2.8.1997   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 209/6


VERORDNUNG (EG) Nr. 1467/97 DES RATES

vom 7. Juli 1997

über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 104 c Absatz 14,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (2),

nach Stellungnahme des Europäischen Währungsinstituts,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das nach Artikel 104 c des Vertrags vorgesehene Verfahren bei einem übermäßigen Defizit muß beschleunigt und geklärt werden, damit übermäßige staatliche Defizite vermieden werden und, sollten sie doch eintreten, umgehend korrigiert werden können. Die Bestimmungen dieser Verordnung, die hierzu nach Artikel 104 c Absatz 14 Unterabsatz 2 erlassen werden, bilden zusammen mit den Bestimmungen des Protokolls Nr. 5 zum Vertrag ein neues geschlossenes Regelwerk für die Anwendung des Artikels 104 c.

(2)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beruht auf dem Ziel einer gesunden öffentlichen Finanzlage als Mittel zur Verbesserung der Voraussetzungen für Preisstabilität und ein solides dauerhaftes Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist.

(3)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt besteht aus dieser Verordnung, der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates (3) über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken und der Entschließung des Europäischen Rates vom 17. Juni 1997 über den Stabilitäts- und Wachstumspakt (4), in der im Einklang mit Artikel D des Vertrags über die Europäische Union feste politische Vorgaben gemacht werden, damit der Stabilitäts- und Wachstumspakt strikt und fristgerecht umgesetzt werden kann und insbesondere das mittelfristige Ziel eines nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuß aufweisenden Haushalts, wozu sich alle Mitgliedstaaten verpflichtet haben, eingehalten und die haushaltspolitischen Korrekturmaßnahmen, die ihres Erachtens zur Erreichung der Ziele ihrer Stabilitäts- oder Konvergenzprogramme erforderlich sind, ergriffen werden können, wenn es Anzeichen für eine tatsächliche oder zu erwartende erhebliche Abweichung von dem mittelfristigen Haushaltsziel gibt.

(4)

In der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) besteht für die Mitgliedstaaten nach Artikel 104 c eine klare vertragliche Verpflichtung zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite. Nach Nummer 5 des Protokolls Nr. 11 zum Vertrag gilt Artikel 104 c Absätze 1, 9 und 11 für das Vereinigte Königreich erst, wenn es in die dritte Stufe eintritt. Die Verpflichtung nach Artikel 109 e Absatz 4, sich um eine Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite zu bemühen, gilt für das Vereinigte Königreich weiterhin.

(5)

Dänemark hat unter Bezugnahme auf Nummer 1 des Protokolls Nr. 12 zum Vertrag im Zusammenhang mit dem Edinburgh-Beschluß vom 12. Dezember 1992 notifiziert, daß es an der dritten Stufe nicht teilnehmen wird. Nach Nummer 2 dieses Protokolls gilt Artikel 104 c Absätze 9 und 11 daher nicht für Dänemark.

(6)

In der dritten Stufe der WWU sind die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Bestimmungen des Vertrages weiterhin für ihre nationalen Haushaltspolitiken verantwortlich. Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um ihrer Verantwortung entsprechend den Vertragsbestimmungen nachzukommen.

(7)

Indem die Mitgliedstaaten an dem mittelfristigen Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts oder eines Haushaltsüberschusses festhalten, wozu sich alle Mitgliedstaaten verpflichtet haben, wird ein Beitrag dazu geleistet, daß die geeigneten Voraussetzungen für Preisstabilität und für ein nachhaltiges Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist, in allen Mitgliedstaaten herbeigeführt werden; ferner können die Mitgliedstaaten damit normale Konjunkturschwankungen bewältigen und zugleich bewirken, daß das öffentliche Defizit innerhalb des Referenzwerts von 3 % des BIP gehalten wird.

(8)

Damit die WWU reibungslos funktioniert, ist es erforderlich, daß die Konvergenz der Wirtschafts- und Haushaltsleistungen der Mitgliedstaaten, die die einheitliche Währung eingeführt haben — nachstehend „teilnehmende Mitgliedstaaten“ genannt — stabil und dauerhaft ist. Haushaltsdisziplin ist in der dritten Stufe der WWU eine Voraussetzung für die Sicherung der Preisstabilität.

(9)

Nach Artikel 109 k Absatz 3 des Vertrags ist Artikel 104 c Absätze 9 und 11 nur auf die teilnehmenden Mitgliedstaaten anwendbar.

(10)

Für das in Artikel 104 c Absatz 2 Buchstabe a) genannte Kriterium, daß der Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird, ist eine Begriffsbestimmung notwendig. In diesem Zusammenhang sollte der Rat unter anderem die mehrjährigen Haushaltsvorausschätzungen der Kommission berücksichtigen.

(11)

In einem Bericht der Kommission nach Artikel 104 c Absatz 3 wird berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats.

(12)

Für die Anwendung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit müssen Fristen gesetzt werden, damit eine zügige und wirksame Anwendung gewährleistet ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß das Haushaltsjahr im Vereinigten Königreich nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmt.

(13)

Es muß festgelegt werden, auf welche Weise die in Artikel 104 c des Vertrags vorgesehenen Sanktionen verhängt werden können, damit die wirksame Anwendung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit gewährleistet ist.

(14)

Die verstärkte Überwachung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates sollte zusammen mit der Überwachung der Entwicklung der Haushaltslage durch die Kommission gemäß Artikel 104 c Absatz 2 die wirksame und rasche Anwendung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit erleichtern.

(15)

Dementsprechend erscheint für den Fall, daß es ein teilnehmender Mitgliedstaat unterläßt, wirksame Maßnahmen zur Korrektur eines übermäßigen Defizits zu ergreifen, ein Gesamtzeitraum von höchstens zehn Monaten ab dem Tag der Mitteilung der Haushaltsdaten, die ein übermäßiges Defizit belegen, bis zum etwaigen Beschluß zur Auferlegung von Sanktionen sowohl möglich als auch angemessen, um Druck auf den betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat auszuüben, damit er entsprechende Maßnahmen ergreift. Somit könnten bei einem im März anlaufenden Verfahren Sanktionen noch im Kalenderjahr des Verfahrensbeginns verhängt werden.

(16)

Die Empfehlung des Rates zur Korrektur eines übermäßigen Defizits oder die späteren Schritte des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit sollten für den betreffenden Mitgliedstaat absehbar sein, da er frühzeitig gewarnt worden ist. Der Ernst der Lage bei einem übermäßigen Defizit in der dritten Stufe gebietet, daß alle Beteiligten umgehend handeln.

(17)

Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit sollte ruhen, wenn der betreffende Mitgliedstaat geeignete Maßnahmen aufgrund einer Empfehlung nach Artikel 104 c Absatz 7 oder einer Inverzugsetzung nach Artikel 104 c Absatz 9 ergreift, damit die Mitgliedstaaten einen Anreiz erhalten, entsprechend zu handeln. Der Zeitraum, während dessen das Verfahren ruht, sollte nicht in den Zeitraum von höchstens zehn Monaten zwischen dem Zeitpunkt der Meldung eines übermäßigen Defizits und der Auferlegung von Sanktionen einbezogen werden. Das Verfahren sollte unverzüglich wiederaufgenommen werden, wenn die in Aussicht genommene Maßnahme nicht umgesetzt wird oder wenn sich die umgesetzte Maßnahme als unangemessen erweist.

(18)

Damit das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einen ausreichenden Abschreckungseffekt besitzt, sollte bei einem Sanktionsbeschluß des Rates von dem betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe verlangt werden.

(19)

Die Festlegung von Sanktionen nach einer festen Berechnungsregel dient der Rechtssicherheit. Der zu hinterlegende Betrag sollte an das BIP des betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaats geknüpft werden.

(20)

Veranlaßt die Auferlegung einer unverzinslichen Einlage den betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat nicht, das übermäßige Defizit rechtzeitig zu korrigieren, so sollten die Sanktionen verschärft werden. Die Einlage sollte dann in eine Geldbuße umgewandelt werden.

(21)

Geeignete Maßnahmen des betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaats zur Korrektur seines übermäßigen Defizits sind der erste Schritt zu einer Aufhebung der Sanktionen. Werden bei der Korrektur des übermäßigen Defizits erhebliche Fortschritte erzielt, so sollten Sanktionen nach Artikel 104 c Absatz 12 aufgehoben werden können. Die Aufhebung aller Sanktionen sollte erst dann erfolgen, wenn das übermäßige Defizit vollständig korrigiert worden ist.

(22)

Die Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates vom 22. November 1993 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (5) enthält ausführliche Regeln für die Mitteilung von Haushaltsdaten durch die Mitgliedstaaten.

(23)

Nach Artikel 109 f Absatz 8 ist in den Fällen, in denen der Vertrag eine beratende Funktion für die Europäische Zentralbank (EZB) vorsieht, vor der Errichtung der EZB unter dieser das Europäische Währungsinstitut zu verstehen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

ABSCHNITT I

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND BEWERTUNGEN

Artikel 1

(1)   Diese Verordnung enthält die Bestimmungen zur Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, womit das Ziel verfolgt wird, übermäßige öffentliche Defizite möglichst zu vermeiden und gegebenenfalls auftretende Defizite unverzüglich zu korrigieren.

(2)   Im Sinne dieser Verordnung sind „teilnehmende Mitgliedstaaten“ diejenigen Mitgliedstaaten, die die einheitliche Währung nach dem Vertrag einführen, und „nichtteilnehmende Mitgliedstaaten“ diejenigen Mitgliedstaaten, die die einheitliche Währung nicht eingeführt haben.

Artikel 2

(1)   Überschreitet ein öffentliches Defizit den Referenzwert, so gilt der Referenzwert als ausnahmsweise und vorübergehend überschritten im Sinne von Artikel 104 c Absatz 2 Buchstabe a) zweiter Gedankenstrich, wenn dies auf ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt, oder auf einen schwerwiegenden Wirtschaftsabschwung zurückzuführen ist.

Darüber hinaus gilt der Referenzwert dann als vorübergehend überschritten, wenn die Haushaltsvorausschätzungen der Kommission darauf hindeuten, daß das Defizit unter den Referenzwert sinken wird, wenn das außergewöhnliche Ereignis nicht mehr vorliegt oder der schwerwiegende Wirtschaftsabschwung beendet ist.

(2)   Erstellt die Kommission einen Bericht im Sinne von Artikel 104 c Absatz 3, so betrachtet sie den Referenzwert in der Regel nur dann aufgrund eines schweren Wirtschaftsabschwungs als ausnahmsweise überschritten, wenn das reale BIP innerhalb eines Jahres um mindestens 2 % zurückgegangen ist.

(3)   Wenn der Rat gemäß Artikel 104 c Absatz 6 entscheidet, ob ein übermäßiges Defizit besteht, so berücksichtigt er bei seiner Prüfung der Gesamtlage sämtliche Bemerkungen des betreffenden Mitgliedstaats, aus denen hervorgeht, daß ein innerhalb eines Jahres eingetretener Rückgang des realen BIP um weniger als 2 % angesichts weiterer relevanter Umstände, insbesondere bei einem jähen Abschwung oder einem gegenüber den vorangegangenen Trends insgesamt sehr starken Rückgang der Produktion, gleichwohl außergewöhnlich ist.

ABSCHNITT 2

BESCHLEUNIGUNG DES VERFAHRENS BEI EINEM ÜBERMÄSSIGEN DEFIZIT

Artikel 3

(1)   Hat die Kommission einen Bericht gemäß Artikel 104 c Absatz 3 angenommen, so gibt der Wirtschafts- und Finanzausschuß gemäß Artikel 104 c Absatz 4 innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme ab.

(2)   Ist die Kommission der Auffassung, daß ein übermäßiges Defizit besteht, so legt sie unter uneingeschränkter Berücksichtigung der Stellungnahme nach Absatz 1 dem Rat gemäß Artikel 104 c Absätze 5 und 6 eine Stellungnahme und eine Empfehlung zur Entscheidung vor.

(3)   Der Rat entscheidet gemäß Artikel 104 c Absatz 6 innerhalb von drei Monaten nach den in Artikel 4 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 genannten Meldeterminen, ob ein übermäßiges Defizit besteht. Stellt der Rat gemäß Artikel 104 c Absatz 6 fest, daß ein übermäßiges Defizit besteht, so spricht er gleichzeitig gemäß Artikel 104 c Absatz 7 Empfehlungen an den betreffenden Mitgliedstaat aus.

(4)   In der Empfehlung, die der Rat gemäß Artikel 104 c Absatz 7 ausspricht, wird dem betreffenden Mitgliedstaat eine Frist von höchstens vier Monaten für das Ergreifen wirksamer Maßnahmen gesetzt. In der Empfehlung des Rates wird ferner eine Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits gesetzt; diese Korrektur sollte in dem Jahr erreicht werden, das auf die Feststellung eines übermäßigen Defizits folgt, sofern keine besonderen Umstände vorliegen.

Artikel 4

(1)   Wurde festgestellt, daß keine wirksamen Maßnahmen im Sinne von Artikel 104 c Absatz 8 getroffen wurden, und beschließt der Rat aufgrund dessen, seine Empfehlungen zu veröffentlichen, so ergeht dieser Beschluß unmittelbar nach Ablauf der gemäß Artikel 3 Absatz 4 dieser Verordnung gesetzten Frist.

(2)   Bei der Entscheidung darüber, ob aufgrund seiner Empfehlungen nach Artikel 104 c Absatz 7 wirksame Maßnahmen getroffen wurden, stützt sich der Rat auf öffentlich bekanntgegebene Beschlüsse der Regierung des betreffenden Mitgliedstaats.

Artikel 5

Beschließt der Rat, den betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat mit der Maßgabe in Verzug zu setzen, Maßnahmen zum Defizitabbau gemäß Artikel 104 c Absatz 9 zu treffen, so ergeht dieser Beschluß innerhalb eines Monats, nachdem der Rat gemäß Artikel 104 c Absatz 8 festgestellt hat, daß keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden.

Artikel 6

Sind diese Voraussetzungen für eine Anwendung des Artikels 104 c Absatz 11 erfüllt, so verhängt der Rat Sanktionen gemäß Artikel 104 c Absatz 11. Ein entsprechender Beschluß ergeht innerhalb von zwei Monaten nach dem Beschluß des Rates, den betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 104 c Absatz 9 mit der Maßgabe in Verzug zu setzen, Maßnahmen zum Defizitabbau zu treffen.

Artikel 7

Kommt ein teilnehmender Mitgliedstaat den nacheinander getroffenen Beschlüssen des Rates gemäß Artikel 104 c Absätze 7 und 9 nicht nach, so trifft der Rat den Beschluß, gemäß Artikel 104 c Absatz 11 Sanktionen zu verhängen, innerhalb von zehn Monaten nach den in der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 genannten Meldeterminen, auf die in Artikel 3 Absatz 3 der vorliegenden Verordnung Bezug genommen wird. Bei einem bewußt geplanten Defizit, das nach Feststellung des Rates übermäßig ist, wird ein Eilverfahren angewandt.

Artikel 8

Beschließt der Rat, Sanktionen gemäß Artikel 104 c Absatz 11 zu verschärfen, die nicht in einer Umwandlung von Einlagen in Geldbußen nach Artikel 14 dieser Verordnung bestehen, so ergeht dieser Beschluß innerhalb von zwei Monaten nach den Meldeterminen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3605/93. Beschließt der Rat, einige oder sämtliche seiner Beschlüsse gemäß Artikel 104 c Absatz 12 aufzuheben, so ergeht dieser Beschluß so bald wie möglich und auf jeden Fall spätestens zwei Monate nach den Meldeterminen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3605/93.

ABSCHNITT 3

RUHEN DES VERFAHRENS UND ÜBERWACHUNG

Artikel 9

(1)   Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit ruht,

wenn der betreffende Mitgliedstaat gemäß den Empfehlungen nach Artikel 104 c Absatz 7 tätig wird;

wenn der betreffende teilnehmende Mitgliedstaat aufgrund einer Inverzugsetzung nach Artikel 104 c Absatz 9 tätig wird.

(2)   Der Zeitraum des Ruhens des Verfahrens wird weder in die in Artikel 7 dieser Verordnung genannte Frist von zehn Monaten noch in die in Artikel 6 dieser Verordnung genannte Frist von zwei Monaten einbezogen.

Artikel 10

(1)   Die Kommission und der Rat überwachen die Durchführung der Maßnahmen,

die der betreffende Mitgliedstaat aufgrund der Empfehlungen nach Artikel 104 c Absatz 7 ergreift;

die der betreffende teilnehmende Mitgliedstaat aufgrund einer Inverzugsetzung nach Artikel 104 c Absatz 9 ergreift.

(2)   Werden von einem teilnehmenden Mitgliedstaat keine Maßnahmen durchgeführt oder erweisen sie sich nach Auffassung des Rates als unangemessen, so trifft der Rat unverzüglich einen Beschluß nach Artikel 104 c Absatz 9 bzw. Artikel 104 c Absatz 11.

(3)   Geht aus den gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 ermittelten Daten über die tatsächliche Entwicklung hervor, daß ein übermäßiges Defizit von einem teilnehmenden Mitgliedstaat nicht innerhalb der in den Empfehlungen nach Artikel 104 c Absatz 7 oder der in einer Inverzugsetzung nach Artikel 104 c Absatz 9 festgelegten Frist korrigiert worden ist, so trifft der Rat unverzüglich einen Beschluß nach Artikel 104 c Absatz 9 bzw. Artikel 104 c Absatz 11.

ABSCHNITT 4

SANKTIONEN

Artikel 11

Beschließt der Rat Sanktionen gegen einen teilnehmenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 104 c Absatz 11, so wird in der Regel eine unverzinsliche Einlage verlangt. Der Rat kann beschließen, diese Einlage durch die in Artikel 104 c Absatz 11 erster und zweiter Gedankenstrich vorgesehenen Maßnahmen zu ergänzen.

Artikel 12

(1)   Geht das übermäßige Defizit auf eine Nichteinhaltung des Kriteriums des Verhältnisses des öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt gemäß Artikel 104 c Absatz 2 Buchstabe a) zurück, so setzt sich der Betrag der ersten Einlage aus einer festen Komponente in Höhe von 0,2 % des BIP und einer variablen Komponente in Höhe von einem Zehntel der Differenz zwischen dem als Prozentsatz des BIP des Vorjahres ausgedrückten Defizit und dem Referenzwert in Höhe von 3 % des BIP zusammen.

(2)   In jedem Folgejahr bis zur Aufhebung des Beschlusses über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits beurteilt der Rat, ob der betreffende teilnehmende Mitgliedstaat aufgrund einer Inverzugsetzung durch den Rat nach Artikel 104 c Absatz 9 wirksame Maßnahmen getroffen hat. Im Rahmen dieser jährlichen Beurteilung beschließt der Rat nach Artikel 104 c Absatz 11 unbeschadet des Artikels 13 dieser Verordnung, die Sanktionen zu verschärfen, es sei denn, der teilnehmende Mitgliedstaat ist der Inverzugsetzung durch den Rat nachgekommen. Wird eine zusätzliche Einlage beschlossen, so muß sie einem Zehntel der Differenz zwischen dem als Prozentsatz des BIP des Vorjahres ausgedrückten Defizit und dem Referenzwert in Höhe von 3 % des BIP entsprechen.

(3)   Eine einzelne Einlage im Sinne der Absätze 1 und 2 darf die Obergrenze von 0,5 % des BIP nicht überschreiten.

Artikel 13

Eine Einlage wird vom Rat in der Regel nach Artikel 104 c Absatz 11 in eine Geldbuße umgewandelt, wenn das übermäßige Defizit zwei Jahre nach dem Beschluß, von dem teilnehmenden Mitgliedstaat eine Einlage zu verlangen, nach Auffassung des Rates nicht korrigiert wurde.

Artikel 14

Gemäß Artikel 104 c Absatz 12 hebt der Rat die in Artikel 104 c Absatz 11 erster und zweiter Gedankenstrich genannten Sanktionen in dem Maße auf, wie der betreffende teilnehmende Mitgliedstaat bei der Korrektur des übermäßigen Defizits Fortschritte erzielt hat.

Artikel 15

Nach Artikel 104 c Absatz 12 hebt der Rat sämtliche Sanktionen auf, wenn der Beschluß über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits aufgehoben worden ist. Sind nach Artikel 13 dieser Verordnung Geldbußen verhängt worden, so werden die entsprechenden Beträge nicht an den betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat rücküberwiesen.

Artikel 16

Einlagen im Sinne der Artikel 11 und 12 dieser Verordnung werden bei der Kommission hinterlegt. Zinsen auf solche Einlagen sowie die Geldbußen im Sinne des Artikels 13 dieser Verordnung stellen sonstige Einnahmen gemäß Artikel 201 des Vertrags dar und werden unter den teilnehmenden Mitgliedstaaten, die kein übermäßiges Defizit im Sinne des Artikels 104 c Absatz 6 aufweisen, im Verhältnis zu ihrem Anteil am gesamten BSP der in Betracht kommenden Mitgliedstaaten aufgeteilt.

ABSCHNITT 5

ÜBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 17

Solange das Haushaltsjahr im Vereinigten Königreich nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, werden die Bestimmungen der Abschnitte 2, 3 und 4 im Rahmen dieser Verordnung entsprechend den Bestimmungen im Anhang auf das Vereinigte Königreich angewandt.

Artikel 18

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1999 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 7. Juli 1997.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J.-C. JUNCKER


(1)  ABl. Nr. C 368 vom 6. 12. 1996, S. 12.

(2)  ABl. Nr. C 380 vom 16. 12. 1996, S. 29.

(3)  Siehe Seite 1 dieses Amtsblatts.

(4)  ABl. Nr. C 236 vom 2. 8. 1997, S. 1.

(5)  ABl. Nr. L 332 vom 31. 12. 1993, S. 7.


ANHANG

FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH GELTENDE FRISTEN

1.

Zur Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten berücksichtigt der Rat bei den in den Abschnitten 2, 3 und 4 dieser Verordnung genannten Beschlüssen das abweichende Haushaltsjahr des Vereinigten Königreichs, so daß Beschlüsse in bezug auf das Vereinigte Königreich zu einem vergleichbaren Zeitpunkt seines Haushaltsjahrs wie bei bereits getroffenen oder künftigen Beschlüssen im Fall anderer Mitgliedstaaten getroffen werden.

2.

Die Bestimmungen in der folgenden Spalte I werden durch die Bestimmungen in Spalte II ersetzt.

Spalte I

Spalte II

„drei Monaten nach den in Artikel 4 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 genannten Meldeterminen“

(Artikel 3 Absatz 3)

„fünf Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres, in dem das Defizit aufgetreten ist“

„in dem Jahr erreicht werden, das auf die Feststellung ... folgt.“

(Artikel 3 Absatz 4)

„in dem Haushaltsjahr erreicht werden, das auf die Feststellung ... folgt.“

„von zehn Monaten nach den in der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 genannten Meldeterminen, auf die in Artikel 3 Absatz 3 der vorliegenden Verordnung Bezug genommen wird“

(Artikel 7)

„zwölf Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres, in dem das Defizit aufgetreten ist“

„des Vorjahres“

(Artikel 12 Absatz 1)

„des vorhergehenden Haushaltsjahres“