6.1.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 2/1


DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2020/3 DER KOMMISSION

vom 28. August 2019

zur Erstellung eines Rückwurfplans für Venusmuscheln (Venus spp.) in bestimmten italienischen Hoheitsgewässern

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (1), insbesondere auf Artikel 15 Absatz 6,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1967/2006, (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und (EU) Nr. 1380/2013, (EU) 2016/1139, (EU) 2018/973, (EU) 2019/472 und (EU) 2019/1022 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 894/97, (EG) Nr. 850/98, (EG) Nr. 2549/2000, (EG) Nr. 254/2002, (EG) Nr. 812/2004 und (EG) Nr. 2187/2005 des Rates (2), insbesondere auf Artikel 15 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 betreffend die Maßnahmen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Mittelmeer und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1626/94 (3), insbesondere auf Artikel 15a,

In Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Ziel der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 ist die schrittweise Abschaffung der Rückwürfe in den Fischereien der Union durch die Einführung einer Anlandeverpflichtung für Fänge von Arten, die Fangbeschränkungen unterliegen, und im Mittelmeer auch für Fänge von Arten, für die Mindestgrößen gelten.

(2)

Gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 gilt die Anlandeverpflichtung für Fischereien auf Grundfischarten im Mittelmeer spätestens ab dem 1. Januar 2017 für die Arten, die die Fischereien definieren, und spätestens ab dem 1. Januar 2019 für alle anderen Arten.

(3)

Gemäß Artikel 15 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 ist die Kommission befugt, auf der Grundlage von gemeinsamen Empfehlungen, die die Mitgliedstaaten im Benehmen mit den zuständigen Beiräten erarbeiten, im Wege delegierter Rechtsakte Rückwurfpläne für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren zu erlassen, der um einen weiteren Zeitraum von insgesamt drei Jahren verlängert werden kann. Rückwurfpläne können die Vorgaben gemäß Artikel 15 Absatz 5 Buchstaben a bis e der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 umfassen, einschließlich der Festlegung einer Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung.

(4)

Mit Artikel 15a der Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 und Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/1241 wurde der Kommission die Befugnis übertragen, zum Zwecke der Verabschiedung von Rückwurfplänen für die der Anlandeverpflichtung unterliegenden Arten eine Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung festzusetzen, um den Schutz junger Meerestiere zu gewährleisten. Gemäß diesen Artikeln können die Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung gegebenenfalls von den in Anhang III der Verordnung angegebenen Größen und — nach Inkrafttreten von Artikel 32 der Verordnung (EU) 2019/1241 — von den in Anhang IX der Verordnung (EU) 2019/1241 angegebenen Größen abweichen.

(5)

Mit der Delegierten Verordnung (EU) 2016/2376 der Kommission (4) wurde im Anschluss an eine von Italien übermittelte Empfehlung ein Rückwurfplan für Venusmuscheln (Venus spp.) in den italienischen Hoheitsgewässern erstellt, der vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2019 anwendbar ist.

(6)

Als einziger Mitgliedstaat mit einem direkten Bewirtschaftungsinteresse an den Fischereien auf Venusmuscheln (Venus spp.) in den italienischen Hoheitsgewässern der geografischen Untergebiete 9, 10, 17 und 18 der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) legte Italien der Kommission nach Konsultation des Beirats für das Mittelmeer (MEDAC) im Einklang mit dem Verfahren des Artikels 18 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 eine neue gemeinsame Empfehlung für einen Rückwurfplan für Venusmuscheln (Venus spp.) vor.

(7)

Der Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF) hat diese neue gemeinsame Empfehlung Italiens während seiner Plenartagung vom 1. bis 5. Juli 2019 geprüft (5).

(8)

In der neuen gemeinsamen Empfehlung wird vorgeschlagen, auf Venusmuscheln (Venus spp.) in der Fischerei mit hydraulischen Dredgen in den italienischen Hoheitsgewässern der geografischen Untergebiete 9, 10, 17 und 18 der GFCM die Ausnahme aufgrund hoher Überlebensraten anzuwenden. Der Mitgliedstaat legte wissenschaftliche Gutachten vor, um die hohen Überlebensraten bei Rückwürfen von Venusmuscheln (Venus spp.) nachzuweisen, und übermittelte ein wissenschaftliches Überwachungsprogramm. Die Nachweise wurden dem STECF vorgelegt, der zu dem Schluss kam, dass bei Rückwürfen mit beträchtlichen Überlebensraten zu rechnen ist. Der STECF kam außerdem zu dem Schluss, dass das vorgeschlagene wissenschaftliche Überwachungsprogramm robuste Daten und Informationen liefern dürfte, anhand deren die Auswirkungen des Rückwurfplans bewertet werden können. Im Lichte dieser Bewertung ist es angezeigt, die Ausnahme für einen Zeitraum von drei Jahren in diese Verordnung aufzunehmen.

(9)

In der neuen gemeinsamen Empfehlung wird ferner vorgeschlagen, dass die abweichend von Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 des Rates in der Delegierten Verordnung (EU) 2016/2376 festgesetzten geringeren Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung für Venusmuscheln (Venus spp.) weiterhin gelten sollten. Der STECF stellte fest, dass die geringere Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung noch immer größer ist als die festgelegte Größe bei Erreichen der Geschlechtsreife, und dass nichts darauf hinweist, dass die Verringerung der Referenzmindestgröße für die Bestandserhaltung dem Bestand geschadet hätte. Der STECF kam zu dem Schluss, der Antrag auf Beibehaltung der geringeren Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung sei angemessen. Er vertrat allerdings auch die Auffassung, dass die vergangenen und die prognostizierten künftigen Auswirkungen der geringeren Mindestgröße auf die Befischungsraten und die Bestandsbiomasse nicht umfassend bewertet werden können. Deswegen wären weitere Untersuchungen und Daten zu diesen Auswirkungen erforderlich. Die Verordnung (EU) 2019/1241, in deren Anhang IX regionale technische Maßnahmen für das Mittelmeer festgelegt sind, ist erst am 14. August 2019 in Kraft getreten und enthält keine Übergangsmaßnahmen für das Verfahren zur Annahme von delegierten Rechtsakten zur Änderung solcher regionaler technischer Maßnahmen. Die gemeinsame Empfehlung wurde vor Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2019/1241 von Italien vorgelegt und vom STECF bewertet und nimmt daher nicht auf die Verordnung (EU) 2019/1241 Bezug. Angesichts dieser außergewöhnlichen Umstände ist die Kommission jedoch der Auffassung, dass die in diesem Stadium in der gemeinsamen Empfehlung und der Bewertung des STECF vorliegenden Informationen keinerlei Hinweis darauf enthalten, dass die vorgeschlagene geringere Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung gegen die Anforderungen für technische Maßnahmen gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2019/1241 verstoßen würde. In Anbetracht der vorstehenden Schlussfolgerungen empfiehlt es sich, die beantragte Ausnahme lediglich für ein Jahr zu gewähren.

(10)

Die in der gemeinsamen Empfehlung vorgeschlagenen Maßnahmen stehen mit Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 im Einklang.

(11)

Um eine angemessene Kontrolle der Umsetzung der Anlandeverpflichtung sicherzustellen, sollte der Mitgliedstaat eine Liste der unter diese Verordnung fallenden Schiffe erstellen.

(12)

Da sich die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Maßnahmen unmittelbar auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Fischereien und der Fangsaison der Unionsschiffe sowie deren Planung auswirken, sollte die Verordnung unverzüglich nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten.

(13)

Sie sollte ab dem 1. Januar 2020 für eine Dauer von drei Jahren gelten. Die Anwendung der geringeren Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung für Venusmuscheln (Venus spp.) von 22 mm sollte auf ein Jahr befristet werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung enthält die Einzelheiten für die Umsetzung der in Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 festgelegten Anlandeverpflichtung für die Fischerei auf Venusmuscheln (Venus spp.) in italienischen Hoheitsgewässern.

(2)   Diese Verordnung gilt für die italienischen Hoheitsgewässer der in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1343/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) festgelegten geografischen Untergebiete 9, 10, 17 und 18 der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM).

Artikel 2

Ausnahme aufgrund hoher Überlebensraten für Venusmuscheln (Venus spp.)

(1)   Die Ausnahme aufgrund hoher Überlebensraten gemäß Artikel 15 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 gilt in den italienischen Hoheitsgewässern der geografischen Untergebiete 9, 10, 17 und 18 der GFCM für mit hydraulischen Dredgen gefischte Fänge von Venusmuscheln (Venus spp.) unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung.

(2)   Beim Rückwurf von Fängen von Venusmuscheln (Venus spp.) werden in den in Absatz 1 genannten Fällen die Venusmuscheln (Venus spp.) unverzüglich freigesetzt.

Artikel 3

Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung

(1)   Abweichend von der in Anhang IX der Verordnung (EU) 2019/1241 festgesetzten Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung wird die Mindestreferenzgröße von Venusmuscheln (Venus spp.) in italienischen Hoheitsgewässern der geografischen Untergebiete 9, 10, 17 und 18 der GFCM auf eine Gesamtlänge von 22 mm festgesetzt.

(2)   Die Bestimmung der Größe der Venusmuscheln (Venus spp.) erfolgt gemäß Anhang IV der Verordnung (EU) 2019/1241.

Artikel 4

Schiffsverzeichnis

Bis zum 31. Dezember 2019 übermitteln die Behörden des Mitgliedstaats der Kommission über die gesicherte Fischereiaufsichts-Website der Union das Verzeichnis aller zur Fischerei auf Venusmuscheln (Venus spp.) mit hydraulischen Dredgen in den italienischen Hoheitsgewässern der geografischen Untergebiete 9, 10, 17 und 18 der GFCM fangberechtigten Schiffe. Die Behörden des Mitgliedstaats halten dieses Verzeichnis stets auf dem neusten Stand.

Artikel 5

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2022.

Artikel 3 allerdings gilt bis zum 31. Dezember 2020.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Brüssel, den 28. August 2019

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22.

(2)  ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 105.

(3)  ABl. L 409 vom 30.12.2006, S. 11.

(4)  Delegierte Verordnung (EU) 2016/2376 der Kommission vom 13. Oktober 2016 zur Erstellung eines Rückwurfplans für die Muschel Venus spp. in den italienischen Hoheitsgewässern (ABl. L 352 vom 23.12.2016, S. 48).

(5)  https://stecf.jrc.ec.europa.eu/plen1902

(6)  Verordnung (EU) Nr. 1343/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 mit Vorschriften für die Fischerei im Übereinkommensgebiet der GFCM (Allgemeine Kommission für die Fischerei im Mittelmeer) und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1967/2006 des Rates betreffend die Maßnahmen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im Mittelmeer (ABl. L 347 vom 30.12.2011, S. 44).