tragen kommt.

(6)

Da weiterhin gravierende Schwierigkeiten bei der Gewährleistung der Versorgungssicherheit bestehen, sollte die gemeinsame Beschaffung dazu beitragen, dass Unternehmen in allen Mitgliedstaaten einen gerechteren Zugang zu neuen oder zusätzlichen Gasquellen erhalten, und im Interesse der Endverbraucher dazu beitragen, dass die Preise für diejenigen, die das Gas einzeln über den Dienstleister kaufen, niedriger sind als dies möglicherweise ansonsten der Fall gewesen wäre.

(7)

Die gemeinsame Beschaffung könnte zu einer günstigeren Behandlung oder Förderung der Versorgung mit erneuerbaren Gasen wie Biomethan und Wasserstoff führen, sofern diese sicher in das Gasnetz eingespeist werden können, sowie zur Lieferung von Gas, das andernfalls abgelassen oder abgefackelt würde. Da es bisher keine formellen rechtlichen Anforderungen in einer relevanten Rechtsordnung gibt, werden Unternehmen, die Verträge gemäß dieser Verordnung schließen, den Berichterstattungsrahmen der Methanpartnerschaft der VN für den Öl- und Gassektor 2.0 für die Messung, Meldung und Überprüfung von Methanemissionen entlang der Lieferkette in die Union nutzen können.

(8)

Der neue, im Rahmen dieser Verordnung entwickelte Mechanismus sollte zwei Stufen umfassen. In einem ersten Schritt würden Erdgasunternehmen oder gasverbrauchende Unternehmen, die in der Union niedergelassen sind, ihre Gasnachfrage über einen von der Kommission beauftragten Dienstleister bündeln. Dies würde es den Gaslieferanten ermöglichen, Angebote auf der Grundlage großer aggregierter Mengen zu unterbreiten, anstatt viele kleinere Angebote an Käufer machen zu müssen, die einzeln auf sie zukommen. In einem zweiten Schritt können Erdgasunternehmen oder gasverbrauchende Unternehmen, die in der Union niedergelassen sind, einzeln oder in koordinierter Weise zusammen mit anderen Gasbeschaffungsverträge mit Erdgaslieferanten oder -erzeugern schließen, die die aggregierte Nachfrage decken können.

(9)

Da weiterhin gravierende Schwierigkeiten bei der Gewährleistung der Versorgungssicherheit bestehen, sollten die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung dazu beitragen, dass Unternehmen in allen Mitgliedstaaten einen gerechteren Zugang zu neuen oder zusätzlichen Gasquellen erhalten, und im Interesse der Endverbraucher dazu beitragen, dass die Preise für die Unternehmen, die das Gas über den Dienstleister kaufen, niedriger sind als dies möglicherweise ansonsten der Fall gewesen wäre. Ein erster Verweis auf die Möglichkeit einer sehr begrenzten Form der gemeinsamen Beschaffung von Gas für Ausgleichszwecke ist bereits im Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie für Wasserstoff enthalten. Der Vorschlag stammt jedoch aus der Zeit vor dem Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine. Darüber hinaus enthielt der Vorschlag kein detailliertes Konzept, sondern betraf nur den sehr spezifischen Bedarf der Fernleitungsnetzbetreiber an Ausgleichsenergie. Da eine sofortige und wesentlich umfassendere Lösung für das Problem fehlender Strukturen für eine koordinierte Beschaffung von Gas erforderlich ist, ist es angemessen, ein vorübergehendes beschleunigtes Verfahren vorzuschlagen.

(10)

Die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung könnte daher die Solidarität der Union bei der Beschaffung und Verteilung von Gas stärken. Im Geiste der Solidarität sollten durch die gemeinsame Beschaffung insbesondere die Unternehmen, die zuvor ausschließlich oder hauptsächlich Gas von russischen Lieferanten bezogen haben, unterstützt werden, indem es ihnen ermöglicht wird, als Ergebnis der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung Lieferungen von alternativen Erdgaslieferanten oder -anbietern zu günstigen Bedingungen zu erhalten.

(11)

Die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung sollten dazu beitragen, in der derzeitigen Notlage die Gasspeicheranlagen zu befüllen, falls die meisten europäischen Gasspeicheranlagen nach dem kommenden Winter erschöpft sind. Darüber hinaus sollten diese Maßnahmen dazu beitragen, Gas im Geiste der Solidarität in besser abgestimmter Weise zu beschaffen.

(12)

Daher ist eine rasche und befristete Einführung der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung erforderlich. Dies würde die rasche Einsetzung eines Dienstleisters erlauben, der die Bündelung der Nachfrage ermöglichen würde. Der von der Kommission beauftragte Dienstleister hätte nur einige grundlegende Funktionen, und das von ihm organisierte Verfahren würde nur verbindliche Elemente hinsichtlich der Teilnahme an der Nachfragebündelung vorsehen, würde aber noch keine obligatorische Koordinierung der Vertragsbedingungen oder eine Verpflichtung zur Abgabe verbindlicher Angebote für den Kauf von Gas über ihn beinhalten.

(13)

Erdgasunternehmen oder gasverbrauchende Unternehmen sollten nicht verpflichtet werden, Gas über den Dienstleister zu kaufen, indem sie Gaslieferverträge oder Vereinbarungen mit den Gaslieferanten oder -erzeugern schließen, die die aggregierte Nachfrage decken können. Erdgasunternehmen bzw. gasverbrauchende Unternehmen werden jedoch nachdrücklich aufgefordert, Formen der Zusammenarbeit zu prüfen, die mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar sind, und den Dienstleister in Anspruch zu nehmen, um die Vorteile der gemeinsamen Beschaffung zu nutzen. Daher könnte zwischen dem Dienstleister und den teilnehmenden Unternehmen ein Mechanismus entwickelt werden, in dem die wichtigsten Bedingungen festgelegt werden, unter denen sich die teilnehmenden Unternehmen verpflichten, das Gas, das der aggregierten Nachfrage entspricht, zu kaufen.

(14)

Es ist wichtig, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ein klares Bild von geplanten und abgeschlossenen Gaslieferverträgen in der gesamten Union haben, um beurteilen zu können, ob die Ziele Versorgungssicherheit und Energiesolidarität erreicht werden. Daher sollten die Unternehmen oder die Behörden der Mitgliedstaaten die Kommission und die Mitgliedstaaten, in denen diese Unternehmen niedergelassen sind, über große geplante Gaseinkäufe von mehr als 5 TWh pro Jahr unterrichten. Dies sollte insbesondere für grundlegende Angaben in Bezug auf neue oder erneuerte Verträge gelten. Die Kommission sollte Empfehlungen an die Erdgasunternehmen oder die Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten richten können, insbesondere wenn eine weitere Koordinierung die Funktionsweise der gemeinsamen Beschaffung verbessern könnte oder wenn die Einleitung einer Ausschreibung für den Gaseinkauf oder geplante Gaseinkäufe negative Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, den Binnenmarkt oder die Energiesolidarität haben könnte. Die Abgabe einer Empfehlung sollte Erdgasunternehmen oder Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten nicht daran hindern, die Verhandlungen in der Zwischenzeit fortzusetzen.

(15)

Die Mitgliedstaaten sollten die Kommission bei der Bewertung unterstützen, ob die betreffenden Gaseinkäufe die Versorgungssicherheit in der Union verbessern und mit dem Grundsatz der Energiesolidarität vereinbar sind. Daher sollte ein Ad-hoc-Lenkungsausschuss eingesetzt werden, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission zusammensetzt und zur Koordinierung dieser Bewertung beiträgt.

(16)

Das Verfahren der Nachfragebündelung zum Zweck der gemeinsamen Beschaffung sollte von einem geeigneten Dienstleister durchgeführt werden. Daher sollte die Kommission im Rahmen eines Vergabeverfahrens im Einklang mit Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) einen Dienstleister beauftragen, der ein geeignetes Informationstechnologie-Tool (im Folgenden „IT-Tool“) entwickeln und das Verfahren zur Nachfragebündelung organisieren kann. Von den Teilnehmern der gemeinsamen Beschaffung könnten Gebühren zur Deckung der Betriebskosten erhoben werden.

(17)

Bei der Zuweisung von Zugangsrechten zum Angebot unter den Unternehmen, die die Nachfrage bündeln, sollte der Dienstleister Methoden anwenden, die zu keiner Diskriminierung zwischen kleineren und größeren Teilnehmern dieser Nachfragebündelung führen und die unabhängig von der von den einzelnen Unternehmen ersuchten Gasmengen gerecht sein sollten. Der Dienstleister sollte die Zugangsrechte beispielsweise proportional zu den Gasmengen zuweisen, die die einzelnen Unternehmen für einen bestimmten Lieferzeitpunkt und Bestimmungsort zu kaufen beabsichtigen. Dies könnte in Fällen von Bedeutung sein, in denen das Angebot nicht ausreicht, um die Nachfrage auf dem Unionsmarkt zu decken.

(18)

Die Bündelung der Nachfrage und der Einkauf von Erdgas sind komplexe Prozesse, bei denen verschiedene Elemente berücksichtigt werden müssen, und zwar nicht nur Preise, sondern auch Mengen, Lieferorte und andere Parameter. Daher sollte der ausgewählte Dienstleister über die erforderliche Erfahrung mit der Verwaltung und Bündelung von Erdgaseinkäufen oder damit verbundenen Dienstleistungen auf Unionsebene verfügen. Darüber hinaus sind die Bündelung der Nachfrage und der Einkauf von Erdgas ein entscheidendes Element für die Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit und für die Wahrung des Grundsatzes der Energiesolidarität in der Union.

(19)

Der Schutz sensibler Geschäftsinformationen ist von größter Bedeutung, wenn der Kommission, den Mitgliedern des Ad-hoc-Lenkungsausschusses oder dem Dienstleister, der das IT-Tool für die Nachfragebündelung einrichtet und verwaltet, Informationen zur Verfügung gestellt werden. Daher sollte die Kommission wirksame Instrumente einsetzen, um diese Informationen vor unberechtigten Zugriffen und Cybersicherheitsrisiken zu schützen. Alle personenbezogenen Daten, die im Rahmen der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung verarbeitet werden könnten, sollten im Einklang mit Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) und Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) verarbeitet werden.

(20)

Die gemeinsame Beschaffung könnte in unterschiedlicher Form erfolgen. Sie könnte im Wege von Ausschreibungen oder Auktionen erfolgen, die von dem Dienstleister organisiert werden, der die Nachfrage von Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen bündelt, um sie mit den Angeboten von Erdgaslieferanten oder -erzeugern abgleichen zu können, und zwar mithilfe eines IT-Tools.

(21)

Eines der Ziele der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung ist, die Gefahr unnötiger Preisanstiege zu verringern, die dadurch entstehen, dass Unternehmen Gebote für dieselbe Tranche Gas abgeben. Die Gewährleistung, dass die Vorteile der gemeinsamen Beschaffung vollständig an die Endverbraucher weitergegeben werden, hängt letztlich von den Entscheidungen der Unternehmen selbst ab. Große Unternehmen sollten Beschränkungen unterliegen, selbst wenn sie das Gas zu höheren Preisen weiterverkaufen können. Unternehmen, die durch die gemeinsame Beschaffung von niedrigeren Gaseinkaufspreisen profitieren, sollten diese Vorteile an die Verbraucher weitergeben. Die Weitergabe niedrigerer Preise wäre ein wichtiger Indikator für den Erfolg der gemeinsamen Beschaffung, da sie für die Verbraucher von entscheidender Bedeutung ist.

(22)

Die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung sollten Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen offenstehen, die in der Union niedergelassen sind. Insbesondere industriellen Verbrauchern, deren Erzeugungsprozesse gasintensiv sind — etwa Erzeuger von Düngemitteln, Stahl, Keramik und Glas —, kann die gemeinsame Beschaffung auch zugutekommen, indem ihnen ermöglicht wird, ihre Nachfrage zu bündeln, Verträge über Gas- und LNG-Lieferungen zu schließen und die Versorgung nach ihrem jeweiligen Bedarf zu strukturieren. Für das Verfahren zur Organisation der gemeinsamen Beschaffung sollten transparente Regeln in Bezug darauf bestehen, wie die Teilnahme daran erfolgt, und sollte gewährleisten, dass sie allen offensteht.

(23)

Es ist ein erklärtes Ziel der Union, die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung auch für den Westbalkan und die drei assoziierten Länder der Östlichen Partnerschaft zu öffnen. Daher sollten Unternehmen, die in den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft niedergelassen sind, an der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung nach dieser Verordnung teilnehmen können, sofern die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden.

(24)

Die Abhängigkeit der Union von Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation muss verringert werden. Unternehmen, die von der Russischen Föderation oder einer russischen natürlichen oder juristischen Person kontrolliert werden, oder Unternehmen, gegen die restriktive Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 215 AEUV verhängt wurden, oder Unternehmen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer anderen natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung stehen, die solchen restriktiven Maßnahmen unterliegt, sollten daher von der Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung sowie von der Organisation des gemeinsamen Beschaffungsverfahrens ausgeschlossen werden.

(25)

Um zu verhindern, dass das Ziel der Diversifizierung weg von Gaslieferungen aus der Russischen Föderation durch die Teilnahme an der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung von Unternehmen oder anderen Einrichtungen, die unter der Kontrolle von russischen natürlichen oder juristischen Personen oder in der Russischen Föderation niedergelassenen Unternehmen stehen, einem Risiko ausgesetzt oder gefährdet wird, sollte auch die Teilnahme dieser Einrichtungen ausgeschlossen werden.

(26)

Darüber hinaus sollte Erdgas aus der Russischen Föderation nicht gemeinsam beschafft werden. Zu diesem Zweck sollte Erdgas, das über bestimmte Einspeisepunkte in die Mitgliedstaaten oder Vertragsparteien der Energiegemeinschaft gelangt, nicht gemeinsam beschafft werden, da über diese Einspeisepunkte wahrscheinlich Erdgas aus der Russischen Föderation in die Mitgliedstaaten oder Vertragsparteien der Energiegemeinschaft gelangt.

(27)

Die Teilnehmer der gemeinsamen Beschaffung von Gas benötigen möglicherweise finanzielle Garantien für den Fall, dass eines der Unternehmen nicht in der Lage ist, die kontrahierte Endmenge zu bezahlen. Die Mitgliedstaaten oder andere Akteure könnten Teilnehmern der gemeinsamen Beschaffung finanzielle Unterstützung, einschließlich Garantien, gewähren. Die Gewährung von finanzieller Unterstützung sollte im Einklang mit den Vorschriften der Union für staatliche Beihilfen, einschließlich gegebenenfalls des durch die Kommission am 23. März 2022 angenommenen und am 28. Oktober 2022 geänderten befristeten Krisenrahmens, erfolgen.

(28)

Die Befüllung der Gasspeicheranlagen ist von entscheidender Bedeutung, um die Versorgungssicherheit in der Union zu gewährleisten. Aufgrund des Rückgangs der Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation könnten die Mitgliedstaaten Schwierigkeiten haben, die Gasspeicheranlagen gemäß der Verordnung (EU) 2022/1032 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) zu befüllen, um die Gasversorgungssicherheit für den Winter 2023/2024 zu gewährleisten. Die Nutzung der Möglichkeit des Dienstleisters zur Nachfragebündelung könnte den Mitgliedstaaten dabei helfen, diese Herausforderungen besser zu bewältigen. Sie könnte innerhalb der Grenzen des Wettbewerbsrechts insbesondere ein koordiniertes Befüllungs- und Speichermanagement im Hinblick auf die nächste Einspeichersaison unterstützen, um übermäßige Preisspitzen zu vermeiden, die unter anderem durch ein unkoordiniertes Befüllen der Speicher verursacht werden.

(29)

Um sicherzustellen, dass die gemeinsame Beschaffung zur Befüllung von Gasspeicheranlagen im Einklang mit den in der Verordnung (EU) 2022/1032 festgelegten Zwischenzielen beiträgt, sollten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Erdgasunternehmen und gasverbrauchende Unternehmen das vom Dienstleister organisierte Verfahren als ein mögliches Mittel nutzen, um die Befüllungsziele zu erreichen.

(30)

Gemäß der Verordnung (EU) 2022/1032 müssen die Mitgliedstaaten ihre Gasspeicheranlagen bis zum 1. November 2023 zu 90 % befüllt haben. Dieses Ziel liegt über der Zielvorgabe für 1. November 2022 (80 %). Die gemeinsame Beschaffung könnte den Mitgliedstaaten dabei helfen, die neue Zielvorgabe zu erreichen. Dabei sollten die Mitgliedstaaten inländische Unternehmen dazu verpflichten, den Dienstleister zu nutzen, um eine Nachfrage nach ausreichend hohen Gasmengen zu bündeln und so das Risiko zu verringern, dass ihre Gasspeicheranlagen nicht befüllt werden können. Die Mitgliedstaaten sollten vorschreiben, dass Mengen, die mindestens 15 % ihres Speicherbefüllungszielsvolumens für das nächste Jahr entsprechen, was etwa 13,5 Milliarden Kubikmeter für die gesamte Union entspricht, von ihren Unternehmen in das Verfahren zur Nachfragebündelung einbezogen werden. Mitgliedstaaten ohne unterirdische Gasspeicheranlagen in ihrem Hoheitsgebiet sollten sich an der Nachfragebündelung mit Mengen beteiligen, die 15 % ihrer Lastenteilungsverpflichtungen gemäß Artikel 6c der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) entsprechen.

(31)

Im Rahmen der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung werden keine Vorgaben hinsichtlich des Managements von Gasspeicheranlagen, einschließlich strategischer Gasspeicheranlagen, gemacht, und sie lassen die Verordnungen (EU) 2017/1938 und (EU) 2022/1032 unberührt.

(32)

Um die gemeinsame Beschaffung wirksam zu nutzen und mit Lieferanten, die dem Dienstleister Gas anbieten, Gasvereinbarungen zu schließen, sollten Unternehmen die Einkaufsbedingungen wie Mengen, Gaspreis, Lieferorte und Lieferzeitpunkt innerhalb der durch das Unionsrecht gesetzten Grenzen koordinieren können. Unternehmen, die sich an einem Gasbeschaffungskonsortium beteiligen, sollten jedoch sicherstellen, dass sich die direkt oder indirekt ausgetauschten Informationen im Einklang mit Artikel 101 AEUV auf das zur Erreichung des verfolgten Ziels unbedingt erforderliche Maß beschränken. Darüber hinaus sollte durch die Transparenz- und Governance-Bestimmungen dieser Verordnung sichergestellt werden, dass durch die Verträge des Käuferkonsortiums weder die Versorgungssicherheit noch die Energiesolidarität gefährdet wird, insbesondere wenn Mitgliedstaaten direkt oder indirekt am Beschaffungsverfahren beteiligt sind.

(33)

Auch wenn mehr als ein Gasbeschaffungskonsortium gebildet werden kann, wäre die wirksamste Option die Bildung eines einzigen Gasbeschaffungskonsortiums, das möglichst viele Unternehmen umfasst, um die Nachfrage über den Dienstleister zu bündeln, und so konzipiert wäre, dass es mit dem Wettbewerbsrecht der Union vereinbar ist. Darüber hinaus sollte die Bündelung der Kräfte in einem einzigen Gasbeschaffungskonsortium zu einer gestärkten Verhandlungsposition der Union auf dem Markt führen und vorteilhafte Bedingungen ermöglichen, die von kleineren Unternehmen oder im Falle eines stärker fragmentierten Vorgehens kaum erreicht werden könnten.

(34)

Die Bildung und Umsetzung von Gasbeschaffungskonsortien im Rahmen dieser Verordnung sollte im Einklang mit den Wettbewerbsvorschriften der Union erfolgen, wie sie angesichts der derzeitigen außergewöhnlichen Marktbedingungen anwendbar sind. Die Kommission hat erklärt, dass sie bereit ist, Unternehmen bei der Gestaltung eines solchen Gasbeschaffungskonsortiums zu begleiten und einen Beschluss nach Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates (6) über die Nichtanwendbarkeit der Artikel 101 und 102 AEUV zu erlassen, sofern entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen und eingehalten werden. Die Kommission hat ferner ihre Bereitschaft erklärt, informelle Orientierungshilfen zu geben, wenn die an anderen Konsortien beteiligten Unternehmen mit Unsicherheiten konfrontiert sind, was die Bewertung eines oder mehrerer Elemente ihrer Regelung für die gemeinsame Beschaffung nach dem Wettbewerbsrecht der Union betrifft.

(35)

Im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen in Bezug auf die Bündelung der Nachfrage und die gemeinsame Beschaffung nicht über das zur Erreichung ihres Ziels erforderliche Maß hinaus, da diese Maßnahmen auf freiwilliger Basis umgesetzt werden, mit nur einer begrenzten Ausnahme in Bezug auf die obligatorische Teilnahme an der Nachfragebündelung zum Zweck der Befüllung von Gasspeicheranlagen, und private Unternehmen Vertragsparteien der im Rahmen der gemeinsamen Beschaffung geschlossenen Gaslieferverträge bleiben.

(36)

Um die Aufnahmekapazität der LNG-Anlagen in der Union und die Nutzung von Gasspeicheranlagen zu optimieren, sind verbesserte Transparenzregelungen und ein organisierter Markt erforderlich, der den Sekundärhandel mit Gasspeicherkapazitäten und Kapazitäten von LNG-Anlagen erleichtert, ähnlich denen, die bereits für den Transport von Gas über Pipelines bestehen. Dies ist in Krisenzeiten und Zeiten, in denen sich die Gasflüsse von Pipelinegas aus der Russischen Föderation hin zu LNG verlagern, besonders wichtig. Die Vorschläge der Kommission für eine Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie Wasserstoff sowie für eine Verordnung über die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie für Wasserstoff enthalten entsprechende Bestimmungen. Die beschleunigte Anwendung dieser Bestimmungen als Teil der Krisenreaktion ist von entscheidender Bedeutung, um die LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen effizienter und mit der erforderlichen Transparenz zu nutzen. In Bezug auf europaweite Transparenzplattformen sollten die Mitgliedstaaten die bestehenden Transparenzplattformen für LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen in der Union nutzen können, um eine rasche Umsetzung dieser Verordnung sicherzustellen. Was die Sekundär-Buchungsplattform betrifft, sollten Betreiber von LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen ihre bestehenden Plattformen nutzen können, indem sie die erforderlichen Merkmale darin integrieren.

(37)

In Bezug auf langfristige Buchungen von Gastransportkapazitäten sehen die bestehenden Regeln für das Engpassmanagement „Use-it-or-lose-it“-Verfahren vor. Diese Verfahren sind jedoch langwierig, da es mindestens sechs Monate dauert, bevor sie Wirkung zeigen, und umfangreiche Verwaltungsverfahren der nationalen Regulierungsbehörden erforderlich sind. Daher sollten diese Regeln verschärft und vereinfacht werden, um den Gasnetzbetreibern Instrumente an die Hand zu geben, mit denen sie rasch auf Veränderungen der Gasflüsse reagieren und mögliche Engpässe beheben können. Insbesondere könnten die neuen Regeln die Vermarktung nicht genutzter langfristiger Kapazitäten, die ansonsten ungenutzt bleiben würden, beschleunigen, wodurch Pipelines effizienter genutzt würden.

(38)

Die Fernleitungsnetzbetreiber sollten die verfügbaren Informationen über die Nutzung des Fernleitungsnetzes durch die Netznutzer analysieren und feststellen, ob die kontrahierte verbindliche Kapazität nicht ausgelastet wird. Eine solche Unterauslastung sollte definiert werden als die Situation, in der ein Netznutzer in den letzten 30 Tagen durchschnittlich weniger als 80 % der gebuchten verbindlichen Kapazität genutzt oder auf dem Markt angeboten hat. Im Falle einer Unterauslastung sollte der Fernleitungsnetzbetreiber die verfügbare Kapazität für die nächste monatliche Auktion veröffentlichen und anschließend versteigern. Alternativ sollten die nationalen Regulierungsbehörden beschließen können, stattdessen einen „Use-it-or-lose-it“-Mechanismus für verbindliche „Day-ahead“-Kapazität anzuwenden. In diesem Fall sollte der Mechanismus auf alle Netzkopplungspunkte angewandt werden, unabhängig davon, ob Engpässe bestehen.

(39)

Unternehmen, die im Rahmen der gemeinsamen Beschaffung Gas kaufen oder Gaslieferungen zu vordefinierten Bestimmungsorten anbieten, sollten sicherstellen, dass sie über Kapazitäten für den Transport des Gases von den Lieferorten zu seinem Bestimmungsort verfügen. Die geltenden Binnenmarktvorschriften, einschließlich der Gasnetzkodizes, finden Anwendung, um die Gewährleistung der Transportkapazitäten zu unterstützen. Die nationalen Regulierungsbehörden, die Fernleitungsnetzbetreiber, die Betreiber von LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen sowie die Buchungsplattformen sollten Möglichkeiten prüfen, wie die Nutzung der Infrastruktur auf erschwingliche Weise unter Achtung der geltenden Binnenmarktvorschriften, insbesondere der Verordnung (EU) 2017/459 der Kommission (7), verbessert werden kann, indem sie die Möglichkeit sondieren, neue Transportkapazitätsprodukte zu entwickeln, mit denen Netzkopplungspunkte, LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen innerhalb der EU verbunden werden.

(40)

Die Umstände dieser außergewöhnlichen Krise bewirken zwar Veränderungen der Flussmuster in den europäischen Gasnetzen, die an bestimmten Kopplungspunkten in der Union zu außerordentlich hohen Engpasserlösen führen, doch im Dialog mit den zuständigen Regulierungsbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten nach den geltenden Vorschriften dürfte, gegebenenfalls mit der Kommission als Vermittlerin, ein gewisser Spielraum gefunden werden.

(41)

Die Invasion in die Ukraine durch die Russische Föderation hat zu erheblichen Unsicherheiten und Störungen auf den europäischen Erdgasmärkten geführt. Infolgedessen haben sich auf diesen Märkten in den letzten Monaten diese Unsicherheit hinsichtlich der Versorgung und die daraus resultierende Markterwartung in extrem hohen und volatilen Erdgaspreisen niedergeschlagen. Dies wiederum hat die Marktteilnehmer zusätzlich unter Druck gesetzt und das reibungslose Funktionieren der Energiemärkte der Union beeinträchtigt.

(42)

Die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (8) enthält Vorschriften zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens von Handelsplätzen, an denen auch energiebezogene Warenderivate gehandelt werden. Nach dieser Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass ein geregelter Markt über Mechanismen verfügen muss, die faire und ordnungsgemäß funktionierende Finanzmärkte gewährleisten. Solche Mechanismen sind jedoch nicht dazu gedacht, die Entwicklung der Intraday-Preise zu begrenzen, und haben die auf den Märkten für Gas- und Stromderivate beobachteten außergewöhnlichen Schwankungen nicht verhindert.

(43)

Angesichts der Schwierigkeiten der Marktteilnehmer auf den Handelsplätzen, an denen energiebezogene Warenderivate gehandelt werden, und der Dringlichkeit, sicherzustellen, dass die Märkte für Energiederivate ihre Rolle bei der Deckung des Absicherungsbedarfs der Realwirtschaft weiterhin erfüllen, ist es angezeigt, Handelsplätze, an denen energiebezogene Warenderivate gehandelt werden, dazu zu verpflichten, befristete Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität einzurichten, um übermäßige Preisbewegungen effizienter abzuschwächen. Um sicherzustellen, dass solche Mechanismen für die relevantesten Verträge gilt, sollten sie für energiebezogene Derivate gelten, deren Laufzeit 12 Monate nicht überschreitet.

(44)

Handelsplätze, die energiebezogene Warenderivate anbieten, lassen häufig Energieunternehmen unterschiedlicher Art aus allen Mitgliedstaaten zur Teilnahme zu. Diese Energieunternehmen sind in hohem Maße auf die an solchen Handelsplätzen gehandelten Derivate angewiesen, um die äußerst wichtigen Lieferungen von Gas und Strom in der gesamten Union sicherzustellen. Übermäßige Preisbewegungen an Handelsplätzen, an denen energiebezogene Warenderivate gehandelt werden, wirken sich daher auf den Betrieb von Energieunternehmen in der gesamten Union und letztlich auch nachteilig auf die Endverbraucher aus. Daher sollte im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten die Umsetzung und Anwendung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität koordiniert werden, um sicherzustellen, dass Betreiber, die für die Energieversorgungssicherheit in allen Mitgliedstaaten von wesentlicher Bedeutung sind, durch Maßnahmen gegen große Preisbewegungen, die der Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit abträglich sowie von Nachteil für die Endverbraucher sind, geschützt werden.

(45)

Die Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität sollte sicherstellen, dass übermäßige Preisbewegungen innerhalb eines Handelstages verhindert werden. Diese Mechanismen sollten sich auf den in regelmäßigen Abständen beobachteten Marktpreis stützen. Angesichts der großen Vielfalt der Instrumente auf den Märkten für Energiederivate und der Besonderheiten der Handelsplätze, an denen solche Instrumente gehandelt werden, sollten die Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität an die Besonderheiten dieser Instrumente und Märkte angepasst werden. Daher sollten die Handelsplätze Preisgrenzen festlegen und dabei die Besonderheiten jedes relevanten energiebezogenen Warenderivats, das Liquiditätsprofil des Marktes für solche Derivate und sein Volatilitätsprofil berücksichtigen.

(46)

Bei der Festsetzung des Eröffnungspreises als ersten Referenzpreis eines Handelstags sollten die Handelsplätze ihre üblichen Methoden anwenden, um den Preis zu bestimmen, zu dem ein bestimmtes energiebezogenes Warenderivat zu Beginn des Handelstags zuerst gehandelt wird. Bei der Festsetzung des Eröffnungspreises nach einer im Laufe des Handelstages auftretenden Unterbrechung des Handels sollten die Handelsplätze die Methode anwenden, die sie für am besten geeignet halten, um sicherzustellen, dass der geregelte Handel wieder aufgenommen wird.

(47)

Die Handelsplätze sollten den Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität entweder durch Integration in ihre bestehenden Notfallsicherungen, die bereits gemäß der Richtlinie 2014/65/EU eingerichtet wurden, oder als zusätzlichen Mechanismus einsetzen können.

(48)

Um Transparenz in Bezug auf das Funktionieren des von ihnen eingeführten Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität zu gewährleisten, sollten die Handelsplätze ohne ungebührliche Verzögerung eine Beschreibung seiner allgemeinen Merkmale veröffentlichen, wenn sie eine Änderung vornehmen. Um jedoch einen fairen und ordnungsgemäßen Handel zu gewährleisten, sollten die Handelsplätze nicht verpflichtet werden, alle technischen Parameter des von ihnen eingerichteten Mechanismus zu veröffentlichen.

(49)

Wird anhand von Informationen, die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in Bezug auf die Umsetzung des Mechanismus zur Begrenzung der Volatilität durch Handelsplätze, an denen energiebezogene Warenderivate gehandelt werden, in der Union erhoben wurden, gezeigt, dass eine einheitlichere Umsetzung des Mechanismus erforderlich ist, um eine wirksamere Begrenzung der übermäßigen Preisvolatilität in der gesamten Union sicherzustellen, so sollte die Kommission einheitliche Bedingungen für die Umsetzung des Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität festlegen können, beispielsweise die Häufigkeit, mit der die Preisgrenzen erneuert werden, oder die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn die Preisgrenzen über- bzw. unterschritten werden. Die Kommission sollte in der Lage sein, die Besonderheiten jedes energiebezogenen Warenderivats, das Liquiditätsprofil des Marktes für solche Derivate und sein Volatilitätsprofil zu berücksichtigen.

(50)

Um Handelsplätzen ausreichend Zeit für die tragfähige Umsetzung des in dieser Verordnung festgelegten Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität einzuräumen, sollten Handelsplätze bis zum 31. Januar 2023 Zeit für die Einrichtung dieses Mechanismus erhalten. Um sicherzustellen, dass Handelsplätze bereits vor der Einrichtung dieses Mechanismus in der Lage sind, rasch mit übermäßigen Preisbewegungen umzugehen, sollten sie über einen vorläufigen Mechanismus verfügen, mit dem weitgehend dasselbe Ziel erreicht werden kann wie mit dem Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität.

(51)

Die Verpflichtungen und Beschränkungen, die Handelsplätzen und Händlern durch die Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität auferlegt werden, gehen nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um es Energieunternehmen zu ermöglichen, weiterhin an den Gas- und Strommärkten teilzunehmen und ihren Absicherungsbedarf zu decken, was zur Sicherheit der Energieversorgung für Endverbraucher beiträgt.

(52)

Um eine effiziente Anwendung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität zu gewährleisten, sollten die zuständigen Behörden deren Umsetzung durch die Handelsplätze überwachen und der ESMA regelmäßig über diese Umsetzung Bericht erstatten. Um eine einheitliche Umsetzung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität zu gewährleisten, sollten die zuständigen Behörden auch sicherstellen, dass Unterschiede bei der Umsetzung dieser Mechanismen durch die Handelsplätze hinreichend begründet werden.

(53)

Um mögliche Unterschiede bei der Anwendung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen, sollte die ESMA auf der Grundlage der von den zuständigen Behörden vorgelegten Berichte die Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten koordinieren und alle festgestellten Unterschiede in der Art und Weise, wie Handelsplätze in der Union die Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität umsetzen, dokumentieren.

(54)

Angesichts der beispiellosen Reduzierung der Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation und der anhaltenden Gefahr weiterer plötzlicher Lieferunterbrechungen muss die Union dringend ihre Gaslieferungen diversifizieren. Der LNG-Markt für Europa ist jedoch noch im Entstehen begriffen, und es ist schwierig, die Genauigkeit der auf diesem Markt vorherrschenden Preise zu beurteilen. Um eine genaue, objektive und zuverlässige Bewertung des Preises für LNG-Lieferungen in die Union zu erhalten, sollte die durch die Verordnung (EU) 2019/942 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) errichtete Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) alle LNG-Marktdaten erheben, die für die Erstellung einer täglichen LNG-Preisbewertung erforderlich sind.

(55)

Die Preisbewertung sollte auf der Grundlage aller Transaktionen im Zusammenhang mit LNG-Lieferungen in die Union erfolgen. Die ACER sollte die Befugnis erhalten, diese Marktdaten von allen Teilnehmern zu erheben, die im Bereich LNG-Lieferungen in die Union aktiv sind. Alle diese Teilnehmer sollten verpflichtet werden, alle ihre LNG-Marktdaten der ACER so echtzeitnah wie technisch möglich zu melden, und zwar entweder nach Abschluss einer Transaktion oder nach Abgabe eines Gebots oder Angebots für den Abschluss einer Transaktion. Die Preisbewertung der ACER sollte einen möglichst vollständigen Datensatz umfassen, einschließlich der Transaktionspreise und — ab dem 31. März 2023 — der Gebots- und Angebotspreise für LNG-Lieferungen in die Union. Die tägliche Veröffentlichung dieser objektiven Preisbewertung und des im Vergleich zu anderen Referenzpreisen auf dem Markt ermittelten Spreads in Form eines LNG-Referenzwerts ebnet den Weg für seine freiwillige Aufnahme als Referenzpreis in die Verträge und Transaktionen von Marktteilnehmern. Nach ihrer Einführung könnten die LNG-Preisbewertung und der LNG-Referenzwert auch zu einer Referenz für Derivatkontrakte werden, die zur Absicherung des LNG-Preises oder der Preisdifferenz zwischen dem LNG-Preis und anderen Gaspreisen verwendet werden. Angesichts der Dringlichkeit der Einführung der LNG-Preisbewertung sollte diese erste Bewertung spätestens am 13. Januar 2023 veröffentlicht werden.

(56)

Die derzeitigen Befugnisse, die der ACER durch die Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 der Kommission (11) (im Folgenden zusammen „REMIT“) übertragen wurden, reichen nicht aus, um einen vollständigen und umfassenden Datensatz für alle LNG-Lieferungen in die Union zu erstellen. Ein solcher umfassender und vollständiger Datensatz für die tägliche Preisbewertung ist jedoch erforderlich, damit die Union ihre Beschaffungspolitik für internationale LNG-Einfuhren im Geiste der Solidarität durchführen kann, insbesondere in der derzeitigen Krisensituation. Relevante Daten und Informationen zu LNG-Verträgen sind auch erforderlich, um die Überwachung der Preisentwicklungen zu gewährleisten und die Datenqualitätskontrolle und -qualitätssicherung durchzuführen. Dieses Ad-hoc-Instrument sollte es der ACER ermöglichen, alle Marktdaten zu erheben, die für eine umfassende und repräsentative Bewertung des Preises von LNG-Lieferungen in die Union erforderlich sind.

(57)

Auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer umfassenderen Überarbeitung des REMIT eine tägliche LNG-Preisbewertung und ein täglicher LNG-Referenzwert dauerhaft eingerichtet werden sollten, erfordert die derzeitige Krisensituation bereits jetzt dringendes Handeln, um den aktuellen gravierenden Schwierigkeiten bei der Versorgung zu begegnen und die genaue Preisbildung bei LNG-Lieferungen in die Union vorübergehend anzugehen, bis eine solche Überarbeitung des REMIT nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet werden kann.

(58)

Um die Preistransparenz und die Planungssicherheit auf dem Markt für LNG-Einfuhren unmittelbar zu erhöhen, sollte festgelegt werden, dass der einschlägige Datensatz sowohl Informationen über die Preise und die Mengen der abgeschlossenen LNG-Transaktionen, die Preise und die Mengen der Gebote und Angebote für LNG-Lieferungen in die Union als auch gegebenenfalls die Preisformel im langfristigen Vertrag, aus der der Preis abgeleitet wird, umfassen sollte.

(59)

LNG-Marktteilnehmer, die einer Meldepflicht unterliegen, sollten all diejenigen definiert werden, die LNG-Ladungen, die zur Lieferung in die Union bestimmt sind, entweder kaufen oder verkaufen. Diese LNG-Marktteilnehmer sollten den Pflichten und Verboten unterliegen, die gemäß REMIT für Marktteilnehmer gelten.

(60)

Die ACER sollte in Zusammenarbeit mit der Kommission über ein breites Mandat verfügen, um die Qualität und den Inhalt der Marktdaten festzulegen, die sie erhebt, um eine tägliche Bewertung der Preise für LNG-Lieferungen in die Union vorzunehmen. Sie sollte auch bei der Wahl ihres bevorzugten Übertragungsprotokolls über einen weiten Ermessensspielraum verfügen. Um die höchstmögliche Qualität der zu meldenden Marktdaten zu erreichen, sollte die ACER die Befugnis erhalten, alle Parameter der Marktdaten festzulegen, die ihr gemeldet werden sollten. Zu diesen Parametern sollten unter anderem die Referenzeinheiten, in denen Preisdaten gemeldet werden, die Referenzeinheiten, in denen Mengendaten gemeldet werden, die Laufzeit der Verträge oder die Angebots- und Gebotsdaten vor der Transaktion sowie die Übertragungsprotokolle, die zur Übermittlung der vorgeschriebenen Daten an die ACER zu verwenden sind, gehören.

(61)

Die ACER sollte auch die Methode festlegen, die sie verwendet, um eine tägliche LNG-Preisbewertung und tägliche LNG-Referenzwerte bereitzustellen, sowie das Verfahren für eine regelmäßige Überprüfung dieser Methode.

(62)

Die gemäß dieser Verordnung veröffentlichte Preisbewertung sollte den Mitgliedstaaten und anderen Marktteilnehmern mehr Transparenz in Bezug auf den marktüblichen Preis von LNG-Einfuhren nach Europa bieten. Mehr Preistransparenz sollte es den Mitgliedstaaten und privaten Einrichtungen mit Sitz in der Union wiederum ermöglichen, bei der Beschaffung von LNG auf den Weltmärkten und insbesondere bei der Inanspruchnahme des Dienstleisters besser informiert und koordiniert zu handeln. Eine stärkere Koordinierung bei der Beschaffung von LNG sollte es den Mitgliedstaaten ermöglichen, sich nicht gegenseitig zu überbieten oder Gebotspreise zu vermeiden, die nicht dem üblichen Marktpreis entsprechen. Daher sind die gemäß dieser Verordnung veröffentlichten Preisbewertungen und Referenzwert-Spreads von entscheidender Bedeutung für mehr Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beschaffung eines begrenzten LNG-Angebots.

(63)

Die Verpflichtung der Marktteilnehmer, der ACER Informationen über LNG-Transaktionen zur Verfügung zu stellen, ist notwendig und verhältnismäßig, um die ACER in die Lage zu versetzen, einen LNG-Referenzwert zu bestimmen, insbesondere da sie auf die im Rahmen von REMIT bestehenden Verpflichtungen der Marktteilnehmer abgestimmt ist und die ACER sensible Geschäftsinformationen vertraulich behandeln wird.

(64)

Neben den Notfallsicherungen und dem LNG-Referenzwert stehen noch andere Interventionsmaßnahmen zur Verfügung, einschließlich des befristeten dynamischen Preiskorridors, den der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 20. und 21. Oktober 2022 gefordert hat, wobei den folgenden Sicherungsmaßnahmen Rechnung zu tragen ist: Er sollte an dem von Gasunie Transport Services B.V. betriebenen virtuellen Handelspunkt TTF (Title Transfer Facility — TTF) zur Anwendung kommen; andere Gashandelspunkte in der Union können über einen befristeten dynamischen Preiskorridor an den korrigierten TTF-Spotpreis gekoppelt werden; er lässt den außerbörslichen Gashandel unberührt, sollte die Gasversorgungssicherheit der Union nicht gefährden, sollte von den Fortschritten bei der Verwirklichung des Gaseinsparziels abhängig sein, sollte nicht zu einem Gesamtanstieg des Gasverbrauchs führen, sollte so konzipiert sein, dass marktbasierte Gasflüsse innerhalb der EU nicht verhindert werden, sollte die Stabilität und das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte für Energiederivate nicht beeinträchtigen und sollte den Gasmarktpreisen auf den verschiedenen organisierten Märkten in der Union Rechnung tragen.

(65)

Die Verordnung (EU) 2017/1938 sieht bereits vor, dass die Mitgliedstaaten in Notfällen der Gasversorgung bestimmter kritischer Gaskraftwerke Vorrang einräumen können, da diese für die Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit und die Vermeidung von Ungleichgewichten im Netz von großer Bedeutung sind. Die kritischen Gaskraftwerke und ihre entsprechenden Gasmengen können große Auswirkungen auf die in einer Notlage für Solidaritätsmaßnahmen zur Verfügung stehenden Gasmengen haben. In diesem Zusammenhang sollten Mitgliedstaaten abweichend von Artikel 13 Absätze 1, 3 und 8 der Verordnung (EU) 2017/1938 vorübergehend auch um Notfall-Solidaritätsmaßnahmen ersuchen können, wenn sie nicht in der Lage sind, die kritischen Gasmengen zu sichern, die erforderlich sind, um die Fortsetzung der Stromerzeugung in kritischen Gaskraftwerken sicherzustellen. Aus demselben Grund sollten Mitgliedstaaten, die Solidarität leisten, auch das Recht haben, sicherzustellen, dass Lieferungen an ihre durch Solidarität geschützten Kunden oder andere wesentliche Dienstleistungen wie Fernwärme und der Betrieb ihrer kritischen Gaskraftwerke nicht gefährdet werden, wenn sie einem anderen Mitgliedstaat Solidarität leisten.

(66)

Es sollte eine Obergrenze für die kritischen Gasmengen festgelegt werden, die in jedem Mitgliedstaat zur Wahrung der Stromversorgungssicherheit benötigt werden, um unnötige oder missbräuchliche Solidaritätsersuchen oder unangemessene Beschränkungen bei der Leistung von Solidarität für einen bedürftigen Mitgliedstaaten zu verhindern. Die im Winterausblick vom Europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) verwendete Methode bietet eine Grundlage für die Ermittlung von für die Stromversorgungssicherheit kritischen Gasmengen und für die Festlegung solcher Grenzen. Die von ENTSO-E berechneten für die Stromversorgungssicherheit kritischen Gasmengen entsprechen den Gasmengen, die unter Nutzung aller Marktressourcen unbedingt für die Gewährleistung der Angemessenheit der europaweiten Stromversorgung erforderlich sind, wobei Gas in der Einsatzreihenfolge (Merit-Order) immer an letzter Stelle steht. Die ENTSO-E-Methode basiert auf einer breiten Stichprobe von Worst-Case-Szenarien, in denen klimabedingte und störungsbedingte Nichtverfügbarkeiten simuliert werden. Der Umstand, dass bei der ENTSO-E-Methode nicht die gesamte Kraft-Wärme-Kopplung berücksichtigt wird, hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, Fernwärmeanlagen von geschützten Kunden als geschützt im Sinne der Begriffsbestimmung der Verordnung (EU) 2017/1938 zu betrachten. Für Mitgliedstaaten, in denen die Stromerzeugung ausschließlich auf LNG-Lieferungen ohne nennenswerte Speicherkapazitäten beruht, sollten für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmengen entsprechend angepasst werden. Die für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmenge kann unter dem historischen Niveau des für die Stromerzeugung verbrauchten Gases liegen, da die Angemessenheit der Stromversorgung auf andere Weise gewährleistet werden kann, auch indem Lieferungen zwischen den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.

(67)

Dies schließt jedoch nicht aus, dass die tatsächlichen Mindestgasmengen, die von einem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat oder einem Solidarität leistenden Mitgliedstaat verlangt werden, zur Vermeidung einer Stromversorgungskrise höher sein könnten als die von ENTSO-E modellierten Werte. In solchen Fällen sollte der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat oder der Solidarität leistende Mitgliedstaat die in dieser Verordnung festgelegten Höchstwerte überschreiten können, wenn er rechtfertigen kann, dass dies zur Vermeidung einer Stromversorgungskrise erforderlich ist, z. B. in Fällen, in denen Frequenzwiederherstellungsreserven und alternative Kraftstoffe in Anspruch genommen werden müssen, oder in außergewöhnlichen Szenarien, die im Winterausblick von ENTSO-E nicht berücksichtigt wurden, insbesondere angesichts der Wasserstände und unerwarteter Entwicklungen. Die für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmenge umfasst definitionsgemäß die gesamte Gasmenge, die für die Gewährleistung einer stabilen Stromversorgung erforderlich ist, und umfasst daher auch den Strom, der für die Erzeugung und den Transport von Gas erforderlich ist, sowie wichtige Sektoren kritischer Infrastruktur und Anlagen, die für das Funktionieren der Dienste in den Bereichen Militär, nationale Sicherheit und humanitäre Hilfe von entscheidender Bedeutung sind.

(68)

Die den Marktteilnehmern durch die Ausweitung des solidarischen Schutzes auf kritische Gasmengen auferlegten Beschränkungen sind notwendig, um die Sicherheit der Gasversorgung in einer Situation zu gewährleisten, in der das Gasangebot verringert ist und die Nachfrage während der Wintersaison steigt. Diese Beschränkungen bauen auf bestehenden Maßnahmen auf, die in der Verordnung (EU) 2017/1938 bzw. der Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates (12) festgelegt sind, um diese Maßnahmen unter den derzeitigen Umständen wirksamer zu gestalten.

(69)

Diese Verordnung berührt nicht die Freiheit der Mitgliedstaaten, bei der Priorisierung in Bezug darauf, welche Nachfrage verringert oder eingeschränkt werden sollte, um einem anderen Mitgliedstaat Solidarität leisten zu können, potenzielle langfristige Schäden an Industrieanlagen zu berücksichtigen.

(70)

Bestimmte Kunden, wie Privathaushalte und Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen, sind besonders anfällig gegenüber den negativen Auswirkungen einer Störung der Gasversorgung. Daher wurde mit der Verordnung (EU) 2017/1938 ein Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten eingeführt, der die Auswirkungen einer schwerwiegenden Notlage in der Union abmildern und die Gasversorgung der durch Solidarität geschützten Kunden sicherstellen soll. In bestimmten Fällen könnte jedoch auch der Gasverbrauch von geschützten Kunden als nicht wesentlich betrachtet werden. Eine Reduzierung dieser Art des Verbrauchs, der eindeutig über die erforderliche Menge hinausgeht, würde die in der Verordnung (EU) 2017/1938 festgelegten Ziele nicht beeinträchtigen, insbesondere da der durch den Verbrauch für nicht wesentliche Zwecke verursachte Gasmangel zu schweren Schäden in anderen privaten oder gewerblichen Sektoren führen könnte. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Möglichkeit haben, unter bestimmten Umständen auch durch Senkung des nicht wesentlichen Verbrauchs geschützter Kunden Gaseinsparungen zu erzielen, wenn diese Senkung ohne Beeinträchtigung wesentlicher Verwendungszwecke physisch möglich ist. Die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Reduzierungsmaßnahmen sollten jedoch streng auf den nicht wesentlichen Verbrauch beschränkt sein und keinesfalls den Grundverbrauch geschützter Kunden verringern oder deren Möglichkeiten, ihre Wohnungen angemessen zu heizen, einschränken.

(71)

Es sollte den Mitgliedstaaten und ihren zuständigen Behörden überlassen bleiben, die anwendbaren Reduzierungsmaßnahmen und die Tätigkeiten festzulegen, die dem nicht wesentlichen Verbrauch entsprechen, wie z. B. Außenheizungen, das Beheizen privater Schwimmbäder und anderer über den Grundbedarf hinausgehender privater Einrichtungen. Indem die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den nicht wesentlichen Verbrauch einzuschränken, sollten sie in der Lage sein, die Schutzvorkehrungen zu verstärken und sicherzustellen, dass Gas an andere wesentliche Sektoren, Dienstleistungen und Industrien geliefert wird, damit diese ihren Betrieb während einer Krise fortsetzen können.

(72)

Jede Maßnahme zur Verringerung des nicht wesentlichen Verbrauchs geschützter Kunden sollte notwendig und verhältnismäßig sein und insbesondere bei Ausrufung einer Krise gemäß Artikel 11 Absatz 1 und Artikel 12 der Verordnung (EU) 2017/1938 oder eines Unionsalarms gemäß der Verordnung (EU) 2022/1369 angewandt werden. Trotz der Anwendung von Maßnahmen zur Verringerung des nicht wesentlichen Verbrauchs sollten geschützte Kunden weiterhin vor einer Trennung vom Netz geschützt sein. Die Mitgliedstaaten sollten — außer im Fall einer Unterbrechung der Lieferungen aus technischen Gründen — auch sicherstellen, dass solche Maßnahmen den Schutz der schutzbedürftigen Kunden, deren derzeitiger Verbrauch als wesentlich angesehen werden sollte, nicht einschränken.

(73)

Die Mitgliedstaaten können frei darüber entscheiden, ob und wie sie zwischen wesentlichem und nicht wesentlichem Verbrauch geschützter Kunden unterscheiden. Ein um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat, der sich gegen diese Unterscheidung entscheidet, sollte nicht zum Nachweis dazu verpflichtet werden, dass der nicht wesentliche Verbrauch vor dem Solidaritätsersuchen verringert werden konnte. Ein Solidarität leistender Mitgliedstaat sollte nicht verpflichtet werden, zwischen wesentlichen und nicht wesentlichen Kunden zu unterscheiden, um festzustellen, welche Gasmenge für Solidaritätsmaßnahmen zur Verfügung steht.

(74)

Bei einem Notfall sollten die Mitgliedstaaten und die Union die Gasflüsse innerhalb des Binnenmarkts sicherstellen. Dies bedeutet, dass Maßnahmen, die auf nationaler Ebene ergriffen werden, nicht zu Problemen mit der Versorgungssicherheit in einem anderen Mitgliedstaat führen sollten, wobei der Zugang zu grenzüberschreitenden Infrastrukturen jederzeit sicher und technisch möglich sein sollte. Der derzeitige Rechtsrahmen sieht kein Verfahren vor, mit dem Konflikte zwischen zwei Mitgliedstaaten über Maßnahmen, die sich negativ auf die grenzüberschreitenden Gasflüsse auswirken, wirksam gelöst werden können. Da die Gas- und Stromnetze der Union miteinander verbunden sind, könnte dies nicht nur zu schwerwiegenden Problemen bei der Versorgungssicherheit führen, sondern auch die Einheit der Union gegenüber Drittländern beeinträchtigen. Abweichend von Artikel 12 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2017/1938 sollte die Kommission daher die Befugnis erhalten, die ergriffenen nationalen Maßnahmen zu bewerten und erforderlichenfalls innerhalb einer angemessenen Frist zu schlichten. Zu diesem Zweck sollte die Kommission die Möglichkeit haben, eine Änderung solcher nationalen Maßnahmen zu verlangen, wenn sie Bedrohungen für die Sicherheit der Gasversorgung anderer Mitgliedstaaten oder der Union feststellt. Angesichts des Ausnahmecharakters der derzeitigen Energiekrise sollte dem Beschluss der Kommission ohne Verzögerungen, die die Gasversorgung der Union behindern könnten, nachgekommen werden. Daher sollten Vermittlungsverfahren während der Geltungsdauer dieser Verordnung ausgesetzt werden, um das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten.

(75)

Der Grundsatz der Energiesolidarität ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (13) und gilt für alle Mitgliedstaaten, nicht nur für benachbarte Mitgliedstaaten. Außerdem ist die effiziente Nutzung der bestehenden Infrastruktur, einschließlich grenzüberschreitender Fernleitungskapazitäten und LNG-Anlagen, wichtig, um die Gasversorgungssicherheit im Geiste der Solidarität zu gewährleisten. In Zeiten von Gasversorgungsstörungen auf Unions-, nationaler oder regionaler Ebene und einer umfangreichen Umstellung von Pipelinegas auf LNG sollten die Mitgliedstaaten, die sich in einer ernsthaften Krisensituation befinden, nicht nur Versorgungsmöglichkeiten über Pipelines aus Nachbarländern nutzen können, sondern auch Lieferungen aus Ländern, die über eine LNG-Anlage verfügen. Einige Mitgliedstaaten sollten in der Lage sein, anderen Mitgliedstaaten Solidarität zu leisten, auch wenn sie nicht direkt über eine Gasfernleitung oder über ein Drittland oder andere Mitgliedstaaten miteinander verbunden sind, sofern der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat alle marktbasierten Maßnahmen seines Notfallplans, einschließlich der Beschaffung von LNG auf den Weltmärkten, erschöpft hat. Es ist daher angezeigt, die Verpflichtung, Solidarität zu leisten, auf nicht verbundene Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen auszuweiten, wobei bei der Auferlegung von Verpflichtungen für Betreiber den Unterschieden zwischen Märkten und Infrastruktur für Pipeline-Gas und LNG, einschließlich LNG-Schiffen und -Tankern, und einem Mangel an Durchsetzungsbefugnissen in Bezug auf LNG-Vermögenswerte wie LNG-Tanker sowie den Möglichkeiten, in Abwesenheit einer LNG-Anlage im Hoheitsgebiet eines Solidarität leistenden Mitgliedstaats zwischen Erdgas und LNG zu tauschen, Rechnung zu tragen ist.

(76)

Erbringt ein Mitgliedstaat mit LNG-Anlagen Solidaritätsleistungen für einen anderen Mitgliedstaat, so sollte er nicht für Engpässe oder sonstige mögliche Probleme verantwortlich gemacht werden, die außerhalb seines eigenen Hoheitsgebiets auftreten könnten oder sich aus einem Mangel an Durchsetzungsbefugnissen in Bezug auf LNG- Schiffe und -Tanker, die sich im Eigentum eines drittstaatlichen Betreibers befinden, ergeben, sofern sich solche Engpässe oder sonstigen möglichen Probleme auf den tatsächlichen Gasfluss auswirken und schließlich verhindern, dass die erforderliche Gasmenge den um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat erreicht. Verfügt ein Solidarität leistender Mitgliedstaat nicht über Durchsetzungsbefugnisse, so sollte er nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn eine LNG-Ladung nicht gegen Erdgas getauscht wird.

(77)

Zur Umsetzung des Grundsatzes der Energiesolidarität wurde mit der Verordnung (EU) 2017/1938 ein Solidaritätsmechanismus eingeführt, mit dem die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten im Falle einer schweren Krise gestärkt werden sollen. Um die Umsetzung des Solidaritätsmechanismus zu ermöglichen, müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 13 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/1938 eine Reihe technischer, rechtlicher und finanzieller Elemente in bilateralen Regelungen vereinbaren.

(78)

Trotz der rechtlichen Verpflichtung, bis zum 1. Dezember 2018 bilaterale Solidaritätsvereinbarungen zu schließen, wurden nur wenige solcher Vereinbarungen abgeschlossen, was die Umsetzung der rechtlichen Verpflichtung zur solidarischen Unterstützung bei einem Notfall gefährdet. Der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie für Wasserstoff enthielt ein erstes Modell für eine Mustersolidaritätsvereinbarung. Da dieses Muster jedoch vor der Invasion der Russischen Föderation in die Ukraine entwickelt wurde, und angesichts der derzeitigen Situation extremer Gasknappheit und explodierender Preise und der dringenden Notwendigkeit, bereits für den kommenden Winter über vorübergehende Standardvorschriften zu verfügen, ist es angezeigt, abweichend von Artikel 13 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/1938 einen befristeten Rahmen mit Standardvorschriften für die Bereitstellung der erforderlichen Solidaritätsmaßnahmen zu schaffen, die wirksam und rasch umgesetzt werden können, nicht von langen bilateralen Verhandlungen abhängen und an die derzeitige Situation überhöhter Preise und stark volatiler Gaspreise angepasst sind. Insbesondere sollten klarere Standardvorschriften für die Entschädigung der Kosten des bereitgestellten Gases und im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten für die Begrenzung etwaiger Zusatzkosten, die der Solidarität leistende Mitgliedstaat möglicherweise in Rechnung stellt, eingeführt werden. Die Vorschriften für Solidaritätsmaßnahmen gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2017/1938 sollten weiterhin gelten, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes festgelegt wird.

(79)

Solidarität sollte grundsätzlich auf der Grundlage einer angemessenen Entschädigung geleistet werden, die direkt vom um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat oder von den von ihm betrauten Einrichtungen gezahlt wird. Die Entschädigung sollte den Gaspreis, alle tatsächlichen oder potenziellen Speicherkosten, den grenzüberschreitenden Transport und damit verbundene Kosten abdecken. Die Entschädigung sollte sowohl für um Solidarität ersuchende als auch für Solidarität leistende Mitgliedstaaten angemessen sein.

(80)

Die derzeitige Krise führt zu Preisniveaus und regelmäßigen Preisspitzen, die weit über die Situation einer möglichen Versorgungskrise zum Zeitpunkt der Annahme der Verordnung (EU) 2017/1938 hinausgehen. Die Tagesvolatilität, die derzeit den Gasmarkt infolge der vorliegenden Gaskrise kennzeichnet, sollte daher bei der Festlegung der Höhe der Entschädigung für Mitgliedstaaten, die Solidarität leisten, berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die Solidarität und um eine Preisbildung unter extremen Marktbedingungen zu vermeiden, wäre es problematisch, den schwankenden untertägigen Marktpreis als Grundlage für den Standardpreis der Solidaritätsmaßnahme heranzuziehen. Der Gaspreis sollte den durchschnittlichen Day-Ahead-Marktpreis an dem Tag vor dem Solidaritätsersuchen an den Solidarität leistenden Mitgliedstaat widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund basiert die Entschädigung weiterhin auf dem „Marktpreis“, wie dies in der Empfehlung (EU) 2018/177 der Kommission (14) festgelegt wurde. Der durchschnittliche Day-Ahead-Marktpreis wird weniger durch die Volatilität und die sehr hohen Spotpreise in Krisensituationen beeinflusst und begrenzt damit etwaige falsche Anreize.

(81)

Wie in der Empfehlung (EU) 2018/177 hervorgehoben wurde, dürfen die Kosten des Schadens der von Kürzungen betroffenen Wirtschaftszweige nur dann Gegenstand der Entschädigung sein, wenn sie nicht in den Gaspreis einbezogen sind, den der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat zu zahlen hat und der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat sollte für die gleichen Kosten nicht doppelt zahlen müssen. Unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen Umstände, unter denen die Gaspreise ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht haben, sollte ein Mitgliedstaat, dem Solidarität gewährt wird, nicht automatisch verpflichtet sein, sonstige Kosten wie Kosten durch Entschädigungszahlungen oder Gerichtsverfahren, die im Solidarität leistenden Mitgliedstaat entstehen, vollständig zu übernehmen, es sei denn, in einer Solidaritätsvereinbarung wird eine andere Lösung beschlossen. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Verpflichtung des Mitgliedstaats, dem Solidarität gewährt wird, das volle finanzielle Risiko für alle direkten oder indirekten Entschädigungskosten, die sich möglicherweise aus der Durchführung von Solidaritätsmaßnahmen ergeben könnten, zu tragen, ein wichtiges Hindernis für den Abschluss von Solidaritätsvereinbarungen ist. Die unbegrenzte Haftung sollte in den Standardvorschriften für Solidaritätsvereinbarungen daher abgeschwächt werden, um den Abschluss der ausstehenden Vereinbarungen so bald wie möglich zu ermöglichen, da diese Vereinbarungen ein Eckpfeiler der Verordnung (EU) 2017/1938 sind und dem Unionsgrundsatz der Energiesolidarität entsprechen. Sofern die Entschädigung für indirekte Kosten sich nicht auf mehr als 100 % des Gaspreises beläuft, gerechtfertigt ist und nicht durch den Gaspreis gedeckt ist, sollten diese Kosten von dem Mitgliedstaat getragen werden, dem Solidarität gewährt wird.

Wenn die im Antrag angegebenen Kosten sich jedoch auf mehr als 100 % des Gaspreises belaufen, sollte die Kommission nach Konsultation der betreffenden zuständigen Behörden eine angemessene Entschädigung für die Kosten festlegen und somit die Möglichkeit haben, zu überprüfen, ob eine Begrenzung der Entschädigung angemessen ist. Die Kommission sollte also in Einzelfällen — unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen Umstände, einschließlich Maßnahmen zur Gaseinsparung und zur Verringerung der Gasnachfrage, sowie des Grundsatzes der Energiesolidarität — eine von der Verordnung (EU) 2017/1938 abweichende Entschädigung vorsehen können. Im Zuge der Überprüfung sollte die Kommission darauf achten, dass übermäßige indirekte Kosten durch Kürzungen bei Gaskunden oder durch deren Trennung vom Netz vermieden werden.

(82)

Die Vorschriften dieser Verordnung in Bezug auf die Leistung einer Entschädigungszahlung für Solidaritätsmaßnahmen zwischen Mitgliedstaaten lassen die nach nationalem Verfassungsrecht geltenden Grundsätze des Schadensersatzes unberührt.

(83)

Der Abschluss von Solidaritätsvereinbarungen mit benachbarten Mitgliedstaaten gemäß Artikel 13 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/1938 ist das am besten geeignete Instrument, um die Verpflichtung zur Durchführung von Solidaritätsmaßnahmen gemäß Artikel 13 Absätze 1 und 2 der genannten Verordnung umzusetzen. Daher sollten die Mitgliedstaaten von den in der vorliegenden Verordnung festgelegten Standardvorschriften für Entschädigungen abweichen können, wenn sie in einer Solidaritätsvereinbarung andere Vorschriften beschließen. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere weiterhin die Möglichkeit haben, bilateral eine zusätzliche Entschädigung zu vereinbaren, die sonstige Kosten abdeckt, wie z. B. die in dem Solidarität leistenden Mitgliedstaat aus der Verpflichtung zur Zahlung von Entschädigungen erwachsenden Gesamtkosten, wie etwa Entschädigungen für von Kürzungen betroffene Wirtschaftszweige. Im Rahmen bilateraler Solidaritätsvereinbarungen können solche Kosten in die Entschädigung zusätzlich zum Gaspreis einbezogen werden, wenn im nationalen Rechtsrahmen die Verpflichtung zur Zahlung von Entschädigungen an die von Kürzungen betroffenen Wirtschaftszweige vorgesehen ist, einschließlich Entschädigungen für wirtschaftlichen Schaden.

(84)

Da es sich beim Standardsolidaritätsmechanismus um ein letztes Mittel handeln sollte, kann er von einem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat nur dann ausgelöst werden, wenn der Markt auch dann keine ausreichenden Gasmengen bereitstellt, um den Bedarf der durch Solidarität geschützten Kunden zu decken, wenn nicht geschützte Kunden freiwillig LNG und Gas anbieten. Gemäß der Verordnung (EU) 2017/1938 müssen die Mitgliedstaaten alle Maßnahmen ihres Notfallplans erschöpft haben, darunter auch Lieferkürzungen bis hin zu den durch Solidarität geschützten Kunden.

(85)

Angesichts der Dringlichkeit und der Folgen einer möglichen Aktivierung des Solidaritätsmechanismus sollten die beteiligten Mitgliedstaaten, die Kommission und die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung (EU) 2017/1938 benannten zuständigen Krisenmanager eng zusammenarbeiten. Das Ersuchen sollte daher allen Beteiligten rechtzeitig übermittelt werden und ein Mindestmaß an Elementen enthalten, die es den Solidarität leistenden Mitgliedstaaten ermöglichen, unverzüglich zu reagieren. Die Antwort der Solidarität leistenden Mitgliedstaaten sollte Informationen über die Gasmenge enthalten, die an den um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat geliefert werden könnte, einschließlich der Mengen, die freigegeben werden könnten, wenn nicht marktbasierte Maßnahmen angewandt werden. Die Mitgliedstaaten können zusätzliche technische Regelungen und Koordinierungsregelungen vereinbaren, um die zeitnahe Reaktion auf ein Solidaritätsersuchen zu erleichtern. Wenn sie Solidarität leisten, sollten die Mitgliedstaaten und ihre zuständigen Behörden die operative Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzes gewährleisten.

(86)

Der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat sollte Solidarität von mehreren Mitgliedstaaten erhalten können. Der Standardsolidaritätsmechanismus sollte nur dann ausgelöst werden, wenn der Solidarität leistende Mitgliedstaat keine bilaterale Vereinbarung mit dem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat geschlossen hat. Im Falle einer bilateralen Vereinbarung zwischen dem um Solidarität ersuchenden und dem Solidarität leistenden Mitgliedstaat sollte diese Vereinbarung Vorrang haben und zwischen ihnen gelten.

(87)

Die Kommission sollte in der Lage sein, die Anwendung des Standardsolidaritätsmechanismus zu überwachen und, falls dies für notwendig erachtet wird, dazu beizutragen, dass den Ersuchen um Solidarität entsprochen wird. Zu diesem Zweck sollte die Kommission eine interaktive Plattform bereitstellen, die als Vorlage dienen und die kontinuierliche Einreichung von Solidaritätsersuchen in Echtzeit und ihre Verknüpfung mit den jeweiligen verfügbaren Mengen ermöglichen sollte.

(88)

Die Mitgliedstaaten und die Vertragsparteien der Energiegemeinschaft können ferner freiwillige Vereinbarungen für die Anwendung von Solidaritätsmaßnahmen schließen.

(89)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (15)ausgeübt werden.

(90)

Da das Ziel dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in jenem Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung enthält befristete Vorschriften, die Folgendes betreffen:

a)

die beschleunigte Einrichtung eines Dienstes für die Nachfragebündelung und gemeinsame Gasbeschaffung durch Unternehmen, die in der Union niedergelassen sind,

b)

eine Sekundärkapazitäts-Buchungs- und Transparenzplattform für LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen, sowie

c)

das Engpassmanagement in Gasfernleitungsnetzen

(2)   Diese Verordnung sieht befristete Mechanismen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft zur Verhinderung überhöhter Preise vor, und zwar durch einen befristeten Mechanismus zur Begrenzung einer Tagesvolatilität bei übermäßigen Preisbewegungen sowie einen von der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) zu entwickelnden Ad-hoc-Referenzwert für die LNG-Preise.

(3)   Diese Verordnung legt befristet Maßnahmen fest, für den Fall eines Gasnotstands, um Gas auf gerechte Weise grenzüberschreitend zu verteilen, die Gasversorgung besonders wichtiger Kunden zu sichern und grenzüberschreitende Solidaritätsmaßnahmen sicherzustellen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.

„Erdgasunternehmen“ bezeichnet eine natürliche oder juristische Person, die mindestens eine der Tätigkeiten Erzeugung, Fernleitung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas, einschließlich verflüssigtem Erdgas (LNG), ausübt und für die kommerziellen, technischen oder wartungsbezogenen Aufgaben im Zusammenhang mit diesen Funktionen verantwortlich ist, mit Ausnahme von Endkunden;

2.

„LNG-Anlage“ bezeichnet ein Terminal zur Verflüssigung von Erdgas oder zur Einfuhr, Entladung und Wiederverdampfung von verflüssigtem Erdgas (LNG), einschließlich Hilfsdiensten und der vorübergehenden Speicherung, die für die Wiederverdampfung und die anschließende Einspeisung in das Fernleitungsnetz erforderlich sind, jedoch mit Ausnahme der zu Speicherzwecken genutzten Teile von LNG-Terminals;

3.

„Gasspeicheranlage“ bezeichnet eine Anlage zur Speicherung von Erdgas, die sich im Eigentum eines Erdgasunternehmens befindet oder von ihm betrieben wird, einschließlich des zu Speicherzwecken genutzten Teils von LNG-Anlagen, jedoch ohne den für Erzeugungstätigkeiten genutzten Teil und mit Ausnahme von Anlagen, die ausschließlich Fernleitungsnetzbetreibern für die Wahrnehmung ihrer Funktionen vorbehalten sind;

4.

„Dienstleister“ bezeichnet ein in der Union niedergelassenes Unternehmen, das von der Kommission in einem Vergabeverfahren gemäß der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 beauftragt wurde, die gemeinsame Beschaffung zu organisieren und die in Artikel 7 der vorliegenden Verordnung aufgeführten Aufgaben wahrzunehmen;

5.

„IT-Tool“ bezeichnet ein IT-Tool, das der Dienstleister nutzt, um die Nachfrage von Erdgasunternehmen und Erdgas verbrauchenden Unternehmen zu bündeln und Angebote von Erdgaslieferanten oder -erzeugern zur Deckung dieser gebündelten Nachfrage einzuholen;

6.

„LNG-Handel“ bezeichnet Gebote, Angebote oder Transaktionen zum Kauf oder Verkauf von LNG,

a)

die die Lieferung in der Union betreffen,

b)

zur Lieferung in der Union führen oder

c)

in deren Rahmen eine Gegenpartei das LNG an einem Terminal in der Union wieder in den gasförmigen Zustand überführt;

7.

„LNG-Marktdaten“ bezeichnet Aufzeichnungen von Geboten, Angeboten oder Transaktionen für den LNG-Handel mit den entsprechenden Informationen gemäß Artikel 21 Absatz 1;

8.

„LNG-Marktteilnehmer“ bezeichnet jede natürliche oder juristische Person, die LNG-Handel betreibt, unabhängig von ihrem Sitz oder Wohnsitz;

9.

„LNG-Preisbewertung“ bezeichnet die Bestimmung eines täglichen Referenzpreises für den LNG-Handel nach einer von der ACER festzulegenden Methode;

10.

„LNG-Referenzwert“ bezeichnet die Bestimmung eines Spreads zwischen der täglichen LNG-Preisbewertung und dem von ICE Endex Markets B.V. täglich bestimmten Abrechnungspreis für den nächstfälligen Gas-Terminkontrakt (Front Month Contract) der Title Transfer Facility (TTF);

11.

„Handelsplatz“ hat folgende Bedeutungen:

a)

„geregelter Markt“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 21 der Richtlinie 2014/65/EU;

b)

„multilaterales Handelssystem“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 22 der Richtlinie 2014/65/EU;

c)

„organisiertes Handelssystem“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 23 der Richtlinie 2014/65/EU;

12.

„energiebezogenes Warenderivat“ bezeichnet ein an einem Handelsplatz gehandeltes Warenderivat im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (16), dessen Basiswert Strom oder Gas ist und dessen Laufzeit 12 Monate nicht überschreitet;

13.

„zuständige Behörde“ bezeichnet — soweit nicht anders angegeben — eine zuständige Behörde im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 26 der Richtlinie 2014/65/EU;

14.

„für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmenge“ bezeichnet den maximalen Gasverbrauch, der im Stromsektor erforderlich ist, um in einem Worst-Case-Szenario, das bei der Abschätzung der Angemessenheit für den Winter gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates (17) simuliert wurde, die Angemessenheit sicherzustellen;

15.

„geschützter Kunde“ bezeichnet einen geschützten Kunden im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Verordnung (EU) 2017/1938;

16.

„durch Solidarität geschützter Kunde“ bezeichnet einen durch Solidarität geschützten Kunden im Sinne von Artikel 2 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2017/1938.

KAPITEL II

BESSERE KOORDINIERUNG DER GASBESCHAFFUNG

ABSCHNITT 1

Koordinierung der Gasbeschaffung in der Union

Artikel 3

Transparenz und Informationsaustausch

(1)   Allein im Interesse der besseren Koordinierung müssen in der Union niedergelassene Erdgasunternehmen oder gasverbrauchende Unternehmen oder Behörden von Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, eine Ausschreibung für den Kauf von Gas zu veröffentlichen oder mit Erdgaserzeugern oder -lieferanten aus Drittländern Verhandlungen über den Kauf von Gas in einer Menge von mehr als 5 TWh pro Jahr aufzunehmen, die Kommission und gegebenenfalls den Mitgliedstaat, in dem diese Unternehmen niedergelassen sind, über den beabsichtigten Abschluss eines Gasliefervertrags oder einer Vereinbarung (Memorandum of Understanding) oder die beabsichtigte Veröffentlichung einer Ausschreibung für den Kauf von Gas unterrichten.

Die Notifizierung gemäß Unterabsatz 1 erfolgt mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Veröffentlichung oder, wenn die Verhandlungen zu einem näher am Termin der Vertragsunterzeichnung liegenden Zeitpunkt aufgenommen werden sollen, innerhalb einer kürzeren Frist, aber spätestens zwei Wochen davor. Dabei sind lediglich folgende grundlegende Angaben zu übermitteln:

a)

die Identität des oder der Vertragspartner(s) oder der Gegenstand der Ausschreibung für den Kauf von Gas,

b)

die relevanten Mengen,

c)

die relevanten Daten und

d)

gegebenenfalls den Dienstleister, der diese Beschaffung oder Ausschreibung im Namen eines Mitgliedstaats organisiert.

(2)   Ist die Kommission der Ansicht, dass eine weitere Koordinierung in Bezug auf die Veröffentlichung einer Ausschreibung für den Kauf von Gas oder die geplante Gasbeschaffung durch in der Union niedergelassene Erdgasunternehmen oder gasverbrauchende Unternehmen oder durch Behörden von Mitgliedstaaten zu einer verbesserten Funktionsweise der gemeinsamen Beschaffung beitragen könnte oder dass die Veröffentlichung einer Ausschreibung für den Kauf von Gas oder die geplante Gasbeschaffung negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt, die Versorgungssicherheit oder die Energiesolidarität haben könnte, kann die Kommission den in der Union niedergelassenen Erdgasunternehmen oder gasverbrauchenden Unternehmen oder Behörden von Mitgliedstaaten empfehlen, geeignete Maßnahmen zu treffen. Die Kommission unterrichtet in einem solchen Fall gegebenenfalls den Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen niedergelassen ist.

(3)   Die Kommission unterrichtet den in Artikel 4 genannten Ad-hoc-Lenkungsausschuss, bevor sie eine Empfehlung gemäß Absatz 2 abgibt.

(4)   Bei der Unterrichtung der Kommission gemäß Absatz 1 können die unterrichtenden Stellen angeben, ob ein geschäftsbezogener oder sonstiger Teil der Informationen, dessen Offenlegung den Tätigkeiten der Beteiligten schaden könnte, vertraulich zu behandeln ist und ob die übermittelten Informationen an andere Mitgliedstaaten weitergeleitet werden dürfen.

(5)   Der Zugang der Kommission zu vertraulichen Informationen wird durch ein Ersuchen um Wahrung der Vertraulichkeit gemäß dem vorliegenden Artikel nicht eingeschränkt. Die Kommission stellt sicher, dass der Zugriff auf vertrauliche Informationen strikt auf die Kommissionsdienststellen beschränkt ist, die unbedingt auf diese Informationen zugreifen müssen. Die Vertreter der Kommission behandeln diese Informationen mit der gebotenen Vertraulichkeit.

(6)   Unbeschadet des Artikels 346 AEUV werden vertrauliche Informationen nur dann mit der Kommission und anderen zuständigen Behörden ausgetauscht, wenn ein solcher Austausch für die Anwendung dieser Verordnung erforderlich ist. Die auszutauschenden Informationen werden auf den Umfang beschränkt, der für das verfolgte Ziel relevant und angemessen ist. Bei einem solchen Informationsaustausch werden die Informationen vertraulich behandelt und die Sicherheits- und Geschäftsinteressen der dieser Verordnung unterliegenden Einrichtungen geschützt sowie wirksame Instrumente zum physischen Schutz der Daten eingesetzt. Alle Server und Informationen befinden sich physisch im Gebiet der Union und werden dort gespeichert.

Artikel 4

Ad-hoc-Lenkungsausschuss

(1)   Zur Unterstützung bei der Koordinierung der Nachfragebündelung und gemeinsamen Beschaffung wird ein Ad-hoc-Lenkungsausschuss eingerichtet.

(2)   Der Ad-hoc-Lenkungsausschuss wird von der Kommission binnen sechs Wochen nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung eingerichtet. Er setzt sich aus einem Vertreter jedes Mitgliedstaats sowie einem Vertreter der Kommission zusammen. Vertreter der Vertragsparteien der Energiegemeinschaft können auf Einladung der Kommission im Ad-hoc-Lenkungsausschuss an der Erörterung aller Fragen von gemeinsamem Interesse teilnehmen. Die Kommission führt den Vorsitz in den Sitzungen des Ad-hoc-Lenkungsausschusses.

(3)   Der Ad-hoc-Lenkungsausschuss gibt sich innerhalb eines Monats nach seiner Einsetzung mit qualifizierter Mehrheit eine Geschäftsordnung.

(4)   Die Kommission konsultiert den Ad-hoc-Lenkungsausschuss gemäß Artikel 3 Absatz 2 zu dem von ihr verfassten Entwurf der Empfehlung, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die betreffende Gasbeschaffung oder Ausschreibung für den Kauf von Gas die Versorgungssicherheit in der Union verbessert und mit dem Grundsatz der Energiesolidarität vereinbar ist.

(5)   Die Kommission unterrichtet den Ad-hoc-Lenkungsausschuss gegebenenfalls über die Auswirkungen der Teilnahme des Unternehmens an der vom Dienstleister organisierten gemeinsamen Beschaffung auf die Versorgungssicherheit in der Union und auf die Energiesolidarität.

(6)   Wenn den Mitgliedern des Ad-hoc-Lenkungsausschusses vertrauliche Informationen im Sinne von Artikel 3 Absatz 6 weitergeleitet werden, behandeln sie diese mit der gebotenen Vertraulichkeit. Die ausgetauschten Informationen sind darauf zu beschränken, was angesichts des Gegenstands des Austauschs relevant und verhältnismäßig ist.

ABSCHNITT 2

Nachfragebündelung und gemeinsame Beschaffung

Artikel 5

Befristeter Dienstleistungsvertrag mit einem Dienstleister

(1)   Abweichend von Artikel 176 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 gibt die Kommission die erforderlichen Dienstleistungen im Rahmen eines Vergabeverfahrens gemäß der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 bei einer in der Union niedergelassenen Stelle in Auftrag, die die in Artikel 7 der vorliegenden Verordnung genannten Aufgaben als Dienstleister wahrnimmt.

(2)   Der Dienstleistungsvertrag mit dem ausgewählten Dienstleister regelt das Eigentum an den vom Dienstleister erhaltenen Informationen und sieht die Möglichkeit der Übermittlung dieser Informationen an die Kommission bei Beendigung oder Auslaufen des Dienstleistungsvertrags vor.

(3)   Die Kommission legt im Dienstleistungsvertrag die praktischen Aspekte der Tätigkeiten des Dienstleisters fest, einschließlich der Nutzung des IT-Tools, der Sicherheitsmaßnahmen, der Währung oder der Währungen, der Zahlungsregelungen und der Verbindlichkeiten.

(4)   Im Dienstleistungsvertrag mit dem Dienstleister behält sich die Kommission das Recht vor, ihn zu überwachen und zu prüfen. Zu diesem Zweck hat die Kommission uneingeschränkten Zugang zu den Informationen, die sich im Besitz des Dienstleisters befinden.

(5)   Die Kommission kann den Dienstleister auffordern, alle Informationen vorzulegen, die für die Erfüllung der in Artikel 7 genannten Aufgaben erforderlich sind, und der Kommission die Möglichkeit zu geben, zu überprüfen, ob die Erdgasunternehmen und die gasverbrauchenden Unternehmen den Verpflichtungen aus Artikel 10 nachkommen.

Artikel 6

Kriterien für die Auswahl des Dienstleisters

(1)   Der Dienstleister wird von der Kommission auf der Grundlage der folgenden Zulassungskriterien ausgewählt:

a)

Der Dienstleister muss im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats niedergelassen sein und seinen operativen Sitz haben.

b)

Der Dienstleister hat Erfahrung mit grenzüberschreitenden Transaktionen.

c)

Der Dienstleister darf nicht

i)

von restriktiven Maßnahmen der Union nach Artikel 215 AEUV betroffen sein, insbesondere im Rahmen von restriktiven Maßnahmen der Union angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, oder angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen,

ii)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen, gegen die sich solche restriktiven Maßnahmen der Union richten, oder im Namen oder auf Anweisung solcher natürlichen oder juristischen Personen handeln, oder

iii)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle der Russischen Föderation oder von deren Regierung oder von russischen natürlichen oder juristischen Personen oder von in Russland niedergelassenen Organisationen oder Einrichtungen stehen oder in deren Namen handeln.

(2)   Unbeschadet anderer Sorgfaltspflichten werden vertragliche Verpflichtungen zwischen der Kommission und dem Dienstleister eingeführt, um sicherzustellen, dass der Dienstleister bei der Ausübung seiner Tätigkeiten gemäß Artikel 7 weder direkt noch indirekt Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen für oder zugunsten von natürliche(n) oder juristische(n) Personen, Organisationen oder Einrichtungen bereitstellt, die

a)

von restriktiven Maßnahmen der Union nach Artikel 215 AEUV betroffen sind, insbesondere im Rahmen von restriktiven Maßnahmen der Union angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, oder angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen,

b)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen, gegen die sich solche restriktiven Maßnahmen der Union richten, oder im Namen oder auf Anweisung solcher natürlichen oder juristischen Personen handeln, oder

c)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle der Russischen Föderation oder von deren Regierung oder von russischen natürlichen oder juristischen Personen oder von in Russland niedergelassenen Organisationen oder Einrichtungen stehen oder in deren Namen handeln.

(3)   Der Dienstleister darf nicht Teil eines vertikal integrierten Unternehmens im Sinne von Artikel 2 Nummer 20 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (18) sein, das in der Erdgaserzeugung oder -lieferung tätig ist, es sei denn, es handelt sich um eine entflochtene Rechtsperson im Sinne des Kapitels IV jener Richtlinie.

(4)   Die Kommission legt ihre Auswahl- und Zuschlagskriterien unter anderem unter Berücksichtigung der folgenden, in der Ausschreibung anzugebenden Kriterien fest:

a)

Erfahrung mit der Einrichtung und Durchführung von Ausschreibungs- oder Auktionsverfahren für Erdgas oder damit verbundene Dienstleistungen, wie z. B. Transportdienstleistungen, mithilfe spezieller IT-Tools;

b)

Erfahrung mit der Anpassung von Ausschreibungs- oder Auktionsverfahren an unterschiedliche Erfordernisse z. B. hinsichtlich des geografischen Schwerpunkts oder der Zeitplanung;

c)

Erfahrung mit der Entwicklung von IT-Tools zur Bündelung der Nachfrage mehrerer Teilnehmer sowie zur Abgleichung der Nachfrage mit dem Angebot;

d)

Qualität der Sicherheit der Informationssysteme, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Internetsicherheit, und

e)

Fähigkeit zur Identifizierung und Akkreditierung der Teilnehmer, sowohl in Bezug auf den Rechtsträger als auch auf die finanzielle Leistungsfähigkeit.

Artikel 7

Aufgaben des Dienstleisters

(1)   Der Dienstleister organisiert die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung; insbesondere

a)

bündelt er die Nachfrage von Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen mithilfe des IT-Tools;

b)

holt er Angebote von Erdgaslieferanten oder Erdgaserzeugern ein, um die gebündelte Nachfrage mithilfe des IT-Tools zu decken;

c)

weist er die Rechte auf Zugang zu dem Angebot zu, wobei er darauf achtet, dass die angebotenen Gasmengen unter den an der Nachfragebündelung teilnehmenden Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen zwischen kleineren und größeren Teilnehmern verhältnismäßig verteilt werden. Wenn die gebündelte Nachfrage das eingehende Lieferangebot übersteigt, erfolgt die Zuweisung der Zugangsrechte im Verhältnis zu dem Bedarf, den die teilnehmenden Unternehmen in der Nachfragebündelungsphase für einen bestimmten Lieferzeitraum und -ort angegeben haben;

d)

überprüft, akkreditiert und registriert er die Nutzer des IT-Tools und

e)

erbringt er für die Nutzer des IT-Tools oder für die Kommission Hilfsdienste, die für die ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeiten gemäß dem in Artikel 5 genannten Vertrag erforderlich sind, darunter auch Dienste, die den Abschluss von Dienstleistungsverträgen erleichtern.

(2)   Die Bedingungen, die im Zusammenhang mit den Aufgaben des Dienstleisters, d. h. für die Registrierung von Nutzern, die Veröffentlichung und Berichterstattung gelten, werden in dem in Artikel 5 genannten Dienstleistungsvertrag festgelegt.

Artikel 8

Teilnahme an der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung

(1)   Unabhängig von der angeforderten Menge steht die Teilnahme an der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung allen Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen, die in der Union oder in den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft niedergelassen sind, offen und ist für alle diese Unternehmen transparent. Erdgasunternehmen und gasverbrauchende Unternehmen sind von der Teilnahme an der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung als Lieferanten, Erzeuger oder Käufer ausgeschlossen, wenn sie

a)

von restriktiven Maßnahmen der Union nach Artikel 215 AEUV betroffen sind, insbesondere im Rahmen von restriktiven Maßnahmen der Union angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, oder angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen,

b)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen, gegen die sich solche restriktiven Maßnahmen der Union richten, oder im Namen oder auf Anweisung solcher natürlichen oder juristischen Personen handeln, oder

c)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle der Russischen Föderation oder von deren Regierung oder von russischen natürlichen oder juristischen Personen oder von in Russland niedergelassenen Organisationen oder Einrichtungen stehen oder in deren Namen handeln.

(2)   Es werden vertragliche Verpflichtungen eingeführt, um sicherzustellen, dass keine Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen, die sich aus der Teilnahme an dem vom Dienstleister organisierten Verfahren für die gemeinsame Beschaffung ergeben, direkt oder indirekt für oder zugunsten von natürliche(n) oder juristische(n) Personen, Organisationen oder Einrichtungen bereitgestellt werden, die

a)

von restriktiven Maßnahmen der Union nach Artikel 215 AEUV betroffen sind, insbesondere im Rahmen von restriktiven Maßnahmen der Union angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, oder angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen,

b)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen, gegen die sich solche restriktiven Maßnahmen der Union richten, oder im Namen oder auf Anweisung solcher natürlichen oder juristischen Personen handeln, oder

c)

direkt oder indirekt im Eigentum oder unter der Kontrolle der Russischen Föderation oder von deren Regierung oder von russischen natürlichen oder juristischen Personen oder von in Russland niedergelassenen Organisationen oder Einrichtungen stehen oder in deren Namen handeln.

(3)   Die Mitgliedstaaten oder andere Akteure können für Teilnehmer des vom Dienstleister organisierten Verfahrens zur gemeinsamen Beschaffung Liquiditätshilfen, einschließlich Garantien, bereitstellen, wobei gegebenenfalls die Vorschriften über staatliche Beihilfen einzuhalten sind. Dazu können Garantien zur Deckung des Bedarfs an Sicherheiten oder zur Deckung des Risikos zusätzlicher Kosten zählen, die sich durch eine Insolvenz anderer Einkäufer im Rahmen desselben Vertrags zur gemeinsamen Beschaffung ergeben.

(4)   Erdgasunternehmen und gasverbrauchende Unternehmen, die in den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft niedergelassen sind, können an der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung unter der Voraussetzung teilnehmen, dass die erforderlichen Maßnahmen und Vorkehrungen dafür getroffen wurden, dass sie an der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung im Sinne dieses Abschnitts teilnehmen können.

Artikel 9

Von der gemeinsamen Beschaffung ausgeschlossene Erdgaslieferungen

Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation dürfen nicht gemeinsam beschafft werden; dazu gehören auch Erdgaslieferungen, die über die folgenden Einspeisepunkte in die Mitgliedstaaten oder Vertragsparteien der Energiegemeinschaft gelangen:

a)

Greifswald

b)

Lubmin II

c)

Imatra

d)

Narva

e)

Värska

f)

Luhamaa

g)

Sakiai

h)

Kotlovka

i)

Kondratki

j)

Wysokoje

k)

Tieterowka

l)

Mozyr

m)

Kobryn

n)

Sudzha (RU)/Ukraine

o)

Belgorod (RU)/Ukraine

p)

Valuyki (RU)/Ukraine

q)

Serebryanka (RU)/Ukraine

r)

Pisarevka (RU)/Ukraine

s)

Sokhranovka (RU)/Ukraine

t)

Prokhorovka (RU)/Ukraine

u)

Platovo (RU)/Ukraine

v)

Strandzha 2 (BG)/Malkoclar (TR)

Artikel 10

Obligatorische Inanspruchnahme des Dienstleisters

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen als eines der möglichen Mittel zur Erreichung der in den Artikeln 6a und 20 der Verordnung (EU) 2017/1938 genannten Befüllungsziele an dem vom Dienstleister organisierten Verfahren zur Nachfragebündelung teilnehmen.

(2)   Mitgliedstaaten mit unterirdischen Gasspeicheranlagen verpflichten die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen, an dem vom Dienstleister organisierten Verfahren zur Nachfragebündelung teilzunehmen, wobei die Mengen mindestens 15 % der Gesamtmenge entsprechen müssen, die erforderlich ist, um die Befüllungsziele gemäß den Artikeln 6a und 20 der Verordnung (EU) 2017/1938 zu erreichen.

(3)   Mitgliedstaaten ohne unterirdische Gasspeicheranlagen verpflichten die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen, an dem vom Dienstleister organisierten Verfahren zur Nachfragebündelung teilzunehmen, wobei die Mengen mindestens 15 % der Mengen der in den Artikeln 6c und 20 der Verordnung (EU) 2017/1938 genannten grenzüberschreitenden Befüllungsziele entsprechen müssen.

(4)   Die Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen, die zur Teilnahme an der Nachfragebündelung verpflichtet sind, können entscheiden, das Gas nach der Aggregierung nicht zu kaufen. Das gekaufte Gas kann für andere Zwecke als die Befüllung von Speichern verwendet werden.

Artikel 11

Gasbeschaffungskonsortium

Erdgasunternehmen und gasverbrauchende Unternehmen, die an der vom Dienstleister organisierten Nachfragebündelung teilnehmen, können auf transparenter Grundlage Elemente der Bedingungen des Kaufvertrags koordinieren oder gemeinsame Kaufverträge nutzen, um bessere Bedingungen mit ihren Lieferanten zu erzielen, sofern dies mit dem Unionsrecht, einschließlich des Wettbewerbsrechts der Union, insbesondere mit Artikel 101 und 102 AEUV, vereinbar ist, was von der Kommission gegebenenfalls in einem Beschluss nach Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 festgestellt wird, und sofern das Transparenzgebot nach Artikel 3 der vorliegenden Verordnung eingehalten wird.

ABSCHNITT 3

Maßnahmen zur verstärkten Nutzung von LNG-Anlagen, Gasspeicheranlagen und Pipelines

Artikel 12

Sekundärkapazitäts-Buchungsplattform für die Nutzer von LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen

Nutzer von LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen, die ihre kontrahierte Kapazität auf dem Sekundärmarkt im Sinne von Artikel 2 Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (19) weiterverkaufen möchten, sind hierzu berechtigt. Die Betreiber von LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen richten bis zum 28. Februar 2023 einzeln oder auf regionaler Ebene eine transparente und diskriminierungsfreie Buchungsplattform für die Nutzer von LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen ein, auf der diese ihre kontrahierte Kapazität auf dem Sekundärmarkt weiterverkaufen können, oder nutzen dazu eine vorhandene Plattform.

Artikel 13

Transparenzplattformen für LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen

(1)   Die Betreiber von LNG-Anlagen und Gasspeicheranlagen stellen sicher, dass sie bis zum 28. Februar 2023 alle Informationen, die nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 vorgeschrieben sind, über eine europäische LNG-Transparenzplattform bzw. eine europäische Speicher-Transparenzplattform in transparenter und nutzerfreundlicher Weise veröffentlichen. Die Regulierungsbehörden können die Betreiber auffordern, zusätzliche relevante Informationen für Netznutzer zu veröffentlichen.

(2)   LNG-Anlagen, denen eine Ausnahme von den Vorschriften für den Zugang Dritter gemäß Artikel 36 der Richtlinie 2009/73/EG gewährt wurde, und Gasspeicherbetreiber, die der Regelung für den Zugang Dritter auf Vertragsbasis gemäß Artikel 33 Absatz 3 jener Richtlinie unterliegen, veröffentlichen die endgültigen Infrastrukturtarife bis zum 31. Januar 2023.

Artikel 14

Effizientere Nutzung der Fernleitungskapazitäten

(1)   Die Fernleitungsnetzbetreiber bieten an Netzkopplungspunkten und virtuellen Netzkopplungspunkten im Falle einer Unterauslastung kontrahierter verbindlicher Kapazität die zu wenig ausgelastete kontrahierte verbindliche Kapazität gemäß Absatz 2 für den Monat als Monats-Kapazitätsprodukt und als Tages- und untertägiges Kapazitätsprodukt an.

(2)   Eine Unterauslastung kontrahierter verbindlicher Kapazität liegt vor, wenn ein Netznutzer im vorhergehenden Kalendermonat an einem Netzkopplungspunkt oder einem virtuellen Netzkopplungspunkt durchschnittlich weniger als 80 % der gebuchten verbindlichen Kapazität genutzt oder angeboten hat. Der Fernleitungsnetzbetreiber überwacht die ungenutzte Kapazität und unterrichtet den Netznutzer spätestens vor der Mitteilung der Kapazitätsmenge, die bei der nächsten rollierenden Auktion für Monatskapazität im Sinne der Verordnung (EU) 2017/459 anzubieten ist, über die Menge der an dem betreffenden Netzkopplungspunkt oder virtuellen Netzkopplungspunkt zu entziehenden Kapazität.

(3)   Die Menge der anzubietenden Kapazität muss der Differenz zwischen der durchschnittlichen Auslastung im vorhergehenden Kalendermonat und 80 % der verbindlichen Kapazität, die für eine Laufzeit von mehr als einem Monat kontrahiert wurde, entsprechen.

(4)   Die verfügbare Kapazität, die in einer Auktion gemäß der Verordnung (EU) 2017/459 angeboten wird, hat bei der Zuweisung von Kapazität Vorrang vor zu wenig ausgelasteter Kapazität, die in einer Auktion gemäß Absatz 2 angeboten wird.

(5)   Wird die zu wenig ausgelastete, vom Fernleitungsnetzbetreiber angebotene Kapazität verkauft, so ist sie dem ursprünglichen Inhaber der kontrahierten Kapazität zu entziehen. Der ursprüngliche Inhaber kann die entzogene verbindliche Kapazität auf unterbrechbarer Basis nutzen.

(6)   Die aus dem Kapazitätsvertrag folgenden Rechte und Pflichten des Netznutzers bleiben bis zur Neuzuweisung der Kapazität durch den Fernleitungsnetzbetreiber sowie in dem Umfang, in dem die Kapazität vom Fernleitungsnetzbetreiber nicht neu zugewiesen wurde, bestehen.

(7)   Bevor zu wenig ausgelastete verbindliche Kapazität im Sinne dieses Artikels angeboten wird, analysiert der Fernleitungsnetzbetreiber, wie sich dies an den einzelnen von ihnen betriebenen Netzkopplungspunkten auswirken würde, und informiert die zuständige nationale Regulierungsbehörde. Abweichend von den Absätzen 1 bis 6 dieses Artikels und unabhängig davon, ob an den betreffenden Netzkopplungspunkten Engpässe bestehen, können die nationalen Regulierungsbehörden beschließen, an allen Netzkopplungspunkten einen der folgenden Mechanismen anzuwenden:

a)

einen „Use-it-or-lose-it“-Mechanismus für verbindliche „Day-ahead“-Kapazität gemäß der Verordnung (EU) 2017/459 und unter Berücksichtigung von Nummer 2.2.3 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 715/2009;

b)

ein Überbuchungs- und Rückkaufsystem gemäß Nummer 2.2.2 Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 715/2009, mit dem bezüglich der technischen Kapazität eines Kopplungspunkts mindestens 5 % zusätzliche Kapazität angeboten wird, oder

c)

sie bieten zumindest ursprünglich nicht nominierte Kapazität auf „Day-ahead“- und „Within-day“-Basis an, die als unterbrechbare Kapazität zugewiesen wird.

Die Absätze 1 bis 6 dieses Artikels gelten automatisch, wenn bis zum 31. März 2023 nicht einer der alternativen Mechanismen nach Unterabsatz 1 zur Anwendung kommt.

(8)   Bevor der Beschluss nach Absatz 7 gefasst wird, konsultiert die nationale Regulierungsbehörde die nationale Regulierungsbehörde des benachbarten Mitgliedstaats und trägt deren Stellungnahmen Rechnung. Wenn sich das Einspeise-/Ausspeisesystem auf mehr als einen Mitgliedstaat erstreckt, sodass nicht nur ein Fernleitungsnetzbetreiber tätig ist, entscheiden die nationalen Regulierungsbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten gemeinsam über die Anwendung von Absatz 7.

KAPITEL III

MAẞNAHMEN ZUR VERHINDERUNG ÜBERHÖHTER GASPREISE UND EINER ÜBERMÄẞIGEN TAGESVOLATILITÄT AUF DEN MÄRKTEN FÜR ENERGIEDERIVATE

ABSCHNITT 1

Vorübergehendes Intraday-Instrument zur Begrenzung einer übermäßigen Volatilität auf den Märkten für Energiederivate

Artikel 15

Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität

(1)   Sobald wie möglich, spätestens jedoch bis zum 31. Januar 2023 richtet jeder Handelsplatz, an dem energiebezogene Warenderivate gehandelt werden, für jedes an ihm gehandelte energiebezogene Front-Month-Warenderivat einen auf einer oberen und unteren Preisgrenze (im Folgenden „Preisgrenzen“) basierenden Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität ein, mit dem die Preise bestimmt werden, oberhalb und unterhalb deren keine Aufträge ausgeführt werden dürfen („Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität“). Handelsplätze müssen sicherstellen, dass der Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität übermäßige Preisschwankungen innerhalb eines Handelstages für energiebezogene Warenderivate verhindert. Bei der Einrichtung eines Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität müssen Handelsplätze zudem sicherstellen, dass die Durchführung dieser Maßnahmen nicht die Bildung zuverlässiger Tagesschlusspreise verhindert.

(2)   Für jedes an ihnen gehandelte energiebezogene Warenderivat legen die Handelsplätze die anzuwendende Berechnungsmethode fest, mit der die Preisgrenzen in Bezug auf einen Referenzpreis bestimmt werden. Der erste Referenzpreis des Tages entspricht dem Preis, der bei Eröffnung des betreffenden Handelstags festgestellt wird. Die nachfolgenden Referenzpreise sind die letzten in regelmäßigen Abständen festgestellten Marktpreise. Bei einer Unterbrechung des Handels am Handelstag entspricht der erste Referenzpreis nach der Unterbrechung dem Eröffnungspreis bei Wiederaufnahme des Handels.

(3)   Die Preisgrenzen werden entweder als absoluter Wert oder als relativer Wert in Form einer prozentualen Abweichung vom Referenzpreis angegeben. Die Handelsplätze passen diese Berechnungsmethode an die Besonderheiten jedes energiebezogenen Warenderivats, das Liquiditätsprofil des Marktes für dieses Derivat und dessen Volatilitätsprofil an. Der Handelsplatz unterrichtet die zuständige Behörde unverzüglich über die Methode.

(4)   Die Handelsplätze erneuern die Preisgrenzen in regelmäßigen Abständen während der Handelszeiten auf der Grundlage des Referenzpreises.

(5)   Die Handelsplätze veröffentlichen die Merkmale des von ihnen eingerichteten Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität unverzüglich oder im Falle einer Änderung.

(6)   Der Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität ist von Handelsplätzen umzusetzen, indem er entweder in die von ihnen bereits gemäß der Richtlinie 2014/65/EU eingerichteten, vorhandenen Notfallsicherungen integriert oder als zusätzlicher Mechanismus eingerichtet wird.

(7)   Beabsichtigt ein Handelsplatz, die Berechnungsmethode für die Preisgrenzen für ein bestimmtes energiebezogenes Warenderivat zu ändern, so unterrichtet er die zuständige Behörde unverzüglich über die beabsichtigten Änderungen.

(8)   Wenn die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) gemäß Artikel 16 Absatz 3 erhobenen Informationen ergeben, dass zur wirksameren Begrenzung übermäßiger Preisschwankungen in der Union eine einheitlichere Umsetzung des Mechanismus geboten ist, kann die Kommission Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen die einheitlichen Grundsätze für die Umsetzung des Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität unter Berücksichtigung der Besonderheiten jedes energiebezogenen Warenderivats, des Liquiditätsprofils des Marktes für solche Derivate und seines Volatilitätsprofils festgelegt werden. Um insbesondere das reibungslose Funktionieren von Handelsplätzen zu gewährleisten, die den Handel mit energiebezogenen Warenderivaten anbieten, kann die Kommission festlegen, in welchen Zeitabständen die Preisgrenzen erneuert werden oder welche Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn diese Preisgrenzen über- bzw. unterschritten werden, einschließlich Bestimmungen zur Sicherstellung einer zuverlässigen Schlusspreisbildung. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 29 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 16

Aufgaben der zuständigen Behörden

(1)   Die zuständigen Behörden überwachen die Umsetzung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität. Die zuständigen Behörden stellen sicher, dass Unterschiede bei der Umsetzung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität durch die in ihren Mitgliedstaaten niedergelassenen Handelsplätze aufgrund der Besonderheiten der betreffenden Handelsplätze oder energiebezogenen Warenderivate ausreichend gerechtfertigt sind.

(2)   Die zuständigen Behörden stellen sicher, dass die Handelsplätze geeignete vorläufige Mechanismen einführen, die sicherstellen, dass eine übermäßige Volatilität auf den Märkten für energiebezogene Warenderivate bis zur Einrichtung des in Artikel 15 Absatz 1 genannten Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität begrenzt wird.

(3)   Die zuständigen Behörden erstatten der ESMA innerhalb von drei Wochen nach dem in Artikel 15 Absatz 1 genannten Datum und danach mindestens quartalsweise über die Umsetzung des Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität durch die von ihnen beaufsichtigten Handelsplätze Bericht.

Artikel 17

Koordinierungsfunktion der ESMA

(1)   Die ESMA koordiniert und überwacht die Umsetzung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität auf der Grundlage von Berichten, die ihr von den zuständigen Behörden gemäß Artikel 16 Absatz 3 übermittelt werden.

(2)   Die ESMA dokumentiert auf der Grundlage der Berichte der zuständigen Behörden alle Abweichungen bei der Umsetzung der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität zwischen den einzelnen Ländern in der Union. Die ESMA legt der Kommission bis zum 30. Juni 2023 einen Bericht vor, in dem die Effizienz der Mechanismen zur Begrenzung der Tagesvolatilität bewertet wird. Auf der Grundlage dieses Berichts prüft die Kommission, ob sie dem Rat einen Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung vorlegen sollte.

ABSCHNITT 2

Beauftragung der ACER mit der Erhebung und Veröffentlichung objektiver Preisdaten

Artikel 18

Aufgaben und Befugnisse der ACER bei der Durchführung von Preisbewertungen und der Bestimmung von Referenzwerten

(1)   Die ACER erstellt und veröffentlicht so rasch wie möglich eine tägliche Bewertung der LNG-Preise und beginnt damit spätestens am 13. Januar 2023. Für die Zwecke der LNG-Preisbewertung erhebt und verarbeitet die ACER systematisch LNG-Marktdaten über Transaktionen. Die Preisbewertung trägt gegebenenfalls regionalen Unterschieden und Marktbedingungen Rechnung.

(2)   Spätestens ab dem 31. März 2023 erstellt und veröffentlicht die ACER einen LNG-Tagesreferenzwert, der durch den Spread zwischen der täglichen LNG-Preisbewertung und dem von ICE Endex Markets B.V. täglich festgestellten Abrechnungspreis für den nächstfälligen Gas-Terminkontrakt der TTF bestimmt wird. Für die Zwecke des LNG-Referenzwerts erhebt und verarbeitet die ACER systematisch alle LNG-Marktdaten.

(3)   Abweichend von Artikel 3 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 gelten für LNG-Marktteilnehmer die Verpflichtungen und Verbote für Marktteilnehmer gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011. Die Befugnisse, über die die ACER gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 verfügt, gelten ebenfalls in Bezug auf LNG-Marktteilnehmer, einschließlich der Bestimmungen zur Vertraulichkeit.

Artikel 19

Veröffentlichung von LNG-Preisbewertung und -Referenzwert

(1)   Die LNG-Preisbewertung wird täglich veröffentlicht, und zwar spätestens bis 18.00 Uhr MEZ für die Bewertung der endgültigen Transaktionspreise. Spätestens ab dem 31. März 2023 veröffentlicht die ACER zusätzlich zur Veröffentlichung der LNG-Preisbewertung außerdem täglich spätestens bis 19.00 Uhr MEZ oder so bald wie technisch möglich den LNG-Referenzwert.

(2)   Für die Zwecke dieses Artikels kann die ACER die Dienste eines Dritten in Anspruch nehmen.

Artikel 20

Übermittlung von LNG-Marktdaten an die ACER

(1)   Die LNG-Marktteilnehmer übermitteln der ACER täglich die LNG-Marktdaten gemäß Artikel 21 in einem standardisierten Format, mithilfe eines hochwertigen Übertragungsprotokolls und so echtzeitnah wie technisch möglich vor der Veröffentlichung der täglichen LNG-Preisbewertung (18.00 Uhr MEZ).

(2)   Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte zur Festlegung des Zeitpunkts erlassen, bis zu dem LNG-Marktdaten vor der täglichen Veröffentlichung der LNG-Preisbewertung gemäß Absatz 1 vorzulegen sind. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 29 genannten Prüfverfahren erlassen.

(3)   Bei Bedarf gibt die ACER nach Konsultation der Kommission Leitlinien für Folgendes heraus:

a)

die Einzelheiten der zu meldenden Informationen zusätzlich zu den derzeit geltenden Einzelheiten der zu meldenden Transaktionen und den Fundamentaldaten gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014, auch für Gebote und Angebote, und

b)

das Verfahren, den Standard und das elektronische Format sowie die technischen und organisatorischen Anforderungen für die Übermittlung der Daten, die bei der Übermittlung der LNG-Marktdaten einzuhalten sind.

(4)   Die LNG-Marktteilnehmer übermitteln der ACER die erforderlichen LNG-Marktdaten kostenlos über die von der ACER eingerichteten Meldekanäle, möglichst mittels bereits bestehender und verfügbarer Verfahren.

Artikel 21

Qualität der LNG-Marktdaten

(1)   Die LNG-Marktdaten umfassen Folgendes:

a)

die Vertragsparteien, einschließlich des Kauf-/Verkauf-Indikators;

b)

die meldende Partei;

c)

den Transaktionspreis;

d)

die vertraglichen Mengen;

e)

den Wert des Vertrags;

f)

das Ankunftsfenster für die LNG-Ladung;

g)

die Lieferbedingungen;

h)

die Lieferorte;

i)

die Zeitstempel-Informationen zu allen folgenden Angaben:

i)

Datum und Zeitpunkt, zu dem das Gebot oder Angebot abgegeben wurde;

ii)

Transaktionsdatum und -zeitpunkt;

iii)

Datum und Zeitpunkt der Meldung des Gebots, des Angebots oder der Transaktion;

iv)

Eingang der LNG-Marktdaten bei der ACER.

(2)   Die LNG-Marktteilnehmer übermitteln der ACER LNG-Marktdaten in den folgenden Einheiten und Währungen:

a)

Transaktions-, Gebots- und Angebotseinheitspreise in der im Vertrag angegebenen Währung und in EUR/MWh sowie mit gegebenenfalls angewandten Umrechnungs- und Wechselkursen;

b)

die vertraglichen Mengen in den in den Verträgen festgelegten Einheiten und in MWh;

c)

Ankunftsfenster als Lieferdaten im UTC-Format;

d)

als Lieferort eine gültige Kennung aus der Liste der ACER, wie in der Liste der meldepflichtigen LNG-Anlagen sowie in der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 angegeben; die Informationen des Zeitstempels sind im UTC-Format anzugeben;

e)

gegebenenfalls ist die Preisformel des langfristigen Vertrags, aus der der Preis abgeleitet wird, insgesamt anzugeben.

(3)   Die ACER gibt Leitlinien zu den Kriterien heraus, nach denen auf einen einzigen Übermittler ein erheblicher Teil der innerhalb eines bestimmten Bezugszeitraums übermittelten LNG-Marktdaten entfällt, und wie dies bei ihrer täglichen LNG-Preisbewertung und bei den LNG-Referenzwerten zu berücksichtigen ist.

Artikel 22

Aufrechterhaltung des Betriebs

Die ACER überprüft, aktualisiert und veröffentlicht regelmäßig ihre Methode für die LNG-Preisbewertung und den LNG-Referenzwert sowie die Methode für die Meldung von LNG-Marktdaten und die Veröffentlichung ihrer LNG-Preisbewertungen und LNG-Referenzwerte und berücksichtigt dabei die Ansichten der Stellen, die die LNG-Marktdaten übermittelt haben.

KAPITEL IV

MAẞNAHMEN IM FALLE EINES GASNOTSTANDS

ABSCHNITT 1

Gassolidarität für die Stromversorgung, wesentliche Industriezweige und geschützte Kunden

Artikel 23

Ausweitung des solidarischen Schutzes auf für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmengen

(1)   Abweichend von Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1938 findet eine Solidaritätsmaßnahme gemäß Artikel 13 Absätze 1 und 2 jener Verordnung nur Anwendung, wenn der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat

a)

das Defizit bei der Gasversorgung seiner durch Solidarität geschützten Kunden nicht decken kann oder in dem Fall, dass ein Mitgliedstaat befristete Maßnahmen zur Senkung des nicht wesentlichen Verbrauchs geschützter Kunden gemäß Artikel 24 der vorliegenden Verordnung getroffen hat, seinen durch Solidarität geschützten Kunden die wesentlichen Gasverbrauchsmengen nicht bereitstellen kann;

b)

trotz Anwendung der in Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1938 genannten Maßnahme nicht in der Lage ist, die für die Stromversorgungssicherheit kritischen Gasmengen bereitzustellen. Es gelten die Bedingungen nach Artikel 13 Absatz 3 Buchstaben b, c und d der Verordnung (EU) 2017/1938.

(2)   Die Mitgliedstaaten, die gemäß Absatz 1 zur Solidarität verpflichtet sind, können Folgendes vom Solidaritätsangebot abziehen:

a)

Lieferungen an eigene durch Solidarität geschützte Kunden in dem Umfang, in dem wesentliche Mengen betroffen sind, oder in dem Fall, dass ein Mitgliedstaat befristete Maßnahmen zur Senkung des nicht wesentlichen Verbrauchs geschützter Kunden gemäß Artikel 24 getroffen hat, die Lieferungen der wesentlichen Gasverbrauchsmengen an eigene durch Solidarität geschützte Kunden,

b)

Lieferungen von für die Stromversorgungssicherheit kritischen Gasmengen,

c)

Lieferungen von Gasmengen für den Strom, der für die Erzeugung und den Transport von Gas erforderlich ist, und

d)

Gasmengen, die für die Tätigkeiten von für die Versorgungssicherheit kritischer Infrastruktur gemäß Anhang II sowie von anderen für funktionierende Dienste in den Bereichen Militär, nationale Sicherheit und humanitäre Hilfe kritischen Anlagen benötigt werden.

(3)   Die für die Stromversorgungssicherheit kritischen Gasmengen im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 Buchstaben b und d dürfen die in Anhang I angegebenen Mengen nicht überschreiten. Kann ein Mitgliedstaat nachweisen, dass eine größere Gasmenge erforderlich ist, um eine Stromversorgungskrise in einem Mitgliedstaat zu vermeiden, so kann die Kommission auf hinreichend begründeten Antrag beschließen, den Abzug größerer Mengen zuzulassen.

(4)   Werden Mitgliedstaaten, deren Stromnetz nur mit dem Stromnetz eines Drittlandes synchronisiert ist, um Solidaritätsmaßnahmen ersucht, so können sie in dem Fall, dass das Stromnetz nicht mit dem Netz dieses Drittlandes synchronisiert ist, ausnahmsweise höhere Gasmengen abziehen, solange für den Übertragungsnetzbetreiber isolierte Stromversorgungssystemdienste oder andere Dienste erbracht werden müssen, um den sicheren und zuverlässigen Betrieb des Stromnetzes zu gewährleisten.

Artikel 24

Maßnahmen zur Nachfragesenkung bei geschützten Kunden

(1)   Die Mitgliedstaaten können ausnahmsweise befristete Maßnahmen ergreifen, um den nicht wesentlichen Verbrauch geschützter Kunden im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Verordnung (EU) 2017/1938 zu verringern, insbesondere wenn eine der Krisenstufen gemäß Artikel 11 Absatz 1 und Artikel 12 der Verordnung (EU) 2017/1938 oder ein Unionsalarm gemäß der Verordnung (EU) 2022/1369 ausgelöst wurde. Diese Maßnahmen müssen sich auf nicht wesentliche Verwendungszwecke von Gas beschränken und den in Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2022/1369 genannten Elementen Rechnung tragen. Diese Sondermaßnahmen dürfen erst ergriffen werden, wenn die zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 2 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2017/1938 die Bedingungen für die Festlegung solcher nicht wesentlichen Gasmengen bewertet haben.

(2)   Der Verbrauch schutzbedürftiger Kunden im Sinne der Definition der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 2009/73/EG darf infolge der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Maßnahmen unter keinen Umständen verringert werden, und die Mitgliedstaaten dürfen geschützte Kunden nicht infolge der Anwendung von Absatz 1 des vorliegenden Artikels vom Netz trennen.

Artikel 25

Schutzvorkehrungen für grenzüberschreitende Gasflüsse

Bei einer Aufforderung der Kommission gemäß Artikel 12 Absatz 6 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938, unzulässige Einschränkungen grenzüberschreitender Gasflüsse oder des Zugangs zur Gasinfrastruktur oder Maßnahmen, die die Gasversorgung in einem anderen Mitgliedstaat gefährden, einzustellen, verfährt die zuständige Behörde im Sinne des Artikels 2 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2017/1938 bzw. der in Artikel 12 Absatz 6 Unterabsatz 1 jener Verordnung genannte Mitgliedstaat nicht wie in Artikel 12 Absatz 6 Unterabsatz 2 jener Verordnung vorgesehen, sondern ändert ihre bzw. seine Maßnahme oder ergreift Maßnahmen, um die Einhaltung von Artikel 12 Absatz 5 jener Verordnung sicherzustellen.

ABSCHNITT 2

Bestimmungen für die Durchführung von Solidaritätsmaßnahmen

Artikel 26

Vorübergehende Ausweitung der Solidaritätsverpflichtungen auf Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen

(1)   Die Verpflichtung zur Durchführung von Solidaritätsmaßnahmen gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 gilt nicht nur für Mitgliedstaaten, die direkt mit dem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat verbunden sind, sondern auch für Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen, sofern die erforderliche Kapazität in der betreffenden Infrastruktur, einschließlich LNG-Schiffen und -Tankern, zur Verfügung steht.

(2)   Sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes bestimmt ist, gilt für Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen Artikel 13 Absätze 2 bis 9 der Verordnung (EU) 2017/1938.

(3)   Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen, die nicht direkt mit einem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat verbunden sind, können mit jedem anderen Mitgliedstaat bilateral die erforderlichen technischen, rechtlichen und finanziellen Solidaritätsregelungen vereinbaren, die für die Solidaritätsleistung gelten.

(4)   Die Standardvorschriften für die Durchführung von Solidaritätsmaßnahmen gemäß Artikel 27 gelten auch für die nicht verbundenen Mitgliedstaaten, wenn zum Zeitpunkt des Eingangs eines Solidaritätsersuchens keine bilaterale Vereinbarung besteht.

Artikel 27

Standardvorschriften für Solidaritätsmaßnahmen

(1)   Wenn zwei Mitgliedstaaten die erforderlichen technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen gemäß Artikel 13 Absatz 10 der Verordnung (EU) 2017/1938 (im Folgenden „Solidaritätsvereinbarung“) nicht vereinbart haben, gelten für Gaslieferungen gemäß der Verpflichtung nach Artikel 13 Absatz 1 jener Verordnung im Notfall die Bedingungen dieses Artikels.

(2)   Die Entschädigung für die Solidaritätsmaßnahme darf die angemessenen Kosten nicht übersteigen, und sie umfasst abweichend von Artikel 13 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2017/1938 in jedem Fall

a)

den Gaspreis in dem Solidarität leistenden Mitgliedstaat;

b)

die Kosten für die Speicherung und den Transport zum gewünschten Netzkopplungspunkt — einschließlich etwaiger durch Abweichungen bei LNG-Ladungen entstehender Gebühren;

c)

Prozesskosten für damit verbundene Gerichts- oder Schiedsverfahren, an denen der Solidarität leistende Mitgliedstaat beteiligt ist.

d)

sonstige indirekte Kosten, die nicht durch den Gaspreis gedeckt werden, darunter die Erstattung finanzieller oder sonstiger Schäden aufgrund der angeordneten Abschaltung von Kunden in Verbindung mit der Leistung von Solidarität, sofern sich diese indirekten Kosten nicht auf mehr als 100 % des Gaspreises belaufen.

(3)   Wenn ein Mitgliedstaat eine Entschädigung für indirekte Kosten gemäß Absatz 2 Buchstabe d beantragt, die 100 % des Gaspreises übersteigen, entscheidet die Kommission nach Konsultation der zuständigen Behörden, ob unter Berücksichtigung der besonderen vertragsbedingten und nationalen Gegebenheiten des Falles und des Grundsatzes der Energiesolidarität eine höhere Entschädigung ist.

(4)   Soweit der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat und der Solidarität leistende Mitgliedstaat keinen anderen Preis vereinbaren, entspricht der Preis für das an den um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat gelieferte Gas dem Day-Ahead-Marktpreis im Solidarität leistenden Mitgliedstaat am Tag vor dem Solidaritätsersuchen oder dem entsprechenden Day-Ahead-Marktpreis an der nächstliegenden Börse, am nächstliegenden virtuellen Handelspunkt oder an einem vereinbarten Hub am Tag vor dem Solidaritätsersuchen.

(5)   Die Entschädigung für die im Rahmen eines Solidaritätsersuchens gemäß Artikel 28 gelieferten Gasmengen wird von dem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat direkt an den Solidarität leistenden Mitgliedstaat oder die Einrichtung gezahlt, die beide Mitgliedstaaten in ihrer Antwort auf das Solidaritätsersuchen sowie in der Bestätigung der Entgegennahme und der zu entnehmenden Menge angeben.

(6)   Der Mitgliedstaat, an den sich das Ersuchen um eine Solidaritätsmaßnahme richtet, trifft die Solidaritätsmaßnahme so bald wie möglich, spätestens jedoch drei Tage nach dem Ersuchen. Ein Mitgliedstaat kann die Solidaritätsleistung für einen um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat nur dann ablehnen, wenn er nachweist, dass

a)

er nicht genug Gas hat, um die in Artikel 23 Absatz 2 angegebenen Gasmengen bereitzustellen, oder

b)

er nicht über genügend Verbindungsleitungskapazitäten gemäß Artikel 13 Absatz 7 der Verordnung (EU) 2017/1938 verfügt und er nicht die Möglichkeit hat, eine ausreichende Menge an LNG bereitzustellen.

(7)   Zusätzlich zu den in diesem Artikel vorgesehenen Standardvorschriften können die Mitgliedstaaten technische Regelungen vereinbaren und die Solidaritätsleistung koordinieren.

(8)   Dieser Artikel berührt nicht bestehende Regelungen für den sicheren und zuverlässigen Betrieb des Gasnetzes.

Artikel 28

Verfahren für Solidaritätsmaßnahmen bei Fehlen einer Solidaritätsvereinbarung

(1)   Der Mitgliedstaat, der um die Anwendung von Solidaritätsmaßnahmen ersucht, richtet ein Solidaritätsersuchen an einen anderen Mitgliedstaat, das mindestens folgende Angaben enthält:

a)

Kontaktdaten der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats,

b)

Kontaktdaten des entsprechenden Fernleitungsnetzbetreibers des Mitgliedstaats (falls zutreffend),

c)

Kontaktdaten des im Namen des Mitgliedstaats handelnden Dritten (falls zutreffend),

d)

Lieferzeitraum, einschließlich des Zeitpunkts der ersten möglichen Lieferung und der voraussichtlichen Lieferdauer,

e)

Lieferorte und Netzkopplungspunkte,

f)

Gasmenge (in kWh) für jeden Netzkopplungspunkt,

g)

Gasqualität.

(2)   Das Solidaritätsersuchen wird gleichzeitig an die Mitgliedstaaten, die Solidaritätsmaßnahmen ergreifen könnten, an die Kommission und an die gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung (EU) 2017/1938 benannten Krisenmanager gerichtet.

(3)   Die Mitgliedstaaten, die ein Solidaritätsersuchen erhalten, übermitteln eine Antwort mit der Angabe der in Absatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Kontaktdaten und der Menge und Qualität, die zu dem Zeitpunkt gemäß Absatz 1 Buchstaben d bis g an die Netzkopplungspunkte geliefert werden kann. In der Antwort ist die Menge anzugeben, die sich aus einer möglichen Einschränkung oder — wenn es unbedingt erforderlich ist — der Freigabe strategischer Vorräte ergibt, falls die Menge, die auf der Grundlage freiwilliger Maßnahmen geliefert werden kann, nicht ausreicht.

(4)   Solidaritätsersuchen sind mindestens 72 Stunden vor dem angegebenen Lieferzeitpunkt zu übermitteln. Die Antwort auf Solidaritätsersuchen erfolgt innerhalb von 24 Stunden. Die Bestätigung der Entgegennahme und der vom um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat zu entnehmenden Menge erfolgt innerhalb von 24 Stunden vor dem erforderlichen Lieferzeitpunkt.

(5)   Das Ersuchen kann für einen Zeitraum von einem Tag oder mehreren Tagen übermittelt werden, und die Antwort muss der beantragten Dauer entsprechen.

(6)   Erbringen mehrere Mitgliedstaaten Solidaritätsleistungen und bestehen bilaterale Solidaritätsvereinbarungen mit einem oder mehreren von ihnen, so haben diese bilateralen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten, die sie geschlossen haben, Vorrang. Die in diesem Artikel vorgesehenen Standardvorschriften gelten nur in Bezug auf die anderen Solidarität leistenden Mitgliedstaaten.

(7)   Die Kommission kann die Umsetzung von Solidaritätsvereinbarungen erleichtern, insbesondere durch ein auf einer gesicherten Online-Plattform zugängliches Muster, um die Echtzeit-Übermittlung der Ersuchen und Angebote zu ermöglichen.

KAPITEL V

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 29

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dabei handelt es sich um einen Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 30

Überprüfung

Bis zum 1. Oktober 2023 überprüft die Kommission diese Verordnung im Hinblick auf die allgemeine Gasversorgungslage der Union und legt dem Rat einen Bericht über die wichtigsten Ergebnisse dieser Überprüfung vor. Die Kommission kann auf der Grundlage dieses Berichts vorschlagen, die Geltungsdauer dieser Verordnung zu verlängern.

Artikel 31

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt für einen Zeitraum von einem Jahr ab ihrem Inkrafttreten.

Artikel 14 wird ab dem 31. März 2023 wirksam.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Brüssel am 19. Dezember 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. SÍKELA


(1)  Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).

(2)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(4)  Verordnung (EU) 2022/1032 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2022 zur Änderung der Verordnungen (EU) 2017/1938 und (EG) Nr. 715/2009 im Hinblick auf die Gasspeicherung (ABl. L 173 vom 30.6.2022, S. 17).

(5)  Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 (ABl. L 280 vom 28.10.2017, S. 1).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1).

(7)  Verordnung (EU) 2017/459 der Kommission vom 16. März 2017 zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 984/2013 (ABl. L 72 vom 17.3.2017, S. 1).

(8)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(9)  Verordnung (EU) 2019/942 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Neufassung) (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 22).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1).

(11)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 der Kommission vom 17. Dezember 2014 über die Datenmeldung gemäß Artikel 8 Absätze 2 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 363, 18.12.2014, S. 121).

(12)  Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates vom 5. August 2022 über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage (ABl. L 206 vom 8.8.2022, S. 1).

(13)  Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 2021, Deutschland/Polen, C-848/19 P, ECLI:EU:C:2021:598.

(14)  Empfehlung (EU) 2018/177 der Kommission vom 2. Februar 2018 zu den in die technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen zwischen den Mitgliedstaaten für die Anwendung des Solidaritätsmechanismus gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung aufzunehmenden Elementen (ABl. L 32 vom 6.2.2018, S. 52).

(15)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(16)  Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84).

(17)  Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 1).

(18)  Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 94).

(19)  Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 36).


ANHANG I

a)

Maximale für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmengen gemäß Artikel 23 für den Zeitraum Dezember 2022 bis März 2023 (Werte in Mio. Kubikmeter) (1)

Mitgliedstaaten

Dezember 2022

Januar 2023

Februar 2023

März 2023

AT

74,24

196,83

152,20

139,35

BE

399,05

458,77

382,76

398,99

BG

61,49

71,26

61,55

63,29

CY

CZ

17,26

49,64

34,80

28,28

DE

2 090,53

2 419,56

2 090,59

1 863,77

DK

249,48

295,56

254,87

268,09

EE

5,89

5,78

5,00

1,05

EL

209,95

326,68

317,18

232,80

ES

1 378,23

1 985,66

1 597,27

1 189,29

IE

372,76

375,29

364,26

375,74

FI

28,42

39,55

44,66

12,97

FR

876,37

875,58

802,53

771,15

HR

10,95

66,01

59,99

48,85

HU

82,13

133,97

126,44

93,72

IT

2 166,46

3 304,99

3 110,79

2 774,67

LV

89,26

83,56

84,96

66,19

LT

16,13

20,22

18,81

4,21

LU

MT

32,88

34,84

31,43

33,02

NL

684,26

762,31

556,26

480,31

PL

158,14

158,64

136,97

148,64

PT

409,97

415,22

368,54

401,32

RO

130,35

179,35

162,41

159,71

SI

12,98

15,15

13,35

12,80

SK

33,99

47,26

34,80

34,76

SE

18,05

18,61

17,71

15,76

b)

Maximale für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmengen gemäß Artikel 23 für den Zeitraum April 2023 bis Dezember 2023 (Werte in Mio. Kubikmeter):

Mitgliedstaaten

Monatlicher Wert

AT

140,66

BE

409,89

BG

64,40

CY

CZ

32,50

DE

2 116,11

DK

267,00

EE

4,43

EL

271,65

ES

1 537,61

IE

372,01

FI

31,40

FR

831,41

HR

46,45

HU

109,06

IT

2 839,23

LV

80,99

LT

14,84

LU

MT

33,03

NL

620,79

PL

150,60

PT

398,76

RO

157,96

SI

13,57

SK

37,70

SE

17,53


(1)  Die Zahlen in Anhang I Teil a und b beruhen auf Daten der Abschätzung der Angemessenheit für den Winter gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) 2019/941, die vom Europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) vorgenommen wurde, mit Ausnahme von Malta, wo die Stromerzeugung ausschließlich auf LNG-Lieferungen ohne nennenswerte Speicherkapazitäten beruht. Angesichts der Besonderheit des niederkalorischen Gases sollten die in dieser Tabelle angegebenen Werte für die Niederlande mit einem Umrechnungsfaktor von 37,89 multipliziert und durch 35,17 geteilt werden. Anhang I Teil a enthält die einzelnen von ENTSO-E berechneten Mengen für die Monate Dezember 2022 bis März 2023; bei den Zahlen in der Tabelle in Anhang I Teil b für die Monate April 2023 bis Dezember 2023 handelt es sich jeweils um den Durchschnitt der Werte des Zeitraums Dezember 2022 bis März 2023.


ANHANG II

Für die Versorgungssicherheit kritische Infrastruktur gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe d

Sektor

Teilsektor

I Energie

1.

Strom

Infrastrukturen und Anlagen zur Stromerzeugung und -übertragung in Bezug auf die Stromversorgung

2.

Öl

Gewinnung, Raffinierung, Behandlung und Lagerung von Öl sowie Öltransport in Rohrfernleitungen

3.

Gas

Gewinnung, Raffinierung, Behandlung und Lagerung von Gas sowie Gastransport in Rohrfernleitungen

LNG-Terminals

II Verkehr

4.

Straßenverkehr

5.

Schienenverkehr

6.

Luftverkehr