1.10.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 317/13


EMPFEHLUNG (EU) 2020/1364 DER KOMMISSION

vom 23. September 2020

zu legalen Schutzwegen in die EU: Förderung der Neuansiedlung, der Aufnahme aus humanitären Gründen und anderer komplementärer Zugangswege

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Zahl der Flüchtlinge und anderer Personen, die internationalen Schutz benötigen, nimmt weltweit zu. Daher muss die Fähigkeit der Union gestärkt werden, ihrer moralischen Pflicht zu wirksamer Hilfeleistung nachzukommen. Alle Mitgliedstaaten sollten sich an den gemeinsamen Bemühungen der Union beteiligen, all jenen, die internationalen Schutz benötigen, ihre Solidarität zu zeigen, indem sie legale Zugangswege in die Union anbieten und die Schutzzonen außerhalb der Union ausweiten.

(2)

Ferner sollen mit dieser Empfehlung die fortlaufenden Bemühungen der Mitgliedstaaten um die Bereitstellung und Ausweitung legaler und sicherer Zugangswege für Menschen, die internationalen Schutz benötigen, unterstützt werden. Die empfohlenen Maßnahmen zielen insbesondere darauf ab, Solidarität gegenüber Drittländern zu zeigen, in denen sich eine große Zahl von Vertriebenen aufhält, die internationalen Schutz benötigen, sowie einen Beitrag zu internationalen Initiativen zur Neuansiedlung (Resettlement) und Aufnahme aus humanitären Gründen sowie zu einem besseren allgemeinen Migrationsmanagement zu leisten.

(3)

Die Union arbeitet an der Einrichtung und Ausweitung von Schutzzonen in den Transit-, Ziel- oder Erstasylländern, um sowohl Menschen, die internationalen Schutz benötigen, als auch besonders schutzbedürftige Migranten sowie Aufnahmegemeinschaften zu unterstützen. Die regionalen Entwicklungs- und Schutzprogramme (1) am Horn von Afrika, in Nordafrika und im Nahen Osten unterstützen unter anderem die Aufrechterhaltung und Ausweitung von Schutzzonen durch den Ausbau der Kapazitäten der nationalen Systeme und die Unterstützung der Behörden und der Zivilgesellschaft. Sie leisten direkte Hilfe für Personen, die internationalen Schutz benötigen. Alle Leistungen werden von Durchführungspartnern erbracht. Aus den Programmen werden dauerhafte Lösungen — insbesondere die Neuansiedlung — für Menschen unterstützt, die internationalen Schutz benötigen. Hiermit werden Screening und Registrierung sichergestellt, die effektive Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft erleichtert und die Neuansiedlungsmaßnahmen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) direkt unterstützt. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, eine aktive Rolle als Konsortiumsmitglieder zu übernehmen oder finanziell zur Unterstützung und Umsetzung der regionalen Entwicklungs- und Schutzprogramme beizutragen, um die externe Dimension der EU-Migrationspolitik zu stärken.

(4)

Die Neuansiedlung ist ein wichtiges Instrument, das Personen Schutz bietet, die internationalen Schutz benötigen, und Ausdruck weltweiter Solidarität mit Drittländern, die hierdurch Hilfe bei der Versorgung der zahlreichen Menschen erhalten, die vor Krieg oder Verfolgung fliehen. Die Neuansiedlung ist zudem ein zentraler Bestandteil der Asyl- und Migrationspolitik der Union, da sie Schutzbedürftigen sichere, legale Zugangswege bietet und zur Rettung von Menschenleben, zur Verringerung der irregulären Migration sowie zur Bekämpfung des Geschäftsmodells von Schleusernetzen beiträgt. Die Neuansiedlung ist darüber hinaus ein wichtiger und integraler Bestandteil eines umfassenden Migrationskonzepts, wenn es darum geht, Partnerländer in das gesamte Spektrum der Migrationspolitik einzubeziehen.

(5)

Der UNHCR hat bestätigt, dass der weltweite Resettlement-Bedarf mit 1,44 Millionen Schutzbedürftigen im Jahr 2020 nach wie vor hoch ist. Diese Zahl dürfte in den kommenden Jahren weiter steigen.

(6)

Auf dem ersten Globalen Flüchtlingsforum, das im Dezember 2019 stattfand, wurde eine Bilanz der Fortschritte bei der Umsetzung des Globalen Pakts für Flüchtlinge des UNHCR gezogen. (2) Das Forum mobilisierte eine breite internationale Unterstützung für die Suche nach dauerhaften Lösungen für die Flüchtlinge in der Welt, darunter Lösungen für Neuansiedlungen und für mehr und vielfältigere legale Zugangswege für Menschen, die internationalen Schutz benötigen. Die Dreijahresstrategie des UNHCR (2019-2021) zu Resettlement und komplementären Zugangswegen umfasst eine Ausweitung der Zugangswege durch ein größeres Angebot an Neuansiedlungsplätzen, die Mobilisierung einer größeren Zahl von Akteuren und plädiert für eine ausgeprägtere Willkommenskultur. Um weltweit eine Führungsrolle bei der Neuansiedlung zu übernehmen, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Umsetzung der Strategie zu unterstützen und dem derzeitigen Trend einer rückläufigen Zahl von Neuansiedlungsländern weltweit sowie einem deutlichen Rückgang der Neuansiedlungszusagen entgegenzuwirken. (3)

(7)

Seit 2015 haben zwei erfolgreiche, von der EU geförderte Neuansiedlungsprogramme, an denen eine beträchtliche Zahl von Mitgliedstaaten teilnahm, mehr als 70 000 Menschen, die besonders dringend internationalen Schutz benötigen, geholfen, in der Union Zuflucht zu finden. Zwischen 2015 und 2018, als sich die Neuansiedlungsproblematik weltweit erheblich verschärft hatte, hatte sich die Zahl der Neuansiedlungen in den Mitgliedstaaten jedes Jahr verdreifacht, sodass der Anteil der EU an den weltweiten Neuansiedlungsmaßnahmen von weniger als 9 % vor 2016 auf 41 % im Jahr 2018 anstieg. Dieser Anstieg zeigt den Nutzen und das Potenzial einer Zusammenarbeit und Koordination auf EU-Ebene im Bereich der Neuansiedlung. Er zeigt auch, wie wichtig die Finanzierung aus dem EU-Haushalt ist: 1 Milliarde EUR waren für die direkte Unterstützung der Neuansiedlungsbemühungen der Mitgliedstaaten im Zeitraum 2015-2020 bestimmt.

(8)

Im Rahmen der ersten EU-Neuansiedlungsregelung (4) vereinbarten die Mitgliedstaaten zusammen mit den assoziierten Dublin-Staaten, 22 504 Menschen, die internationalen Schutz benötigen, über einen Zeitraum von zwei Jahren (2015-2017) aus dem Nahen Osten, dem Horn von Afrika und Nordafrika neu anzusiedeln. (5) Insgesamt wurden im Rahmen dieses ersten erfolgreichen EU-Programms 19 452 Personen neu angesiedelt (das entspricht 86 % aller zugesagten Neuansiedlungsplätze).

(9)

Im Rahmen der zweiten EU-Neuansiedlungsregelung (6) vereinbarten die Mitgliedstaaten‚ 50 039 Personen, die internationalen Schutz benötigen, aus der Türkei, dem Libanon, Jordanien sowie aus Ländern entlang der zentralen Mittelmeerroute neu anzusiedeln und damit insbesondere die vom UNHCR in Niger (2017) und Ruanda (2019) eingerichteten Nothilfe-Transitmechanismen zu unterstützen. Die Regelung war mit 43 827 neu angesiedelten Personen (88 % der Zusagen insgesamt) ein Erfolg.

(10)

Um möglichst viele Neuansiedlungen zu gewährleisten und die verfügbaren Mittel sinnvoll zu nutzen, erhalten Mitgliedstaaten, die ihre Zusagen im Rahmen der zweiten Neuansiedlungsregelung der EU noch nicht vollständig erfüllt haben, die Möglichkeit, dies in den Jahren 2020 und 2021 nachzuholen und so ihren früheren Verpflichtungen nachzukommen.

(11)

Im Rahmen der Erklärung EU-Türkei (7) sind bis Mitte September 2020 (8) über 27 000 Menschen neu angesiedelt worden. Weitere Schutzbedürftige aus der Türkei wurden von den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer nationalen Programme neu angesiedelt.

(12)

Die Union muss von Ad-hoc-Neuansiedlungsregelungen zu Regelungen übergehen, die auf einem stabilen Rahmen beruhen, der gewährleistet, dass die Neuansiedlungsregelungen der Union nachhaltig und vorhersehbar sind. Hierzu schlug die Kommission im Jahr 2016 im Rahmen der Überarbeitung des Asylsystems der Union eine Verordnung zur Schaffung eines Neuansiedlungsrahmens der Union (9) vor, der Schutzbedürftigen sichere und legale Zugangswege zu internationalem Schutz eröffnet. Im Juni 2018 wurde eine partielle vorläufige politische Einigung erzielt, die darin bestand, zusätzlich zur Neuansiedlung die Aufnahme aus humanitären Gründen in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung aufzunehmen. Die rasche Annahme des Vorschlags ist eine wichtige Voraussetzung für eine effizientere, gerechtere und solidere Asyl- und Migrationspolitik der EU mit einem stabilen Rahmen für die Neuansiedlung.

(13)

Um sicherzustellen, dass die Neuansiedlungsbemühungen fortgesetzt werden, bis ein stabiler Rahmen vorhanden ist, forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf, auf dem 9. Forum für Neuansiedlungs- und Umsiedlungsmaßnahmen im Juli 2019 Neuansiedlungszusagen für das Jahr 2020 zu unterbreiten. Grundlage hierfür waren die für diesen Zeitraum vereinbarten Prioritäten entsprechend dem vom UNHCR für 2020 prognostizierten weltweiten Neuansiedlungsbedarf sowie den für die Neuansiedlungsplanung der EU für 2020 vom UNHCR empfohlenen 30 000 Neuansiedlungsplätzen. In der Folge gingen Zusagen der Mitgliedstaaten für knapp 29 500 Neuansiedlungsplätze ein. Die beträchtliche Zahl der zugesagten Plätze, die sich auf mehr als 50 % aller Neuansiedlungsplätze, die dem UNHCR für 2020 zugesagt wurden, beläuft, unterstreicht das anhaltende Engagement der Mitgliedstaaten, Schutz zu bieten, Leben zu retten und glaubwürdige Alternativen zur irregulären Migration anzubieten.

(14)

Vor dem Hintergrund des für 2020 prognostizierten weltweiten Neuansiedlungsbedarfs, der Dreijahresstrategie des UNHCR (2019-2021) zu Resettlement und komplementären Zugangswegen und des ersten Globalen Flüchtlingsforums (Dezember 2019) bestätigt diese beträchtliche Gesamtzahl der von den Mitgliedstaaten zugesagten Plätze die weltweite Führungsposition der EU im Bereich Neuansiedlung.

(15)

Die Auswahl der Regionen, die im Rahmen der Zusagen für 2020 vorrangig bei Neuansiedlungen berücksichtigt werden, beruht auf dem vom UNHCR prognostizierten weltweiten Neuansiedlungsbedarf und der Notwendigkeit, die Erklärung EU-Türkei vom März 2016 weiter umzusetzen. Die Mitgliedstaaten sollten die Neuansiedlungen aus der Türkei, Jordanien, dem Libanon sowie aus den wichtigsten afrikanischen Ländern entlang und in Richtung der zentralen Mittelmeerroute, einschließlich Libyen, Niger, Tschad, Ägypten, Äthiopien und Sudan, fortsetzen. Sie sollten auch die Nothilfe-Transitmechanismen in Niger und Ruanda unterstützen und Neuansiedlungsplätze für Notfälle bereitstellen. Die Umsetzung der Erklärung EU-Türkei schließt die Aktivierung der die Türkei betreffende Regelung über die freiwillige Aufnahme aus humanitären Gründen ein, sofern alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind und die irregulären Grenzübertritte zwischen der Türkei und der EU beendet oder zumindest erheblich und nachhaltig reduziert wurden.

(16)

Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Realisierung der anvisierten 29 500 Neuansiedlungsplätze im Jahr 2020 wurden rund 300 Mio. EUR aus dem Unionshaushalt bereitgestellt. (10) Nach Maßgabe des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) können die Mitgliedstaaten eine Anreizzahlung in Höhe von 10 000 EUR für jede aus einer prioritären Region oder einer besonders schutzbedürftigen Gruppe neu angesiedelte Person und von 6 000 EUR für jede andere neu angesiedelte Person erhalten.

(17)

Zwischen Januar und März 2020 wurden im Rahmen der Zusagen für 2020 mehr als 3 600 Personen in der EU neu angesiedelt. Der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie hat die Neuansiedlungsmaßnahmen jedoch schwer beeinträchtigt. Die Mitgliedstaaten, das UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) setzten die Neuansiedlungsmaßnahmen ab Mitte März 2020 aus. Am 18. Juni 2020 kündigten UNHCR und IOM die Wiederaufnahme des Reiseverkehrs zum Zwecke der Neuansiedlung von Flüchtlingen an. (11) Seit dem Sommer haben mehrere Mitgliedstaaten begonnen, ihre Neuansiedlungsmaßnahmen schrittweise wieder aufzunehmen.

(18)

Diese beispiellose globale Gesundheitsbedrohung und die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus hatten erhebliche Auswirkungen auf alle Maßnahmen und Verfahren im Zusammenhang mit der Neuansiedlung, der Aufnahme aus humanitären Gründen und Patenschaftsprogrammen. Es hat sich deutlich gezeigt, dass es einer Koordinierung auf EU-Ebene bedarf, um die Wirkung der ergriffenen Maßnahmen zu maximieren.

(19)

In ihren Hinweisen zur Umsetzung der einschlägigen EU-Bestimmungen im Bereich der Asyl- und Rückführungsverfahren und zur Neuansiedlung (12) forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf‚ weiterhin Solidarität mit auf internationalen Schutz angewiesenen Personen und mit Drittländern, die eine hohe Zahl von Flüchtlingen aufgenommen haben, zu bekunden und so weit wie möglich den Fortgang der Neuansiedlungsverfahren sicherzustellen. Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten auf, neue Arbeitsweisen wie Fernbefragungen oder die Vergabe von Neuansiedlungsplätzen auf Aktenbasis in Betracht zu ziehen. Zu diesen Themen hat das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) mit einer Reihe thematischer Online-Sitzungen im Rahmen des Netzes für Neuansiedlung und Aufnahme aus humanitären Gründen rasch konkrete Unterstützung geleistet.

(20)

Angesichts der durch die Coronavirus-Pandemie bedingten Unterbrechung bei den für 2020 zugesagten Neuansiedlungen hat die Kommission beschlossen, den Durchführungszeitraum über das Jahr 2020 hinaus zu verlängern, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten genügend Zeit haben, um ihre Zusagen vollständig zu erfüllen. Das ursprüngliche Einjahresprogramm wird daher in ein Zweijahresprogramm für den Zeitraum 2020-2021 umgewandelt, in dem die Mitgliedstaaten 29 500 Zusagen für Neuansiedlungsplätze konkretisieren sollen. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, nach Möglichkeit zusätzliche staatlich finanzierte nationale Neuansiedlungsprogramme in Erwägung zu ziehen.

(21)

Um eine nahtlose Fortsetzung der Neuansiedlungsbemühungen der EU nach den durch die Coronavirus-Pandemie verursachten Störungen zu gewährleisten, sollten ab 2022 unter Berücksichtigung der aus dem Asyl- und Migrationsfonds für den Zeitraum 2021-2027 bereitgestellten Finanzmittel für die von den Mitgliedstaaten zugesagten Plätze neue Neuansiedlungsprogramme in Erwägung gezogen werden. Ziel der Union ist auch weiterhin, in den kommenden Jahren eine stetig steigende Zahl von Neuansiedlungen zu erreichen.

(22)

Über die finanzielle Unterstützung der EU hinaus gibt es verschiedene Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten bei der Neuansiedlung unterstützen. Das EASO soll den Mitgliedstaaten helfen, ihre Zusagen einzuhalten. Die in Istanbul ansässige EASO-Fazilität zur Unterstützung von Neuansiedlungen, die seit April 2019 tätig ist (Pilotphase), steht den Mitgliedstaaten bei der Neuansiedlung von Menschen aus der Türkei zur Seite. Darüber hinaus fördert das vom EASO koordinierte Netz für Neuansiedlung und Aufnahme aus humanitären Gründen, das seine Arbeit im Januar 2020 aufgenommen hat, die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen den Mitgliedstaaten mit Schwerpunkt auf EU-spezifischen Themen. Das Netz war für die Mitgliedstaaten das wichtigste Forum, um durch Informationsaustausch und Peer-Learning den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie zu begegnen.

(23)

Darüber hinaus ist es im Einklang mit der Dreijahresstrategie des UNHCR (2019-2021) zu Resettlement und komplementären Zugangswegen angezeigt, die Einführung oder weitere Nutzung von Modellen für die Aufnahme aus humanitären Gründen und anderen komplementären Zugangswegen neben der Neuansiedlung als zusätzliche Möglichkeit zu fördern, um die Zahl der Plätze, die über sichere und legale Zugangswege angeboten werden, zu erhöhen.

(24)

Der vorgeschlagenen EU-Neuansiedlungsverordnung zufolge sollen die Mitgliedstaaten Finanzmittel für die Aufnahme in humanitären Härtefällen erhalten.

(25)

In den Mitgliedstaaten und in Drittländern gibt es bereits vielversprechende Erfahrungen mit einer Vielfalt an Modellen für die Aufnahme aus humanitären Gründen, die ausgeweitet oder in anderen Mitgliedstaaten reproduziert werden können.

(26)

Mehrere Mitgliedstaaten haben Patenschaftsprogramme (13) („community sponsorship schemes“) eingeführt, die die Neuansiedlung‚ die Aufnahme aus humanitären Gründen und andere komplementäre Zugangswege unterstützen können. Private Sponsoren, Gruppen von Privatpersonen oder gemeinnützige Organisationen können auf diese Weise strukturell in die Aufnahme und Integration von Personen, die internationalen Schutz benötigen, einbezogen werden.

(27)

Patenschaftsprogramme können den Mitgliedstaaten helfen, die Zahl der Neuansiedlungsplätze zu erhöhen und Flüchtlinge erfolgreich in die Aufnahmegemeinschaft zu integrieren. Auf der Grundlage einer engen Partnerschaft zwischen Staat und zivilgesellschaftlichen Organisationen, Einzelpersonen oder Gruppen von Einzelpersonen leisten private Sponsoren in der Regel finanzielle, praktische und moralische Unterstützung für die Aufnahme oder Integration von Flüchtlingen. Wie die Studie von 2018 über die Durchführbarkeit und den Mehrwert von Patenschaftsprogrammen (14) gezeigt hat, können Patenschaftsmodelle viele verschiedene Formen annehmen. Je nach Konzeption und Zielsetzung tragen sie dazu bei, die Zahl der Aufnahmeplätze für schutzbedürftige Personen zu erhöhen, eine schnellere und effizientere Integration zu ermöglichen, die öffentliche Unterstützung für Flüchtlinge und Neuansiedlung zu verbessern und die irreguläre Weiterreise neu angesiedelter Personen zu verhindern.

(28)

Weitere Formen von Patenschaftsprogrammen, die als Modell dienen können, sind die von einigen Mitgliedstaaten und privaten Organisationen als „humanitäre Korridore“ bezeichneten Projekte, wie sie derzeit von konfessionellen Trägern in Italien, Frankreich und Belgien in Zusammenarbeit mit ihren nationalen Regierungen durchgeführt werden. Nach diesem Modell sind private Sponsoren in alle Phasen des Aufnahmeverfahrens eingebunden, von der Ermittlung der Personen, die internationalen Schutz benötigen, bis zum Transfer in den jeweiligen Mitgliedstaat. Sie nehmen die Schutzbedürftigen in Empfang, kümmern sich um ihre Integration und tragen die damit verbundenen Kosten. Seit 2016 sind über 2 700 Menschen, die internationalen Schutz benötigen, auf diesem Weg nach Europa gekommen, vor allem nach Italien und Frankreich. Die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den privaten Sponsoren sind häufig in Vereinbarungen festgelegt.

(29)

Angesichts der Vorteile von Patenschaftsprogrammen sollte sich die Union weiterhin für ein entsprechendes EU-Konzept einsetzen, das auf den Erfahrungen der Mitgliedstaaten aufbaut und das EASO einbindet. Die Union wird weiterhin den Aufbau von Kapazitäten zivilgesellschaftlicher Akteure unterstützen, die an Patenschaftsprogrammen beteiligt sind, und den Wissensaustausch über Landesgrenzen hinaus fördern, um bestehende Patenschaftsprogramme auszuweiten und neue Programme zu schaffen, auch in Mitgliedstaaten, in denen es solche Programme noch nicht gibt. Im Jahr 2019 veröffentlichte die Kommission zu diesem Zweck eine spezielle Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des AMIF-Aktionsprogramms der Union. (15) Die Förderung komplementärer Zugangswege für schutzbedürftige Menschen und ihrer Integration ist eines der Themen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für transnationale Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Migration und Integration im Rahmen des AMIF-Arbeitsprogramms 2020. (16)

(30)

Die Coronavirus-Pandemie hat sich auch auf die Patenschaftsprogramme ausgewirkt. In ihren Hinweisen zur Umsetzung der einschlägigen EU-Bestimmungen im Bereich der Asyl- und Rückführungsverfahren und zur Neuansiedlung forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf‚ die Kommunikationskanäle zu den Patenorganisationen und einzelnen Sponsoren aufrechtzuerhalten, sie über die weiteren Entwicklungen zu informieren und die Suche nach Paten sowie deren Überprüfung fortzusetzen, um die künftigen Aufnahmekapazitäten zu erhöhen.

(31)

Wie vom UNHCR hervorgehoben, gilt die Familienzusammenführung weithin als Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Integration im Aufnahmeland. Vertriebene, die internationalen Schutz benötigen, stehen in Bezug auf ihr Recht auf Familienzusammenführung häufig vor zahlreichen Herausforderungen, wie etwa langwierige und aufwendige Verwaltungsverfahren. (17) Dies kann zu Versuchen führen, die Vorschriften durch gefährliche, irreguläre Migrationswege zu umgehen. Um den Zugang zum Recht auf Familienzusammenführung im Einklang mit der Richtlinie über die Familienzusammenführung (18) zu erleichtern‚ werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Programme zur Unterstützung der Familienzusammenführung einzurichten, die den Zugang zu Informationen verbessern und das Visumantragsverfahren vereinfachen. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten in Fällen, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie über die Familienzusammenführung fallen, aufgefordert, Programme für die Aufnahme aus humanitären Gründen einzurichten, wie z. B. für familienbasierte Patenschaften.

(32)

Um sich Kompetenzen, Qualifikationen und die Motivation von Personen, die internationalen Schutz benötigen, zunutze zu machen, sollten auch andere komplementäre Aufnahmemöglichkeiten, wie Bildung oder Beschäftigung, geprüft werden. Mehrere Mitgliedstaaten unterstützen Programme, die Personen, die internationalen Schutz benötigen, z. B. Studierende oder Arbeitnehmer, den Zugang zu bestehenden legalen Aufnahmemöglichkeiten erleichtern. Die Mitgliedstaaten sollten in solchen Verfahren das EU-Instrument zur Erstellung von Kompetenzprofilen für Drittstaatsangehörige zu nutzen. Dieses spezielle Online-Tool hilft, die Kompetenzen und Qualifikationen von Menschen mit Migrationshintergrund zu erfassen und zu dokumentieren. (19)

(33)

Schätzungen zufolge haben weniger als drei Prozent der Flüchtlinge weltweit Zugang zur Hochschulbildung. (20) Selbst wenn sie über die erforderlichen Kompetenzen und Kenntnisse verfügen, mangelt es ihnen häufig an Informationen und finanziellen Mitteln, um sich für Erststudiengänge oder Studiengänge für Postgraduierte in der Union zu bewerben. Die Mitgliedstaaten sollten in Erwägung ziehen, den Hochschulzugang für junge Menschen, die internationalen Schutz benötigen, zu verbessern und ihnen damit die Aufnahme in ihr Land als Studierende erleichtern. Solche Initiativen können ein proaktives Auswahlverfahren in Drittländern, Sprachkurse, Flexibilität bei den Zulassungskriterien für Studienprogramme sowie Stipendien und spezielle Integrationsmaßnahmen bei der Ankunft erfordern. Studierende, die im Einklang mit der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates (21) nach Abschluss ihres Studiums in dem betreffenden Mitgliedstaat bleiben wollen, sollten Beratung und Hilfe bei der Arbeitssuche erhalten.

(34)

Um die Durchführung solcher Programme zu erleichtern, wird die Kommission Peer-Learning und den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fördern und Möglichkeiten ausloten, wie die EU die Gestaltung und Entwicklung dieser Zugangswege für Studierende finanziell unterstützen kann.

(35)

Die Mitgliedstaaten sollten erwägen, in Partnerschaft mit dem Privatsektor, Arbeitgebern, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft im Bereich der internationalen Arbeitskräftemobilität innovative Programme für schutzbedürftige Personen zu entwickeln.

(36)

Das EASO wird zusammen mit dem Netz für Neuansiedlung und Aufnahme aus humanitären Gründen den Mitgliedstaaten dabei helfen, Aufnahmeprogramme für humanitäre Härtefälle und andere komplementäre Zugangswege zu konzipieren und durchzuführen.

(37)

Bei der Durchführung von Programmen für die Neuansiedlung, für die Aufnahme aus humanitären Gründen und für andere komplementäre Zugangswege sollten die Mitgliedstaaten den Verpflichtungen gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Rechnung tragen.

(38)

Um die Anwendung der EU-Neuansiedlungsregelungen in den Jahren 2020 und 2021 verfolgen zu können, sollten die Mitgliedstaaten der Kommission auf Anfrage die Zahl der Personen mitteilen, die sie ihren Zusagen entsprechend neu angesiedelt haben, und die Länder angeben, aus denen sie aufgenommen wurden. Die Kommission wird auch die verschiedenen in den Mitgliedstaaten durchgeführten Projekte und Programme für die Aufnahme aus humanitären Gründen verfolgen, um sich einen Überblick über alle legalen Zugangswege für Personen, die internationalen Schutz benötigen, und die Zahl der Plätze, die über diese Kanäle angeboten werden, zu verschaffen.

(39)

Diese Empfehlung sollte an die Mitgliedstaaten gerichtet werden. Die assoziierten Dublin-Staaten sind eingeladen, sich an den gemeinsamen europäischen Neuansiedlungsbemühungen sowie an gemeinsamen Anstrengungen in Bezug auf andere komplementäre Zugangswege zu beteiligen —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

DIE ZAHL DER MITGLIEDSTAATEN, DIE SICH AN NEUANSIEDLUNG UND AUFNAHME AUS HUMANITÄREN GRÜNDEN BETEILIGEN, ERHÖHEN

1.

Die Mitgliedstaaten sollten dazu beitragen, im Geiste der internationalen Solidarität mit den Erstasyl- und Transitländern legale Zugangswege für Personen zu schaffen, die internationalen Schutz benötigen, und die Solidarität untereinander stärken.

DIE NEUANSIEDLUNGSBEMÜHUNGEN WÄHREND DER CORONAVIRUS-PANDEMIE VERSTÄRKEN UND MITTELFRISTIG AUSWEITEN

2.

Aufbauend auf den Erfahrungen mit der Umsetzung der früheren Neuansiedlungsregelungen der EU werden die Mitgliedstaaten zur Überbrückung des Übergangs zwischen diesen Regelungen und dem festen Neuansiedlungsrahmen der Union aufgefordert, das Neuansiedlungsziel zu erreichen, das im Rahmen der Zusagen für 2020 für mindestens 29 500 Drittstaatsangehörige, die internationalen Schutz benötigen, über einen Zeitraum von zwei Jahren (1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2021) festgelegt wurde.

3.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, ihre Zusagen für 2020 so rasch zu erfüllen, wie dies angesichts der Coronavirus-Pandemie möglich ist. Sie sollten innovative Arbeitsweisen in Betracht ziehen und ihre Verfahren an die sich wandelnden Gegebenheiten vor Ort anpassen, auch in den Erstasylländern.

4.

Die Mitgliedstaaten, die ihre Zusagen im Rahmen der Neuansiedlungsregelung der EU für den Zeitraum 2018-2019 (22) nicht vollständig erfüllt haben, sollten dies in den Jahren 2020 und 2021 im Einklang mit ihren nationalen AMIF-Programmen tun.

5.

In den Jahren 2020 und 2021 sollten die Mitgliedstaaten ihre Neuansiedlungsaktivitäten, soweit es die Coronavirus-Pandemie erlaubt, fortsetzen und ihre Zusagen auf Folgendes ausrichten:

a)

im Hinblick auf die Umsetzung der Erklärung EU-Türkei vom März 2016 auf die Fortführung der Neuansiedlung von syrischen Staatsangehörigen, anderen Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die durch den Syrien-Konflikt vertrieben wurden und sich in der Türkei aufhalten; dies schließt die Aktivierung der Regelung für die freiwillige Aufnahme aus humanitären Gründen ein, sofern alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind und die irregulären Grenzübertritte zwischen der Türkei und der EU beendet oder zumindest erheblich und nachhaltig reduziert wurden;

b)

auf die Fortführung der Neuansiedlungen aus dem Libanon und aus Jordanien;

c)

auf die Beteiligung an der weiteren Stabilisierung der Lage im zentralen Mittelmeerraum durch Neuansiedlung von Schutzbedürftigen aus Libyen, Niger, dem Tschad, Ägypten, Äthiopien und dem Sudan — auch im Rahmen der zeitlich befristeten UNHCR-Maßnahmen für die Notevakuierung besonders schutzbedürftiger Gruppen von aus Libyen stammenden Migranten, die sich in Niger und Ruanda aufhalten.

6.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, flexibel auf sich weltweit stellende dringende Neuansiedlungsbedürfnisse zu reagieren. Sie sollten so viele Neuansiedlungszusagen wie möglich erfüllen und die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel hierfür sinnvoll nutzen. Sie sollten ihre Neuansiedlungsprogramme in enger Zusammenarbeit mit dem UNHCR und gegebenenfalls mit Unterstützung des EASO durchführen.

7.

Um nach den durch die Coronavirus-Pandemie verursachten Unterbrechungen Kontinuität und wieder mehr Neuansiedlungsmaßnahmen zu gewährleisten, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, einen Beitrag zu künftigen Neuansiedlungsprogrammen der EU zu leisten. Sie werden aufgefordert, ihre bestehenden Neuansiedlungsprogramme auszuweiten, ihre früheren Programme wieder aufzunehmen oder neue aufzulegen, um mehr Personen, die internationalen Schutz benötigen, aufzunehmen, wenn wieder Neuansiedlungen unter sicheren Bedingungen für alle Beteiligten möglich sind.

NEUANSIEDLUNGSPROGRAMME VON HOHER QUALITÄT GEWÄHRLEISTEN

8.

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass alle Phasen des Neuansiedlungsprozesses, insbesondere die (aus der Ferne erfolgende) Orientierung vor der Ausreise und die Informationen nach der Ankunft, qualitativ hochwertig sind. Sie werden aufgefordert, unter Berücksichtigung verstärkter Gesundheitsbedenken angemessene und ausreichende Aufnahmekapazitäten bereitzustellen, um die rasche Ankunft ausgewählter Personen in Europa zu gewährleisten.

9.

Die Mitgliedstaaten sollten gezielte und wirksame Programme zur Integration und sozialen Inklusion für neu angesiedelte Personen konzipieren, die insbesondere der Schutzbedürftigkeit dieser Personen Rechnung tragen. Sie werden aufgefordert, eng mit der Zivilgesellschaft und den Aufnahmegemeinschaften zusammenzuarbeiten, um Patenschaftsprogramme einzuführen oder auszuweiten, die darauf abzielen, neu angesiedelte Flüchtlinge effizienter, besser und schneller in die Aufnahmegesellschaften zu integrieren.

10.

Die Mitgliedstaaten sollten interne Kontroll- und Evaluierungsprogramme einrichten, um die Effizienz und Wirksamkeit ihrer Neuansiedlungsprogramme und der einschlägigen Integrationsprogramme zu bewerten.

DIE AUFNAHME AUS HUMANITÄREN GRÜNDEN FÖRDERN

11.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, mehr Personen aufzunehmen, die besonders dringend internationalen Schutz benötigen. Für diesen Personenkreis sollten sie neben der Neuansiedlung die Einrichtung oder Ausweitung anderer legaler Zugangswege in Erwägung ziehen.

12.

Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Zugang zum Recht auf Familienzusammenführung zu erleichtern und Programme zur Unterstützung der Familienzusammenführung aufzulegen, die den Zugang zu Informationen verbessern und das Antragsverfahren vereinfachen. Sie sollten ferner mit Aufnahmeprogrammen für humanitäre Härtefälle, z. B. mit familienbasierten Patenschaftsprogrammen, Möglichkeiten für die Aufnahme von Familienangehörigen von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, schaffen.

13.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, sich basierend auf den vielfältigen Modellen für die Aufnahme aus humanitären Gründen an einem EU-weiten Konzept für Patenschaftsprogramme zu beteiligen, um im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Prioritäten und unter Berücksichtigung der auswärtigen Prioritäten und Interessen der EU Aufnahmeprogramme zu erarbeiten.

14.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, eng mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, um Patenschaftsprogramme für Aufnahmen aus humanitären Gründen einzuführen oder auszuweiten, bei denen private Sponsoren, Gruppen von Privatpersonen oder gemeinnützige Organisationen an verschiedenen Phasen des Programms beteiligt sind — von der Ermittlung von Personen, die internationalen Schutz in dem fraglichen Drittland benötigen, bis zu ihrer Integration im Aufnahmeland.

15.

Bei der Gestaltung dieser Patenschaftsprogramme sollten die Mitgliedstaaten und ihre Partner transparente, nichtdiskriminierende Auswahlkriterien für Schutzbedürftige festlegen. Sie sollten von Beginn an sicherstellen, dass die jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten von Staat und Zivilgesellschaft sowohl in der Phase vor der Abreise als auch nach der Ankunft klar definiert sind. Die Mitgliedstaaten bleiben für die Sicherheitskontrollen und Aufnahmeverfahren verantwortlich und müssen sicherstellen, dass geeignete Garantien und Sicherheitsvorkehrungen vorhanden sind.

16.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Patenschaftsprogramme einzuführen oder auszuweiten, die darauf ausgerichtet sind, in den Aufnahmegesellschaften eine bessere und schnellere Integration und soziale Inklusion von Schutzbedürftigen zu gewährleisten und durch eine ausgeprägtere Willkommenskultur und eine inklusivere Gesellschaft eine bessere öffentliche Unterstützung zu erreichen.

17.

Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, die Kommunikationskanäle zu den Patenorganisationen während und nach der Coronavirus-Pandemie aufrechtzuerhalten und die Paten aktiv in die Patenschaftsprogramme einzubinden.

18.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die verschiedenen Kofinanzierungsmöglichkeiten der EU zur Förderung von Patenschaftsprogrammen zu nutzen.

KOMPLEMENTÄRE ZUGANGSWEGE ZU BILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG FÜR MENSCHEN, DIE INTERNATIONALEN SCHUTZ BENÖTIGEN, FÖRDERN

19.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Programme auf den Weg zu bringen und zu unterstützen, die Personen, die internationalen Schutz benötigen, den Zugang zu anderen bestehenden legalen Zugangswegen erleichtern, gegebenenfalls unter Nutzung von EU-Instrumenten, mit denen ihre Fähigkeiten und Qualifikationen erfasst und dokumentiert werden können. Die Mitgliedstaaten werden ferner aufgefordert, sobald wie möglich Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, u. a. im Rahmen von Aktivierungsprogrammen (wie Umschulung und Weiterqualifizierung). Um die Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten eng mit den Sozialpartnern zusammenarbeiten.

20.

Die Mitgliedstaaten sollten in Erwägung ziehen, den Hochschulzugang für junge Menschen, die internationalen Schutz benötigen, zu verbessern und ihnen unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse die Chance auf ein Studium geben. In enger Partnerschaft mit den Hochschulen könnten die Mitgliedstaaten die Auflage spezieller Programme in Erwägung ziehen, die ein spezielles, flexibleres Auswahlverfahren für Hochschulbewerber, finanzielle Unterstützung und geeignete Sprachkurse umfassen, oder sie könnten ihre bestehenden Initiativen ausweiten. Sie sollten Beratung bieten und Hochschulabsolventen, die in dem Mitgliedstaat bleiben möchten, bei der Arbeitssuche helfen.

21.

Die Mitgliedstaaten sollten erwägen, im Bereich der internationalen Arbeitskräftemobilität in Partnerschaft mit dem Privatsektor und den Arbeitgebern innovative Programme für Personen zu entwickeln, die internationalen Schutz benötigen, ohne dass Abstriche bei den Schutzrechten gemacht werden.

22.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, sich an einer EU-Strategie zur Förderung privater Patenschaften zu beteiligen, um die komplementären Zugangswege in den Bereichen Bildung und Beschäftigung für Personen, die internationalen Schutz benötigen, zu unterstützen.

DIE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN INTENSIVIEREN UND DIE NEUANSIEDLUNG WELTWEIT FÖRDERN

23.

Um die Vorteile und das Potenzial der Zusammenarbeit und Koordinierung auf EU-Ebene in den Bereichen Neuansiedlung, Aufnahme aus humanitären Gründen, gemeinschaftliche Patenschaftsprogramme und komplementäre Zugangswege zu nutzen, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, am EASO-Netz für Neuansiedlung und Aufnahme aus humanitären Gründen teilzunehmen und sich aktiv an den Sitzungen und Aktivitäten zu beteiligen.

24.

Die Mitgliedstaaten sollten im Rahmen des EASO-Netzes für Neuansiedlung und Aufnahme aus humanitären Gründen zusammenarbeiten, um nach Aufhebung der Beschränkungen wegen der Coronavirus-Pandemie die zügige und reibungslose Wiederaufnahme der Neuansiedlungen zu erleichtern und um neue Arbeitsweisen und Verfahren zu entwickeln, die mittelfristig tragfähigere Neuansiedlungsmaßnahmen gewährleisten.

25.

Um die Neuansiedlung weltweit auszuweiten, sollten die Mitgliedstaaten mit Drittländern partnerschaftlich zusammenarbeiten und ihnen durch Kapazitätsaufbau und Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren auf der Grundlage des Fachwissens des EASO und in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und der IOM dabei helfen, Neuansiedlungsprogramme zu entwickeln.

MONITORING

26.

Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission auf Anfrage die Zahl der Personen mitteilen, die sie ihren Zusagen entsprechend neu angesiedelt haben, und die Länder angeben, aus denen sie aufgenommen wurden.

27.

Die Mitgliedstaaten sollten die Kommission über Aufnahmen aus humanitären Gründen auf der Grundlage einschlägiger Programme und Aufnahmen über andere komplementäre Zugangswege auf dem Laufenden halten.

FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG

28.

Die Mitgliedstaaten sollten die finanzielle Unterstützung, die aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds für den Rest des Durchführungszeitraums bereitgestellt wird, für die Neuansiedlungszusagen voll ausschöpfen, damit sichergestellt ist, dass alle in dieser Empfehlung genannten Phasen des Neuansiedlungsprozesses einem hohen Qualitätsstandard genügen.

29.

Die Mitgliedstaaten sollten auch andere Finanzierungsmöglichkeiten der EU, insbesondere den Europäischen Sozialfonds und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gemäß ihren jeweiligen Zielen, umfassend nutzen, um die Neuansiedlung, die Aufnahme aus humanitären Gründen und andere komplementäre Zugangswege für Personen, die internationalen Schutz benötigen, sowie ihre Integration und soziale Eingliederung in die Aufnahmegesellschaften zu unterstützen und zu verbessern.

ADRESSATEN

Diese Empfehlung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 23. September 2020

Für die Kommission

Ylva JOHANSSON

Mitglied der Kommission


(1)  Aus dem Unionshaushalt kofinanziert und von Konsortien unter mitgliedstaatlicher Leitung durchgeführt.

(2)  https://www.unhcr.org/the-global-compact-on-refugees.html

(3)  Das UNHCR erhielt im Jahr 2018 Neuansiedlungszusagen von 29 Ländern. Im Jahr 2017 waren es noch 35 Länder. Die Zahl der Ausreisen zwecks Neuansiedlung sank von 65 100 im Jahr 2017 auf 55 680 im Jahr 2018.

(4)  Empfehlung (EU) 2015/914 der Kommission vom 8. Juni 2015 für eine europäische Neuansiedlungsregelung (ABl. L 148 vom 13.6.2015, S. 32).

(5)  Schlussfolgerungen der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 20. Juli 2015.

(6)  Empfehlung (EU) 2017/1803 der Kommission vom 3. Oktober 2017 über den Ausbau legaler Einreisemöglichkeiten für Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz (ABl. L 259 vom 7.10.2017, S. 21).

(7)  https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2016/03/18/eu-turkey-statement/

(8)  Diese Neuansiedlungen wurden teilweise im Rahmen der in den Erwägungsgründen (8) und (9) genannten Neuansiedlungsregelungen der EU berücksichtigt.

(9)  COM(2016) 468 final.

(10)  Die finanzielle Unterstützung setzt sich zusammen aus den Haushaltsmitteln für 2019 und 2020, die den Mitgliedstaaten in zwei Tranchen zur Verfügung gestellt wurden.

(11)  https://www.unhcr.org/news/press/2020/6/5eeb85be4/joint-statement-un-refugee-chief-grandi-ioms-vitorino-announce-resumption.html?query=resettlement resumption

(12)  C(2020) 2516 final.

(13)  In einigen Ländern werden sie auch als „private Patenschaften“ bezeichnet.

(14)  https://op.europa.eu/fr/publication-detail/-/publication/1dbb0873-d349-11e8-9424-01aa75ed71a1/language-en/format-PDF/source-114630059

(15)  Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen AMIF-2019-AG-Call, Thema 1: Förderung der Integration schutzbedürftiger Personen durch private Patenschaften.

(16)  Durchführungsbeschluss der Kommission vom 26.6.2020 über die Finanzierung von Maßnahmen der Union im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und die Annahme des Arbeitsprogramms für 2020 (https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/financing/fundings/migration-asylum-borders/asylum-migration-integration-fund/union-actions/docs/c4223-annex-decision-amif-awp-2020.pdf).

(17)  https://www.unhcr.org/uk/protection/basic/5f5743f84/families-together-family-reunification-for-refugees-in-the-european-union.html

(18)  Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 vom 3.10.2003, S. 12).

(19)  https://ec.europa.eu/migrantskills/#/

(20)  Schätzungen des UNHCR (https://www.unhcr.org/tertiary-education.html).

(21)  Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), Artikel 25.

(22)  Empfehlung (EU) 2017/1803.


ANHANG

Neuansiedlung: Zusagen 2020

Mitgliedstaat

Plätze insgesamt 2020

Belgien

758

Bulgarien (*1)

[25]

Tschechien

 

Dänemark

 

Deutschland

5 500

Estland

 

Irland

994

Griechenland

 

Spanien

1 000

Frankreich

5 200

Kroatien

100

Italien

700

Zypern

 

Lettland

 

Litauen

18

Luxemburg (*1)

[50]

Ungarn

 

Malta (*1)

[20]

Niederlande

1 902

Österreich

 

Polen

 

Portugal

1 150

Rumänien

200

Slowenien

 

Slowakei

 

Finnland

850

Schweden

5 114

Vereinigtes Königreich

6 000

INSGESAMT

29 487


(*1)  Zusagen aus der vorherigen Regelung (nicht im Rahmen der Zusagen für 2020 berücksichtigt).