19.3.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

LI 82/1


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2020/414 DER KOMMISSION

vom 19. März 2020

zur Änderung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2019/570 hinsichtlich der rescEU-Kapazitäten für die medizinische Bevorratung

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2020) 1827)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf den Beschluss Nr. 1313/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über ein Katastrophenschutzverfahren der Union (1), insbesondere auf Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe g,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Beschluss Nr. 1313/2013/EU wird der rechtliche Rahmen von rescEU festgelegt. rescEU ist eine Reserve von Kapazitäten auf Unionsebene, die Unterstützung in Überforderungssituationen leisten soll, in denen die auf nationaler Ebene verfügbaren Kapazitäten und die von Mitgliedstaaten für den Europäischen Katastrophenschutz-Pool bereitgehaltenen Kapazitäten nicht ausreichen, um eine wirksame Reaktion auf Natur- und von Menschen verursachte Katastrophen zu gewährleisten.

(2)

In dem Durchführungsbeschluss (EU) 2019/570 der Kommission (2) ist die anfängliche Zusammensetzung von rescEU in Bezug auf Kapazitäten und damit verbundene Qualitätsanforderungen festgelegt. Die rescEU-Reserve setzt sich derzeit aus Kapazitäten zur Waldbrandbekämpfung aus der Luft, Kapazitäten zur medizinischen Evakuierung per Lufttransport und Kapazitäten für ein medizinisches Notfallteam zusammen.

(3)

Nach Artikel 12 Absatz 2 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU wird festgelegt, welche Kapazitäten rescEU unter Berücksichtigung ermittelter und neu entstehender Risiken sowie der Gesamtkapazitäten und Lücken auf Unionsebene umfassen soll.

(4)

In den letzten Jahrzehnten haben schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren mit Mensch-zu-Mensch-Übertragung, wie Ebola, das Schwere Akute Atemwegssyndrom (SARS) und das Middle East Respiratory Syndrome (MERS), die eine koordinierte Reaktion zur Eindämmung der Verbreitung dieser Infektionskrankheiten erfordern, die internationale Gemeinschaft auf die Probe gestellt.

(5)

Im Juli 2019 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch des Ebola-Virus in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) zu einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite, und diese Viruserkrankung gilt nach wie vor als hochgefährlich. Das Ebola-Virus kann unbeabsichtigt in die Union übertragen werden, wie es bereits beim Ausbruch in Westafrika im Jahr 2013 geschehen ist.

(6)

Angesichts der extremen Knappheit von Prüfimpfstoffen und Therapeutika ist die Bevorratung für Ebola-Gegenmaßnahmen eine wichtige Vorsorgemaßnahme für den Fall einer Übertragung der Krankheit in die Union.

(7)

Wie auch die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus 2019-nCoV und der dadurch verursachten Erkrankung COVID-19 zeigt, erfordert der weltweite Ausbruch von solch hochinfektiösen Krankheiten ein koordiniertes Vorgehen der Mitgliedstaaten, um eine Zuspitzung der Notlage in der gesamten Union zu vermeiden, die bereits in der Vergangenheit von den drastischen Auswirkungen derartiger Ausbrüche betroffen war.

(8)

Das Risiko der Übertragung von COVID-19 und die Ausbreitung anderer Krankheiten kann durch geeignete Gegenmaßnahmen, wie das Tragen persönlicher Schutzausrüstung und anderer geeigneter medizinischer Ausrüstung, verringert werden.

(9)

Auf der Grundlage eines Fachberichts des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) (3) wird den Gesundheitsbehörden in der Union empfohlen, für die Bereitstellung von ausreichenden persönlichen Schutzausrüstungen zu sorgen, insbesondere für das für die Versorgung von Patienten mit COVID-19-Infektionen zuständige medizinische Personal.

(10)

Um auf die weitere Verbreitung von COVID-19 vorbereitet zu sein und potenzielle Engpässe zu minimieren, hat der Rat die Kommission in seinen Schlussfolgerungen zu COVID-19 vom 13. Februar 2020 (4) aufgefordert, weiterhin alle verfügbaren Möglichkeiten zu prüfen, um den Zugang zu den von den Mitgliedstaaten benötigten persönlichen Schutzausrüstungen zu erleichtern.

(11)

Als Folgemaßnahme zu den Schlussfolgerungen des Rates sollte die Bevorratung von medizinischen Gegenmaßnahmen, medizinischer Ausrüstung für Intensivpflege und persönlichen Schutzausrüstungen zur Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren in die rescEU-Kapazitäten aufgenommen werden.

(12)

Aus Gründen der Kohärenz mit anderen Rechtsakten der Union sollte die Definition von „schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren“ in diesem Beschluss der Definition in dem Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (5) entsprechen.

(13)

Gemäß Artikel 12 Absatz 4 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU sollten die Qualitätsanforderungen an die im Rahmen von rescEU bereitgestellten medizinischen Gegenmaßnahmen, medizinischen Ausrüstungen für Intensivpflege und persönlichen Schutzausrüstungen auf anerkannten internationalen Standards beruhen, wenn solche Standards bereits bestehen.

(14)

Die Qualitätsanforderungen an medizinische Gegenmaßnahmen wie Prüfimpfstoffe und Therapeutika sollten daher auf Mindeststandards und -anforderungen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und der WHO beruhen. Die Qualitätsanforderungen an medizinische Geräte zur Intensivpflege sollten auf den von der WHO festgelegten Mindeststandards und die Qualitätsanforderungen an persönliche Schutzausrüstungen auf den von der WHO und dem ECDC festgelegten Mindeststandards beruhen.

(15)

Damit nach Artikel 21 Absatz 3 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU finanzielle Unterstützung der Union für die Einrichtung, Verwaltung und Aufrechterhaltung solcher Kapazitäten bereitgestellt werden kann, sind die geschätzten Gesamtkosten zu ermitteln, die für die Gewährleistung der Verfügbarkeit und Entsendefähigkeit anfallen. Die geschätzten Gesamtkosten sollten unter Berücksichtigung der in Anhang IA des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU festgelegten Kategorien förderfähiger Kosten berechnet werden.

(16)

Der Durchführungsbeschluss (EU) 2019/570 sollte daher entsprechend geändert werden.

(17)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des in Artikel 33 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU genannten Ausschusses —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Durchführungsbeschluss (EU) 2019/570 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

Buchstabe d erhält folgende Fassung:

„d)

geschätzte Gesamtkosten der rescEU-Kapazitäten für ein medizinisches Notfallteam vom Typ 3;“

Folgender Buchstabe e wird angefügt:

„e)

geschätzte Gesamtkosten der rescEU-Kapazitäten für die medizinische Bevorratung.“

2.

Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 1 erhält der dritte Gedankenstrich folgende Fassung:

„—

Kapazitäten für medizinische Notfallteams,“

b)

In Absatz 1 wird folgender vierter Gedankenstrich angefügt:

„—

Kapazitäten für die medizinische Bevorratung.“

c)

Absatz 2 Buchstabe e wird wie folgt geändert:

„e)

Kapazitäten für EMT-3-Notfallteams für die stationäre Versorgung überwiesener Patienten,“

d)

In Absatz 2 wird folgender Buchstabe f angefügt:

„f)

Bevorratung von medizinischen Gegenmaßnahmen oder persönlicher Schutzausrüstungen zur Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren im Sinne des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*1).

(*1)  Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG (ABl. L 293 vom 5.11.2013, S. 1).“"

3.

Folgender Artikel 3c wird eingefügt:

„Artikel 3c

Geschätzte Gesamtkosten der rescEU-Kapazitäten für die medizinische Bevorratung

(1)   Bei der Berechnung der geschätzten Gesamtkosten der rescEU-Kapazitäten für die medizinische Bevorratung werden alle in Anhang IA des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU genannten Kostenkategorien berücksichtigt.

(2)   Der Anteil der Ausrüstungskosten an den geschätzten Gesamtkosten der rescEU-Kapazitäten für die medizinische Bevorratung wird auf der Grundlage der Marktpreise berechnet, die zu dem Zeitpunkt gelten, zu dem die Kapazitäten gemäß Artikel 12 Absatz 3 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU erworben, gemietet oder geleast werden.

Wenn die Mitgliedstaaten rescEU-Kapazitäten erwerben, mieten oder leasen, legen sie der Kommission Nachweise über die tatsächlich geltenden Marktpreise oder, sollten für bestimmte Komponenten dieser Kapazitäten keine Marktpreise vorliegen, gleichwertige Nachweise vor.

(3)   Die in Anhang IA Nummern 2 bis 8 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU genannten Kategorien der geschätzten Gesamtkosten der Kapazitäten für die medizinische Bevorratung sind mindestens einmal während der Laufzeit jedes mehrjährigen Finanzrahmens zu berechnen, wobei die der Kommission vorliegenden Angaben, einschließlich zur Inflation, zu berücksichtigen sind. Die Berechnung der geschätzten Gesamtkosten wird von der Kommission bei der Gewährung der jährlichen finanziellen Unterstützung zugrunde gelegt.

(4)   Die in den Absätzen 2 und 3 genannten geschätzten Gesamtkosten werden berechnet, wenn mindestens ein Mitgliedstaat Interesse daran bekundet, solche rescEU-Kapazitäten für die medizinische Bevorratung zu erwerben, zu mieten oder zu leasen.“

4.

Der Anhang wird nach Maßgabe des Anhangs des vorliegenden Beschlusses geändert.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 19. März 2020

Für die Kommission

Janez LENARČIČ

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 924.

(2)  Durchführungsbeschluss (EU) 2019/570 der Kommission vom 8. April 2019 mit Durchführungsbestimmungen zum Beschluss Nr. 1313/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der rescEU-Kapazitäten und zur Änderung des Durchführungsbeschlusses 2014/762/EU der Kommission (ABl. L 99 vom 10.4.2019, S. 41).

(3)  ECDC Technical Report, “Personal protective equipment (PPE) needs in healthcare settings for the care of patients with suspected or confirmed novel coronavirus”, Februar 2020.

(4)  Schlussfolgerungen des Rates zu COVID-19, 2020/C 57/04ST/6038/2020/INIT (ABl. C 57 vom 20.2.2020, S. 4).

(5)  Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG (ABl. L 293 vom 5.11.2013, S. 1).


ANHANG

Im Anhang wird der folgende Abschnitt 6 angefügt:

„6.

Bevorratung von medizinischen Gegenmaßnahmen und/oder persönlichen Schutzausrüstungen für die Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren

Aufgaben

Bevorratung von medizinischen Gegenmaßnahmen, einschließlich Impfstoffen oder Therapeutika, medizinischer Ausrüstung für Intensivpflege, persönlichen Schutzausrüstungen oder Labormaterial, zum Zwecke der Vorbereitung und Reaktion auf eine schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahr  (1).

Kapazitäten

Angemessene Anzahl von Impfstoffdosen für Personen, die im Zusammenhang mit einem oder mehreren Fällen schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren als Risikopersonen  (2) gelten.

Angemessene Anzahl von therapeutischen Dosen, die für die Behandlung von einem oder mehreren Krankheitsfällen infolge schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren erforderlich sind.

Impfstoffe und Therapeutika müssen einer der folgenden Anforderungen genügen:

Marktzulassung durch die EMA;

Empfehlung der EMA oder der nationalen Regulierungsbehörde eines Mitgliedstaats für den Einsatz im Härtefall („compassionate use“) oder Notfall;

Empfehlung der WHO für den erweiterten Einsatz oder den Einsatz im Notfall und Zustimmung mindestens einer nationalen Regulierungsbehörde eines Mitgliedstaats.

Angemessene medizinische Ausrüstung für die Intensivpflege  (3), um die Behandlung eines oder mehrerer Krankheitsfälle infolge schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren im Einklang mit den WHO-Standards zu unterstützen.

Angemessene Anzahl von persönlichen Schutzausrüstungen  (4) für Einzelpersonen (5), die im Zusammenhang mit einem oder mehreren Fällen schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren gemäß den ECDC- und WHO-Standards als Risikopersonen gelten.

Angemessene Menge von Labormaterial, einschließlich Probenmaterial, Laborreagenzien, Ausrüstung und Verbrauchsmaterial  (6), um die Kapazitäten für die Labordiagnose in einem oder mehreren Fällen schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren zu gewährleisten.

Hauptkomponenten

Geeignete Lagereinrichtungen in der Union  (7) und angemessenes System zur Überwachung der Bevorratung.

Gegebenenfalls geeignete Verfahren zur Gewährleistung einer angemessenen Verpackung, Beförderung und Lieferung der unter „Kapazitäten“ genannten Produkte.

Entsprechend geschultes Personal für die Handhabung und Verabreichung der unter „Kapazitäten“ genannten Produkte.

Einsatz

Startbereit spätestens 12 Stunden nach Annahme des Hilfeangebots.


(1)  Gemäß der Definition in Beschluss Nr. 1082/2013/EU.

(2)  Zu den Risikopersonen gehören u. a.: potenzielle Hochrisiko-Kontaktpersonen, Ersthelfer, Labormitarbeiter, medizinische Fachkräfte, Familienangehörige und sonstige als schutzbedürftig eingestufte Personengruppen.

(3)  Dies kann u. a. Beatmungsgeräte für die Intensivpflege umfassen.

(4)  Dies umfasst folgende Kategorien: i) Augenschutz, ii) Handschutz, iii) Atemschutz, iv) Körperschutz und v) Fußschutz.

(5)  Siehe Fußnote 2.

(6)  Dies kann unter anderem RT-PCR-Reagenzien wie Enzyme, RNA-Extraktionsreagenzien, RNA-Extraktionsmaschinenzeit, PCR-Maschinenzeit, Primer- und Sondenreagenzien, Positivkontrollreagenzien, PCR-Laborverbrauchsmaterialien (z. B. Röhren, Platten) und Desinfektionsmittel umfassen.

(7)  Für die Zwecke der Logistik von Lagereinrichtungen bezeichnet der Ausdruck „in der Union“ die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten und der Teilnehmerstaaten des Katastrophenschutzverfahrens der Union.“