22.2.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 53/1


VERORDNUNG (EU) 2019/287 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 13. Februar 2019

über die Anwendung von bilateralen Schutzklauseln und anderen Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von im Rahmen bestimmter Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Drittländern vereinbarten Präferenzen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Union schließt mit Drittländern regelmäßig Handelsabkommen, mit denen sie diesen Ländern eine Präferenzregelung gewährt. Diese Handelsabkommen können bilaterale Schutzklauseln und andere Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen enthalten, wie etwa Stabilisierungsmechanismen für bestimmte sensible Erzeugnisse. Die Besonderheiten einiger unter die Handelsabkommen fallender Erzeugnisse sowie die prekäre Lage der Gebiete der Union in äußerster Randlage gemäß Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) können Ad-hoc-Bestimmungen erforderlich machen.

(2)

Um die wirksame Durchführung bilateraler Schutzklauseln und anderer Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen sicherzustellen, müssen Verfahren festgelegt werden.

(3)

Diese Verordnung sollte unbeschadet etwaiger in den Handelsabkommen enthaltener besonderer Bestimmungen gelten, die Schutzklauseln und andere Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen betreffen, wenn diese besonderen Bestimmungen mit dieser Verordnung nicht im Einklang stehen. Solche besonderen Bestimmungen sollten im Anhang der vorliegenden Verordnung aufgeführt werden. Bei künftigen Handelsabkommen mit Drittländern sollte es der Kommission daher unbenommen sein, solche besonderen Bestimmungen auszuhandeln.

(4)

Schutzmaßnahmen dürfen nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn das betreffende Erzeugnis in derart erhöhten Mengen (in absoluten Zahlen oder bezogen auf die Unionsproduktion) und unter derartigen Bedingungen in die Union eingeführt wird, dass den Unionsherstellern gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Erzeugnisse ein ernsthafter Schaden entsteht oder zu entstehen droht. Schutzmaßnahmen sollten in Form einer der im einschlägigen Handelsabkommen genannten Maßnahmen ergriffen werden.

(5)

Die Überwachung und Überprüfung der Handelsabkommen, die Durchführung von Untersuchungen sowie erforderlichenfalls die Einführung von Schutzmaßnahmen sollten so transparent wie möglich erfolgen.

(6)

Die Mitgliedstaaten sollten die Kommission über Einfuhrentwicklungen informieren, welche die Einführung von Schutzmaßnahmen erforderlich machen könnten.

(7)

Die Zuverlässigkeit der Statistiken über sämtliche Einfuhren aus den betroffenen Ländern in die Union ist bei der Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Einführung von Schutzmaßnahmen erfüllt sind, von ausschlaggebender Bedeutung.

(8)

Die strenge Überwachung sensibler Erzeugnisse sollte es erleichtern, dass rechtzeitig ein Beschluss zur möglichen Einleitung von Untersuchungen und zur anschließenden Einführung von Schutzmaßnahmen gefasst wird. Aus diesem Grund sollte die Kommission die Einfuhren sensibler Erzeugnisse ab dem Datum der vorläufigen Anwendung des einschlägigen Handelsabkommens oder — wenn keine vorläufige Anwendung vorgesehen ist — ab dem Datum des Inkrafttretens des betreffenden Handelsabkommens regelmäßig überwachen. Auf hinreichend begründeten Antrag des betroffenen Wirtschaftszweigs der Union an die Kommission sollte die Überwachung auf andere Erzeugnisse oder Wirtschaftszweige ausgeweitet werden.

(9)

Ferner müssen Fristen für die Einleitung von Untersuchungen sowie für die Entscheidung über die Zweckmäßigkeit von Schutzmaßnahmen festgelegt werden, um eine rasche Beschlussfassung sicherzustellen und dadurch die Rechtssicherheit für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer zu erhöhen.

(10)

Vor Anwendung einer Schutzmaßnahme sollte eine Untersuchung durchgeführt werden, wobei die Kommission jedoch die Möglichkeit haben sollte, in einer kritischen Lage vorläufige Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

(11)

Schutzmaßnahmen sollten nur in dem Maße und nur so lange angewendet werden, wie dies zur Vermeidung eines ernsthaften Schadens und für die Erleichterung der Anpassung erforderlich ist. Die maximale Geltungsdauer der Schutzmaßnahmen sollte festgelegt werden; ferner sollten besondere Bestimmungen über die Verlängerung und Überprüfung dieser Maßnahmen vorgesehen werden.

(12)

Die Kommission sollte mit den von den Schutzmaßnahmen betroffenen Ländern Konsultationen aufnehmen, sofern dies in den betreffenden Handelsabkommen, deren Vertragsparteien sie sind, vorgeschrieben ist.

(13)

Im Hinblick auf die Änderung des Anhangs der vorliegenden Verordnung sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, mit denen Einträge im Zusammenhang mit Handelsabkommen, mit etwaigen in einem Handelsabkommen enthaltenen Bestimmungen und in Zusammenhang mit Schutzmaßnahmen oder anderen Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen, die nicht in Einklang mit dieser Verordnung stehen, in Zusammenhang mit etwaigen in einem Handelsabkommen als „sensibel“ eingestuften Erzeugnissen oder etwaigen Bestimmungen über die Festlegung von besonderen Regeln für andere Mechanismen, aufgenommen oder gestrichen werden. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (2) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(14)

Die Durchführung der bilateralen Schutzklauseln oder anderer Mechanismen und die Schaffung transparenter Kriterien für die abkommensseitig vorgesehene vorübergehende Aussetzung von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen erfordert einheitliche Bedingungen für die Annahme vorläufiger oder endgültiger Schutzmaßnahmen, die Einführung vorsorglicher Überwachungsmaßnahmen, die Einstellung einer Untersuchung ohne Einführung von Maßnahmen und die vorübergehende Aussetzung von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen.

(15)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) ausgeübt werden.

(16)

Beim Erlass von vorsorglichen Überwachungsmaßnahmen und vorläufigen Schutzmaßnahmen sollte angesichts der Auswirkungen dieser Maßnahmen und ihrer sequenziellen Logik in Bezug auf den Erlass endgültiger Schutzmaßnahmen auf das Beratungsverfahren zurückgegriffen werden. Bei der Einführung endgültiger Schutzmaßnahmen und der Überprüfung derartiger Maßnahmen sollte das Prüfverfahren angewandt werden.

(17)

Wo dies aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich ist, sollte die Kommission in hinreichend begründeten Fällen, in denen eine Verzögerung der Einführung vorläufiger Schutzmaßnahmen einen schwer wiedergutzumachenden Schaden verursachen würde, oder zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf den Unionsmarkt infolge gestiegener Einfuhren, unverzüglich anwendbare Durchführungsrechtsakte erlassen.

(18)

Eine vertrauliche Behandlung von Informationen sollte vorgesehen werden, um Geschäftsgeheimnisse nicht offenzulegen.

(19)

Die Kommission sollte dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über die Durchführung der im Anhang dieser Verordnung genannten Handelsabkommen und die Anwendung der Schutzmaßnahmen vorlegen —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Mit dieser Verordnung werden Bestimmungen zur Durchführung der bilateralen Schutzklauseln und anderen Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen festgelegt, die in den zwischen der Union und einem oder mehreren Drittländern geschlossenen und im Anhang dieser Verordnung genannten Handelsabkommen enthalten sind.

Diese Bestimmungen gelten unbeschadet etwaiger besonderer in den Handelsabkommen enthaltener und im Anhang aufgeführter Bestimmungen, die bilaterale Schutzklauseln und andere Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen betreffen, wenn solche Bestimmungen mit dieser Verordnung nicht im Einklang stehen.

Diese Verordnung lässt es der Kommission daher unbenommen, im Rahmen künftiger Handelsabkommen solche besonderen Bestimmungen auszuhandeln.

(2)   Für die Anwendung von Schutzmaßnahmen für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen, die in nicht im Anhang dieser Verordnung genannten Handelsabkommen zwischen der Union und Drittländern enthalten sind, gilt weiterhin Artikel 194 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4).

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Abkommen“ ein im Anhang dieser Verordnung genanntes Handelsabkommen;

2.

„bilaterale Schutzklausel“ eine Bestimmung in Bezug auf die vorläufige Aussetzung von Zollpräferenzen, die in einem Abkommen festgelegt ist;

3.

„interessierte Parteien“ die Parteien, die von den Einfuhren des Erzeugnisses betroffen sind;

4.

„Wirtschaftszweig der Union“ entweder die Gesamtheit der Unionshersteller der gleichartigen oder unmittelbar konkurrierenden Erzeugnisse im Gebiet der Union oder die Unionshersteller, deren Produktion gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Erzeugnisse zusammengenommen einen erheblichen Teil der gesamten Unionsproduktion dieser Erzeugnisse ausmacht; in dem Fall, in dem ein gleichartiges oder unmittelbar konkurrierendes Erzeugnis nur eines von mehreren anderen Erzeugnissen darstellt, die von den Unionsherstellern hergestellt werden, ergibt sich die Bestimmung des Begriffs „Wirtschaftszweig der Union“ aus den spezifischen Tätigkeiten zur Herstellung des gleichartigen oder unmittelbar konkurrierenden Erzeugnisses;

5.

„ernsthafter Schaden“ eine erhebliche allgemeine Verschlechterung der Lage des Wirtschaftszweigs der Union;

6.

„drohender ernsthafter Schaden“ einen ernsthaften Schaden, der eindeutig unmittelbar bevorsteht, wobei sich dessen Feststellung auf überprüfbare Informationen gründen muss;

7.

„sensibles Erzeugnis“ ein Erzeugnis, das in einem bestimmten Abkommen als im Vergleich zu anderen Erzeugnissen relativ anfälliger gegenüber sprunghaft ansteigenden Einfuhren eingestuft ist;

8.

„Übergangszeit“ einen Zeitraum von zehn Jahren ab dem Inkrafttreten des Abkommens, sofern in dem betreffenden Abkommen nichts anderes festgelegt ist;

9.

„betroffenes Land“ ein Drittland, das Vertragspartei eines Abkommens ist.

Artikel 3

Grundsätze

(1)   Eine Schutzmaßnahme kann nach Maßgabe dieser Verordnung eingeführt werden, wenn die Einfuhren eines Erzeugnisses mit Ursprung in einem betroffenen Land in die Union

a)

in derart erhöhten Mengen (in absoluten Zahlen oder bezogen auf die Unionsproduktion), und

b)

unter solchen Bedingungen erfolgen, dass dem Wirtschaftszweig der Union ein ernsthafter Schaden entsteht oder zu entstehen droht, und

c)

der Anstieg der Einfuhren auf Verpflichtungen zurückzuführen ist, die im Rahmen des betreffenden Abkommens eingegangen wurden, einschließlich des Abbaus oder der Beseitigung von Zöllen auf dieses Erzeugnis.

(2)   Eine Schutzmaßnahme kann folgende Form haben:

a)

Aussetzung der weiteren Senkung des Zollsatzes für das betreffende Erzeugnis gemäß dem im Abkommen mit dem betroffenen Land enthaltenen Stufenplan für den Zollabbau;

b)

Anhebung des Zollsatzes für das betreffende Erzeugnis bis zur Höhe des niedrigeren der beiden folgenden Sätze:

i)

zum Zeitpunkt der Einführung der Schutzmaßnahme geltender Meistbegünstigungszollsatz für das betreffende Erzeugnis oder

ii)

Basiszollsatz gemäß dem im Abkommen mit dem betroffenen Land enthaltenen Stufenplan für den Zollabbau.

Artikel 4

Überwachung

(1)   Die Kommission überwacht regelmäßig die Entwicklung der Statistiken über die Einfuhren von etwaigen im Anhang dieser Verordnung für das jeweilige Abkommen aufgeführten sensiblen Erzeugnissen. Zu diesem Zweck arbeitet die Kommission mit den Mitgliedstaaten und dem Wirtschaftszweig der Union zusammen und tauscht regelmäßig Daten mit ihnen aus.

(2)   Die Kommission kann auf einen hinreichend begründeten Antrag des betroffenen Wirtschaftszweigs der Union den Geltungsbereich der Überwachung gemäß Absatz 1 gegebenenfalls auf andere als die im Anhang genannten Erzeugnisse oder Wirtschaftszweige ausweiten.

(3)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Überwachungsbericht in Bezug auf Statistiken über die Einfuhren sensibler Erzeugnisse und gegebenenfalls zu den Erzeugnissen oder Wirtschaftszweigen vor, auf die die Überwachung ausgeweitet wurde.

Artikel 5

Einleitung von Untersuchungen

(1)   Eine Untersuchung wird von der Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats, einer im Namen des Wirtschaftszweigs der Union handelnden natürlichen oder juristischen Person oder einer im Namen des Wirtschaftszweigs der Union handelnden Organisation ohne Rechtspersönlichkeit oder auf Veranlassung der Kommission eingeleitet, wenn auf der Grundlage der Bewertung der in Artikel 6 Absatz 5 genannten Faktoren genügend Anscheinsbeweise für einen ernsthaften Schaden oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens für den Wirtschaftszweig der Union vorliegen.

(2)   Anträge auf Einleitung einer Untersuchung können auch von einem Wirtschaftszweig der Union, einer im Namen des Wirtschaftszweigs der Union handelnden natürlichen oder juristischen Person oder einer im Namen des Wirtschaftszweigs der Union handelnden Organisation ohne Rechtspersönlichkeit, gemeinsam mit Gewerkschaften eingereicht werden. Außerdem können Anträge auf Einleitung einer Untersuchung von Gewerkschaften unterstützt werden. Das Recht für den Wirtschaftszweig der Union, den Antrag zurückzuziehen, bleibt davon unberührt.

(3)   Der Antrag auf Einleitung einer Untersuchung enthält folgende Angaben:

a)

Grad und Umfang des Anstiegs der Einfuhren des betreffenden Erzeugnisses in absoluten und relativen Zahlen;

b)

Inlandsmarktanteil der gestiegenen Einfuhren sowie Veränderungen innerhalb des Wirtschaftszweigs der Union bezüglich des Absatz- und Produktionsvolumens, sowie des Niveaus der Produktivität, der Kapazitätsauslastung, der Gewinne und Verluste und der Beschäftigung.

(4)   Das untersuchte Erzeugnis kann je nach den spezifischen Marktbedingungen eine oder mehrere Zolltarifpositionen oder eine oder mehrere Unterpositionen von einer oder mehreren Zolltarifpositionen abdecken oder kann jeder anderen im Wirtschaftszweig der Union gängigen Produktsegmentierung entsprechen.

(5)   Eine Untersuchung kann auch eingeleitet werden, wenn in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ein schlagartiger Anstieg der Einfuhren zu verzeichnen ist, sofern nach Bewertung der in Artikel 6 Absatz 5 genannten Faktoren genügend Anscheinsbeweise für einen ernsthaften Schaden oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens für den Wirtschaftszweig der Union vorliegen.

(6)   Die Kommission übermittelt den Mitgliedstaaten eine Kopie des Antrags auf Einleitung einer Untersuchung, bevor sie die Untersuchung einleitet. Wenn die Kommission nach Absatz 1 auf eigene Veranlassung eine Untersuchung einleiten will, informiert sie die Mitgliedstaaten, sobald sie entschieden hat, dass diese Untersuchung eingeleitet werden muss.

(7)   Wenn für die Kommission ersichtlich ist, dass ausreichende Anscheinsbeweise vorliegen um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen, leitet sie die Untersuchung ein und veröffentlicht eine Bekanntmachung der Einleitung einer Untersuchung (im Folgenden „Einleitungsbekanntmachung“) im Amtsblatt der Europäischen Union. Die Einleitung der Untersuchung erfolgt binnen eines Monats nach Eingang des Antrags gemäß Absatz 1 bei der Kommission.

(8)   Die Einleitungsbekanntmachung enthält Folgendes:

a)

eine Zusammenfassung der in der Kommission eingegangenen Informationen sowie die Aufforderung, der Kommission alle sachdienlichen Informationen zu übermitteln;

b)

die Frist, innerhalb deren die interessierten Parteien schriftlich Stellung nehmen und der Kommission Informationen übermitteln können, wenn diese Stellungnahmen und diese Informationen im Verfahren berücksichtigt werden sollen;

c)

die Frist, innerhalb deren interessierte Parteien bei der Kommission einen Antrag auf Anhörung nach Artikel 6 Absatz 9 stellen können.

Artikel 6

Durchführung der Untersuchung

(1)   Nach Veröffentlichung der Einleitungsbekanntmachung nach Maßgabe des Artikels 5 Absätze 7 und 8 leitet die Kommission eine Untersuchung ein.

(2)   Die Kommission kann die Mitgliedstaaten ersuchen, ihr Auskünfte zu erteilen, und die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Vorkehrungen, um entsprechenden Ersuchen nachzukommen. Sind die angeforderten Informationen von allgemeinem Interesse und nicht vertraulich im Sinne des Artikels 12, so werden sie den in Absatz 8 dieses Artikels genannten nicht vertraulichen Unterlagen hinzugefügt.

(3)   Die Untersuchung wird, wenn möglich, binnen sechs Monaten nach dem Tag der Veröffentlichung der Einleitungsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union abgeschlossen. Dieser Zeitraum kann um weitere drei Monate verlängert werden, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, wie etwa eine ungewöhnlich große Anzahl von interessierten Parteien oder komplexe Marktsituationen. Die Kommission informiert alle interessierten Parteien über solche Verlängerungen und erläutert die Gründe dafür.

(4)   Die Kommission holt alle Informationen ein, die sie für notwendig erachtet, um Feststellungen hinsichtlich der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Bedingungen zu treffen; soweit zweckdienlich, überprüft sie diese Informationen.

(5)   Die Kommission beurteilt alle relevanten objektiven und quantifizierbaren Faktoren, welche die Lage des Wirtschaftszweigs der Union beeinflussen, insbesondere Grad und Umfang des Anstiegs der Einfuhren des betreffenden Erzeugnisses in absoluten und relativen Zahlen, den Inlandsmarktanteil der gestiegenen Einfuhren sowie Veränderungen innerhalb des Wirtschaftszweigs der Union bezüglich des Absatz- und Produktionsvolumens, sowie des Niveaus der Produktivität, der Kapazitätsauslastung, der Gewinne und Verluste und der Beschäftigung. Diese Liste ist nicht erschöpfend und die Kommission kann andere relevante Faktoren berücksichtigen, um das Vorliegen eines ernsthaften Schadens oder eines drohenden ernsthaften Schadens festzustellen, wie etwa Lagerbestände, Preise, Kapitalrendite, Cashflow, Höhe der Marktanteile und andere Faktoren, die einen ernsthaften Schaden des Wirtschaftszweigs der Union verursachen, verursacht haben können oder zu verursachen drohen.

(6)   Die interessierten Parteien, die nach Artikel 5 Absatz 8 Buchstabe b Informationen übermittelt haben, sowie Vertreter des betroffenen Landes können — auf schriftlichen Antrag — alle von der Kommission im Rahmen der Untersuchung eingeholten Informationen mit Ausnahme der internen Dokumente der Unionsbehörden oder der mitgliedstaatlichen Behörden einsehen, soweit diese Informationen für die Darstellung ihres Falles von Belang sind, nicht vertraulich im Sinne des Artikels 12 sind und sofern sie von der Kommission bei der Untersuchung verwendet werden. Die interessierten Parteien können zu diesen Informationen auch Stellung nehmen. Werden solche Stellungnahmen durch genügend Anscheinsbeweise gestützt, so werden sie von der Kommission berücksichtigt.

(7)   Die Kommission stellt sicher, dass alle bei der Untersuchung verwendeten Daten und Statistiken repräsentativ, verfügbar, verständlich, transparent und überprüfbar sind.

(8)   Sobald die notwendigen technischen Rahmenbedingungen geschaffen sind, gewährleistet die Kommission den passwortgeschützten Online-Zugang zu den nicht vertraulichen Unterlagen („Online-Plattform“), den sie verwaltet und durch den alle relevanten nicht vertraulichen Informationen im Sinne des Artikels 12 verbreitet werden. Die interessierten Parteien, die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament erhalten Zugang zu der Online-Plattform.

(9)   Die Kommission hört interessierte Parteien, insbesondere wenn sie dies innerhalb der in der Einleitungsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union festgesetzten Frist schriftlich beantragt und nachgewiesen haben, dass sie vom Ergebnis der Untersuchung betroffen sein dürften und dass besondere Gründe für ihre mündliche Anhörung sprechen. Die Kommission hört interessierte Parteien mehrfach, falls besondere Gründe hierfür sprechen.

(10)   Die Kommission ermöglicht heterogenen und fragmentierten Wirtschaftszweigen, die hauptsächlich aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bestehen, mittels einer eigenen Informationsstelle für KMU den Zugang zu den Untersuchungen, etwa indem sie zur Bewusstseinsbildung beiträgt, allgemeine Informationen und Erläuterungen zu Verfahren und zur Antragstellung bereitstellt, Standardfragebögen in allen Amtssprachen der Union herausgibt und allgemeine, nicht fallbezogene Fragen beantwortet. Die Informationsstelle für KMU stellt Standardformulare für die im Rahmen der Repräsentativitätsprüfung zu übermittelnden statistischen Angaben sowie Fragebögen zur Verfügung.

(11)   Werden Informationen nicht innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist übermittelt oder wird die Untersuchung erheblich behindert, so kann die Kommission einen Beschluss auf der Grundlage der verfügbaren Fakten treffen. Stellt die Kommission fest, dass ihr von einer interessierten Partei oder von Dritten falsche oder irreführende Informationen übermittelt wurden, so lässt sie diese Informationen unberücksichtigt und kann auf die verfügbaren Fakten zurückgreifen.

(12)   Das Büro des Anhörungsbeauftragten, dessen Befugnisse und Zuständigkeiten in dem von der Kommission angenommenen Mandat festgelegt sind, wird bei der Kommission eingerichtet; der Anhörungsbeauftragte stellt sicher, dass die interessierten Parteien ihre Verfahrensrechte wirksam wahrnehmen können.

(13)   Die Kommission notifiziert dem betroffenen Land beziehungsweise den betroffenen Ländern schriftlich die Einleitung einer Untersuchung.

Artikel 7

Vorsorgliche Überwachungsmaßnahmen

(1)   Die Kommission kann vorsorgliche Überwachungsmaßnahmen in Bezug auf Einfuhren eines Erzeugnisses aus einem betroffenen Land ergreifen, sollten sich die Einfuhren dieses Erzeugnisses derart entwickeln, dass sie eine der in den Artikeln 3 und 5 genannten Situationen hervorrufen könnten. Diese vorsorglichen Überwachungsmaßnahmen werden im Wege von Durchführungsrechtsakten gemäß dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren erlassen.

(2)   Die Geltungsdauer vorsorglicher Überwachungsmaßnahmen ist begrenzt. Soweit nichts anderes bestimmt ist, endet ihre Gültigkeit am Ende des zweiten Sechsmonatszeitraums, der auf den ersten Sechsmonatszeitraum nach der Einführung solcher Maßnahmen folgt.

Artikel 8

Einführung vorläufiger Schutzmaßnahmen

(1)   Die Kommission ergreift in einer kritischen Lage vorläufige Schutzmaßnahmen, wenn eine Verzögerung wahrscheinlich zu einer schwer wiedergutzumachenden Schädigung führen würde und umgehend gehandelt werden muss, sofern eine erste Prüfung der Kommission unter Berücksichtigung der in Artikel 6 Absatz 5 genannten Faktoren ergeben hat, dass genügend Anscheinsbeweise dafür vorliegen, dass ein Erzeugnis mit Ursprung in dem betroffenen Land folgendermaßen eingeführt wird:

a)

in derart erhöhten Mengen (in absoluten Zahlen oder bezogen auf die Unionsproduktion), und

b)

unter solchen Bedingungen, dass dem Wirtschaftszweig der Union ein ernsthafter Schaden entsteht oder zu entstehen droht, und

c)

der Anstieg der Einfuhren auf die Senkung oder Beseitigung von Zöllen auf dieses Erzeugnis zurückzuführen ist.

Diese vorsorglichen Überwachungsmaßnahmen werden im Wege von Durchführungsrechtsakten gemäß dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren erlassen.

(2)   In hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit, wenn ein Mitgliedstaat ein umgehendes Eingreifen der Kommission beantragt und die Voraussetzungen des Absatzes 1 dieses Artikels erfüllt sind, erlässt die Kommission gemäß dem in Artikel 17 Absatz 4 genannten Verfahren sofort geltende Durchführungsrechtsakte. Die Kommission entscheidet binnen fünf Arbeitstagen nach Eingang des Antrags.

(3)   Vorläufige Schutzmaßnahmen dürfen nicht länger als 200 Kalendertage gelten.

(4)   Werden die vorläufigen Schutzmaßnahmen aufgehoben, weil die Untersuchung ergeben hat, dass die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 1 nicht erfüllt sind, so werden alle aufgrund dieser vorläufigen Schutzmaßnahmen vereinnahmten Zölle von Amts wegen zurückerstattet.

(5)   Vorläufige Schutzmaßnahmen gelten für alle nach dem Tag des Inkrafttretens dieser Maßnahmen zum zollrechtlich freien Verkehr abgefertigten Erzeugnisse. Diese Maßnahmen dürfen indessen nicht die Abfertigung von Erzeugnissen zum zollrechtlich freien Verkehr verhindern, die sich bereits auf dem Weg in die Union befinden, wenn ihr Bestimmungsort nicht geändert werden kann.

Artikel 9

Einstellung von Untersuchungen und Verfahren ohne Maßnahmen

(1)   Wird bei einer Untersuchung festgestellt, dass die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 1 nicht erfüllt sind, so veröffentlicht die Kommission im Einklang mit dem Prüfverfahren des Artikels 17 Absatz 3 einen Beschluss über die Beendigung der Untersuchung und des Verfahrens.

(2)   Die Kommission veröffentlicht einen Bericht über ihre Feststellungen und begründet darin die Schlussfolgerungen zu allen relevanten Sach- und Rechtsfragen unter gebührender Berücksichtigung des Schutzes vertraulicher Informationen im Sinne des Artikels 12.

Artikel 10

Einführung endgültiger Schutzmaßnahmen

(1)   Wird bei einer Untersuchung festgestellt, dass die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 1 erfüllt sind, so kann die Kommission im Einklang mit dem Prüfverfahren des Artikels 17 Absatz 3 endgültige Schutzmaßnahmen erlassen.

(2)   Die Kommission veröffentlicht einen Bericht mit einer Zusammenfassung der beschlussrelevanten Fakten und Erwägungen unter gebührender Berücksichtigung des Schutzes vertraulicher Informationen im Sinne des Artikels 12.

Artikel 11

Geltungsdauer und Überprüfung von Schutzmaßnahmen

(1)   Eine Schutzmaßnahme darf nur so lange angewendet werden, wie dies zur Vermeidung oder Wiedergutmachung eines ernsthaften Schadens des Wirtschaftszweigs der Union und zur Erleichterung von Anpassungen erforderlich ist. Die Geltungsdauer darf zwei Jahre nicht übersteigen, es sei denn, sie wird nach Absatz 2 verlängert.

(2)   Die ursprüngliche Geltungsdauer einer Schutzmaßnahme gemäß Absatz 1 kann um bis zu zwei Jahre verlängert werden, falls die Schutzmaßnahme weiterhin erforderlich ist, um einen ernsthaften Schaden des Wirtschaftszweigs der Union zu vermeiden oder wiedergutzumachen, und sofern der Wirtschaftszweig der Union nachweislich Anpassungen vornimmt.

(3)   Ein Mitgliedstaat, eine im Namen des Wirtschaftszweigs der Union handelnde natürliche oder juristische Person oder eine im Namen des Wirtschaftszweigs der Union handelnde Organisation ohne Rechtspersönlichkeit, kann einen Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer nach Absatz 2 beantragen. In diesem Fall überprüft die Kommission unter Berücksichtigung der in Artikel 6 Absatz 5 genannten Faktoren, bevor sie über die Verlängerung entscheidet, ob die Voraussetzungen des Absatzes 2 des vorliegenden Artikels erfüllt sind. Die Kommission kann eine solche Überprüfung aus eigener Initiative einleiten, wenn genügend Anscheinbeweise dafür vorliegen, dass die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Bis die Ergebnisse dieser Überprüfung vorliegen, bleibt die Schutzmaßnahme in Kraft.

(4)   Die Einleitungsbekanntmachung der Überprüfung gemäß Absatz 3 dieses Artikels wird nach Maßgabe des Artikels 5 Absätze 7 und 8 bekannt gemacht. Die Überprüfung wird nach Maßgabe des Artikels 6 durchgeführt.

(5)   Ein etwaiger Beschluss zur Verlängerung nach Absatz 2 dieses Artikels erfolgt im Einklang mit den Artikeln 9 und 10.

(6)   Die Gesamtgeltungsdauer einer Schutzmaßnahme darf einschließlich des Anwendungszeitraums etwaiger vorläufiger Maßnahmen, des ursprünglichen Anwendungszeitraums und einer eventuellen Verlängerung vier Jahre nicht übersteigen.

Artikel 12

Vertraulichkeit

(1)   Die gemäß dieser Verordnung eingeholten Informationen dürfen nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie angefordert wurden.

(2)   Gemäß dieser Verordnung eingeholte, ihrer Natur nach vertrauliche Informationen bzw. Informationen, die auf vertraulicher Grundlage mitgeteilt wurden, werden nicht offengelegt, es sei denn, der Auskunftgeber hat ausdrücklich seine Zustimmung hierzu erteilt.

(3)   Jeder Antrag auf vertrauliche Behandlung ist zu begründen. Die interessierten Parteien, die vertrauliche Informationen übermitteln, werden aufgefordert, eine nichtvertrauliche Zusammenfassung dieser Informationen vorzulegen. Diese Zusammenfassungen müssen so ausführlich sein, dass sie ein angemessenes Verständnis des wesentlichen Inhalts der vertraulichen Informationen ermöglichen. Unter besonderen Umständen können die interessierten Parteien erklären, dass diese Informationen nicht zusammengefasst werden können. In diesen Fällen gibt die interessierte Partei die Gründe an, aus denen eine Zusammenfassung nicht möglich ist. Erweist sich jedoch, dass der Antrag auf vertrauliche Behandlung nicht gerechtfertigt ist und will der Auskunftgeber die Information weder bekannt geben noch ihre Bekanntgabe in allgemeiner oder zusammengefasster Form gestatten, so kann die betreffende Information unberücksichtigt bleiben.

(4)   Informationen werden auf jeden Fall als vertraulich betrachtet, wenn ihre Offenlegung wesentliche Nachteile für den Auskunftgeber oder die Informationsquelle haben könnte.

(5)   Die Absätze 1 bis 4 schließen nicht aus, dass Unionsbehörden sich auf allgemeine Informationen beziehen, insbesondere auf die Gründe für die nach dieser Verordnung erlassenen Beschlüsse. Die Unionsbehörden müssen jedoch dem berechtigten Interesse der betroffenen natürlichen und juristischen Personen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung tragen.

Artikel 13

Bericht

(1)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über die Anwendung, Durchführung und Einhaltung der Verpflichtungen aus jedem Abkommen, auch in Bezug auf das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung, sofern das Abkommen ein solches Kapitel enthält, und der Verpflichtungen aus dieser Verordnung vor.

(2)   Der Bericht enthält unter anderem Informationen über die Anwendung vorläufiger und endgültiger Schutzmaßnahmen, vorsorglicher Überwachungsmaßnahmen, regionaler Überwachungs- und Schutzmaßnahmen, über die Einstellung von Untersuchungen oder Verfahren ohne Einführung von Maßnahmen sowie Informationen über die Tätigkeiten der für die Durchführung des Abkommens zuständigen Stellen und die Tätigkeiten der internen Beratungsgruppen.

(3)   Der Bericht enthält darüber hinaus eine Zusammenfassung der Statistiken und legt die Entwicklung des Handels mit jedem betroffenen Land dar.

(4)   Das Europäische Parlament kann die Kommission binnen zwei Monaten, nachdem sie ihren Bericht vorgelegt hat, zu einer Sitzung seines zuständigen Ausschusses einladen, um Fragen zur Durchführung dieser Verordnung zu erörtern und zu klären.

(5)   Die Kommission veröffentlicht ihren Bericht spätestens drei Monate, nachdem sie ihn dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt hat.

Artikel 14

Andere Mechanismen und Kriterien für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen und anderen Präferenzregelungen

(1)   Sieht ein Abkommen andere Mechanismen oder Kriterien für die vorübergehende Rücknahme von Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen für bestimmte Erzeugnisse vor, wie etwa einen Stabilisierungsmechanismus (z. B. im Zusammenhang mit den Gebieten der Union in äußerster Randlage), so erlässt die Kommission, sofern die Voraussetzungen des einschlägigen Abkommens erfüllt sind, Durchführungsrechtsakte, mit denen

a)

die Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen für das betroffene Erzeugnis ausgesetzt werden oder bestätigt wird, dass diese nicht ausgesetzt werden;

b)

die Zollpräferenzen oder anderen Präferenzregelungen wieder eingeführt werden, sofern die in dem einschlägigen Abkommen festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind;

c)

die Aussetzung an die Voraussetzungen des einschlägigen Abkommens angepasst werden oder

d)

andere in dem einschlägigen Abkommen festgelegte Maßnahmen ergriffen werden.

Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 17 Absatz 3 erlassen.

(2)   In hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit, in denen eine Verzögerung der Einführung von Maßnahmen nach Absatz 1 dieses Artikels einen schwer wiedergutzumachenden Schaden verursachen würde, oder zur Abwendung negativer Auswirkungen auf den Unionsmarkt, insbesondere infolge gestiegener Einfuhren, bzw. im Einklang mit sonstigen Bestimmungen des betroffenen Abkommens, erlässt die Kommission gemäß dem in Artikel 17 Absatz 4 genannten Verfahren sofort geltende Durchführungsrechtsakte.

Artikel 15

Delegierte Rechtsakte

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte nach Artikel 16 zu erlassen, um den Anhang dahingehend zu ändern, dass Einträge im Zusammenhang mit folgendem aufgenommen oder gestrichen werden:

a)

einem Abkommen;

b)

besonderen Bestimmungen gemäß Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 2;

c)

sensiblen Erzeugnissen;

d)

Bestimmungen zur Festlegung besonderer Regeln für andere Mechanismen nach Artikel 14, gegebenenfalls unter anderem in Bezug auf Überwachung, Fristen für Untersuchungen und Berichterstattung.

Artikel 16

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 15 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 14. März 2019 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung nach Artikel 15 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen, im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung festgelegten Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 15 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 17

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von dem mit Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/478 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) eingesetzten Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(4)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 4.

Artikel 18

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 13. Februar 2019.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. CIAMBA


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. Januar 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 28. Januar 2019.

(2)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(3)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671).

(5)  Verordnung (EU) 2015/478 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über eine gemeinsame Einfuhrregelung (ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 16).


ANHANG

ABKOMMENSSPEZIFISCHE BESTIMMUNGEN DER ABKOMMEN, DIE MIT DIESER VERORDNUNG DURCHGEFÜHRT WERDEN

Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur

Anwendungsbeginn

xx/xx/xxxx

Bilaterale Schutzklausel

Artikel 3.10 (Anwendung einer bilateralen Schutzmaßnahme)

Besondere Bestimmung(en) des Abkommens:

Artikel 3.9 Buchstabe b:

„b)

Der Ausdruck ‚Übergangszeit‘ bezeichnet einen Zeitraum von zehn Jahren ab dem Inkrafttreten dieses Abkommens.“

Artikel 3.11 Absatz 5:

„(5)

Eine Vertragspartei darf eine bilaterale Schutzmaßnahme nach Artikel 3.10 (Anwendung einer bilateralen Schutzmaßnahme) Absatz 1 nur mit folgenden Einschränkungen anwenden

c)

die Maßnahme darf nur mit Zustimmung der anderen Vertragspartei über das Ende der Übergangszeit hinaus gelten.“

Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Sozialistischen Republik Vietnam

Anwendungsbeginn

xx/xx/xxxx

Bilaterale Schutzklausel

Artikel 3.10 (Anwendung einer bilateralen Schutzmaßnahme)

Besondere Bestimmung(en) des Abkommens:

Artikel 3.9 Buchstabe c:

„c)

der Ausdruck ‚Übergangszeit‘ bezeichnet einen Zeitraum von 10 Jahren ab dem Inkrafttreten dieses Abkommens.“

Artikel 3.11 Absatz 6:

„(6)

Eine Vertragspartei darf eine bilaterale Schutzmaßnahme nur mit folgenden Einschränkungen anwenden

c)

die Maßnahme darf nur mit Zustimmung der anderen Vertragspartei über das Ende der Übergangszeit hinaus gelten.“

Abkommen zwischen der Europäischen Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft

Anwendungsbeginn

xx/xx/xxxx

Bilaterale Schutzklausel:

Artikel 2.5 (landwirtschaftsbezogene Schutzmaßnahmen) und Artikel 5.2 (Anwendung bilateraler Schutzmaßnahmen)

Besondere Bestimmung(en) des Abkommens:

Artikel 5.1 Buchstabe d:

„d)

‚Übergangszeit‘ im Zusammenhang mit einer bestimmten Ursprungsware den Zeitraum vom Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens bis 10 Jahre nach dem Tag des Abschlusses des Abbaus oder der Beseitigung des Zolls für die betreffende Ware nach Anhang 2-A.“

Artikel 18 (Schutzmaßnahme) des Anhangs 2-C über Kraftfahrzeuge und Teile davon:

„(1)

In einem Zeitraum von zehn Jahren nach Inkrafttreten dieses Abkommens behält sich jede Vertragspartei das Recht vor, gleichwertige Zugeständnisse oder sonstige gleichwertige Verpflichtungen auszusetzen, falls die andere Vertragspartei

a)

eine UN-Regelung nach Anlage 2-C-1 nicht anwendet oder ihre Anwendung einstellt oder

b)

durch die Einführung oder Änderung einer anderen Regulierungsmaßnahme die Vorteile der Anwendung einer der in Anlage 2-C-1 aufgeführten UN-Regelungen zunichtemacht oder schmälert.

2.

Aussetzungen nach Absatz 1 bleiben nur solange in Kraft, bis im Rahmen des beschleunigten Verfahrens zur Beilegung von Streitigkeiten nach Artikel 19 dieses Anhangs eine Entscheidung getroffen oder eine für beide Seiten annehmbare Lösung gefunden wurde — hierfür können auch Beratungen nach Artikel 19 Buchstabe b dieses Anhangs abgehalten werden —, je nachdem was früher eintritt.“


Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und der Kommission

Das Europäische Parlament und die Kommission sind sich über die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Durchführung der Übereinkommen einig, die im Anhang der Verordnung (EU) 2019/287 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Februar 2019 über die Anwendung von bilateralen Schutzklauseln und anderen Mechanismen für die vorübergehende Rücknahme von im Rahmen bestimmter Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Drittländern vereinbarten Präferenzen aufgeführt sind. Zu diesem Zweck vereinbaren sie, dass die Kommission, sollte das Europäische Parlament eine Empfehlung zur Einleitung einer Untersuchung über die Umsetzung der Schutzklausel abgeben, sorgfältig prüft, ob die in der Verordnung festgelegten Bedingungen für die Einleitung einer Untersuchung von Amts wegen erfüllt sind. Hält die Kommission die Bedingungen für nicht erfüllt, so legt sie dem zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments einen Bericht vor, in dem sie alle für die Einleitung einer derartigen Untersuchung notwendigen Faktoren darlegt.