29.12.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 1386/2011 DES RATES

vom 19. Dezember 2011

zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren auf die Kanarischen Inseln

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 349,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 704/2002 des Rates vom 25. März 2002 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs auf Einfuhren bestimmter gewerblicher Waren und zur Eröffnung und Verwaltung autonomer Gemeinschaftszollkontingente für Einfuhren bestimmter Fischereierzeugnisse auf die Kanarischen Inseln (3) läuft die Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Investitionsgüter zur kommerziellen und gewerblichen Verwendung am 31. Dezember 2011 aus.

(2)

Im September 2010 hat die spanische Regierung im Namen der Regierung der Kanarischen Inseln beantragt, gemäß Artikel 349 AEUV die Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für eine Reihe von Erzeugnissen verlängern zu dürfen. Der Antrag wurde damit begründet, dass die Wirtschaftsbeteiligten auf diesen Inseln aufgrund deren Abgelegenheit wirtschaftlich und kommerziell erheblich benachteiligt sind, was sich negativ auf die Entwicklung der Bevölkerungszahl, die Beschäftigung und auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung auswirkt.

(3)

Zusammen mit dem Bausektor wurde die Industrie der Kanarischen Inseln von der jüngsten Wirtschaftskrise hart getroffen. Unter dem Einbruch in der Baubranche litten alle davon abhängigen Zulieferbetriebe. Ungünstige finanzielle Bedingungen hatten gravierende Folgen für zahlreiche Geschäftsbereiche. Außerdem trug der rasante Anstieg der Arbeitslosigkeit in Spanien noch zum Rückgang der Binnennachfrage, u. a. nach Industrieerzeugnissen, bei.

(4)

Die Arbeitslosigkeit auf den Kanarischen Inseln lag in den vergangenen zehn Jahren beständig über dem spanischen Durchschnitt, und seit 2009 sind die landesweit höchsten Werte auf den Kanarischen Inseln zu verzeichnen (Eurostat: Regionale Statistiken — Arbeitslosenrate, nach NUTS 2 Regionen, 1999-2009). Zudem wird über die Hälfte der Industrieproduktion der Kanarischen Inseln dort verbraucht, was besonders gravierend ist, weil dort die Nachfrage stärker zurückgegangen ist.

(5)

Damit Investoren langfristig planen und die Gewerbe- und Handelstätigkeit ein Niveau erreichen kann, das das sozioökonomische Umfeld auf den Kanarischen Inseln stabilisiert, sollte die vollständige Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Waren gemäß Anhang II und Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 704/2002 für einen Zeitraum von zehn Jahren verlängert werden.

(6)

Im gleichen Zusammenhang haben die spanischen Behörden die Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für drei neue Erzeugnisse der KN-Codes 3902 10, 3903 11 und 3906 10 beantragt. Dem Antrag wurde stattgegeben, da diese Aussetzungen die Wirtschaft der Kanarischen Inseln stärken würden.

(7)

Um sicherzustellen, dass diese Tarifmaßnahmen nur Wirtschaftsbeteiligten im Gebiet der Kanarischen Inseln zugute kommen, sollten die Aussetzungen gemäß Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (4) und gemäß Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (5) von der Endverwendung der Erzeugnisse abhängig gemacht werden.

(8)

Bei Handelsverlagerungen sollte die Kommission ermächtigt werden, die Aussetzung vorübergehend aufzuheben, um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung herzustellen. Diese Ermächtigung sollte im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (6), umgesetzt werden.

(9)

Änderungen der Kombinierten Nomenklatur dürfen sich nicht wesentlich auf die Art der Zollaussetzung auswirken. Der Kommission sollte daher die Befugnis übertragen werden, zum Zwecke nötiger Änderungen und technischer Anpassungen der Liste der Waren, für die die Aussetzung gilt, Rechtsakte nach Artikel 290 des Vertrags zu erlassen. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Rat rechtzeitig und ordnungsgemäß übermittelt werden.

(10)

Um die Kontinuität der Maßnahmen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 704/2002 zu gewährleisten, müssen die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen ab dem 1. Januar 2012 gelten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2021 werden die Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für die in den KN-Codes des Anhangs I aufgeführten Investitionsgüter zur kommerziellen und gewerblichen Verwendung bei der Einfuhr auf die Kanarischen Inseln vollständig ausgesetzt.

Diese Waren sind für einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten nach ihrer Überführung in den freien Verkehr nach Maßgabe der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 und der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 von den Wirtschaftsbeteiligten auf den Kanarischen Inseln zu verwenden.

Artikel 2

Vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2021 werden die Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für die in den KN-Codes des Anhangs II aufgeführten Rohstoffe, Teile und Bauteile, die auf den Kanarischen Inseln zur gewerblichen Verarbeitung oder zur Wartung verwendet werden, bei der Einfuhr auf die Kanarischen Inseln vollständig ausgesetzt.

Artikel 3

Die Zollaussetzungen der Artikel 1 und 2 unterliegen der besonderen Verwendung gemäß den Artikeln 21 und 82 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 und den Kontrollen gemäß den Artikeln 291 bis 300 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93.

Artikel 4

(1)   Hat die Kommission Grund zu der Annahme, dass die mit dieser Verordnung eingeführten Zollaussetzungen bei einem bestimmten Erzeugnis zu einer Handelsverlagerung geführt haben, so kann sie entsprechende Durchführungsrechtsakte erlassen und die Aussetzung für einen Zeitraum von nicht mehr als zwölf Monaten vorübergehend aufheben. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 8 erlassen.

Die Erhebung der Einfuhrabgaben auf Waren, für die die Aussetzung vorübergehend aufgehoben wurde, wird durch eine Sicherheit gewährleistet, und die Überführung der betreffenden Waren in den zollrechtlich freien Verkehr der Kanarischen Inseln erfolgt erst dann, wenn eine solche Sicherheit geleistet wurde.

(2)   Beschließt der Rat nach dem im Vertrag niedergelegten Verfahren innerhalb dieser zwölf Monate, dass die Aussetzung endgültig aufgehoben werden sollte, so werden die durch Sicherheitsleistungen gesicherten Einfuhrabgaben endgültig vereinnahmt.

(3)   Wird innerhalb dieser zwölf Monate kein endgültiger Beschluss gemäß Absatz 2 erlassen, so werden die Sicherheiten freigegeben.

Artikel 5

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, zu Änderungen und technischen Anpassungen an den Anhängen I und II, die aufgrund von Änderungen der Kombinierten Nomenklatur notwendig werden, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 6 zu erlassen.

Artikel 6

(1)   Die Befugnis zum Erlass der delegierten Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass der delegierten Rechtsakte gemäß Artikel 5 wird der Kommission unbefristet übertragen und gilt ab dem 1. Januar 2012.

(3)   Die in Artikel 5 vorgesehene Befugnisübertragung kann vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnisse. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem in dem Beschluss angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn dem Rat.

(5)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 5 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an den Rat Einwände erhoben hat oder wenn der Rat der Kommission vor Ablauf dieser Frist mitgeteilt hat, dass er keine Einwände erheben wird.

Artikel 7

Das Europäische Parlament wird von der Annahme eines delegierten Rechtsakts durch die Kommission, von gegen diesen vorgebrachten Einwänden oder von dem Widerruf der Befugnisübertragung durch den Rat in Kenntnis gesetzt.

Artikel 8

(1)   Die Kommission wird von dem Ausschuss für den Zollkodex unterstützt, der mit Artikel 247a Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 eingesetzt wurde. Es handelt sich dabei um einen Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 9

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2012.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 19. Dezember 2011.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. KOROLEC


(1)  Stellungnahme vom 15. November 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Stellungnahme vom 22. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  ABl. L 111 vom 26.4.2002, S. 1.

(4)  ABl. L 302 vom 19.10.1992, S. 1.

(5)  ABl. L 253 vom 11.10.1993, S. 1.

(6)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.


ANHANG I

Investitionsgüter zur kommerziellen oder gewerblichen Verwendung der KN-Codes  (1)

4011 20

8450 20

8522 90 80

9006 53 80

4011 30

8450 90

8523 21

9006 59

4011 61

8469 00 91

 

9007 10

4011 62

8472

8523 29 39

9007 20

4011 63

 

8523 29 90

9008 50

4011 69

 

8523 49 99

 

4011 92

 

8523 51 99

 

4011 93

8473

8523 59 99

 

4011 94

 

8523 80 99

 

4011 99

8501

8525 50

9010 10

5608

 

8525 80 11

9010 50

6403 40

 

8525 80 19

9011

6403 51 05

 

8526

 

6403 59 05

 

 

 

6403 91 05

 

 

 

6403 99 05

 

 

9012

8415

 

 

 

 

 

 

9030 10

 

 

8701

 

 

 

 

9030 31

 

 

 

9030 33

 

 

8702

9106

 

 

8704 21 31

9107

8418 30 80

 

8704 21 39

9207

8418 40 80

 

8704 21 91

 

8418 50

 

8704 21 99

9506 91 90

8418 61

 

8704 22

9507 10

8418 69

 

8704 23

9507 20 90

8418 91

 

8704 31 31

9507 30

8418 99

 

8704 31 39

 

8427

 

8704 31 91

 

8431 20

 

8704 31 99

 

8443 31

 

 

 

 

 

8704 32

 

8443 32

8518 40 30

8704 90

 

8443 39 10

 

 

 

8443 39 39

8518 90

8705

 

 

8519 20

9006 10

 

8450 11 90

8519 81 51

 

 

8450 12

8521 10 95

9006 30

 

8450 19

8522 90 49

9006 52

 


(1)  Wie in der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 282 vom 28.10.2011, S. 1) definiert.


ANHANG II

Rohstoffe, Teile und Bauteile für landwirtschaftliche Zwecke, zur gewerblichen Verarbeitung und Wartung der KN-Codes  (1)

3901

 

5501

 

3902 10

 

5502

 

3903 11

 

5503

8706

3904 10

 

5504

8707

3906 10

 

5505

8708

4407 21

 

 

8714

 

 

5506

 

4407 22

 

5507

 

 

5108

5508 10 10

 

4407 25

5110

5508 20 10

 

 

5111

5509

 

 

 

5510

 

4407 26

 

5512

 

 

 

5513

 

 

 

5514

9002 90

4407 29

 

5515

9006 91

 

 

5516

9007 91

 

 

6001

9007 92

 

 

6002

9008 90

 

5112

 

9010 90

 

 

6217 90

9104

4407 99

 

6305

9108

4410

 

 

9109

4412

 

 

 

 

5205

 

 

 

5208

 

9110

 

5209

 

 

 

5210

 

 

 

5212

6309

 

 

5401 10 12

6406

 

 

5401 10 14

7601

9111

 

5401 20 10

 

9112

 

5402

8529 10 80

9114

 

5403

8529 10 95

 

 

5404 11

8529 90

 

 

5404 90

 

 

 

5407

 

 

 

5408

 

 


(1)  Im Sinne der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 282 vom 28.10.2011, S. 1).